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darauf zu achten, daß sich keine Schwelle und teine Schiene lodere, ging täglich die neue S.rede ab. Und abends hockte er in der Kantine und grübelte, indem er seine Kinnladen zivischen den Fäusten auf den Tiſch ſtüßte, verknif= fen zu Gruscha hin; unentwegt verfolgte sein lauernder Blick die Bewegungen ihrer Hände und Lippen... An einem Sonnabend aber, als die Vorstoßkolonne, der Alexander Fedorowitsch angehörte, auf ihrer Draisine ins Lager zurückkehren sollten, verharrie Mitja Frhloff schon vormittags auf seinem Platz und grübelte. Plößlich schaute ihm Gruscha , getroffen von dem unheimlichen Blic, der, so aus seinen Lidwinfeln, zu ihr hinlauerte, ins Gesicht. Er hielt sich, um sie in dem Aufhorchen über sie abzulenten, seine linte Faust vor, streckte den Daumen heraus, dann den Zeigefinger, den Mittelfinger, den nächsten und den kleinen, so daß es aussah, als rechne er, so ganz für sich. Langsam trümmten sich seine Finger zu Krallen und schlossen sich zur Faust. Er erhob sich, hängte seinen großen Schraubenschlüssel über die Schulter und tappte, so vor sich hinstierend, hinaus auf die Strede.
Nachdem er wohl drei Stunden auf dem Schienenweg zwischen dem Abgrund und dem gestrüppreichen Urwald so dahingegangen war, tam ihm ein leerer Materialzug entgegen. Er ließ ihn, ohne zu ihm aufzuschauen, an sich vorbei fahren. Auf den Zuruf des Maschinisten, ob er lieber mit zur„ Gruscha " so nannten die Brigadiers nunmehr das Depot zurüdfahren wolle, antwortete er nicht. Er ging und ging, so vor sich hinbrütend. Als er an der vorlegten Abzweigturve vorbeigekommen war, geriet er an eine Stelle, an der die Lokomotive des Zuges, der ihm begegnet war, glühende Schladen berloren hatte. Er nahm ztvar den großen Schraubenschlüssel von der Schulter, um das Feuer totzuschlagen, aber plötzlich stellte er ihn ab und stützte sich auf ihn, mit beiden Händen. Er schaute dem Feuer verbissen grinsend zu. Knisternd troch es auf dem dürren Gras in den Bereich der Bäume, auf's Fallholz, das der Wind zerbrach. Kleine Flammen fingen an im Gestrüpp zu tänzeln, zu wehen, zu wachsen, zu Klettern, fie prasselten. Die Blätter schrumpften. Die Flammen wurden mächtig. Die Hize drängte ihn zurüd. Entgeistert starrte er dem Beginnen des Brandes zu, bis der Rauch, den der Wind über den Abgrund bog, die Sicht vernebelte.
Schon seit einer geraumen Weile, bemerkte Alexander Fedorowitsch, daß bald der eine, bald der andere Mann seiner Kolonne, wenn sie sich von der Arbeit aufrichteten, nicht wie sonst die Gesichter der untergehenden Sonne zuivandten, sondern mißtrauisch in die Richtung des Heimweges schauten; und bückten sie sich wieder, um zuzupacken, dann richteten sich andere auf und schauten auch mal dorthin. Sie schwiegen zwar, aber auf ihren Stirnen entstanden senkrechte Falten. Die Sonne sant tiefer, immer tiefer. Die Beunruhigung wuchs. Manchmal lugten diejenigen, die geduci an den Laschen der Schie= nen schraubten, verstohlen nach dem Wald, über dem ihnen ein langer weißer Dunststreifen zu denten gab. Manchmal schauten sich die andern, die Schwellen trugen, so im Vorbeigehen ins Gesicht, jedoch nicht in die Augen, sondern auf die senkrechten Falten. Und hatte einer mal zur Arbeit etwas zu sagen, flang es nicht wie sonst, furz und hart, es flang vielmehr bedrückt und gleichwohl sich leise selbst ermutigend. Ja,
pfeifen, so daß die anderen verwundert darüber| Und sie fausten im Schwung die Kurve hinunter, aufhorchten. in die Wolkenberge des heißen Qualms. Die Kolonne bestieg nun zur Heimfahrt Weiter! Weiter!" schrie Alexander ,,, schnell ihre Draisine. In der Mitte ihrer Plattform durch! Das Feuer hat den Damm noch nicht hatte sie einen starten Antriebshebel, der durch ergriffen! Schneller..."„ Stoppt! Stoppt!" das Querholz einem Kreuze glich, an dem die schrien zwei, drei, vier, dann alle, bis sie vom Männer, vier auf der einen Seite, vier auf der Stickhusten befallen wurden. Einer nach dem anderen, stehend zu rudern anfingen. Alexander anderen riß seine Hände von dem Querholz ab Fedorowitsch stand rechts außen. Die Draisine und preßte sie schüßend vors Gesicht. Und immer fuhr ohne Befehl schneller als sonst. Keiner weiter raste die Draisine, getrieben von dem sprach. Ab und zu schaute der eine oder der Gefäll. Funken prasselten gegen die Gestalten andere der vorderen Gruppe, die mit dem wie glühende Geschosse. Der Qualm wurde dünRücken zur Fahrtrichtung stand, über seine ner; die Hige ward zur Hölle. Bäume krachten. Schulter nach dem Wald. Es wurde dunkler, Der Dunst knatterie. Unaufhaltsam raste die Eilig klopften die Räder den Takt. Die Män- Draisine bergab. Harz quoll aus Stämmen und ner schnauften beim Rudern wie abgeheztes Vieh. Aesten und tropfte brennend auf die Schwellen. Plöblich schrie der Mann, der rechts außen Aus dem Gewimmer der Menschen, die sich vor neben Alexander stand so im Talt: ,, Es brennt! dem Feuer ineinander verkrochen, gellien verEs brennt! Das Lagerbrennt..." zweifelte Schreie. Einer war vom Brande am Und als er schwieg, fing ſein Nebenmann an, Kopf getroffen, ein anderer brannte plötzlich so stoßweise in den Rhythmus der beschleunig an den Hosen. Im Fahrtwind flatterte die ten Räder zu keuchen:„ Es brennt! Es Flamme. Alle schrien. Alle rangen miteinan brennt! Das Lager brennt...“ der. Jeder suchte den schwächeren als Schutzschild gegen die Hizße und den Brand vor sich zu halten oder über sich zu decken. Die Flamme an der pose bekam Zungen. Der Mensch brannte als Fadel. Er fiel über Bord. Die Aschglut wirbelte auf. Und die qualmende Draisine jagte ins Feuermeer.
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Das Weiße in den vorwärtsstarrenden Augen Alexanders wurde, trotz der Dunkelheit, die die Gesichter verfinsterte, sichtbar. Jest erst verstand er das verschwiegene, verdächtige Verhalten der Kolonne. Und voraus über dem nachtschwarzen Wald erröteten immer und immer wieder die Wolken. Er budelte sich und stieß und riß mit verzweifelter Gewalt die Draisine in ein rasendes Tempo. Und während die anderen, um die Fahrt beizubehalten, so monoton, so stoßweise feuchten:„ Es brennt! Es brennt!" begann Alexander mit dem Singfang: Immer fester! Immer schneller! Gruscha und der Himmel brennt!" Dazwischen litaneiten die anderen:„ Es brenni! Es brennt!..." Und sie ruderten, angetrieben vom Geruch des Brandes. Jeder wollte löschen helfen, jeder wurde bewältigt, beängstigt von dem flackernden Feuerschein am Himmel. Die Fahrt wurde zur Flucht; und ihre Geschwindigkeit löste in ihnen das Gefühl aus, als würden sie einem Unheil entrinnen. Als sie in die Nähe des Waldes gekommen waren, und ihre Kräfte nachzulassen drohten, wich plößlich Alexander von dem Querholz zurüd, riß, so im Takie, mit beiden Händen in der Luft, als zöge er an einem Seil, und schrie auf die Männer ein: Immer weiter! Immer fester! Immer schneller! Gleich gehts bergab.."
Im Depot war es stille geworden. Gruscha wartete allein vor dem Abschlußgeleise der Wolfslinie. Es ging auf Mitternacht zu. Der Himmel glühte, bald rot, bald grell. Unaufhörlich erschütterten die Sprengdetonationen, mit denen die Brigade zu Werke ging, um den Brand durch unterminierte Felsflanken zu ver schütten und einzudämmen, die Nacht. Das Plateau erbebie. Aus den Talschluchten brüllten die Echos. Und wenn es einmal stille wurde, lauschte Gruscha aus ihrer Ungewißheit über die letzte Kolonne, die immer noch nicht ins Depot zurückgekehrt war, auf den Wald. Ein rollendes Geräusch, das aus dem Geleise kam, unterbrach die Stille. Sie erschrat. Es wurde deutlicher. Es kam näher, immer näher. Sie hielt den Atem an und ſtarrte dorthin, wo sich der Schienenstrang in die Nacht verlief. Das Geleise begann laut zu klopfen, so im Tatte der Räder. Die Draisine wurde sichtbar. Sie war leer, aber beflaggt mit Flammen und schwarzen Fahren Albert D. des Rauches.
Feuer!
Der Sepp wohnte am äußersten Ende des Dorfes. Er war tein Jüngling mehr, liebte seine Bequemlichkeit, und wovon er eigentlich lebte, konnte niemand so recht sagen. Manchmal half er ja bei diesem oder jenem Nach barn aus, machte bei dem einen das Gras auf der Wiese, bei dem anderen brachte er das Pferd zum Hufschmied, mal hier, mal da, was eben so vorkommt. Aber davon kann man schließlich nicht feit werden.
Freilich: sein eigenes Häuschen hatte der Sepp. Winzig zwar, fast nur eine Hütte ein einziger Raum. Aber es war doch ein Grundstück“, und sein Vater hatte es ihm schuldenfrei hinterlassen, sogar versichert gegen Wasser- und Feuerschäden. Hai man aber ein Dach- und noch dazu sein eigenes über dem Kopf, so fann man überhin ruhig schlafen, und das tat der Sepp gern und reichlich. Ein Defchen war auch in einer Ecke, das Reisig zum
es, daß sie jüngere Kräfte dafür fanden, sei es, daß der Sepp ſelber nicht mehr richtig hinterher war. Jedenfalls hatte er Zeit genug, um große Pläne zu wälzen. Worin sie bestanden, war allerdings sein Geheimnis. Nur der alten Hetta hatte er düstere Andeutungen gemacht, aber sie war halbtaub und hatte vor allem seine tief gerunzelie Stirn gesehen. Nun, er war eben ein seltsamer Kauz, da mußie man ihn schon lassen, wie er war.
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Eines Tages tam eine wandernde Zigeu nertruppe durchs Dorf. Am Abend gab es eine Gala- Vorstellung", und wer nur Beine haite, lief hin, um sich die Künstler anzusehen. Der Sepp natürlich auch. Er war wohl aber ein bißchen müde, denn er begab sich als einer der Ersten wieder heim, was sonst nicht seine Art war. Die alte Heita wohnte dicht neben seiner Hütte. Ihr war es nicht möglich gewesen, zur Vorstellung zu gehen, denn sie wurde gerade das geschicht häufig. wenn man sein Lebtag die große Wäsche für andere Leute wäscht. Sie war also zu Hause geblieben und hatte ihre Schmerzen gepflegt. Als nun der Sepp an ihrem Fenster vorbeikam, öffnete sie es bastig und wintte ihn heran.
Jentehr die Dämmerung snahm, beſto unhein- eigen war auch in einer God, Waffen der öfe von Gicht geðlagt
lider wurde es Alerander, zumal er im blauen Dunst des Horizontes, zu dem der Heimweg führie, nichts enideđen konnte. Und ihn überkam das Gefühl, als habe die Kolonne heimlich envas gegen ihn verabredet. Und er begann zu
Brunnen, und alles andere die„ Gelegenheit". Mit der stand Sepp auf bestem Fuße, ohne sie wäre er gewiß schon lange verhungert.
Aber, wie das nun so geht, auch mit dem Aushelfen bei den Bauern wurde es Enig, sei
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