Einzelbild herunterladen
 
Veshiaidiger eingehend cvövlctt und von denselben die Freisprechung der Angeklagten und Freigebung der Vereine beantragt. Von den Angeklagten nahm nur noch Bebel das Wort: Wir rechnen zwar auf Freisprechung, aber das Urtheil mag aus- fallen, wie es will, für die künftige Gestallung der Parteileitung bat es keinerlei Bedeutung. Uns gebietet natürlich schon die Klugheit, de» Z 8 des preußische» Vereinsgesetzes, so lauge er zu Recht besteht, zu respektiren. Auch im Falle der Freisprechung würden wir den Eitz der Parteileitung nicht mehr nach Berlin   ver- legen; wir habe» jetzt die Fraktion mit der Leitung der Partei- geschäfte betraut, der Ausschuß hat seinen Sitz in Hamburg  . Vorsitzender: Das gehört aber nicht zur Sache. Bebel: Ich bin auch gleich fertig. Ich will mich nur gegen die Auffassung des Staatsanwalts ivenden, als ob wir Grund Hütten, etivas zu verleugne». Bereits in der erste» Verhandlung wurde konstatirt, daß unter den Geldern des Vertrauensmannes auch solche des Wahlvereins in die Parteikasse gewandert sind, ohne daß die Parteileitung davon Kenntuiß hatte. Damals legte der Staats- anmalt selber kein Gewicht darauf, heute wurde gerade dieser Punkt ausführlich erörtert und bis zu einem gewissen Grade schien der Herr Staatsanwalt Zweifel auszudrücken, daß unsere Aussagen vertrauenswürdig seien. Was sollte für ei» Grund vorliegen, daß wir falsche Angabe» machten? Eine härtere Strafe als im ersten Urtheil? Nein! Es hat in der That niemand uiiter uns davon etwas gewußt. Von 6 Wahlvereinen wurden in erster Verhandlung zivei freigesprochen; von zwei anderen wurde festgestellt, daß über die Aushändigung von Geldern an die Ver- Iranensmänner in öffentlichen Versammlungen überhaupt nicht be- schloffen wurde. Nun bleiben nur noch zivei Vereine übrig. Wie soll es da nicht möglich sein, daß unter den Tausenden von Bersammlungs- berichten in diese» paar Jahre» denn jede Nummer des Vorwärts" bringt oft lv bis 12 Versammlungsberichte wir die paar Berichte von diesen zwei Vereinen übersehen haben. Es hat iinmer einen unangenehmen Beigeschmack, wenn einer unter den Anschein gestellt wird, als ob er leugne. Ich leugne über- Haupt nie. Wir übertreten selbstverständlich das Gesetz nicht absichtlich, aber wenn wir einmal dagegen verstoßen haben, dann stehen wir auch für die Folgen ein. Und im speziellen Falle ist gerade das verlesene Zirkular der unwiderlegbare Beweis für die Nichtigkeit unserer Angaben. Der Gerichtshof zieht sich gegen 4 Uhr zur Berathung zurück. 4- Nach dreistündiger Berathung verkündete der Vorsitzende, Land- gerichls-Direktor Kaller das Urtheil dahin: Das Gericht habe keine Beranlaffung gehabt, von seinen früheren rechtlichen Ansichten abzu- gehen. Danach seien sowohl die Wahlvereine als auch die Partei- leitung Vereine, die bezwecken, politische Gegenstände in Versamm- lungeu zu erörtern. Der Gerichtshof habe allerdings gemeint, daß die Zusammenkünfte der Parteileitung nicht alsVersammlungen", sondern alsSitzungen" zu betrachten seien. Darauf komme es aber nicht an, da festgestellt worden sei, daß die Parteileitung die Parteitage zu berufen habe und damit sei der Zweck, politische Erörterungen und Versammlungen zu veranlassen, nachgewiesen. Der Gerichtshof habe auch für erwiesen erachtet, daß durch die Ver- trauensmänner eine Verbindung zwischen den Wahlvcreine» und der Parteileitung hergestellt worden sei. Objektiv sei also eine Verletzung des ß 8 des Vereinsgesetzes vorliegend, anders sei es bezüglich der subjektiven Seite. Die angeklagten Mitglieder der Parteileitung behaupten, sie hätten nichts davon gewußt, daß in Gelder», die von den Vertrauensmännern an die Partei- kasse abgeliefert wurden, auch Wahlvereinsgelder entHallen waren. Das Gcgentheil sei ihnen nicht nachgewiesen und deshalb mußten sie freigesprochen werden. Da aber eineVerbindung" im Sinne deS§ 8 nur hergestellt werden kann, wenn beide Theile darum wissen und be- wußter Weise zu genieinsamen Zwecken zusammenwirken, mußten auch die angeklagten Mitglieder der Vereins- Vor- stände freigesprochen werden. Daraus folgt, daß die vorläufige Schließung der Parteileitung und d e r W a h l v e r e i n e des 2., 4., 5. und 6. B e r l i n e r Reich stags-Wahlkreises auszuheben ist. Die Kosten fallen der Staatskasse zur Last. Abernrnls ein Vnnbmovv. Die Kunde von einem Raubmord verbreitete sich am Sonntag im Norden der Stadt. Am Sonnabend Abend wurde der in der Pankstraße 6 wohnende Pfandleiher Wilhelm Zeidler, am 19. Juli 1831 zu Guhrau  , Kreis Breslau, geboren, durch Beil- hiebe ermordet. Wir erfahren über den Aufsehen erregenden Vorfall folgendes: Wilhelm Zeidler. der seit zwei Jahren Wiltwer ist, hatte seit dem 1. Oktober in der ersten Etage des Hauses Pankstr.« eine aus Stube und Küche bestehende Wohnung inne. Vom Treppenpodest aus gelangt man zunächst auf einen kleinen Korridor, von welchem rechts das als Geschäfts- räum der Pfandleihe dienende zweifenstrige Vordcrzimmer, links die als Wohn- und Schlafraum benutzte, nach dem Hos hinausgehende zweifenstrige Küche liegen. Der Pfand- leiher, welcher früher in der Gerichtsstraße 16 wohnte, hat drei Kinder, zwei Söhne, Hermann und Paul, der erster? wohnt in Posen, der zweite befindet sich als Soldat in Schwedt   a. O., und eine Tochter Anna, die vor fünf Jahren einen Tischler Hartmann heirathete und auf dem Gesundbrunnen   in der Prinzenallee wohnt. An Sonnabenden ist das Geschäft in der Pfandleihe stets ein recht lebhaftes und so war auch der Verkehr ani 6. d. M. bei Zeidler recht flott. Noch gegen ö'/, Uhr abends hatte eine in der Kolbergerstraße wohnende Arbeitersran Lange bei Z. versetzte Garderobenstücke eingelöst. In der Zeit von 6>/s 7l/e Uhr abends kamen noch verschiedene Frauen, welche jedoch vergeblich die Klingel zogen. Um 7V2 Uhr kam auch die Tochter des Pfandleihers, welche ihrem Vater an Sonnabenden häufig behilflich war, doch auch ihr wurde auf wiederholtes Klingeln nicht geöffnet. Da Frau Hartmann ein leises Stöhnen zu höre» glaubte und übrigens auch genau wußte, daß ihr Vater zu Hause sein müffe, so benachrichtigte sie beunruhigt de» Hauseigenthümcr Herrn Tranipe, welcher das gewaltsame Oeffuen der Wohnung veranlaßle. In dem Geschäftszimmer be- nierkte man zunächst nichts Ausfälliges; als jedoch Frau Hartman» die angelehnie Küchenthür aufstieß, bot sich ei» furchtbarer Anblick. Auf dem Erdboden lag, zwischen Bettstelle und Kamin, mit den Füße» nach der Thür zu, in einer großen Blutlache der»och leise röchelnde Pfandleiher. Aus mehreren Wunden am Kopfe floß das Blut heraus, während aus einer klaffenden Wunde am Hinter- köpf das Gehirn hervorgequollen war. Die Bette», Maschine, die Wände waren mit Blut besudelt. Nachdem man sich von der ersten Bestürzung erholt, schickte Herr Trampe sofort zur Polizei sowie zu dem in der Pankstraße 56 wohnenden Arzt, Herrn Dr. Krau»», welch' letzterer jedoch dem Ver- wundeteuUkeine Hilfe mehr angedeihen lassen konnte. Zeidler starb nach kurzer Zeit, ohne die Besinnung wieder erlangt zu haben. Ueber die Ausführung des Mordes war bisher eine sichere Annahme nicht zu gewinne». Allem Anschein nach hat der Mörder, nachdem er Zutritr in der Z.'schen Pfandleihe gefunden, mit Z. eine Unter- Handlung angeknüpft und hierbei unbemerkt die dicht an der Thür befindliche Rouleauxschnur eines Regals an sich genommen. Während ihm der Pfandleiher einen Augen- blick den Rücken zudrehte, warf der Verbrecher seinem Opfer die Schnur um den Hals und zog die Schlinge so fest zusanuneu, daß Z. nicht zu schreien vermochte. Er schleppte dann den Wehrlosen in die Küche und versetzte ihm dort mehrere Schläge mit einem vor dem Bett stehenden Stiefelknecht. Als der Pfandlciher auch dann noch Lebenszeichen von sich gab, ergriff der Mordbube ein hinler der Maschine stehendes kurzstieliges Küchenbeil und versetzte hier- mit dem Z. mehrere Hiebe über de» Kopf, wobei der Schädel ge- spalteil wurde. Ter Mörder begab sich dann nach dem Geschäfts- räume und entnahm aus einem offenstehenden Pult den in dem- selben enthaltenen Geldbetrag, der sich auf etwa 160 M. beziffern dürste. Bezüglich des Motives zu der That konnte bisher völlige Klarheil nicht gewonnen werden, da die Möglichkeit, daß der Raub nur nebenbei ausgeführt worden ist. nicht aus- geschlossen erscheint. Nach dem Tode seiner Frau, die in dem Hause Gerichtsstr. 16 starb, hatte Z. verschiedentlich Aufwärterinnen zu sich genommen, mit denen er m so freundlichem Verkehr stand, daß die Hausbewohner glaubten in dieser Annahme wurden sie von den betreffenden Frauen unterstützt Z. würde eine zweite Ehe eingehe». I» allen Fällen wurden jedoch die Aufwärterinnen bald wieder entlassen. Später wollte Z. von solchen Frauen nichts mehr wissen und nach seinem Umzüge besorgte der Psandleiher seine Wirthschaft allein. Allerdinas stand Zeidler auch im Verkehr mit einer Kellnerin, mit welcher er angeblich in Gemeinschaft eine Schankwirthschaft eröffnen wollte. Ob jedoch Z. wirklich auf diesen Plan eingehen wollte, erscheint zweifelhaft, denn noch am Freitag theilte er dem Hauswirth mit, daß er am 1. Oktober die Wohnung verlassen werde, um sodann, da er alt und allein- stehend sei, mit seiner Tochter zusammen zu ziehen. Die Recherchen der Kriminalpolizei erstrecken sich auf Personen, die früher in dem Hause Gerichtstr. 16 bei einem dort wohnhaft gewesenen Straßen» Händler I. verkehrten. Ferner fanden ausgedehnte Streifen in den Herberzen des Nordens sowie auf arund von unverbürgten Mit- theilungen in Reinickendorf   und Pankow   statt. Die Polizei hat sich insoweit die Lehren aus dem Levy'schen Raub- morde zur Notiz genommen, als sie an den Anschlagsäulen Sonntag Morgen prompt einen Zettel anheften ließ, indem sie die Berliner  Bevölkerung von dem Verbrechen in Kenntniß setzte und ein unge- fähres Signalement des muthmaßlichen Thäters gab. Bezüglich eines Vorfalles im Meißner'sche» Keller, Pankstr. 6, war man auf eine falsche Spur gerathen. Der Käufer einer sauren Gurke in dem Meißner'schen Geschäft, auf den sich der Verdacht ge- lenkt, hat sich sofort, nachdem er hiervon Kenntniß erhalten hatte, auf dem 69. Polizeirevier in der Reinickendorserstraße freiwillig gemeldet. Es ist der Kammmacher Polzig aus der Wiesenstrabe. Er gab an, daß er im Sommer vorigen Jahres bei Zeidler in dessen früherem Geschäftslokal seine Uhr versetzt habe und am Sonnabend Abend die Absicht gehabt habe, die Uhr wieder einzulösen. Nachdem er sich die Gurke gekauft, sei er gegen 6�/2 Uhr zu Zeidler gegangen, dessen Wohnnng er fest verschlossen fand, worauf er mit Bekannte» in einer Destillation zusammen gewesen sei. Der Reviervorstand benachrichtigte sofort die Kriminalpolizei und heute früh wurde der Kammmacher allen denen vorgeführt, die ihn gesehen und beschrieben haben. Alle erkannten ihn sofort wieder, worauf P., dessen An- gaben sich bestätigten, ohne weiteres als unverdächtig«»tlassen wurde. Verhaftet wurde unter anderm gestern ein Schlächter, der sein Alibi noch nicht nachweisen konnte. Dieser hatte sich durch Blut an seiner Kleidung verdächtig gemacht. Inzwischen hat sich aber ein gewisser Werner Henze ge- meldet und angegeben, daß er mit mehreren anderen Per- sonen am Sonnabend Abend in der Rcsidenzsiraße in Reinickendorf  eine» Mann gesehen habe, dessen Kleidung blutig gewesen fei. Man habe aber werter keinen Verdacht geschöpft, weil der Mann sonst anständig aussah und ein ruhiges Benehmen zur Schau trug, man habe ihn deshalb laufen lassen. Di« Kriminalkommissare Göttling und Weiß, die mit der Untersuchung betraut sind, haben die Ver- solgung dieser Spur sofort aufgenommen, ein Ergebniß ist aber noch nicht zu verzeichnen. Mehr und mehr neigt man der An- ficht zu, daß es sich um einen Racheakt und um keinen eigentlichen Raubmord handelt. Sonnabend Abend um 6 Uhr haben Nachbarn den Ermordeten beobachtet, wie er in Hemdärmeln aus dem Fenster nach der Pankstraße gesehen hat, als ob er jemand erwarte. Eine halbe Stunde später fand der Kriminalschutzmnnn I. vom 69. Revier, als er Z. geschäftlich be- suche» wollte, die Wohnung verschlossen, woraus angenommen wird, daß der Mord in der Zwischenzeit und zwar mit großer Echnellig- keit begangen worden ist. also von Personen, die schon mit Z. und seinen Gewohnheiten vertraut waren. Der Polizeipräsident hat eine Belohnung von 360 Mark für Ergreifung des Mörders ausgesetzt. Die Annahme der Behörde, daß daS Motiv zu dem Verbrechen weniger im Raub als vielleicht in einem Racheakt zn suchen sei, scheint im Laufe der Untersuchung immer mehr Anhalt gewinnen zu wolle». Es haben sich eine Anzahl Zeugen gemeldet, welche über den unsittlichen Lebenswandel des Zeidler sehr gravirende Aussagen mache». Verschiedene Anzeichen deute» darauf hin, daß sich der Psandleiher hierdurch Feinde zugezogen hat. So wurde gester» durch die Kriminalpolizei eine Frau vernommen, welche infolge ihres intimen Umganges mit dem Ermordeten mit ihrem Manne in Ehe- scheiduikg sich befindet. Der Mord muß nach neueren Ermittelungen vor 6> Uhr abends ausgeführt worden sein. Um diese Zeit kam nämlich der Kriminalschnhma»», der den Pfandleihern das Verzeichniß der ge- stohlenen Wcrthsachen zustellt, an das Geschäft von Zeidler, erhielt aber keinen Einlaß mehr. Er steckte deshalb de» Zettel durch die Thürspalle, ans der er später herausfiel. Daraus folgt, daß der Mörder um diese Zeit die Wohnung schon verlassen hatte. Fast zu derselben Zeit, wie der Kriminalschutzmann, begehrte auch die Zeitungsfrau vergeblich Einlaß. Lokales. Z»r Lokalliste. Ter Meßpalast, Alexandrinenstr. 116' sowie das König städtische Kasino, Frankfurterstr. 76, stehe» der Arbeiterschaft zn Versammlungen zur Verfügung. Aus mehr- fache Anfragen diene znr Nachricht, daß die Räume der Odd-Fellow- Loge in der Alten Jakobstraße nicht zu haben sind. Die Lokal- kommisston. Marr-Gedächtnisifeier. Die Generalprobe für die Sänger, die am 13. März im Fcenpalast mitwirken, findet am Mittwoch, den 16. März, abends, bei M ö h r i» g. Admiralstraße, statt. Das Komitee. Religiös-patriotisches ans Dalldorf  . Der Verwallnngs- bericht des Magistrats über die Irrenanstalt Dalldorf berichtet des näheren über die vorgekommenen Selbstmorde, Entweichungen K. Von einigem Interesse ist folgender Satz: Die kirchlichen und die im Jubeljahre deS Deutschen Reiches häufigeren vater- ländischen Festtage wurden ihrem Charakter entsprechend in gewohnter Weise gefeiert; es konnte denselben, wie den sonst ge- botencn Unterhaltungen, ein sehr großer Theil der Kranken bei- wohnen. Und noch eine Zentcuarfrier. Der patriotische Theil des deutsche» Volkes kommt in diesem Jahre garnicht aus de» Zentenar- seiern heraus. Jetzt hat sich ein Komitee gebildet, das am 19., 26. und 21. Juni ei» deutsches Zentenar- Sportfest ver- anstalten will.Wie im ganzen deutschen   Volke", so heißt es im Prospekt, ist ebenso bei fast allen Sportvereinen der Wunsch lebhaft geworden, de» hundertjährigen Geburtstag unseres ersten deutschen  Kaisers festlich zu begehen. Gleichzeitig wollen die patriotischen Sportsmen dem ersten Kaiser auch noch ein Denkmal setze». Nun dürfen andere patriotische Vereinsaruppen nicht zurückbleibe», und so wird sich eine fast ununterbrochene Jubelkette hinziehen bis zu der im November erfolgenden Zentenarfeier des vor just 100 Jahren hochselig verstorbenen Preußenkönigs Friedrich Wilhelm Iii  , der sowohl in der Frömmigkeit als in der Nächstenliebe gleich Großes vollbracht hat und ein unerreichtes Vorbild seines treuen Volkes gewesen ist. Der Verkauf von sogeuanutem Jungbier hat in verhältniß- maßig kurzer Zeit einen erheblichen Umfang angenommen; es wird geschätzt, daß täglich etwa 200 Wagen in den Straßen Berlins mnhersahre», um das Getränk den Kunden zuzuführen. Dabei hat sich nunBier" von so zweifclhufter Beschaffenheit in diesen Handel eingeschlichen, daß von seite» der interessirten Bierhändler Schritte hiergegen unternommen werden sollen. Solches Jung- bier, das von den fahrenden Händlern ausgekauft und in den Laboratorien hiesiger größerer Brauereien analysirt wurde, erwieS sich als«in Gemisch von Syrup, Glyzerin, Abzug von altem Hopfen und ähnlichen völlig minderwerthigen Ingredienzien. Durch den Zusatz von Glyzerin wird eine geringe Kohlensäure in dieser Flüssigkeit erzeugt, die aber durch das Rütteln während der Fahrt und wenn das Faß angezapft ist, völlig verloren geht. Klagen die Kunden nun über die schlechte Beschaffenheit des Bieres, so nimmt der umherfahrende Bierhändler mit geheimnißvoller Miene ei» paar kleine weiße Plätzchen aus einer Schachtel und wirft sie in das abgezapfte Bier, versichernd, dasselbe werde nun gewiß gut sein. Diese kleinen Plätzchen sind Saccharin, das allerdings die Kohlensäurebildnng ein wenig be- günstigt. Immerhin wird es fraglich sein, ob dieses feilgebotene und weit über seinen Werth bezahlte Produkt die Bezeichnung Bier" nach den Bestimmungen des Nahrungsmittel-Gesetzes führen darf. Ziveisellos ist, daß zahlreiche wenig bemittelte Leute durch den Verkauf eines recht minderwerthigen Nahrungsmittels zu einem gegen bessere Nahrungsmittel ganz unverhältnißmäßig hohen Preise benachthetligt werden. Das offiziöse Mädchen für alles, dieNordd. Allg. Zig/', kündigt an, daß sie ihren Abonnemenlspreis von 7,ö0 Mk. aus 4 M. ermäßige. Dafür werden ihr die Besitzer von Cafös und die Zeitungsverleger, die das Blatt hallen müssen, dankbar sein. Die Redaktionen finden serner noch besondere Ursache zur Freude in der Ankündigung, daß sie die Langeweile des ober- offiziösen Organs in nächster Zeit nur einmal am Tage zu genießen brauchen; dieN. A. Z." wird vom 1. April nur in einer Abend- ausgab« erscheinen. Für das große Publikum ist diese Aenderung ganz bedeutungslos, da kaum ein Privatmann aufzutreiben sein wird, der gewissenlos genug wäre, für ein Abonnement auf die Norddeutsche Allgemeine" Geld auszugeben. Die neue Lchrftätte der Volkshochschule   Humboldt-Aka- demie für die Königstadt hat gestern ihre Wirksamkeit begonnen, indem Prof. Dr. A. Freudenberg die Kurse, welche in der Aula des Real-Gymnasiums, KO.. Elisabethstraße 57/58 abgehalten werden, mit einer Ansprache eröffnete. Hierauf begann die erste der fünf Vortragsreihen für März April mit einem Vortrage des Herrn Dozenten an der Sargakademie Dr. H. Potoniö über Pflanzenkunde. Des weiteren werde» sprechen: Heule, Dienstag: Dr. Adalbert v. Ha» stein, Deutsche Dichtung seit Goethe; Mittwoch: Dr. Maximilian Klein, Praktische Lebens- Weisheit; Donnerstag: Dr. Rich. Wolffenstein(Privatdozent an der kgl. Technischen Hochschule), Experimental- Chemie; Freitag: Dr. med. Fr. R u b i» st e i n. Gesundheilslehre, insbesondere Ge- werbehyaiene. Alle Vorträge dieser Woche, welche abends von 8�,4 bis 9% Uhr dauern, sind für Männer und Frauen frei zugänglich. Alles nähere, mit ausführlichen Inhaltsangabe», enthalten die Programme, die im Bureau, Tb. Fröylich's Buchhandlung, Landsdergerstraße 32, und bei W. n. S. Löwenthal, Grünstraße 4, gratis erhältlich sind; im Bureau sind auch Hörerkarte» zu 50 Ps. für die Vortragsreihe von 6 Stunden zu haben. Beamte als Musiker. Das Staatsministerium hatim öffent- lichen und dienstlichen Interesse" beschlossen, den das Musikgewerbe betreibenden staatlichen Unterbeamten die Einhaltung des für die Musikkorps der Garde eingeführten Mindesttariss vorzuschreiben. Ein Gesuch der Zivilberufsmusiker, den Beamten das Musiziren gegen Entgelt zu verbieten, ist bekanntlich von der Behörde vor kurzem abschlägig beschieden morde». Aus keinen Fall sollen sie aber die Militärmusiker unterbieten! Eine neue postalische Einrichtung ist jetzt, wie dieVoss. Zeitung" erfährt, Gegenstand der Erwägung bei der Reichspost- Verwaltung, nämlich die Einführung sogenannter Kartentelegramme. Sie sind so gedacht, daß eingehende Depeschen nnter Benutzung post- kartenähnlicher Formulare den Empfängern offen zugestellt werden. Die Kartentelegramme sollen auch eine Verbilligung der Depeschen- kosten im Gefolge habe», indem fünfzehn Worte, natürlich einschließ- lich der Adresse, nur 50 Pf. kosten werde». Der Hauptzweck der ge- planten Einrichtung ist aber die Beschleunigung der Bestellung. Durch den Fortfall des Faltens und Schließens der Depeschen wird Zeit und Arbeit gespart werden. Auch die Vermerke über Abgangs- und Ablieferungszeit sollen fortfallen und der AnkunflSvermert nur mittels des Poststempels ausgedruckt werden. Zur Müllabfuhrfrage giebt das Polizeipräsidium im Ein- versländiiiß mit dem Magistrat bekannt, daß die nach dem System Kinsbrunner D. E. P. 79 882 und 87 233, D. R. Gl. M. 45 575) und nach dem System Geduld u. Co.(v E. P. 79 275) bewirkte Müll­abfuhr de» erwähnten Anforderungen ausreichend genügt. Die Anordnung über Zulässigkeit der Müllabsuhr mittels Wechsel- kasien erfährt dadurch keine Aenderung, alle anderen Arten der Müllabsuhr aber werden von der Polizei künftig unter strengste Kontrolle genommen�werden. Namentlich soll jedesmal Strafanzeige erstattet werden, wenn das Müll in offenen Kästen über die Straße gelragen wird, die Wagen während der Fahrt nicht geschlossen ge- hallen werden, oder beim Einschütten von den Kästen»n die Wagen Staub oder übler Geruch entstchen sollte. Au de» große» Zenteuar-Fciertagcn werden bei den Post- anstalten des Berliner   Ober-Postdirektionsbezirkes der Poftschalter- dienst, sowie der Orts- und Laudbestelldienst wie an Sonntagen»in- geschränkt werden. Im Tchiller-Dhcater finden heute, morgen und Donnerstag die letzten Ausführungen de» Rofeggerschen VolköschaufpielSAm Tage des Gerichts" statt, da bereits für Freitag die erste Aufführung von Reuling's neuem SchauspielDie gerechte Welt" in Aussicht genommen ist. Der Domorganist C. Franz wird beim Orgel Vortrag in der Marienkirche Mitiwoch, den 10. März, mittags 12 Uhr, das Kyrie aus Mozart's Requiem, die Chromatische Fantasie von Bach, einen Trauermarsch von Dienel?c. spielen. Frl. Johanna Haacke aus Halle und Frl. Anna Eggers werden den Vortrag unterstützen. Der Eintritt ist frei. Mitglieder der Zentral-Kranken- und Stcrbelaffe der Tischler. örtliche Verwaltung Berlin G., halten am 13. März bei Fiebig, Große Frankfurterstraße, einen Maskenball ab, besten Ueberschub den Invaliden zu gute kommen soll. Wir machen die betheiligten Kreise aus diese Festlichkeit aufmerksam. Berliner   SichcrheitSznstände. Eine grobe Ausschreitung, bei der es sich um einen planmäßigen Ucberfall handelt, ist gestern, Sonntag, abends um 10V2 Uhr. in dem Wirthshause von Wilhelm Streblow in der Echulftr. 66 verübt worden. Während der Wirth mit einigen Gästen Billard   spielte, kam ein Fremder herein und ließ sich von der 16 jährigen Wirlhstochter Anna ein Glas Bier geben. Als gleich darauf Streblow selbst herankam,«m sich das Geld dafür geben zu lassen, gab ihm der Fremde mit den Worten:Sie sind Schuld daran, daß ich vor drei Wochen einen Messerstich bekommen habe", eine Ohrseige und goß ihm das Bier ins Gesicht. Das war das Zeichen für einen zweiten Gast, um ebensalls über den Wirth herzufallen und ihn mit Biergläsern und einem Messer zu bearbeite». Die Wütheriche zer- schlugen dann alles, was auf dem Schanktische stand. Screblow suchte stch vor weiteren Augriffen durch Vorhalten eines Stuhles z» schützen. Seine übrigen Gäste konnten ihm nicht helfen, da es ganz junge Leute waren, und znr Unterstützung der Angreifer noch ein Dutzend Kerle auf der Straße bereit standen. Nachdem sie den Wirth am Kops und an der linken Hand bedeutend verlebt hatten, entfloh die ganze Bande. Ein Schutzmann war leider nicht zur Stelle. Ter Säbel. Von einem Garde-Dragoner wurde Montag. morgens gegen 2 Uhr, der 24 Jahre alte Arbeiter Johann Adamczyk aus der Winterseldtstr. 27 durch einen Säbelhieb schwer verletzt. In einem Tanzlokale im Westen der Stadt war es zwischen Soldaten und Zivilisten zu einem Streite gekomme», der an der Ecke der Bülow- und Alvenslebenstraße mit einer Schlägerei zwischen einem Garde-Dragoner und mehreren Ziviliste» endete. Der Soldat zog blank, schlug Adamczyk über den Kopf und verletzte ihn so schwer, daß die Polizei des 73. Reviers ihn m ein Kranken- haus bringen mußte. Das Befinde« der im Treptower Park beim Abbruch des Wasserlhurms Verunglückten hat flch etwas gebessert. Der am schwersten verletzte Arbeiter Daniel, der im bewußtlosen Zustande nach dem Krankenhaus« Bethanien geschafft wurde, ha» das Be- wußtsein inzwischen wieder erlangt. Er hat«ine Gehirnerschütlernng