-

-

Das Kind hat seine eigene Logik

Es ist allzu wahr, daß die Zeit, die Bun- geleistet zu haben. Ich hatte einen stillen den schlägt und heilt, auch die schmerzlichsten Triumph und entließ ihn dann gerne auf die Geschehnisse mit ihrer Patina des Vergeffens Straße zum Spielen. bedeckt. Der letzte furchtbare Krieg hält nur noch in der älteren Generation den Nachhall des Schreckens wach; die jüngere, die nicht Auge in Auge zu ihm stand, hält sich an die Patina! Sie ſtemmte sich in den nationalistischen Autori­

täisſtaaten nicht gegen eine Neuauflage des sogenannten Heldentums. Nach Jahren der Krise iſt ſie ſogar zufrieden, Vorarbeit für den näch­ften Massenmord leiſten zu dürfen, nur um wieder Verdienst gefunden zu haben.

Gleichzeitig mit dem Rüstungsspielzeug" für die Großen blüht auch wieder das Rüstungs­gewerbe für die Kleinen: das Kriegsspielzeug.

Am nächsten Tage, als ich zu Mittag heim­kam, sah ich ihn daherlaufen; er hatte ſeinen rekonstruierten Säbel in der Hand und lief an griffiustig einem soldatisch mastierten Jun­gen nach. Als er zu Tisch herauffam, fragte ich

daß er sich auch so ein schönes Maskenkostüm wünsche.

Wir beschlossen, ihn zu trösten. Die prat tische Hausfrau machte ihm aus bunten Stoff­reſten einen Türkenanzug, mit einem Fez und einem schönen, roten Gürtel. Das fertige Meis an und was holte er zur Vervollständigung des Türken hervor? Seinen Säbell Er ſtedte ihn in fterſtüd versette ihn in Entzüden, er zog es die breite Schärpe und ſtolzierte davon.

Ich war flug genug, nichts dagegen u

ihn nach dem Grunde seines Kriegerischen Tung. sagen, denn ich konnte mir doch vor meinem Er berichtete verärgert, daß der Junge, den er Achtjährigen teine Blöße geben. Ein Türke verfolgt habe, ſeinen Säbel als lächerlich beber ich nahm mir vor, ihm doch einmal ohne Säbell 2 zeichnete. Wir forschten weiter nach dem Grunde vom großen Krieg zu erzählen, von dem Mais seiner Gereiziheit und da stellte sich heraus. senmord mit Maschinengewehren, Handgranaten

Alles modern motorisiert. Und es gibt Päda- Martin Grill:

gogen", die behaupten, das Kind bleibe mit solchen Dingen im Reiche seines unbelasteten Spieltriebes.

Ich gehöre nicht zu ihnen und darum gab ich meinem Jungen auch dieses Jahr kein Kriegsspielzeug, sondern einen technischen Bau­fasten und er freute sich herzlich darüber. Er hatte sich, obwohl er im streitbaren Alter ist und obwohl er einen Schulfreund hat, der von sei­nem Vater jede Weihnachten modern auf­gerüstet" wird, nichts anderes gewünscht.

Nun, mein Sprößling entwidelte seine technischen Talente, aber die Vorlagen befrie­digten seine eigenen Planungsbedürfnisse nicht dauernd und so konstruierte er Dinge, mit denen meine laienhafte Schulweisheit nichts anzufan­gen wußte. Ich dachte an des Dichters Peter Hille schöne Worte vom Entdeckerium des Kin­des. Und eines Tages fonstatierte ich eine Seite seines Konstruktionstriebes, die zu meinen pädagogischen Absichten ganz und gar nicht passen wollte. Ich stand hinter ihm und sah, wie er damit beschäftigt war, aus einem langen und furzen Stüd seines Stabilbaukastens eine Art Säbel zu basteln.

,, Was machst du denn da?" fragte ich naib. ,, Einen Säbel!" antwortete er ettvas zögernd.

Was willst du damit?"

Sein Mienenspiel antwortete etivas ver­ächtlich: daß du das nicht weißt?

Ich wartete auf die Anttvort. Er recte sich, holte aus und ließ das Ding durch die Luft pfeifen. Dann sagte er mit friegerischer Geste: ..Jest soll mir noch einmal einer frech werden, den steche ich nieder!"

,, Weißt du, daß du damit einen anderen berleben, sogar töten fannst?"

Er sah mich betroffen an, fenkte die Augen. Nach einer Weile grollte er von unter herauf: ,, Wenn aber einer frech wird!"

., Dann wehre dich mit den Fäusten, wenn du angegriffen wirst. Aber, wenn du nicht frech wirst, werden dich die anderen auch in Ruhe lassen! Wenn zwei sich streiten, sind sie meist beide schuld!

Bersuche es mit praktischer Pädagogit! fagte ich mir und ich lud ihn ein, mit mir etwas zu bauen. Er war beglüdt einverstanden.

"

Bauen wir ein Klavier!" schlug ich vor. Nein!"

,, Dann vielleicht eine Brüde!"

..Ja, bauen wir eine Brüde!" stimmte er 311.

,, Dazu brauchen wir aber die Stäbe deines Säbels!"

Wovon man spricht

Wenn ein Diftator Fünftaufend nach Spanien fchidt und man auf seinen Befehl tausend Menschen zerstädt;

wenn die deutschen Flieger neue Bomben

probieren

und dabei zweitausend Menschen ihr Leben verlieren;

wenn der Duce nur aus Versehen den Krieg

nicht erklärt

und feine halbe Armee nach Spanien fährt; wenn dort eine Stadt nach der anderen in

Trümmer fint wenn man alle Roten um die Ede bringt; wenn der Franco nicht Frauen noch Kinder

verfchont

und dabei sein nationales Bewußtsein betont; wenn Näuber spanisches Land offupieren und die Basken umsonst an die Welt appellieren und starr vor Entfehen es nicht versteh'n, daß England und Frankreich das alles nicht feh'n wie man ein Land vernichtet, zerstört, bas jahrtausendelang einem Volfe gehört; wenn die Menschen- Bestie ihren Blutdurft stillt und der Völkerbund fich in Schweigen hällt,

davon spricht man nicht! Das stört die Ruhe! Weg damit!

Doch wenn ein Führer vom Frieden spricht, dieweil seine Flotte gegen Wehrlose ficht; wenn er Dreihundert aus Spanien zurück­beordert

und dafür den spanischen Goldschatz fordert; wenn man einem König die Krone auffekt und der Planička fich das Schienbein verlcht; wenn ein Fußballklub den Endkampf verliert und ein Anßenminister in Belgrad biniert; wenn im Bölferbund Nede um Rede man hält und nicht merkt, wie die Welt aus den Nähten fällt;

-

wenn irgendwo irgendein Schwindel paffiert und üble Standälchen man aufgerührt; wenn der Duce eine Rede hält, bie feinem so gut wie ihm gefällt davon spricht man! das ist unerhört! Das ist der Aufregung wert! Doch einmal wird man diese Zeit verstehen, dann wird man ench die Wahrheit in die Ohren fchrei'n,

Wir bauten eine Brüde und die Säbelteile in Flammenſchrift wird, was man heut' ver­verfielen der Abrüstung. Die Brüde war febr fchweigt, erftehen: fajön, er war stolz, den Hauptanteil der Arbeit und vielen wird es schlimme Botschaft sein!

und Gas. Ich tat es; er schüttelte bedenklich den Stopf, er war sehr traurig, als ich ihm sagte, daß ich selbst um ein Haar getötet worden sei. Ich war mit dem Ergebnis zufrieden.

Nach feine Stunde später kam er und fagte: Vater, ich möchte auch gerne eine solche Pistole, wie sie der Pauli hat."

"

Warum?"

..Ich möchte gerne schießen können." ,, Junge, schießen ist nichts für Kinder, sie fönnen viel Unglüd anrichten."

,, Wenn ich aber ein Jäger werden möchte!"

Ich dachte darüber nach, woher ihm der Einfall mit dem Jäger gekommen ſein mochte. Da fiel sein Blid auf den guten alten ,, Strus welpeter". Er fannte ihn auswendig und es sonders die Seite mit dem Jäger, der den Hasen totschießt, hat ihm mächtig imponiert. Und nun erinnerte ich mich auch, mit welcher Luft er im Kasperltheater zusah, wenn der Knirps Kasperl sich durch Hauen und Stechen gegen seine Bider­facher Luft machte und mit welch fanatischer Parteinahme die Kinder seine Sache zu der ihren machten.

Ich sah mir den Struwelpeter" noch mals genauer an. Ja, da war die Jäger­geschichte und nicht weit davon die Seite mit dem bösen Friederich, der als Tierquäler ge

brandmarkt wird.

So beisammen wohnen die Widersprüche und wir beachten sie faum. Ich habe ihm den ,, Strutvelpeter" selbst geschenkt und erst durch die hellsichtige Logi des Kindes kam mir das Bewußtſein.

zum

Das findliche Spiel ist mehr als Spiel. Es bermag unsere neunmal fluge Erziehung ad abfurdum zu führen. Ich denke da an eine furchtbare Begebenheit, die vom Balkan gemel det wurde. Dort spielten die Kinder ,, Aufhän­gen" und ein Kind erstickte in der Schlinge, weil die Erwachsenen zu spät famen. In Wirklich­feit blieb es in der Schlinge hängen, die die Er­wachsenen als Schulbeispel geknüpft hatten.

Aber wir Ertvachsenen sind die geborenen Pädagogen und wehe, wenn die Kinder unserer Logit nicht folgen wollen. 13.

Der Esel

Als Steven Lott, der bekannte Sportler, zum erstenmal nach seinem Amerikabummel in den Klub tam, gab es natürlich ein großes Hallo. Alle bestürmten den schlanken, mustu­lösen, jungen Mann mit Fragen, wie es ihm drüben gegangen sei.

..Fein!" sagte Steven und lachte über­mütig. ,, Allerhand hab ich erlebt, muß ich schon | sagen. Haha! Das war fein fader Trip durch. die Staaten. No! Ich habe Amerika erlebt, wie es wirklich ist. Jawohl erlebt! Ich war Teller­wäscher im Waldorf Astoria und Edelkomparse in Hollywood ; ich habe mein Brot ebensogut