Demokratisches Wochenblatt.

No. 19.

Organ der deutschen Volkspartei.

Leipzig , den 9. Mai.

1868.

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Inhalt: Politische Uebersicht. An die Volkspartei in Sachfen. Napoleon und die deutsche Demokratie. Weiße Zur Charakteristik der gegenwärtigen Theuerung und Ge­Aus England. Vermischtes.

Stieberisches. Sklaven. schäftsstockung.

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Politische Uebersicht.

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Aus dem Zollparlament" wird kein Voll parlament", das ist nun entschieden, Dank den südwest­deutschen Abgeordneten, die ihren Wählern nicht wortbrüchig geworden sind, wie man das vielfach gehofft oder gefürchtet

batte.

König und Herrn", eine Japanesische Titulatur, unter welcher der König von Preußen verstanden ist, der auf diese Weise durch ein ächt nationalliberales Manöver den Süddeutschen, den Sachsen , Thüringern und anderen noch nicht annektirten Norddeutschen als Großmächtigster König und Herr", vor­läufig wenigstens auf dem Papier, aufoftroyirt wird.

Nach dieser realpolitischen Servilitätsleistung fahren die Adreßschreiber fort:

Das von Ew. Majestät berufene deutsche Zollparlament fühlt

fich als Vertretung des deutschen Bolkes gedrungen, Zeugniß abzule­gen von dem Streben der Nation. Ew. Maj. bestätigen, wie das

Bedürfniß des deutschen Volkes nach der Freiheit inneren Verkehrs und die Macht des nationalen Gedankens den deutschen Zollverein allmälig über den größten Theil Deutschlands ausgedehnt hat. Wir leben der Ueberzeugung, daß jenes Bedürfniß unserer Nation die Freiheit auf allen Gebieten fördern und die Macht dieses nationalen Gedan­fens auch die vollständige Einigung des ganzen deutschen Vater­landes in friedlicher und gedeihlicher Weise herbeiführen wird. Eine naturgemäße Entwickelung bat zur Vertretung der gesammten deutschen Nation bezüglich ihrer wirthschaftlichen Interessen geführt. Die seit Jahrzehnten vom deutschen Volke erstrebte und seiner Zeit von sämmtlichen deutschen Regierungen als unabweisbares Bedürfniß anerkannte nationale Vertretung für alle Zweige des öffentlichen Le­bens kann unserem Volke auf die Dauer nicht vorenthalten werden. Die Liebe zum deutschen Vaterlande wird die innern Hindernisse zu beseitigen wissen. Die nationale Ehre wird das ganze Volk ohne Un­terschied der Parteien zusammenführen, falls von außen versucht wer­den sollte, dem Drange des deutschen Volkes nach größerer politischer

..3ollparlament"- was ist eigentlich das 3ollparla. ment?" Schon in dem Namen liegt ein Wiederspruch und eine Unehrlichkeit. Das erste Wort ist ein Spott auf das weite. Eine Körperschaft, die sich bloß mit Zöllen und son­ftigen volkswirthschaftlichen Fragen zu beschäftigen hat, ist kein Parlament; und ein Parlament hat sich noch mit an deren Dingen, als Zöllen und sonstigen anderen volkswirth schaftlichen Fragen zu beschäftigen. Wenn das Zollparlament" in Wirklichkeit das sein sollte, wozu es nach dem Wortlaut der Berträge zwischen Preußen und den Süddeutschen Staaten bestimmt ist, dann hätte man ihm von Anfang an einen be scheideneren Namen, und jedenfalls auch eine etwas angemessenere, für die Behandlung volkswirthschaftlicher Einigung entgegenzutreten. Unsere Nation achtet fremdes Recht

Fragen geeignetere Zusammenſegung geben müssen. Durch die Bezeichnung: 3ollparlament" verrieth Graf Bismarck von

und wünscht friedlichen Verkehr mit allen ihren Nachbarn. Sie darf daher Gleiches von anderen erwarten, falls ihr das eigene Wohl eine Aenderung in ihren inneren Einrichtungen nöthig erscheinen läßt.

ten.

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vornherein die seitdem von den Nationalliberalen ausgeplau- Die angekündigten Vorlagen werden wir mit pflichtmäßigem Ernste derte Absicht, durch irgend einen ,, nationalen", prüfen. Das gemeinsame deutsche Interesse wird unsere Beschlüsse let­Hocus Pocus das ,, 3ollparlament" in ein ,, Boll parlament" zu verwandeln. Die süddeutschen Wahlen und Besorgnisse vor Frankreich zwangen und zwingen jedoch die Preußische Regierung zu einer gewissen Zurückhaltung, die zum Glück von den nationalliberalen Dienstmännern" nicht gheilt zu werden braucht. Diese Herren, bei denen Wollen

die

Wir

Den Handelsvertrag mit Desterreich nehmen wir mit besonde rer Genugthuung entgegen. Wir legen auf die freundlichen Beziehun­gen zu dem durch Stammesverwandtschaft und mannichfache Bande eng mit uns verbundenen Nachbarlande einen hohen Werth. vertrauen, daß es Ew. Majestät vergönnt sein werde, getragen durch die vereinte Kraft der deutschen Nation und im Einverständniß mit Ew. Majestät hohen Verbündeten den Ausbau des gemeinsamen Wer­kes zu vollenden, dessen Abschluß Sicherheit, Macht und Frieden nach önnen im umgekehrten Verhältniß zu einander stehen, außen, wie materielle Wohlfahrt und gefeßliche Freiheit nach innen verbürgt.

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sich von ihrem bösen Genius zur Einbringung eines

idreßentwurfs" verleiten lassen, der allerdings nicht gehauen und nicht gestochen ist, aber immerhin den vollparlamentlichen

Ew. Majestät 2c.

Mit einer Züge beginnend, endet der saubre Adreßentn f

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Pferdefuß Jedem sichtbar hinter den verschwommenen Phrasen auch würdig mit einer Lüge. Das Zollparlament eine 2 r- hervorstreckt, und dadurch den Gegnern des Großpreußenthums tretung des deutschen Volks" Lüge! Wo sind denn die den ersehnten Anlaß zur Degradirung des Zollpar- Deutsch- Desterreicher, und wo find die Luremburger, die oben lamento" in einen fimplen 3oll und Steuer drein noch zum Zollverein gehören, bei denen man aber, um ausschuß geliefert hat. Der Entwurf richtet sich an den

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in Paris nicht anzustoßen, keine Wahl hat vor­

Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten König, Allergnädigsten nehmen lassen? Und das gemeinsame Werk, dessen Ab.