Peter ging, blieb leer. Denn er in der No-| gefährlichen Hintermann, der auf einmal in der Tonne hatte auf dem schwarzen Weg seinen bestimmten Nebenmann, der ihm nicht von einer Vorschrift und nicht von der ohwaltenden Kameradschaft zugeteilt wurde, sondern von einem Busammengehörigkeitsdrange, dessen Zustande Tommen den Menschen im Dunkel verborgen bleibt. Joseph fühlte, daß durch das Unglüd, das er über Peter brachte, etwas unheimliches hinter ihm im Gange war. Verstohlen strengte er fich an, nach rechts zurückzuschauen, um den
Lüde neben ihm ging, zu beobachten. Joseph stußte. Verbissen grinste Peters Antlik:„ Nur weiter! Du warst doch gestern nicht so schüch tern! Vorwärts! Oder wartest du immer noch auf das Trinchen?" Er stieß ihn vor sich her. Die letzte Kurve tam. Voraus in der Finsternis geisterten trübe Punkte aus Licht. Und der Gleichſchritt, in dem die Kolonne ging, wurde zum patschenden Getrampel.
( Schluß folgt.)
Pariser Herzensangelegenheiten
Herzensangelegenheiten nehmen in Paris | sich birgt. Sie verlieren Ihre Selbstachtung, wenn Sie sich so weiter ausnüßen lassen. Ich rate Ihnen Festigkeit, das wird sehr schnell Ihre Beziehungen klären."
einen vielleicht noch breiteren Raum ein als anderswo. Zwar ist die Vorstellung von Paris als der Stadt der Liebe nur bedingt wahr, aber es hat schon seine Richtigkeit damit, daß der Franzose und namentlich der Pariser neben der Arbeit auch den Genuß in allen seinen Formen liebt und schäßt und privaten, nichigeſchäftlichen Angelegenheiten sehr viel Zeit widmet.
Man erfährt über diese privaten Ange legenheiten im allgemeinen nicht viel, es sei denn, daß ein ,, crime paffionel", ein Verbrechen aus Leidenschaft, vor Gericht kommt, wobei, wie man weiß, die Richter namentlich gegenüber Frauen eine Milde walten lassen, die anderswo laum verſtändlich ist. Aber es gibt eine Quelle, fich über die Herzensangelegenheiten von Paris zu informieren. Dies ist eine Rubrik in dem großen Sonntagsblatt„ Paris- Soir Dimanche", die Affaires de coeur"„ Her zensangelegenheiten" betitelt ist. Eine solche Rubrik, in der Ratschläge für Herz und Heim erteilt werden, ist keine Erfindung der Pariser Beitung, sie gibt es fast überall. Aber die Art der Fragen, die Tendenz der Antworten ist so echt pariserisch, daß es sich verlohnt, einige Stichproben daraus zu geben.
Man wird verwundert vor allem die farle Betonung des Familien finnes feststellen. Viele Fragen betreffen die Möglichkeit, eine zerrüttete Ehe doch noch aufrechtzuerhalten, und die Antworten find fast immer positiv: trop allem sollte die Fragerin bedenken, welches Glück fie an der Seite ihres ungetreuen Gatten erlebt, welches Unglüd eine Scheidung für die Kinder mit sich bringt.. und im übrigen müsse eine fluge Frau auch einen Fehliritt zu verzeihen wissen. Dies ist der übliche Tenor, Woche für Woche kann man diesen Ratschlag finden.
Buteilen aber scheint auch die sonst sehr fluge und vorsichtige, ungenannte Raigeberin aufrichtig verblüfft zu sein. Da werden Dinge gefragt, und zwar mit einer Offenheit, die viel leicht Anstoß erregen würde, wenn man nicht an die selbstverständliche Natürlichkeit von Liebesaffären in Paris gewohnt wäre. So zum Beispiel folgende Buſchrift:
„ Er lebt bei mir seit drei Jahren, er findet bei mir jede Bequemlichkeit( ein gutes Frühstüd und, so oft er will, ein Bad). Aber er schenkt mir nie etwas, weder Zigaretten noch Puder. Und dabei befinde ich mich in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen, er weiß das auch, er hört mich an, und er tut ernstlich beforgt. Dann lieben wir uns wie jeden Abend, und man spricht nicht weiter über die Sorgen. Wenn das so weiter geht, wird uns bald das Nötige fehlen, und unsere Liebe wird sterben. Was soll ich tun?"
Eine andere„ Unglüdliche" meldet sich zum Wort. Sie schreibt:
„ Ich bin außerordentlich schön, dunkelbraun, habe ſamtene Augen mit langen Wimpern. Ich habe einem jungen blonden Dichter mit gewellten Haaren die Ehe versprochen, und er ist mir absolut treu. Aber da ich ihn nur alle vierzehn Tage sehe, verführt mich mein südliches Temperament au warmen Gefühlen für einen anderen Mann. Dieser ist unbeständig, zynisch und er liebt nur meine Schönbeit. Was soll ich tun? Gefühl und Gewiſſen find in hellem Aufruhr. Maja."
Die heißblütige Maja erhält die verdiente Abfuhr:„ Sie sind selbst schuld, wenn Sie leiden, Maja. Es gibt keine Entschuldigung für 1. Es gibt fei Sie. Wenn Sie nicht einmal 14 Tage lang demjenigen treu bleiben können, dem Sie die The versprachen und der volles Vertrauen zu Sie lieben ihn nicht und Sie haben ihn nie geIhnen hat, muß ich Ihnen rund heraus sagen: liebt. Verzichten Sie lieber, bevor Sie einen Mann unglüdlich machen."
„ Ein Mann machte mir den Hof", schreibt eine andere, diesmal sicherlich eine waschechte
Pariserin, ich habe ihm widerstanden, denn eine Frau soll ja nicht sofori kapitulieren. Aber dann, als er nicht mehr weiter in mich drang, fühlte ich mich sehr verzweifelt. Denn alles in allem, er gefiel mir sehr gut, und ich hätte ihm nachgeben sollen. Ein Herz, von tödlicher Un= ruhe gepact."
"
Auch diesem von tödlicher Unruhe gepackten Herzen wird Rat, ein Rat, wie ihn eben nur, schalthaft und überlegen zugleich, flug und mir bielem Charme, nur eine Pariserin zu geben weiß: Wenn ein Mann schon nach dem ersten Versuch die Schlacht verloren gibt und den ersten natürlichen Widerstand einer Frau nicht zu brechen versteht, so ist er sicherlich nicht sehr berliebt gewesen. Sie haben absolut nichts zu bedauern, denn alles in allem haben Sie nichts berfäumt,"
Die Uniform hat auch für die Pariserin nach wie vor eine starke Anziehungskraft, wie man aus der folgenden Geschichte erfährt:
Drei junge Leute in gesicherter Position haben die ernsthafte Absicht, mich zu heiraten. Ein Kaufmann, ein Buchhalter und ein Offizier. Ich habe um einen Aufschub gebeten, um alles genau zu überlegen. Ich bin mit endlich flar geworden, daß mein Herz dem Offizier ge= hört. Aber ein Schwager hat während seiner Dienstzeit kein gutes Verhältnis zu seinen Vorgesekten gehabt, er fann Offiziere nicht leiden, und er rät mir dringend ab, einen Militär zu heiraten. Ist es denn wirklich wahr, daß Offiziere ihre Grauen nicht glüdlich machen
können?"
Diese Gewissensfrage, die für die franzö= fische Armee verhängnisvoll werden könnte, wird folgendermaßen beantwortet: Ihr Schwager übertreibt. Schließlich ist er ia nicht derjenige, der heiraten will, und solche Verallgemeinerungen stimmen nie."
städtische Pariſerin von heute hat noch nach wie Wie man sieht: die„ mondäne" weltvor, wie die Frauen der ganzen Welt, ihre fcinen und großen Sorgen, und es ist gar nicht wahr, daß man heutzutage feine Herzensange= legenheiten mehr hat. R. C.
Josef Wechsberg: Kokain
., Sehen Sie die beiden kleinen, schmächtigen Indianer dort vorn?" fragte Senor Juan Luis Robles und wies mit der Hand auf die Plantage ,,, sie sehen krank und schwach aus und dürften an die fünfzig sein. Sie werden es wahrscheinlich nicht glauben wollen, daß diese armseligen Burschen einen Sad mit hundert Kilo Kaffee ertragen wie nichts. Und das neun Stunden hindurch, auch mittags, wenn die Sonne ihnen auf die Köpfe brennt."
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Senor Juan Luis Robles ist der reichste Mann aus Esmeraldas und vielleicht dem nördlichen Ekuador überhaupt; er besitzt dort eine Goldmine, ausgedehnte Bananenwälder und Reisfelder, sein Kaffee wandert bis nach New York und Kanada hinauf und wird dort von den Kennern besonders geschätzt und er ist stolz auf seine fastilianische Abstammung. Aber von seinen spanischen Ahnen her besitzt er einen unwiderstehlichen Hang zum Fabulieren. Senor Robles sah mein skeptisches Lächeln und sagte nichts. Dann drehte er sich um und schritt zu einem Heinen, unanschnlichen Strauch mit breiten, gangrandigen Blättern und schmalen weißen Blüten. ,, Da," sagte cr und reichte mir einige Blätter, die er zigischen seinen Fingern zerrieb, das ist das Geheimnis“.
Die Antwort ist sehr streng:„ Mir kommi eine Bezeichnung auf die Lippen, die ich für Ihren Geliebten lieber nicht aussprechen möchte. Man kann unmöglich ein Verhalten Liebe An den Blättern war nichts Auffallendes. wennen, das eine offensichtliche Verachtung in Sic atmeten ein bitteres, feines Aroma aus.
| ,, Kauen Sie doch ein vaar Blätter," sagte Robles, der sich über meine Unwissenheit zu amüsieren schien, Sie werden dann heute abends nicht so bald einschlafen können: Und mit einer bezeichnenden Geste fügte er hinzu: ,, Koka!"
Kota! Das also war die seltsame Pflanze, welche den einheimischen Indios Lebensfrische und Lebensfreude gibt, welche ihnen wichtiger ift als das Essen und Trinken und aus welcher man ein allerliebstes und in fünf Erdteilen be= fanntes Rauschgift herstellt, bei dessen bloßer Nennung man unwillkürlich an Kriminalgeschichten, Flüsterkneipen und Vergiftungen denkt: Kokain!
,, Mit diesen Blättern halte ich mir meine Leute fest. Ursprünglich bekam ich sie aus Peru . Aber der Transport war zu teuer. Jetzt habe ich mir selbst eine fleine Kokaplantage angelegt. Sozusagen für den Privatgebrauch. Intereffiert es Sie? Mein Auto wartet. In einer Stunde sind wir draußen!"
Tausende und Tausende von Kokasträuchern ringsum. Ein Kokawald, durch den wir jetzt gehen. Nichts als diese kleinen, unauffälligen Blätter. die armseligen Blüten, die feinem Gartenbefizer Freude machen würden. Und doch würde dieses Wäldchen genügen, um ein fleines Land zu vergiften. Senor Robles Yacht! Wer denkt gleich ans Vergiften? Sier.