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teiumbildung der Regierungsgewalt zu gute kommen werde und daß es sich im Grunde doch eigentlich um Nichts als um einen Namenswechsel handle. Gegenüber der Fortschrittspartei, die im Kampfe um die Rechte des Landes als glanz bolle parlamentarische Majorität die ihr innewohnenden Macht mittel aussichtslos erschöpft hat und gegenüber der durch und durch antidemokratischen Partei des National Liberalismus, dessen Liberalismus neben dem über Nacht hervorgebrochenen nationalen Vertrauen zu Graf Bismarck und dessen Lehre von Blut und Eisen in das Reich der Träume verwiesen worden ist, wird die Bildung einer demokratischen Partei mit dem Grundsatz: Keinen Kompromiß mit einer Gewalt, die nicht der Ausdruck des Volkswillens ist eine logische und praktische Nothwendigkeit, die wahrhaftig mehr zu bedeuten hat, als einen bloßen Namensaustausch.
Wir halten es im Interesse der Beherzigung unserer Mahnung nicht für ersprießlich, der Aufstellung eines positiven Programme, dessen eine bestimmte politische Partei unter allen Umständen bedarf, von dieser Stelle aus vorzugreifen. Wir find vielmehr der Meinung, daß die Formulirung eines solchen Programms das Resultat der Berathungen bewährter Männer aus allen Theilen des Landes sein müsse. Da indeß erfah rungsmäßig derartige Berathungen nur dann zu dem erwünsch ten Biele führen, wenn sie von solchen Mitgliedern gepflogen werden, denen außer dem inneren Beruf auch ein ausdrücklich dazu zu ertheilendes Mandat beiwohnt, so würden wir es für das Zweckmäßigste erachten, wenn sich diejenigen Männer, die sich zu den allgemeinen Anschauungen Jacoby's. dieses unerschütterlichen und über jeden Zweifel erhabenen Vorfämpfers der Demokratie, bekennen, allerorten vereinigten und aus ihrer Mitte die geeigneten Vertreter für einen die praktisch- politische Wirksamkeit der preußischen Demokratie erörternden und feststellenden Gongreß erwähl
ten.
nicht in Preußen der Großmachtskizel von allen politischen Parteien, die Fortschrittspartei mit eingeschlossen, systematisch gepflegt worden wäre. Ten Preußischen Parti fula rismus und Militarismus, diese beiden Haupthindernisse unsrer nationalen und freiheitlichen Entwicklung zu beseitigen, den Norden Deutsch lands mit dem Süden auszusöhnen, das ist die glorreiche Aufgabe der Demokraten Preußens.
VI.
Es wurde bereits erwähnt, daß Peter der Große Preußen in seinem Testamente nicht berücksichtigt hat. Peter der Große starb 1726 und erst 25 Jahre später wurde Preußen durch die gewaltthätige Annexion Schlesiens eine europäische Militärmacht. Wäre das als letzter Wille Peters bekannte Actenstück das Fabrikat einer spätern Zeit, so würde der Verfasser unzweifelhaft auch einen auf Preußen bezüglichen Paragraphen geschmiedet haben. Der Umstand, daß Preußen mit Stillschweigen übergangen ist, spricht also für die Aechtheit des Dokuments, abgesehen davon, daß der Chevalier d'Eon, welcher dasselbe nach Paris brachte, als Gesandter in Petersburg in den genauesten Beziehungen zu den damaligen Ministern Rußlands stand, also wohl auf die eine oder andere Weise in den Besitz des wichtigen Actenstückes gelangen konnte. Auch waren beiläufig sowohl Ludwig XV. , wie Wilhelm III. von England von dessen Aechtheit so vollkommen überzeugt, daß sie bis an ihren Tod Rußland in Schach hielten,
Konnte also in dem Testament Peters des Großen von Preußen nicht die Rede sein, so wurde doch im Jahre 1859 die Welt darüber belehrt, daß die russische Politik mit Preußen, obgleich es seine Machtstellung lediglich Rußland verdankt, feine Ausnahme zu machen gesonnen sei. In dem erwähnten Jahre erschien nämlich das von 1837 datirte Memoire des russischen Cabinets, welches zur Unterrichtung für den gegenwärtigen Kaiser entworfen worden war. Wir lassen es dahin gestellt sein, ob dieses Memoire, wie damals behauptet wurde, von einer gefallenen Größe des preußischen Reaktionsministe riums der Deffentlichkeit übergeben wurde, um sich für die von Petersburg empfangenen Fußtritte zu rächen, von denen in den Tagebüchern Varnhagen's von Ense manches Ergözliche zu lesen ist. Die auf Preußen bezügliche Stelle des Memoires lautet in der Ueberfeßung: So wenig wir die Eristenz eines unabhängigen Bolens gestatten fonnten, so wenig dürfen wir an der östlichen Grenze Deutschlands die
Möge zu diesem Zweck jede vorzeitige und unberechtigte Spaltung unter den Anhängern der Demokratie vermieden werden; möge namentlich die irrthümliche Auffassung, als bestehe zwischen der sogenannten sozialen und der allgemeinen politischen Demokratie irgend ein feindlicher Gegensaß, der flaren Ueberzeugung weichen, daß, bevor nicht der elementare Kampf zwischen der Volks und der fürstlichen Gewalt zum Austrag gebracht ist, jedwede Zersplitterung der Volkskraft den Geburtstag des demokratischen Staates in immer weitere Ferne hinausrückt; möge sich Jedermann, der von seinem absoluten Recht an der Gestaltung des Staatslebens durchdrungen ist, darüber klar werden, daß, ehe er seiner individuellen Ueberzeugung Geltung zu verschaffen vermag, zuvor das Volk als Gesammttheil zu seinem Recht als geltender Staatswille gelangen muß; möge endlich die Demokratie dessen eingedenk sein, Eindringen in jenes Land auch nur so lange aufzuhalten,
daß sie allein den Beruf und die Fähigkeit besitzt, dem Bolke seinen, durch eigenes Verschulden und durch das Ges schick und Glück der Gegner beinahe verloren gegangenen Glauben an sich selbst wiederzugeben, und daß das Mittel hierzu in einem einheitlichen Zusammmenschluß und in einem vom demokratischen Prinzip vorgezeichneten gemein
famen Handeln besteht."
Bildung einer Macht dulden, welche im Stande wäre, unser
als die andern Staaten Zeit brauchen, sich zu rüsten. Für uns wäre eine Theilung Preußens um so nothwendiger, als wir es mit unseren Absichten auf Polen in Opposition finden möchten. Trotz des Genies feines Regenten( Friedrich II.) würden wir Preußen damals zermalmt und unschädlich gemacht haben, wenn die Kaiserin Elisabeth nur noch zwölf Monate länger gelebt hätte. Aber Peter von Holstein war blind für die Größe unserer nationalen Bolitik; er schloß einen Friedensvertrag und ein Defensivbündniß mit dem preußischen Könige. Er hat gebüßt für seinen Frevel an dem Genius unseres Landes, gleich Aleris dem Sohn des großen Peter.( Dieser wurde von seinem Vater hingerichtet, Jener auf Anstiften seiner Gemahlin Katharina II. ermordet). Unglücklicherweise
Somit wäre endlich der Rubikon überschritten. Mislingen kann das Werk nicht, denn in zweifacher Hinsicht ist die Organisation der Demokratie in Preußen eine politische Nothwendigkeit. Zunächst für Preußen selbst, das nur durch Er weckung des Freiheitsgeists und Rechtsgefühle im Volfe vor dem alles Edle erdrückenden Militarismus gerettet werden fann. Und dann für das Gesammtvaterland. Die Zerreißung bestand der preußische Staat während der Regierung Katha
Deutschlands wäre dem Grafen Bismard nicht gelungen, wenn
rina's II. fort. Aber nichts bewies so sehr die unwiderstehliche