Vorwurf, wie der Bericht beweise. Man treibe allerdings Po= Titik aber nicht mehr wie nöthig; würde er das nicht thun, dann erfüllte der Verein seine Zwecke nur unvollständig. In einer Zeit, wo der Staat unausgefeßt neue Anforderungen, vor allem an die arbeitenden Klassen stelle, sei es Pflicht, dieselben über Wesen und Zweck des Staats und der staatli­chen Institutionen aufzuklären. Sehr unangenehm sei es daher auch empfunden worden, als vor einigen Monaten die Herren Stadtverordneten bei der Berathung der Unterstüßung des Vereins aus städtischen Mitteln ein ähnliches Urtheil gefällt hätten, wozu sie um so weniger in der Lage gewesen wären, da seit 2 Jahren keiner der Herren, mit Ausnahme des dem Vereine freundlichen Herrn Kaufmann Güttner die Schwelle des Vereinslokales überschritten habe. Man habe also sein Urtheil auf die Angriffe einer feindlich gesinnten Presse und die Aeußerungen einzelner dem Verein nicht wohlwollenden Persönlichkeiten hin gefällt. Auffallend sei ein solches Urtheil auch in so fern, als angesehene Mitglieder des Collegiums vor Jahren den Verein zu politischer Thätigkeit veranlaßt haben; man müßte also daraus schließen, es sei nicht die politische Thätigkeit an und für sich, sondern vielmehr die Richtung dieser Thätigkeit, die Anstoß nach jener Seite hin gebe. Der Verein werde sich indeß durch solche Maßregelungen nicht dem für richtig erkannten Wege abbringen lassen, sondern unausgesetzt sein Ziel verfolgen, Nach dem Vortrag eines zweiten Liedes betrat Herr Schriftsteller Schweichel als Festredner die Tribüne. Er gab ein geist volles, klar und scharf durchdachtes Bild der Stellung, welche Arbeit und Arbeiter im Lauf der Geschichte eingenommen ha ben. Die Arbeit allein sei die Trägerin aller Kultur und dem nach müsse auch die Stellung des Kopf wie des Handarbei­ters, die heute von der Bourgeoisie ausgebeutet werden, in Staat und Gesellschaft eine andere, auf voller Gleichberechti­gung beruhende werden. Wie das Bürgerthum im Mittelalter durch seine höhere Bildung nach und nach den Adel verdrängt, so werde auch dieses, das seine Blüthezeit hinter sich habe und schon jetzt entseglich arm an neuen fruchtbringenden Ideen sei, durch die Arbeiterklasse bei Seite geschoben werden. Dieser mit großem Beifall aufgenommenen Rede folgte der Schluß gesang, worauf alsdann der Ball begann, der bis Morgens 5 Uhr währte. Eine zum Besten der Königsberger Arbeiter veranstaltete Sammlung ergab einen Ertrag von 24 Thaler 11 Neugroschen.

von

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Der hiesige Arbeiterbildungsverein hat folgenden, durch mehrere Unterstüßungsgesuche aus Ostpreußen veranlaß ten Beschluß gefaßt:" In Anbetracht der von Tag zu Tag wachsenden Noth in unsrer nächsten Nähe müssen wir uns zu unserm tiefsten Bedauern außer Stande erklären, ferner weit für unsere hungernden und nothleidenden Brüder in Ost preußen Sammlungen zu veranstalten. Wir erwarten viel­mehr, daß die Regierung ihres Staates, die vor zwei Jahren muthwillig und um der Eroberungsluft zu fröhnen einen deut schen Bruderkrieg hervorrief, als dessen Folge zu einem guten Theil die jeßige allgemeine Krisis zu betrachten ist, sich beque men wird, den aus den Contributionen der besiegten Staaten reich gefüllten Staateschaß zu öffnen, um die Provinz von dem drohenden Verderben zu erretten. Wir erwarten dies um so mehr, als die Bewilligungen der Landesver­tretung( 12 Millionen für die dotirten Generale und Mini­ster, 24 Millionen für die nichts weniger als nothleidenden Depoffedirten, 1 Million für die Erhöhung der Civilliste des Königs und die Hunderttausende für Aufbesserung der Gehalte der schon früher gut bezahlten Minister und hohen Beamten,

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ganz abgesehen von dem ungeheuren den Volkswohlstand ruis nirenden Militärbudget) beweisen, daß auch heute noch das geflügelte Wort von dem heidenmäßig vielen Geld" im preu ßischen ßischen Staatesädel feine Phrase ist. Der Staat, der Jahrzehnte lang Gut und Blut seiner Bürger in reichlichem Maße beansprucht hat, muß ihnen in Verderben schwangerer Stunde auch ausreichende Hülfe leisten."

Der Arbeiterbildungsverein hat ferner beschlossen, an die Regierung eine Petition zu richten, in der Staatshülfe für die Nothleidenden des Lands, namentlich des Erzgebirges ge fordert wird. Wir erwarten, daß alle Arbeiter und Volksver eine Sachsens in gleicher Richtung vorgehen werden.

Endlich.

In ihrer Nummer vom 1. März bringt die Berliner Zukunft", das Organ Jacoby's, unter der Ueberschrift: Die Nothwendigkeit der Organisation einer demokra tischen Partei, einen förmlichen Absagebrief an die Fort schrittepartei". Wir lassen die Hauptstellen folgen:

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..Der tief eingeriffenen Ziel und Willenlosigkeit unfere Volkes einen Damm entgegen zu stellen, ist, wenn wir anders einem Zustande völliger politischer Entartung vorbeugen wol len, nachgerade die allerhöchste Zeit, und die Pflicht, die Ar beit zu vollbringen, richtet ihr Gebot an die Bekenner der Demokratie und ermabnt dieselben zur Organisation einer nach einheitlichen Grundsäßen und Zielen wirksamen politischen Partei. Man sage nicht, die Fortschrittspartei repräsentire bereits die Demokratie und biete diejenige Parteiorganisation, die wir verlangen. Eine solche Behauptung können wir nicht anerkennen. Die Fortschritts partei war von Anfang an eine Compromißpartei, deren Programm und politische Wirksamkeit nicht nur den Compromiß zwischen den verschiedenen Abstufungen des Libe ralismus, sondern auch den Compromiß zwischen der Volks vertretung und der Regierung zur Grundlage hatte. Weder der Name noch das Programm, noch die politi schen Handlungen der Fortschrittspartei berech tigen dazu, dieselbe für eine Partei der Demo fratie auszugeben.-

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Der Umstand, daß sich innerhalb der Fortschrittspartei vereinzelt auch Männer von zweifellos demokratischer Gesinnung befinden, macht deshalb diese Partei noch keineswegs zu einer demokratischen Partei. Im Gegentheil, die unklare, inconsequente und auf oratorische Energie eingeschränkte Hal tung, welche die Fortschrittspartei den Handlungen der Re gierung und den seit dem Indemnitätsvotum tatirenden, die demokratischen Interessen, sowie die positiven Verfassungsgrund lagen gleich sehr schädigenden parlamentarischen Beschlüſſen gegenüber eingenommen hat, macht es vielmehr der Demokras tie zu einer unabweislichen Pflicht, die Solidarität mit der Gesammthaltung der Fortschrittspartei ausdrücklich abzulehnen.

Johann Jacoby hat, indem er am 30. Januar d. 3. vor seinen Berliner Wählern die Stellung der Demokratie in Preußen erörterte, dieser Pflicht in der ihm eigenthümlichen politisch- philosophischen Form genügt; bei diesem theoretischen Anfang darf die Demokratie jedoch nicht stehen bleiben; fie muß vielmehr den idealen Gehalt der Rede Jacoby's thatsäch lich zur Geltung zu bringen suchen, indem sie sich um ein bestimmtes Programm als politische Partei so bald als möglich organisirt.

Möge sich die Demokratie hiervon nicht durch die irr thümliche Meinung abhalten lassen, daß diese abermalige Bar