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den allein im Interesse von England, sondern einen Frieden, wie ihn das Interesse der Welt erheischt. Die innere Politik soll ,, liberal" sein, eine ,, wahrhaft" liberale Politif, eine Politik, die sich nicht scheut vor irgend welchen Veränderungen, welche die Mängel des Zeitalters, in dem wir leben, erfordern. Die irische Frage soll morgen aufs Tapet kommen, die Regierung wird die Gelegenheit benutzen ihr Heilpflaster zu entfalten.
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Die liberalen Parteiführer drohen, daß, wenn nicht sofort zur That geschritten wird, die ,, irische Schwierigkeit" zu erledigen, fie Maßregeln gegen das Ministerium ergreifen wollen. Sie sind lüstern nach den Fleischtöpfen Aegyptens , das Budget ist ihr Aegypten . Die alte Politik, die alten Parteien, die alte Gesellschaft selbst- alles ist in Verwirrung und Auflösung.
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New- York , den 26. Februar. Das wichtigste Ereigniß, die Anflage gegen Johnson, ist nun endlich erfolgt; die gewaltige Aufregung der letzten Tage hat sich gelegt, und ich will in einem furzen Rückblick die vorhergehenden Begebenheiten erwähnen. Vor 14, Tagen erschien ein langer Briefwechsel zwischen Johnson und Grant, der Stanton's Wiedereinsehung behandeltes, in Ausdrücken so unverblümt, als man sie nur wünschen kann. Einer nannte den Andern einen Lügner. Johnson brachte Zeugniße der KabinetsMitglieder über die Richtigkeit feiner Darstellung herbei, in deren einem der General- Postmeister Randall Herrn Grant deutlich genug als Schleicher bezeichnete. Und in der That erscheint Grant als Achselträger und Heuchler, der den Präsidenten heimtückisch an der Ausführung seiner Handlungen gegen die re publikanische Partei hinderte. Das Justiz- Comité des Hauses lehnte den Antrag, Johnson wegen seiner gefezwidrigen Handlungsweise in dieser Sache anzuflagen, mit 6 gegen 3 Stimmen ab. Und wem hatte das Johnson zu danken Demselben Grant, der nach der öffentlichen Erflärung von Th. Stevene überall seinen Einfluß aufgeboten habe, um diejenigen Mit glieder, welche für die Anklage waren, zu demoralisiren, und der durch diese feige Handlungsweise die republikanische Bartsi getödtet habe. Und, trog alledem ist die Bewegung für Grant: als Präsidentschafts- Kandidaten in stetem Wachsen; für einen Mann, der nicht wagt, feine wahre Gesinnung über die wich tigsten Parteifragen, fund zu geben, der sich von Johnson als wortbrüchigen Lügner hat überführen lassen, und der sich auch hier als gemeiner Aemter- Jäger enthüllt hat. Denn nur die Furcht, durch die Anklage, feines persönlichen Gegners feine eignen Aussichten auf die Präsidentschaft getrübt zu sehen, und daß der radikale Ben Wade Johnson erfeßen werde, fonnte ihn geleitet haben. Aber Johnson war verblendet genug, um selbst die feigen Republikaner des Congresses zum Handeln zu- zwingen. Er hat in offener Verlegung des Gesezes, während der Senat in Sigung war, Stanton abgesetzt, und vorgestern wurde auch mit überwältigender Mehrheit die Anklage im Hause beschlossen. In einigen Wochen wird der Senat als Gerichtshof, über ihn aburtheilen, und wenn Johnson, wie es wahrscheinlich ist, abgesezt werden sollte, so wird ein glorreicher Schritt zur Centralisation der Regierungsgewalt in den Händen des Congresses gethan fein. Da Johnson diesen Staatsstreich gemacht hat, ohne seine Freunde aus der demokratischen Partei um Rath zu fragen, so sagt sich diese offen von ihm los. Wenn zu hoffen gewesen wäre, die ganze gewaltige Macht der Exekutive zu Gunsten des demokratischen Präsidentschafts- Kandidaten in Bewegung ge Verantwortlicher Redacteur : W. Liebknecht. Redaktion: Braustraße 11.
segt zu sehen, so hätte man Johnson wohl aufgestellt; nun ist das auch nicht mehr möglich. Seine einzige Hoffnung be ruht auf einem langsamen Geschäftsgange beim Senat, und darauf, daß Oberrichter Chase, der dem Senate als Gerichts hof vorsigt, gegen eine Verurtheilung sein werde, weil er selbst als Präsident aufgestellt ist, und also Wade nicht gern zur Herrschaft verhelfen will. Daß es möglich sein sollte, einige republikanische Senatoren zu gewinnen, damit die 2/3 Mehrheit nicht erlangt werde, daran ist nicht zu denken.- Alle Gerüchte von gewaltsamen Maßregeln irgend einer Art haben sich ale falsch erwiesen; Johnson soll bei einigen Generalen angefragt haben, aber natürlich erfolglos, da alle Befehle für die Armee durch die Hände des Ober- Generals Grant gehen müssen.
Vermischtes.
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In der Debatte des Preußischen Abgeordnetenbauses über den Nothstand in Ostpreußen und die klägliche Regierungs maßregel zu dessen Abhülfe( 3 Millionen, wo 20 nöthig find und diese 3 Millionen obendrein größtentheils Denen u gewandt, die der Unterstügung am wenigsten bedürfen sagte Herr Schulze zur Rettung seines" Systems de Selbsthülfe:„ die Selbsthülfe durch Sparsamkeit ist nothwen dig zur Erhaltung der Gesellschaft. Aber zum Sparen gehör die äußere Möglichkeit, lohnende Arbeit zu finden. Daran fehl es in Ostpreußen . In Folge des Prinzips der Gegenseitigkeit in solchen Fällen der Staat verpflichtet, für das ein zelne Glied einzutreten. Wollen Sie den Men schen, der gelähmt und an allen Gliedern gebun den vor Ihnen liegt, hier auf Selbsthülfe verwe sen, das heißt die Menschen verkommen lassen Mit andern Worten: Jedem, der sich nicht selbst helfen fann muß der Staat helfen.
Ob die Unfähigkeit zu Selbsthülfe aus natürlichen oder sozia len Gründen entspringt, ob der Unterstützungsbedürftige Arbei ter ist oder Bauer, das fann selbstverständlich nicht den g ringsten Unterschied machen. Und das nennt Schulze fein System retten!
Consequenter war der volkswirthschaftliche Wander- Hans wurst Faucher, der sich prinzipiell gegen jede Almosenum terstüßung" erklärte, außer wo der Nothstand meteorologifd Ursachen habe d. h. dem Wetter geschuldet sei. Sobald gelingt, den lieben Gott nach dem ewigen" Gefeß von Nachfrag und Angebot. Regen und Sonnenschein anfertigen zu lassen fällt auch diese Ausnahme weg. Au
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Ein Recept zur Lösung der sozialen Frage wurde jüng im Desterreichischen Reichstag mitgetheilt: Abschaffung Feiertage und Cichorienkaffee Morgens, Mittags und Abend Erfinder dieser einfachen Heilmethode ist Niemand anders
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seinen verblüfften Zuhörern erzählte, hier in Sachsen lernte Herr von Beust, der bei der nämlichen Gelegenheit aud die Kinder der Armen schon in der Schule, wie das Kapit der Arbeit dienstbar zu machen. Was für glückliche Leute do unsere cichorienkaffeetrinkenden Arbeiter sein müssen, von chan pagnertrinkenden Capitalisten bedient zu werden!
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gegen die Seifenblasen" ist in zweiter Instanz verhandelt, un Der Prozeß des national liberalen Siegel in Dresde die von den Seifenblasen" zu zahlende Geldbuße von auf 30 Thlr. herabgefeßt worden. Niedriger läßt sich der Schade welcher der Ehre Siegels erwachsen ist, wohl taum tariren Druck und Verlag: G. W. Vollrath. Expedition: Windmühlenstraße 14.
Leipzig.