Bulareſt, wird bald darauf ſchwer lungenkrank,

auch er stirbt in einem Hotelzimmer, auf der Reise in ein südlicheres Klima, nach einem Jahre. Helene bringt jedem, den sie liebt, Unglück.

Was nun folgt, ist ein Abgleiten in ein internationales Abenteurertum. Ihr Stern berbleicht, wenn auch ihre Schönheit noch immer

die gleiche ist. Sie begeistert den großen Pariser  Bildhauer Carpeaux  , der eben den Auftrag er­hält, für die Fassade des neuen Operngebäudes eine Berherrlichung des Tanzes zu verfertigen. Die Gruppe, ein Bacchanale im Tanz. eine Guirlande von Frauen, die einen siegenden, triumphalen Apollo umringen, ist berühmt und wegen ihres finnfälligen Ausdrudes der Ver­führung vielumstritten geblieben. Sie ist ein Wunder an entfesselnder Bewegung, an loden­der Hingabe, eine marmorne Flamme. Seine Hauptforge war, das Modell für den Gott des Tanzes zu finden, und er findet- wo, weiß man nicht Helene, deren Lächeln seinen Träumen entspricht. Ihr Antlik ist das des Apollo in der Pariser Oper, sein Körper ist der eines jungen Maurers, den Carpeaur bei der Arbeit sicht. Nicht ihre Beihilfe zu einem gro= Ben Kunstverk, das das sittliche Empfinden des faiserlichen Paris   allerdings aufs höchste be= leidigt, sondern die Erinnerung an den Genfer  ,, Standal" hält Helene von der großen Gesell= schaft bon Paris fern. Sie muß weg, und da ihr auch die Eltern jede Unterstübung bersagen, wird sie nun Schauspielerin, das Theater war immer ihre unerfüllte Leidenschaft gewesen. Ihr erstes Engagement führt nach Schwerin  . Ihr Talent ist gering, ihre Persönlichkeit aber noch immer imstande, den ersten Bühnenhelden der Kleinstadt, den später berühmten Siegwart Friedmann   zu entflammen. Sie heiratet ihn, fernt mit ihm und folgt ihm nach Berlin  , schließlich nach Wien  . Hier tritt sie unter der Leitung Laubes am Stadttheater in einem Salondrama des Modeschriftstellers Paul Lin dau auf ,,, Maria und Magdalena, worin man, wenn man sehr feinhörig ist, genug Anspielun­gen auf ihr Genfer   Erlebnis entdeden kann.

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Sie wird das bevorzugte Modell de3 Malerz Makart und ist auf allen seinen Bildern, die er fünftighin malen wird, zu sehen. Aber mit ihrer eigentlichen Kunst, die sie ertvählt hat, will es nicht gehen. Sie bringt es nicht über fleine Rollen, macht Tournén durch die Kleinstädte Deutschlands  , sie ist gealtert- ja, damals war man mit 33 Jahren alt und man merkt ihr das Verblühen an. Ihre Gier nach Erlebnissen treibt sie durch ganz Europa  , auch in Peters­ burg   landet sie schließlich, gerät in die Kreise der Revolutionäre, Tolstoi   wird ihr Gott, und der Schluß diefes Abenteuers ist der freund­schaftliche Rat des kaiserlichen Polizeichefs, sich ruhiger zu verhalten, wenn sie nicht das russische Leben von einer anderen Seite fennen lernen will. Sie hat fein Geld, um wegzureisen und bleibt Tage, Wochen in ihrem falten Hotelzim­mer, aus dem sie ein schöner, junger Mann, Serge von Schewiß, den höchsten Adels- und Beamtenkreisen zugehörig, befreit. Seit langem ist Helene von ihrem Bühnenhelden geschieden, sie heiratet Serge und zieht mit ihm nach Amerika  . Es ist noch nicht das letzte Kapitel ihrer Irrfahrten. Ihr Gatte wird ein fleiner Journalist in New York  , fie selbst spielt in ., deutschen   Theatern" Amerikas  , in Holz­baraden, in die es hineinregnet, sie schämt sich nicht, um das Publikum beranzuziehen, als

alles vergebens. Sie ſchriftstellert nun felber Quer durchs Dritte Reich  

studiert Medizin, fehrt nach Deutschland   zurück, wo sich ihr früherer Gatte, der Schauspieler Friedmann, ihrer aufs rührendste annimmt, und gerät hier nach einer Periode des Wohllebens, das die Familie des russischen Gatten ihr ver­und den Okkultismus zu entziehen sucht. Eines dich durch seiſtige Ausflüge in die Theoſophie

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Die fliegende Winterhilfe" Wenn sich jetzt über den deutschen   Städa ten die neuen Flugzeuggeschwader zeigen, dann wird das mit der Bemerkung kommen tiext: Da oben fliegt die Winterhilfe.

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Tages vergiftet sich Serge, er war der einzige Mann gewesen, der in ihrem Herzen einen Platz hatte. Eine Woche nach seinem Tode nimmt Helene von Schewviz sobiel Chloral zu sich, daß sie nicht mehr erwacht. Sie war sechsundsechzig Jahre alt. Sie wird in München  , wo sie zuletzt gelebt hatte, in der hintersten Reihe der Grä­ber, in der Ecke der Selbstmörder, begraben. Man erfährt ihren Tod zuerst durch ein Pariser  Blatt.

Sie war eine der schönsten Frauen ihrer Beit gewesen, aber auch eine der unſeligſten, weil die Natur ihr eigenes Kunstwerk verpfuscht hatte, dem sie ein Herz, eine Seele, die Fähig feit, zu lieben, trotz aller Hingabe an die Liebe allein versagte.

P. A.

,, Deutscher  , Maul halten!!!"

Auf den Passierscheinen der Arbeiter int den Militärflugzeugwerften Magdeburg   steht der Sat:

., Deutscher, lerne endlich das Maul halten!"

Die Arbeiterschaft gloffierte mit besonde rer Freude diese Anweisung". Das ging sos weit, daß sich die Deutsche Arbeitsfront  " und die Betriebsleitungen zu der Erklärung vera anlaßt sahen, daß sich diese Anweisung ſelbſtverſtändlig nur gegen die Weiterverbreia tung von Vorgängen in der Rüstungsindustrie wende. Die Meinung der Arbeiter ist anders. Sie sagen, der Sab kennzeichne ganz genau den heutigen innerpolitischen Zustand.

Das Märchen

Jeder Kinderfreund, der sich mit Erzie= hungsfragen beschäftigt, beschäftigt sich auch immer wieder mit der Frage guter Jugend­und Kinderliteratur und kommt immer von neuem auf das Thema: soll man dem Kinde Märchen zu hören oder zu lesen geben oder soll man sie ihm besser vorenthalten?

Nun, diese Frage anzuschneiden, bedeutet bei all dem Für und Wider wird zumeist, heftige Diskussionen hervorzurufen, und zum Glück

ganz übersehen, daß die Märchen nun ein­mal in der Luft zu liegen scheinen und

find, wie eben die Luft selbst. wenigstens vielen Kindern ein Bedürfnis

Ehe man also zu den Märchen Stellung nimmt, sollte man sich vielleicht klar machen, was für eine Bewandtnis es eigentlich damit hat, und wie sie entstanden sind.

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So viele Märchen fangen mit den Worten an: Es war einmal..." Das kann fein blo: ßer Zufall sein, eher ein Anzeichen dafür, daß sie aus einer noch länger verklungenen Zeit stammen als jene, von der sie berichten. Sie sind ja überwiegend uralt, erdichtet vor grauen Zei ten, als die ganze Menschheit sich noch im Sta: dium der Kindheit befand und der Natur und ihren Kräften angstvoll und anbetend gegen= über stand. Damals hatten die Menschen die Gewohnheit, alles, was sie mit dem Verstande nicht durchdringen konnten, zu personifizieren- so wie es die Kinder bis zu ihrem 4. oder 5. Jahre- heute noch tun. Es ist auch kein Zufall, daß unter den Völkern der verschiedenen Erdteile Märchen und Sagen mit ganz ähn lichem Kern gefunden werden, obgleich die Hülle je nach dem Klima und den sonstigen Verhält nissen des Landes verschieden gefärbt ist. So tannie man z. B. in Asien   ganz ebenso das Märchen von der schlafenden Schönen, bei uns Dornröschen" genannt, wie in Europa  . Eine weitere Tatsache ist, daß die Märchen innerhalb eines Ertteiles gewandert sind, so z. B. Dorn: röschen" von Frankreich   her dem Often zu, u. a. m. Manche Märchen wieder sind mehr Janko, der ritterliche Mörder, wird aus geographisch bedingt, wie das Märchen von der der Schtveiz ausgetviesen, er heiratet Helene in Frau Holle, der Holden, deren geschüttelte Selene von Radowita in einem Laffalle- Drama Federbetten den Schnee auf die Erde herunter­aufzutreten, das man für sie verfaßt hatricseln lassen also eine nordische Dichtung.

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Es scheint im Märchen etwas von der menschlichen Seele verdichtet au sein naiver Form, findlich, ursprünglich. Später freilich ist vieles hinzugekommen, was die Naia vität beeinträchtigt und leider die freie Mära chenverfion zugunsten einer landläufigen Moral eingeengt hat. Der Kern gar vieler Märchen hat dadurch an Frische und Saft eingebüßt und schmedt oft moralinsauer. Deshalb erheben sich auch so manche Märchengegner und sagen:..Nur feine Märchen! Da wird immer das Gute bes lohnt und das Schlechte bestraft: ist das viels leicht im Leben so?" Nein, allerdings, das iſt nicht im Leben so. Und diese dem Märchen häufig aufgeztvungene einseitige Richterrolle sollte auch wirklich mit Stumpf und Stiel befeia tigt werden, ſelbſt auf die Gefahr hin, daß dann so manches Märchen aus den Märchenbücherni

verschwinden würde. lebrigens: gegen das Phantastische der Märchen wendet sich nur eine weit kleinere Anzahl von Erziehern. Hand aufs Herz: die meisten Erwachsenen lieben es selber zu sehr und möchten es nicht gern missen!.. Das Wunderbare" wollen sie den Kindern gönnen denen übrigens so oft schon ein Stüd Holz oder ein bunter Lappen genügt, um felbſt zu ers finden und zu erdichten.

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Manche Eltern und Erzieher find alss zwar für Märchen, aber für revidierte, und möchten sie in solche einteilen, die gut und solche, die schlecht" sind, und diese schlechten" möchten sie ausmerzen. Das gerade ist aber leichter gesagt als getan. Denn das Märchen hat noch heutigentags die geheimnisvolle Macht, fich selbsttätig zu verbreiten zum Glück für alle jene Kinder, deren Eltern nicht Zeit finden, ihren Kleinen Geschichten zu erzählen, oder die fein Geld haben, um ihnen Märchenbücher zu kaufen. Mit den Märchen ist's eben immer noch ein wenig wie in der Kinderzeit der Mensch heit: ciner erzählte dem anderen. Wann? Wo? Wer könnte es sagen! Noch die Kinder, die sie ablehnen, kennen sie doch.

Andere Eltern und Erzieher wenden ein, daß die Kinder durch die Phantastik der Märs chen lügen lernen. Nun, es gibt Kinder, die Märchen über alles lieben und wahrheitsliebend find, und es gibt Kinder, die Erzählungen über moderne Technik vorziehen und ganz herzhaft