BUNTE WELT
Nr. 16
Unterhaltungsbeilage
Der Fall Makanski
,, Sie werden sehen, daß es ein Unrecht war, sich vor der Wahrheit zu fürchten", sagte der kleine Mann so treuherzig, als ob er es wirklich meine. Auch wir hier sind wie alle Menschen sofort zu überzeugen, wenn wir erst einmal die Aufrichtigkeit merken. Und welch ein beseligendes Gefühl wird es für Sie sein, tvenn Sie nichts mehr zu verheimlichen haben."
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Sie lachte ihm ins Gesicht. Sie werde es auch vor dem Richter beschwören, sagte sie beruhigt; das würde ihm gar nichts helfen.
1937
mit dem Geständnis der wahren Sachlage um Fortgehen im Hause niemandem begegnete, beden Betrag für ihre Rettung gebeten hätte, achtete er nicht. Was hätte es ihn bekümmern hätte man ihr ihn vielleicht nicht verweigert, sollen? Dann, bei der Rückkunft, als er schon ihn zumindest als Vorschuß gewähren können. das geschlossene Haustor aufsperren mußte, Nun aber das müsse sie einsehen tonnte es ihm noch weniger auffallen. Er kam habe sie das selbst unmöglich gemacht. Das fähe mit einem flaren und, wie er glaubte, sehr ia wie ein Schuldbekenntnis aus. flugen Feldzugsplan heim, aber als er die Küche betrat, fand er das Mädchen leblos auf dem Fußboden neben dem Herd liegen. Er ftürzte ans Telephon und rief die Rettungsstation an. Er dachte natürlich nur an einen Krankheitszustand, eine Ohnmacht oder dergleichen und war froh, sie auf diese Weise wenigftens aus dem Hause zu bekommen. Aber als die Leute mit dem Wagen kamen, rührten sie sie nicht an. Sie verständigten die Polizei. Das Mädchen war tot. Mit den bloßen Händen er würgt. Die ungläubige Verwunderung Mas fanstis, als er das hörte, entlastete ihn nicht. Er war der einzige, der als Täter in Bes tracht fam.
Das grelle Licht der Tischlampe fiel auf die Hände des Untersuchungsrichters. Die Uhr hinter ihm an der Wand tiďte lauter in den Er war von Natur nicht jähzornig, aber Bausen des Gesprächs. Josef Makansti, Dispo - nun schrie er sie so wild an, daß sie erschrocken nent der Handels- und Verkehrsbank, in dem zwei Schritte zurückwich und stürzte davon. Er mun merkwürdig tveit hinter ihm liegenden lief eine Stunde ratlos in den eistalten StraLeben, saß leicht vornübergeneigt und machte ben umher, sich zu fassen und zu überlegen, den Eindruck, als ob er angestrengt nachdächte. was in solcher Lage zu tun fei. Daß er beim Aber es ging alles durch ihn hindurch, was et hörte, als sei er ein Hohlraum. Es verließ ihn wieder. Er konnte es nicht halten. Die Wahr
heit hatte er schon geſagt, einige Male; Die Autodafé
glaubte man ihm nicht. Nun forderte dieser Mann, der es offenbar ehrlich meinte, er solle irgend etivas anderes sagen, das man ihm glauben fönnte. Und dann würde alles gut sein.
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Makanſki gehörte zu den Menschen, die auch das Peinlichste und Heikelste unbefangen sagen können, wenn es sich als notwendig erweist. So hatte er denn erzählt, daß seine Frau, mit der er schon eine Reihe von Jahren verheiratet war, ihn sehr verwundert abwehrte, wenn er zärtlich oder gar feurig wie vor der Hochzeit oder in den ersten Ehemonaten werden wollte. Wenn sie sich nicht nachsichtig überwand, zeigte sie offen, daß es ihr deplaciert erscheine. Kühle, gewohnte Umarmungen fand sie diesem Stadium der Ehebeziehungen angemessen. Gemeinsam die Sorgen tragen, den Wohlstand erhalten und mehren, kurz und abgeklärt als Freunde das Leben teilen, war nun ihre natürliche Bestimmung. Da gab es an jenem Abend, als er aus dem Büro heimTam, plöblich eine Katastrophe. Die Frau war fort. Auf einem Bettel standen nur die Worte: ,, Die Katti ist guter Hoffnung." Katti, das war das Dienstmädchen, ein hübsches, junges Ding, dessen ungewöhnliche Tüchtigkeit und übereifrige Zuvorkommenheit ihm längst ein wenig unheimlich gewesen war. Er ging in die Küche hinaus. Dort saß das Mädchen und weinte. Sie blieb auch ihm gegenüber bei der Behauptung, er sei der Vater des Kindes, das sie erwarte. Ganz ruhig und gelassen sah sie ihm dabei in die Augen.
Ja, aber Er schüttelte, zunächst noch eiwas belustigt, den Kopf. Auch sie lächelte. Was könne ihm denn so viel daran liegen? meinte sie. Er brauche nur das Geld herzugeben, damit sie das Kind loswerden könne und alles sei wieder in Ordnung. Sie könne sich das Geld auf andere Weise nicht beschaffen. Ihm aber mache doch ein solcher Betrag nichts aus!
Vergebens versuchte er ihr zu erklären, daß sie durch diese Finte, die ihr vielleicht ihr Geliebter eingegeben habe, sein Leben, seine Ehe zerstören fönne. Wenn sie seine Frau oder ihn
1536:
Zündet an
die lodernden Flammen auf dem Platz von Badajoz , bringt die Keher
aus dem Turme
vor die Kirch' von Badajoz . König Philipp steht als Säule
auf dem Erker von Badajoz . König Philipp
will euch segnen,
dort verrauchen
auf dem Platz von Badajozl 1936:
Zündet an
tote Proleten
vor der Kirch' von Badajoz . Mammons Sendlinge find gekommen,
hört's, ihr Toten von Badajoz . König Philipp
läßt euch segnen,
hört's, ihr Henker von Badajoz . König Philipp
ist auferstanden, hallt's durch die Straßen von Badajoz . König Philipp
Kämpft, ihr Menschen
auf der Erde,
kämpft um euer Badajoz . Sorgt, daß nie mehr Menschen brennen
Karl Johanne 8. ( Aus einer Gedichtsammlung Spanten").
Das weiße Licht der Tischlampe fiel auf die gepflegten, ettvas plumpen Hände des Untersuchungsrichterz. Die Wanduhr hinter ihm tidte unerträglich laut. Er war fein guter Mensch, aber vielleicht ein guter Untersuchungsrichter. Er hielt es nicht für zweckmäßig, Mafansti zu berichten, daß man endlich den Liehs haber des Mädchens ausfindig gemacht hatte, einen wegen feiner Gewalttätigkeit berüchtigten Fleischergesellen und daß die vorgefundenen schmußigen Fingerabdrücke an verschiedenen Gegenständen in der Küche zumindest dessen Anwesenheit an diesem Abend äußerst wahrs scheinlich machten.
„ Nun?" fragte der Richter, als die Pause fich allzu lange hinzog und Makanski immer noch stumm, bornübergeneigt dasaß, und kein Zeichen des Interesses von sich gab. ,, Sie müssen doch zugeben, daß Ihre Frau irgendwelche Anhaltspunkte für ihren Verdacht gehabt haben. muß, wenn sie der Bezichtigung des Mädchen sogleich vollen Glauben schenkte, ohne nur überhaupt Ihre Verteidigung abzutvarten.".
Ueber Makanstis Gesicht ging ein Aufleuch ten der Befreiung. Er begann ettvas zu faffen. Was ihn so sehr niedergedrückt hatte, war das quälend Sinnlose an dem ganzen Fall gewesen Tollpatschig hatte ein blöder Zufall sein Leben, das in ruhigem, ernſten Streben nicht ohne Opfer und Mühen aufgebaute, zerstampft. Der irrsinnig grinsende Stumpffinn des Geschehens war ihm unerträglich gewesen und hatte alle seine Willenskraft gelähmt. Jegt wurde plötzlich doch so etwas wie ein uriächlicher Zusammenhang, wie eine Schuld erkennbar. Nicht die Schuld eines Menschen, aber die Schuld eines Begriffs, eines sittlichen Erzie Gungsergebnisses, einer gesellschaftlich vereinbarten Vorspiegelung. Warum hatte seine Frau dem Mädchen geglaubt? Weil seine fnabenbafie Sehnsucht nach Verliebtheit, sein Zärtlichkeitsverlangen noch ganz so da war wie ehedem, als sie es noch erwiderte. Sie fühlte sich betrogen und in ihrer tiefsten Seele beleidigt, als fre bachte, daß er es einer anderen zuivende, obs