BUNTE WELT

Nr. 33

Max Barth:

Unterhaltungsbeilage

Mord auf Bestellung

Der Journalist Emanuel H. Lavine, einer der geographischen Bereiche hervorgehen wür der besten Kenner der amerikanischen   Unterwelt, den. Man fonnte nicht hinter den Auftrag erzählt, wie ,, Tough Tony", der ,, 3ähe Toni", gebern herziehen; um die selbstgewählte Funk­einen Fehler machte und dafür bezahlte. ,, Tough tion, in der Unterwelt für Ordnung zu sorgen, Tony" fam für eine Weile ins Loch, weil er durchführen zu können, mußte man zu gleicher Pech gehabt hatte. Von Beruf war er ein Zeit überall an Ort und Stelle ſein. Das heißt: ..gunner", d. H. ein Pistolenmann, im Dienste man mußte im ganzen Land Filialen haben. ziveier Herren, die eine Firma für Ermordung Es wurde also in jeder größeren Stadt ein unliebsam gewordener Unterweltler betreiben. Zweigunternehmen aufgemacht: die Filialleiter Als Tough Tony raustam, merkte er, daß man waren ausgewählte Berufs- Killer, die Creme nichts mehr von ihm wissen wollte. Einen Men- der Verbrecherwelt der jeweiligen Stadt. Alle schen, der sich erwischen läßt, können erstklassige Angestellten waren namhafte oder gar be­Firmen nicht gebrauchen. rühmte Revolvermänner, und Aussicht auf Ein­

Tony fand einen jungen Anivalt, den er überreden konnte, seine, Tonys, Memoiren zu schreiben. Aber er konnte den Mund nicht hal­ten, schwatzte von seinem Plan, und so fanden ibn denn, noch bevor das Manuskript beendet tvar, seine ehemaligen Kollegen. Sie erledigten ibn mit vier Kugeln und nahmen Manuskript und alles, was an Notizen vorhanden war, mit. Der Anwalt war bei der Erledigung der Ange­legenheit dabei, und es foftete ihn viel Angst, Schweiß und ein längeres, beschwörendes Plä­doher, seine eigene Haut zu retten. Als er später das Verbrecheralbum vorgelegt bekam, um die Mörder zu identifizieren, erkannte er feinen von ihnen. Infolgedessen lebt er noch.

Lavine lebt auch noch. Aber er ist auc vorsichtigt genug, teine Namen und anderen De tails zu geben bei der Erzählung dessen, was in Tough Tonys Manuskript stand. Leicht mög­lich, daß die Firma sogar ganz zufrieden ist, daß er ihre Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit schilderte: es kann ihr Ansehen bei den Kunden, für die sie arbeitet, nur erhöhen.

Es handelt sich um zwei in New York   auf­gewachsene Herren, die es zu was gebracht baben. In der Tat ist ihr Unternehmen heute aus der amerikanischen   Unterwelt nicht mehr wegzudenken. Das ganze System der Radet? bräche zusammen, wenn ihre Firma ber­schwände. Sie ist ein integrierender Bestand­teil der Unterwelt und in gewissem Sinne der amerikanischen   Gesellschaft überhaupt: sie er­svart ihr eine kleine Armee von Polizisten und Richtern.

Die beiden Herren Soundso liefern Tod auf Bestellung Sie sind zwischen Dreißig und Wierzig, beide verheiratet, beide Väter glück licher Familien, die ruhig und ſittsam in an genehmen Vororten leben. Ihr Geschäft be­gründeten sie während der Prohibitionszeit; e3 war zunächst ein etivas nomadischer Betrieb: sein Sit war bald San Francisco  , bald Chi­ cago  , Boston  , Philadelphia  , St. Louis  , Denver, Miami  , Pittsburgh  . Nach Beendigung der Pro­bibition ließen sie sich fest in New York   nieder; denn sie sahen voraus, daß eine Umorganisie­rung ihres Betriebes nötig würde. Mit dem Wegfall der Bootleggerei und der Speakeasies ( der Lokale, wo im geheimen Alkohol ausge: schenkt wurde), mußten sich die Banden selbst verständlich auf andere Gebiete umstellen; Kon­furrenzen würden entstehen, Rivalitäten, die aus Ueberschneidungen der Arbeitsbereiche oder

Brücken

Feitgefügt aus Steinquodvaten Sdningen wir uns in die Weiten, Ueberbrücket wir die Zeiten, Zeugen längst vargangner Taten.

Cäsars römische Legionen zogen über uns nach Norden, Und der Marschtritt der Rohorten Machte uns zu Heldenthronen.

Wölfer haben wir getragen Unentwegten Kampf entgegen. Sonne sahen wir und Regen, Festen Schritt und banges Zagen.

Die Jahrhunderte vergingen. Langsam hat man uns mißachtet, Denn die Menschheit aufwärts trachtet. Und Eisenbögen schwingen

Stählern, aus Betonquadraten, Sich in ungeheure Weiten, Ueberbrückend alle Zeiten, Wege weisand fünft'gent Tagen.

Carol Zwem.

stellung batte nur, wer erfolgreiche Attionen, also Morde, nachweisen konnte. Die Firma ver, langt von ihren Angestellten, daß sie sich immer in Form halten, sich regelmäßig im Schießen üben und jederzeit bereit und in der Lage sind, einen Auftrag zu übernehmen.

1937

ihre Methode, bei Zahlungsunwilligen einzus ziehen, wirksam ist. Und die Kunden wissen das auch.

Die beiden Firmeninhaber sehen aus wie fleine Geschäftsleute; aber sie zahlen an ihre neunhundert Angeſtellte jährlich fünf Millionen Dollars aus, rund 100.000 pro Woche. Die großen Rackets in USA   führen an die Firma 10 bis 25 Prozent ihrer Bruttoeinnahmen ab. Seit dem Ende der Prohibition bis 1936 sept man aufs Konto des Unternehmens 1100 Morde.

Die Stärfe der Firma liegt in ihrer abs soluten Zuverlässigkeit und in ihrer klugen Auss wahl der Kunden. Sie garantiert für die Durchführung erteilter Aufträge, und sie hat noch nie mit dem schwächeren Radet ein Ges schäft gemacht, um das stärkere, mit dem schwächeren Gangster eines, um den stärkeren auszurotten. Ihre Leute sind, wie gesagt, Ex­perten im Revolvergebrauch, schießen sicher und schnell, und machen immer ,, a clean job", d. h. ivenn sie vom Schauplab abtreten, ist ihr Opfer bestimmt tot. Mindestens ist das Geschäfts­prinzip; Fehler kommen natürlich ab und zu vor, wie überall. Die ungeschickten Angestellten bezahlen dafür ebenso wie diejenigen, die irgends ivie ungehorsam sind, mit der üblichen Münze: dem. Leben.

Selbstverständlich gibt es auch Betriebss unfälle. Sich an Spitäler oder regulär prakti zierende Aerzte zu wenden, wäre nicht sehr sicher. Die Firma hat deshalb eine eigene Sas nitätsorganisation aufgebaut( so wie sie auch ihre eigenen Anwälte hat). Sie hat Abkommen getroffen mit intelärzten und Krankenschwes stern; es sind meistens diejenigen, die im ges heimen Abtreibungen vornehmen. Ihre Wohn­size und Arbeitsstätten sind auf Karten ein­getragen; die Killer lernen sie auswendig, so daß sie, wenn sie verwundet werden, sofort die nächst gelegene Station aufsuchen können, um sach­fundige Hilfe zu erhalten. Andere Verbindun gen der Firma laufen zur Polizei, zu Richtern, und, wenn man den Chefs glauben darf, direkt nach Waſhington  , was bedeutet, daß sie gute Beziehungen zu sehr hohen juristischen und po litischen Stellen haben.

Die Firma übernimmt nie einen Auftrag, der sich auf eine Person bezieht, die nicht direkt mit einem Racket oder mit Racketeers zusam= Die Filialleiter erhalten die Aufträge vom| menhängt. Sie begrenzt ihre Polizeifunktion Hauptquartier  , entweder telephonisch oder tele- strift auf die Unterwelt. Als vor einigen Jahren graphisch. Wenigstens, soweit es sich um in Hollywood   eine Erpressungs- und Kidnapper­größere Geschäfte handelt. In fleineren, vor allem lokalen Angelegenheiten haben sie Voll­macht, selbständig zu handeln. Bei den großen Aufträgen erhält der Vertreter vom Haupt­quartier die Anweisung, mit dem und dem Kunden in Verbindung zu treten und dessen Weisungen entgegenzunehmen. Zahlungsort ist New York  , Empfänger das Hauptquartier, d. H. die beiden Chefs persönlich. Aufträge von irgendwo werden ohne weiteres übernommen und ausgeführt; um die Zahlung machen sich die Direttoren keine Sorge, denn sie wissen ja, das

Epidemie grassierte, taten sich die Filmlente, an­gesichts der Hilflosigkeit der Polizei, zusammen, gründeten einen Fonds und schloffen einen Verz trag mit den beiden Herren in New York  . In­nerhalb 24 Stunden hörten Kidnapperei und Erpressung auf. Die Unterwelt war informiert worden, daß die Firma eingreifen würde, wenn die Sache nicht gestoppt würde. Außerdem ver­Schwanden die Chefs von vier Verbrecherringen Spurlos. Wo die Polizei versagt hatte, battent zwei unscheinbare Herren ohne jedes offizielle Amt, aber mit einigen Kompanien treffsicherer