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follt nun doch euer Weihnacht haben! Laßt uns| Stille, die hier herrschte, war die eines tiefen Ratlos aber waren fie alle; wer fonnte hinter anfangen!" Brunnens. dieser undurchdringlichen Maste steden?
Sie wollte sie hinausschieben, um die kleinen Gaben unter das Bäumchen zu legen, da ſtellte fich die Aelteſte reſolut vor fie hin; fie war hager und hatte einen trozigen Mund im schmalen Gesicht hen.„ Mutter", sagte sie, wir wollen teine Bescherung, wenn Bater nicht das bei sein kann. Wenn er nicht kommt, dann ist für uns nicht Weihnachten!"
Sie drängten sich an die Mutter. Eli löschte das Licht und die Dunkelheit schenkte ihnen Beruhigung. Die Mutter zog die Nelteste an sich und flüsterte:„ Du bist mein tapferes Mädell Bater wird es dir danten! Wir wollen jezt nur an ihn denken!"
Der Wind tändelte mit den Schneefloden. Die grellen Scheinwerfer zerschnitten die schwarze Dunkelheit.
Bweitausend Männer saßen in den Baralten um die fahlen Tische. Die Kartenblätter flatschten diesen Abend nicht so laut auf die Lischplatten. Man hörte fast das Rascheln des Papieres der Lesenden beim Umblättern. Die
Aus dem Hause der Bewachungsmann- Die Berivirrung stieg nach den einleitens schaft drang wüster Lärm, sobald die Türe fich den Worten des Conférenciers. Dekobra be öffnete. Auch hier ſaß man beim Martenſbiel grüßte den Fremden franzöſiſch, der Maskierte Aber es ging laut zu, zuweilen stieg ein rauhes dankte mit den fehlerlos gesprochenen Worten: Landknechtslied und die schwarzen Husaren des Merci, mon cher ami!", aber dann schlug er Diktators schmierten fich dazu ihre Kehlen. ein fchwarzes Buch auf und begann in tadelSie sahen nicht, daß eine Viertelstunde losem Englisch ein Gedicht vorzulesen. Ein Ge bor dem Schlafsignal ein Gefangener ins Freie dicht des berühmten englischen Lyrifers Robert trat, wie hypnotisiert auf den stromgeladenen Browning, wie er sagte. Stacheldraht eilig zuging, ihm unversehens mit der Hand nahe kam, mit einem blauen Fladers schein zurüdtaumelte, hinfiel und dalag wie ein bom Draht gefallener großer Vogel im Schnee. Auch der Posten hatte nichts gemertt.
Er las es nicht gut. Seine Stimme schien an den sentimentalen Stellen überzufippen, und war von dem weinerlichen, falschen Pathos ge= tragen, das den Anfänger verrät. Auch das Gedicht, das er vortrug, mußte eine sehr frühe und Bald darauf blies die Trompete zum unbekannte Arbeit Brownings sein. Niemand Schlafengeben, zwei SS traten fluchend aus hatte es je gehört und es war dech zahl der Wachstube, um die Runde durch die Lager- reiche Kenner der englischen Chrif chivesend, gassen und die Dunkelarreste zu machen. Sie die Verse tlangen uneben, die Gedanken unver ließen den grellen Echein der Poirouillenlampe ständlich, fast wirr. Nur auf einige ältere spielen. Damen machte das dick aufgetragene Gefühl, das an den zweiten Att fitschiger Operetten erinnerte, einigermaßen Eindrud; eine englische Miz begann sogar hörbar zu schluchzen... Der übrige Teil des Publikums schwankte zwischen Matlosigkeit und Lachen. Nicht lange: der traus rige Rezitator flappte sein Buch zu, verbeugte fich ernst und verließ den Saal durch die Tür hinter dem Podium.
Das war das einzige Licht, das an jenem Heiligen Abend im Lager aufleuchtete. Er brachte den sehnsüchtig Harrenden keine frohe Botschaft. Walter Hornung.
Sensation am Weihnachtsabend
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Die Passagierlifte der Ile- de- France ", die vor Sie hintreten und Ihnen in einem am Weihnachtsmorgen des Jahres 1929 von Le schwarzen Domino und mastiert fünf MinuHavre nach New York abging, war komplett. ten lang ettvas erzählen. Wer als erster den Von den Kabinen erster Klasse war feine einzige Namen des Geheimnisvollen errät und auf ein mehr frei. Die Weihnachtsfahrten— ,, les voya- Blatt Papier schreibt, das er mir überreichen ges du réveillon"- dieses Schiffes waren be- läßt, erhält die kostbaren Schmudgegenstände, rühmt und boten einer internationalen Gäste- die Sie feit heute Mittag im Schaufenster des schar stets neue, bisher ungekannte Sensationen. Juweliers bewundert haben. Sir Basil Baharoff Was war dagegen die ,, Réveiloln" in einem hat sie als Preise gestiftet... Die Beteiligung Modelokal von Montmartre oder Chats an diesem Wettbewerb, dessen Reinerträgnis Elysées? Wer im Jahre 1929 feinen Weih- dem Fonds für Hinterbliebene nach verunglück nachtsabend originell verbringen wollte, taufte ten Seeleuten zufällt, haben wir einverständlich fich eine Kabine auf der am 24. Dezember ab- mit 500 Francs bemessen..." gehenden, le- de- France". Das war nicht billig aber schließlich schrieb man doch das Jahr 1929 und hatte noch mehr Geld als heute..
Ztvei Stunden nach der Abfahrt von Plhmouth, wo noch ein paar englische Passagiere an Bord gekommen waren, ließ der Kommandant die„ Erstklassigen" in den großen Speisesaal bitten, unter deffen transparenter Glaskuppel Pfund und Dollarmillionäre zu dinieren pflegten.
,, Meine Damen und Herren", begann der Kommandant Georges Burosse ,,, die Compagnie Générale Transatlantique hat Ihnen auch für diesen Weihnachtsabend besondere Ueberraschungen zugedacht; und wenn ich dieses Programm aus eigener Machtvollkommenheit umſtoße, so geschieht es nur deshalb, weil ich sicher bin, Ihnen heute eine ganz außergewöhnliche Sensation bieten zu können." Als gewiegter Redner machte Kommandant Buroffe hier eine Pause, um die Spannung zu erhöhen. Er nickte Mau rice Dekobra zu, der eben eingetreten war:
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In der Stunde, die noch bis zum Weihnachtsessen blieb, herrschte auf der Ile- deFrance" eine wahre Hauffe nach englischen Beitungen. Für die Gesellschaftsrubrik der„ Times" wurden phantastische Preise gezahlt und die Paſſagiere notierten sich gewissenhaft die Namen der Prominenten, die dort ihre Amerikafahrt ankündigten. Die Preise, die Sir Baharoff ge= stiftet hatte, waren wirklich der Mühe wert und dazu tam noch der sportliche Ehrgeiz, den der Kommandant in richtiger Voraussicht mit der Wohltätigkeit verbunden hatte.
Die Gesichter der Bassagiere waren nicht sehr geistreich. Einige gaben das Rennen auf, andere berieten fieberhaft. Fragen flogen über die Tische, dann wurden die ersten Bettel aus gefüllt.
Nach kurzer Pause, nachdem eine schnell zusammengestellte Jury die Einsendungen ge= prüft hatte, verkündete Kommandant Burosse die Entscheidung: eine Anzahl von Stimmen war für den Prinz of Wales abgegeben. Demp= sey, Fairbanks und Buster Keaton hatte jeder weit über 60 erhalten, Grod brachte es auf 32, Cochet und Maurice Chevalier auf 34; aber auch die anderen Größen dieser Zeit waren vertreten, Gigli, Tristan Bernard , Kellog, Shaw, Wallace, Morgan es gab eigentlich keine Weltberühmtheit, die nicht genannt wurde. Trotzdem erklärte der Kommandant, er werde die schönen Preise leider für den Fonds in Beschlag nehmen müssen, denn keinem unter den anwesenden 700 Passagieren sei es gelungen, den richtigen Namen zu erraten.
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..Und wie heißt er?", riefen einige vorlaute amerikanische Jünglinge, denen es um das fündhafte Geld leid zu tun begann.
,, Sie werden es sogleich erfahren", lächelte der Kommandant ,,, er will sich Ihnen selbst vor= stellen."
Die Spannung erreichte ihren Höhepunkt, als Maurice Detobra nach Beendigung des Die Neugierde stieg auf den Höhepunkt. Diners auf ein improvisiertes Podium stieg. Er Wem, welcher Weltberühmtheit war es gelun dankte für die zahlreiche Beteiligung und er- gen, die Kenner von drei Erdteilen so an der wähnte nebenbei, daß der Hilfsfonds an diesem Nase herumzuführen?“ Abend um 300.000 Francs reicher geworden sei
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eine Rekordsumme, die selbst auf der vornehmen ,, Ile- de- France " noch nie erreicht worden war. Nach ganz kurzer Zeit würde der weltberühmte, große Unbekannte erscheinen:..
Stille, angespannte Erwartung.
,, Vor wenigen Stunden ist in Plymouth ein Passagier an Bord gekommen, der keine Jetzt öffnete sich hinter dem Bodium eine Kabine reserviert hatte. Dieser Passagier ist ein bis dahin unbemerkt gebliebene Tür und der weltberühmter Mann und troßdem wir lom- Kommandant Boruſſe trat ein. Hinier ihm er plett" sind, bestand er darauf, mitgenommen zu sichen ein mittelgroßer Mann, in einem schwarwerden. Er wohnt in einer Kabine, die ihm zen Domino, mit einer schwarzen Maske, die meine Offiziere zur Verfügung gestellt haben. fein Geficht vollkommen verhüllte, in den über Da uns nun der Zufall zu Hilfe tam, so mache schien ein mittelgroßer Mann, in einem schwarich Ihnen den folgenden Vorschlag: Der geheim- zes Buch. Es war eine unheimliche Erscheinung, nisvolle und weltberühmte Passagier, dessen die an Ku- Klug- Klan- Erzählungen und Namen Sie alle kennen, dessen Eristenz auf dem Schauergeschichten erinnerte- den Damen rieShiff aber nur Mr. Defobra, meinen Offizie- felte eine angenehme Erregung über den Rücken ren und mir bekannt ist, wird nach dem Diner und die Herren hörten auf, stepiisch zu lächeln.
Einige Minuten später wußten es alle. Denn auf der Bühne war, wie aus der Versenung, der Mann aufgetaucht, dessen bloßer Anblick die Herzen von fünf Erdteilen zum Lachen bringt. Der Mann, dessen tiefernste Komit alle bewundern, von Alaska bis zum Aequator; der Mann, der so heiter und traurig ist wie unser Leben selbst. In seinen weiten fallenden Hosen stand er da, mit dem Hütchen und Stöckchen, den aufwärts gebogenen Schuhen, dem traurigen Blick und dem zitternden Schnurrbart. Wie ein Wirklicheit gewordener Film erschien er den Ladies und Gentlemen, die ihn doch alle schon oft auf der Leinwand gesehen hatten: Charlie Chaplin , der Weltberühmte, höchstpersönlich!
Als sich der Beifall langsam gelegt hatte, hob Chaplin die Hand:„ Ich habe Ihnen heute viel Böses angetan", begann er ,,, das war nicht recht, denn Sie haben doch so viel Geld für