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sprochene Drohung nur als Rachsucht betrachten könne, worauf Kröder mich verließ.
Am 24. und 25. Februar dieses Jahres erkrankte ich, und zwar so, daß ich nicht im Stande war, das Bett zu verlassen; am 26. Februar, obgleich noch nicht ganz gesund, meldete ich mich früh bei Herrn Obersteiger Müller zur Arbeit, welcher mir aber nicht gestattete einzufahren, sondern mich anwies zu warten, bis mich der Herr Director ,, vor nehmen" würde, was früh 8 Uhr in der Steiger- Expedition ge schah. Herr Director Müller hielt mir zuerst vor, daß ich ungemeldet von der Arbeit weggeblieben sei, wogegen ich ihm einhielt, daß ich als tranf angemeldet sei. Auf Befragen, wo ich beide Tage gewesen sei, erklärte ich, daß ich zwei Tage im Bett zugebracht habe, worauf mir der Herr Director vorhielt, daß ich in der von Herrn Liebknecht abgehaltenen Wähler bersammlung am 25. Februar gewesen und erkannt worden sei. Ich forderte den Namen der Person, die mich in jener Volksversammlung gesehen und das hinterbracht habe, da ich gedachter Versammlung nicht beigewohnt hatte, noch beiwoh nen konnte, und drohte die Person gerichtlich belangen zu laffen. Darauf bezeugte Steiger Kröder, welcher zugegen war, daß ich jener Versammlung nicht beigewohnt hätte und als frank angemeldet sei, worauf mir der Herr Director gestattete, wieder einzufahren. Am 18. März dieses Jahres, früh 9 Uhr, befahl mir Obersteiger Müller in der Grube, Nachmittags 1 Uhr auszufahren, und mich bei dem Herrn Director zu melden. Diesem Befehl kam ich nach. Der Herr Director erflärte mir Folgendes: ,, Munkelt, Sie agiren mit einem gewiffen Arenberger, welcher früher hier in Arbeit gestanden hat, die beiden Steiger Kröder und Krüger wegen des frühern Gedinges auf dem obern Querschlag zu verklagen. Sie haben einen Brief von Arenberger ihren Kameraden gezeigt, und zu Unterschriften und Geldunterstützung für denselben aufgefordertich kann Sie nicht länger auf dem Schachte dulden, Sie sind ein Aufwiegler und müssen entfernt werden. Arenberger kann nicht recht im Kopfe sein, Sie agiren mit so einem Menschen, mit so einem Schwimmer,) so einem Fischer,) Munkelt, Sie dürfen nicht eher wieder in die Grube fahren, bis Sie sich gerechtfertigt haben."
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Darauf wurde ich entlassen, aber doch mit meinem guten Bewußtsein, mich eines Bergehens nicht schuldig gemacht zu haben. Seit dem 18. März dieses Jahres bin ich nun arbeitslos; wie schwer es für einen Familienvater ist, so ungerechter Weise arbeitslos zu sein, will ich hier nicht näher berühren. Mit welcher Ungerechtigkeit aber die Herren Officianten der„ Neuen Fundgrube" ihre Winkelzüge zu verdecken suchen, darüber mag borliegender Bericht Ihnen, Herr Director des Vereins, Aufschluß geben, indem ich mit bester Ueberzeugung die vollkommenste Wahrheit berichte. Ich sehe mich daher veranlaßt, Herrn Director Müller in Klagestand zu verseßen wegen der hier angegebenen Beleidigungen gegen mich, die allen und jeden gerechten Grunds entbehren. Weil ich auf der„ Neuen Fundgrube" zu Schaden gekommen bin, auf einem andern Werke deshalb Arbeit nicht erlangen fann, und meine Entlaffung allen und jeden gerechten Grunds entbehrt, behalte ich meine gerechten Ansprüche auf die bei der Neuen Fundgrube" befindliche Knappschaftscaffe ausdrücklich vor. Ich erwarte schließlich, daß auch Sie, Herr Director Becker, diese Angelegenheit nicht ununtersucht vorüber gehen lassen werden, und bitte, mir gütigst Ihr Gutachten mittheilen zu wollen. In Hochachtung und Ergebenheit zeichnet,
Lugau , den 24. März Anton Heinrich Julius Munkelt, Bergarbeiter daselbst.
1867.
*) Kameraden Munkelt's.
Lugau , den 3. Febr. 1868. Ich habe vom 18. März 1867 bis zum 1. August 1867 arbeitslos dagestanden, und bis zu dieser Zeit nie Unterstüßung erhalten; es wurde mir aber von einem frühern Beamten der Neuen Fundgrube", dem als Ehrenmann bekannten Herrn Bergfactor Hermersdörfer auf mein Ersuchen ein Arbeitszeugniß ausgestellt, dem ich es verdanke, daß ich) Arbeit erhielt, und zwar bei dem Herrn Obersteiger Störzel auf„ Neue Grube Westphalia," aber nur mit der Bedingung, feine Ansprüche auf Unterstüßung wegen meines Bruchs zu machen, denn jedes Werk hat für seine zu Schaden gekommenen Arbeiter zu sorgen, und mich müßte die Neue Fundgrube" unterstüßen. Ich füge hier noch das Arbeits- Attest bei, welches mir Director Müller von der Neuen Fundgrube" ausgestellt hat:
Inhaber stand vom 6. Decbr. 1857 als Häuer bis dato in Arbeit, verhielt sich zwar ehrlich und bis zu einem gewissen Grade*) auch fleißig, wird aber in Folge eines Versuches, seine Kameraden aufzureizen, mit ihm und einem gewissen Arenberger die beiden Steiger wegen einer von ihm angegebenen Fälschung der Gedingabnahme gerichtlich zu verklagen, hier sofort entlassen.
B. Müller."
Es ist zu bemerken, daß ich nebst meiner Familie bis zum 1. August vorigen Jahres in die mißlichsten Verhältnisse gerathen bin, so daß mir mitleidige Menschen in meiner trübseligen Noth beistehen mußten. Seit ich wieder in Arbeit bin, habe ich diese edlen Menschenfreunde wieder zu befriedigen.
Director Müller ist von mir seit dem 2. Mai 1867 bei dem königl. Gerichtsamt Stollberg in Klagestand verseßt, und bis jetzt ist der Prozeß so weit entschieden, daß Müller wegen seiner Beleidigung gegen mich mit 1 Thlr. bestraft und in sämmtliche Kosten verurtheilt worden ist. Aber in Bezug auf mein Arbeitszeugniß ist nichts bewirkt worden, und habe ich deßhalb der königl. Staatsanwaltschaft bei dem königl. Bezirksgericht Chemnitz die Sache zur weitern Verfügung übergeben.,
Ich hatte auch einen Sohn auf der Fundgrube" als Grubenjungen in Arbeit, welcher ein Alter von 16 Jahren hat, auch Knappschaftsmitglied war. Director Müller sowie die beiden Steiger saben sich veranlaßt auch diesen zu entfernen, welches zwar mit 4 wöchentlicher Kündigung statutengemäß geschah, ihn aber auch brodlos machte und dabei noch um die eingezahlten Knappschaftsgelder brachte.
Ich selbst habe in meiner Dienstzeit in die Knappschaftskaffe gegen 60 Thlr. eingesteuert, und mein Sohn in 2 Jahren 10 Thlr. Jetzt sind wir aller Unterstügung beraubt; darüber werde ich aber weitere Untersuchung bei der Knappschaftskasse einleiten.
Im Monat Mai 1867 befand ich mich mit meiner ver
lassenen Familie, der Frau und 3 Kindern, mit weinenden
Augen und betrübtem Herzen in meiner Wohnung, da kam. ein mitbetheiligter Arbeiter von jenem Aftergedinge zu mir und fragte mich, wie es mir gehe. Ich sagte:„ Ich mag an flopfen, wo ich will, nirgends erhalte ich Arbeit auf dieses Attest." Im Monat December vorigen Jahres kommt Derselbe wieder zu mir und spricht: Munfelt, ich habe gehört, Kröder ist bei dem königl. Gericht als Zeuge gegen Dich abgehört worden, nun will ich Dir erst sagen: Du wirst Dich erinnern können, daß ich im Monat Mai bei Dir war. bin dazumal von Kröder abgeschickt worden Erkundigungen bei Dir einzuziehen, ob ich etwas unrechtes erfah
Ich
*) Wer sich zehnthalb Jahr abgerackert und zu Schanden gearbeitet hat ,,, bis zu einem gewissen Grad fleißig"! Welche Gräuel läßt dieser Eine unbewachte Ausdruck ahnen!