BUNTE WELT

Nr. 4

Unterhaltungsbeilage

Mildred täuscht sich nie

Von Richard Keverne

Es war schon ziemlich dunkel, als Sir[ doch ein wenig zu merkwürdige Gewohnheiten! Miles Hebers mit seinem Gaft, Colonel Barren, Wortkarg im höchsten Grade, schentte er nie auf sein Landhaus Neighton Grange, Surrey , zurüdfehrte.

Blate, der Kammerdiener servierte den Whisky im Rauchzimmer. Seine Stimme war angenehm und höflich ohne Unterwürfigkeit. Seine Bewegungen waren sicher und geräusch­

Tos.

..Tadellos wie immer!" sagte Sir Miles, als er den ersten Schluck genommen hatte. Blakes Gesicht drückte respektvolle Freude aus. ,, Dante Sir!" sagte er.

-

-

Wir werden abends spät nach Hause kom­men, Blake. Sorgen Sie dafür, daß im Kamin noch Feuer ist." Blake verneigte sich. Ich werde auch noch einige Sandwichs herrichten lassen. Außerdem sollte ich aus­richten, daß der Herr und die Dame, die My­lady in ihrem Brief erwähnt hatte, heute nach mittags hier waren. Sie haben sehr bedauert, Sir Miles nicht anzutreffen und lassen durch mich ihren herzlichsten Dank für die Besich tigungserlaubnis bestellen..."

,, Es sind Kunstfreunde, die Mildred in Mentone tennengelernt hat. Sie baten sie,

mandem Vertrauen. Irgendwas schien mit ihm wirklich nicht richtig zu sein...

Inzwischen durchschritt Blake die Halle. Eine Weile stand er noch sinnend vor dem großen Stamin. Ein Beobachter hätte gefunden, daß Mr. Blake plößlich ein wenig alt und ber­braucht aussah, als laste ettvas auf seinen Schultern, als er so in die fladernden Holz­scheite blidte. Dann betrat er in raschem Ent­Schluß den Salon, ohne die elektrische Beleuch tung anzudrehen.

Mit wenigen Schritten war Blate bei dem altertümlichen Sekretär, der den Schatz von Heighton Grange, zwei Miniaturbilder Hol­beins, enthielt. Mit einem raschen Griff nahm er sie von ihrer Samtunterlage und schob die Carrons, des Besucherz vom Nachmittag, nicht Lade wieder zu. Blake hätte des Urteils Doktor bedurft, um zu wissen, daß die beiden Kunst­werke ein Vermögen repräsentierten...

Heighton Grange befichtigen zu dürfen. Dr. Lied der ägyptischen

Carron soll Kunstexperter sein," wandte sich Sir Miles erklärend an den Colonel . Ich danke Ihnen, Blate. Sie können jetzt gehen.

..Wo haben Sie eigentlich diesen vorbild­lichen Kammerdiener hergezaubert, Miles?" sagte der Colonel, als sich die Türe geräusch los hinter Blake geschlossen hatte. Ich kenne ein paar Leute, die Sie nicht wenig um ihn bes neiden!"

..Fragen Sie mich nicht, mein Lieber! Natürlich war es wieder ein Fang Mildreds. Sie wiffen, Mildred hält sich für eine getvaltige Menschenkennerin und wann brauchte man die­ses Talent nötiger, als bei der Auswahl seiner Angestellten. Sie ist wirklich eine entzückende Frau und tvenn sie einen Fehler hat, dann ist es der, daß fie immer recht behält. Dieser Blake zum Beispiel, war mir im Anfang nicht sym­pathisch. Aber heute muß ich zugeben, daß er der beite Kammerdiener ist, den ich je gesehen habe. Mildred dürfte also wieder einmal recht behal­ten..."

Blake half dera Chauffeur die Reisedecke sorgfältig um die Beine der beiden Herren zu legen, dann berneigte er sich respektvoll und trat zurüď.

Sein Gesichtsausdruck veränderte sich in der gleichen Sekunde, als das Schlußlicht des Wagens im Nebel untertauchte. Die früher auss druckslojen Büge seines Gesichtes wurden hart und energisch. Einen Moment stand er regungs­Io3. Gespannt nachdenkend betrachtete er das Haus

Ein wenig später hatten die übrigen Haus­angestellten Gelegenheit festzustellen, daß Mr. Blake heute merkwürdig zerstreut und wenig entgegenkommend war. Sie fühlten sich erleich tert, als er die Diensträume verließ. Er hatte

Kornträger

Dies ist das älteste uns erhaltene Arbeiterlied der Welt, entstanden um 150 bor Chr. Geb. Die deutsche Nach dichtung besorgte, frei nach Klabund , Frib off.

Garben und weißen Spelt Tragen wir Tag für Tag. Alle Speicher find voll, Alle Schiffe gefällt. Schon quillt Korn über Bord, Uns aber treibt man und treibt. Hungernd gehn wir gebädt. Unfere Nüden aus Erz, Unsere Herzen aus Erz Tragen Tag für Tag.

-

Garben und weißen Spelt Tragen wir Tag für Tag. Alle Speicher find voll Unsere Mägen find leer. Schon quillt Korn über Bord Weib und Kind aber schrein. Hungernd gehn wir gebückt. Unsere Nüden aus Erz. Unsere Herzen aus Erz Tragen Tag für Tag.

1

Hunger und heißen Haß Speichern wir Tag für Tag. Unsere Herzen sind voll, Unsere Mägen find leer. Schon quillt Korn über Bord, Gold in den Taschen der Herrn. Nicht mehr gehn wir gebückt! Unsere Herzen find Erz. Unsere Fäuste aus Erz Schlagen Schlag um Schlag.

1937

Wenige Minuten später befand sich Blake wieder in der Küche, wo er der Köchin auftrug, die Sandwichs bereitzustellen. Dann begab er fich ruhig auf sein Zimmer, setzte seine Pfeife in Brand und studierte die Times. Nur ein sehr aufmerksamer Beobachter hätte bemerken kön nen, daß er jedem Geräusch aus dem Park die größte Aufmerksamkeit schenkte.

Als das leise Surren eines Automobils an fein Ohr drang, erhob er sich und schritt vors jichtig tastend durch die dunkle Halle. Leise trat er vor das Haus und verbarg ſich hinter einem

Gebüsch.

Er hatte nicht lange zu warten. Wenige Minuten später huschten leise Schritte fast ges räuschloß über den Kiesweg...

Eine halbe Stunde später fand ein Diener Blate im Arbeitszimmer Sir Miles. Er lag Naden verlor sich ein schmaler Bluiſtreifen auf auf dem Boden und aus einer Wunde im dem Teppich.

Das Ueberfallskommando unter Führung des Sergeanten Muirs und der Arzt trafen fast zu gleicher Zeit ein; Sir Miles und der Colo­nel einige Minuten später.

Die Situation schien auf den ersten Blick eindeutig genug: Jm Arbeitszimmer mußte ein heftiger Kampf stattgefunden haben. Stühle waren umgeworfen, Vasen zertrümmert. Der Sekretär stand offen und die beiden Holbeins waren verschwunden. Nur die Tatsache, daß die gesamte Dienerschaft in einem Seitenflügel untergebracht war, machte es verständlich, daß die Vorgänge bon niemandem gehört worden

tvaren.

Blake hatte das Bewußtsein noch nicht wiedererlangt. Sir Miles starrte entsetzt auf feinen Kammerdiener, dann auf den erbrochenen Schreibtisch.

..Wo ist der Täter?!" wandte er sich an den Sergeanten, der seine Untersuchungen bes endet zu haben schien. ,, Gedenken Sie vielleicht doch die Verfolgung aufzunehmen oder sonst irgendetwas zu tun?! Die beiden Miniaturen repräsentieren einen immensen Wert..."

Sergeant Muir zudte die Achsein. Den Täter? Nein, den fenne ich noch nicht.- Aber den Komplicen kann ich Ihnen wahrscheinlich zeigen, Sir..."

In diesem Moment richtete sich der Arzt auf... Die Verletzung ist relativ leicht," sagte er. ,, Die Ohnmacht ist offenbar einer Schockwirkung zuzuschreiben. Sonst hätte er eigentlich schon zu Bewußtsein kommen müssen..."

-

Wieder zuckte Muir die Achseln... Ich habe nichts anderes erwartet. Im übrinen fühle ich mich berechtigt, Ihnen zu sagen, Sir Miles, daß es mir unangebracht erscheint, in diesem Falle gerade der Polizei Vorwürfe zu machen. In Wirklichkeit sind an diesen Vorgängen eigentlich Sie selbst schuld..

,, Was wollen Sie damit sagen?" ,, Daß man einen Mann wie Blake eben nicht anstellt, wenn man seine Geschichte kennt. Einen borbestraften Verbrecher. Noch drzu,