vollzog sich unter großen Gefahrein Die Truppen-Abtheiliingen brachten d23 Männer, 1647 Frauen und Kinder sowie 340 Soldaten von Kandano fori, außerdem 112 Soldaten, die in Spaniako ein geschlossen waren. Infolge der ungenügenden Zahl der vorhandenen Schiffe ist die Beförderung aller mohamedanischen Familien vor der Hand unmöglich. Bis alle eingeschifft sind, werden die Truppen abtheilnngen in Selino verbleiben.— Chrvuik der Majcstätsbcleidignngs- Prozesse. Wege» Majestälsbeleidigung war der Brinksitzer Oeckermann aus Äldel Heide denunzirt und stand dieserhalb Sonnabend Verhandlung vor der Strafkammer des Landgerichts in Oldenburg an. O. sollte beim Singen des Liedes„Unser Kaiser liebt die Blumen" der Melodie einem unflalhigen Text unterlegt habe». Von den vorgeladenen Zeugen wollte jedoch nur der Denunziant dieses wahrgenommen haben, weigerte sich aber, einen diesbezüglichen Eid abzulegen. Oeckermann wurde daraufhin selbstverständlich freigesprochen, der Zeuge, au? dessen veranlassung der ganze Apparat in Thäligkeit gesetzt war, wurde in scharfen Worten ob seines leichtfertigen Gebahrens vom Präsidenten der Strafkammer getadelt.— Deutsches Reich. — Daß die Medizinalreform außerordentlich dringend in Preußen ist und daß eine der ersten Vorbedingungen derselben eine ausreichende Bezahlung und damit eine nach jeder Richtung unabhängige Stellung der Physici ist, wurde in unserem Blatte des öfteren ausgeführt und niemals bestritten. Trotzdem und trotz aller Riesenüberschüffe im Reiche und in Preußen ist aber an eine den Anforderungen der Wissenschaft und des praktischen Lebens e»t- sprechende Medizinalreform vorerst noch lange nicht zu denken, denn heute möge» Kulturaufgaben so leiden, daß wir uns hinter Japan und Bulgarien verstecke» können, wir müssen das Geld, in dem wir schwimme», für Kanonen und Panzerplatte» verwende». Durch die folgende amtliche Bekanntmachung deS kgl. Polizeipräsidiums werden wir zu diesen Bemerkungen wieder veranlaßt: Ein Bezirksphysikat in Berlin ist durch Ausscheiden des bisherigen Inhabers erledigt. Geeignet» Bewerber um diese Stelle lönnen sich bis I. April beim Polizeipräsidium schriftlich melde» unter Beifügung des Lebenslaufs, der Approbation als Arzt und des Fähigkeitszeugnisses zur Ver waltung einer Physikats stelle. Die Stelle bringt 900 M. als nicht p e n s i o n s b e r e ch< tigtes Gehalt, gewinnbringende Nebenämter können einstweilen nicht in Zl u s s i ch t gestellt werden. Für ortspolizeiliche, im öffentlichen Interesse vor- genommene Verrichtungen werden nur die F u h r k o st e n ver« tort ütigt.— — Staatssekretär v. Stephan ist nicht unbedenklich erkr ankt.— Frankfurt a. M.. 9. März. Im Franks..Generalanzeiger Nr. 57 von heute ist folgendes Inserat: liegen den Baron Theodor von Ungern-Sternberg aus Kertel.' auf der Insel Dayon bei Finnland , welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Betruges verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das nächste Justizgefängniß abzuliefern WictSbaden, den S. März 1897. Königliche Staatsanwaltschaft. — Der frühere Kultusminister und jetzige Ober-Landesgerichts-Präsident Dr. Falk hat sich. sobald er von der Sammlung erfahren hat, jedes Geschenk zu seinem Jubiläum verbeten.— Dresden , 9. März.(Eig. Ber.) Die bevorstehenden sächsischm» Landtags wählen werden ein schönes Bild geben. Der gund der Landwirthe, ebenso die Hausbesitzer, wollen den„politisch ,, Parteien" besondere Kandidaten gegenüberstelle».— — Der Landtag von Sachsen- Gotha tritt am Montag, ven.. h. M., zusammen. Die erste Tagung nach der Neuwahl. B'-i den\9 Vertretern entsandte bekanntlich unsere Part.-?* 9- dnet«- Mgische' Landtag . In derDienstagsitznng trat die wiirttÄldgeord letenkammer in die Generaldebatte Über p t- 7° �tna« zetat 1897/99«in. Der Berichterstatt«(Vo'a ckspartei) konnte konstatiren, daß die gegen- wärtig«s M Staatshaushalts eine durchaus befriedigende sei. Wartungen seien noch übertroffen worden. Redner ii.'.o.>, daß das Eisenbahndcfizit zu Ende de? Jahr .,i.»�irte oerschwinden werde, falls der VerkehrszuwachS wie seither anhalte, und wünscht, es solle die jetzt günstige Zeit zur Durch führung ver Steuerreform nicht versäumt werde». Nach ihm sprach der deutschparteiliche Führer v. G e ß, der sich u. a. auch gegen die Nebenbeschäftigungen der Beamten wendet; ihm folgte der Zentritmsmann sKinne und der volksparteiliche Abg. Hauß- »> a n n-Gerabronn. Interessant waren die Schlnßausführungen des Abg. Kinne, welcher sich gegen die neuen Reichslasten(Militär- und Marinevorlagen) wendete und von der württembergischen Regierung erwartet, daß sie gegen dies« Lasten Front macht. Redner meinte, für eine große Kriegsflotte sei im Volke kein Verständniß, der Staat sei nicht blas für Militär und Marine da, er habe auch kulturelle Aufgaben. Doch sind diese Worte nicht ernst zu nehmen, denn da? Zentrnm wird wohl wieder bei diesem Kuhhandel ein Geschäftchen machen.— Offenburg , 10. März. Auf dem hier stattgehabten sParteitage der demokratischen und freisinnigen Parteien Badens erfolgte eine vollständige Trennung der süddeutschen Volkspartei und der freisinnigen VolkSpartei.—_ — D i e Geschäftsordnung der Ditziplinar-ve- Hörden für die Schutzgebiete wird heut« im„Reichs- Anzeiger" veröffentlicht.— Schweiz . Ber «, 10. März. Der vom Nationalrath niedergesetzte Aus- fchuß hat den Gesetzentwurf betreffend die Einführung der obligato- rischen Kranken- und Unfallversicherung unter finanzieller Mithilfe des Bundes einstimmig angenomnten.— Frankreich . Pari», 7. März.(Eig. Bericht.) Die Interpellation des Genossen R o u a n e t hat wieder einmal die unendlichen politisch- sinanziellen Skandal« zur Sprache gebracht. Neben dem Eüdbahn- schwindet, der, wie aus der Antwort des Justizministers hervorgeht, den Gegenstand einer süuften Untersuchung bildet, rührte Rouanet die halbvergessene Bankerott-Affäre der Diskonto-Bauk(Baron Soubeyran und Konsorten) auf. eine Affäre, an welcher ebenfalls Parlamentarier betheiligt sind, ohne aber in die(seit Februar 1894!!) noch schwebende Untersuchung verwickelt worden zu sein. Auf rein finanziellem Gebiet besprach der Interpellant an der Hand unwiderlegt ge- bliebener Dokumente die systematische Raubwirihlchast einer Reihe fauler Bankunternehmen, die von 1883 bis 1894 die vertrauen«- seligen kleinbürgerlichen Aktionäre um 3V00 Millionen geprellt haben i vermittelst des betrügerischen, aber straflos gebliebenen Bankrotts. UebrigenS hatte selbst Leon Say , der Abgott der Hochfinanz, schon 1832 im„Jonrnal des Eeonomistes" den bezeich- nenden Stoßseufzer gethan:„Die Spekulation hat Frankreich um mindestens den gleichen Betrag gebrandfchatzt, wie daS siegreiche Deutschland nach den Niederlagen von 1870—1371." Ferner wies Rouanet nach, daß die scharfen Bestimmungen des Straf-Gesetz- buchS, die sich, ähnlich wie das neueste deutsche Börsengesetz, gegen betrügerische Börsenmanöver richten, nicht angewendet werden, ebenso wie die strafgesetzlichen Bestimmungen gegen da? Aufkäufer- thum und die Kartelle. So kostet der von elf großen Häusern monopolisirte Getreide- und Mehlhandel den landwirthschastlichen Produzenten und Brotkonsumenten»00 Millionen Franks jährlich— auf diesen Betrag stellt sich die Differenz zwischen dem künstlich herabgedrückten GetreidepreiS und dem künstlich emporgeschnellten Mehlpreis. Das Kartell der Petroleum» Raffineure Deutsch- Rothschild- Mallet brandschatzt die Konsumenten im Ver- gleich mit den deutschen Pretroleumpreisen, unter Abzug des Einfuhrzolles von zwölf Franks pro hundert Kilo. um 15 340 000 Fr. jährlich. In Nordfrankreich sind die Kartellpreise um 50 pCt., in Südwestfrnnkreich gar um 100 pCt. höher als in Deutschland . Das Chlorkali-Kartell hat die Preise verdoppelt, das Soda-Kartell verkaust die Tonne, die einen Eelbstkosten-Werth von 60 Fr. hat, zu 100 Fr. im Auslande und 150 Fr. auf dem vor der Konkurrenz gesicherten inneren Markte... Der Justiziuinister antwortete kein Wort aus den letzteren Theil der Interpellation, unter dem Vorwand, nicht vom Interpellanten im voraus über alle Fragen verständigt worden zu sei». In bezug auf die Korruptionsaffären verschanzte er sich hinter die bekannte „Unabhängigkeit der Justiz". Die von Rouanet eingebrachte Tages ordnnng, die weiter nichts bezweckte, als die Justiz durch Ver- mitielung des Justizministers zur Anwendung der b e stehenden Gesetze aufzufordern, wurde aber von der Re gierung als ein indirektes Tadelsvotum abgelehnt. Und die Kammer, die Ende Oktober 1395 durch Annahme einer ähnlichen Tages ordnung das Kabinet Ribot gestürzt hatte, verleugnete zum xlen Mal ihr früheres Votum und gab der Regierung— selbstverständ lich mit Hilfe aller offenkundigsten Panamisten—«in Vertrauens votum. ES fand sich zwar zugleich eine Mehrheit, welche die Regierung verpflichtete, nach Abschluß der Südbahnuntersuchung der Kammer sämmtliche Untersuchungsakten vorzulegen. Es ist aber hundert gegen eins zu wetten, daß dieses Votum hinfällig werden wird, indem die Untersuchung über die Lebensdauer des gegenwärtigen Ministeriums oder auch der gegenwärtigen Kammer hinansgeschleppl werden wird. Die Mittheilung der Untersuchungsakten wurde von der Opposition verlangt zum ausdrücklichen Zwecke, die koinproimttirten Parlamentarier, die von der„unabhängigen" Justiz verschont bleiben sollte», dem Urtheil der Oeffenllichkeit preisgeben zu können.— Belgien . Brüssel , 10. März. Der sozialistische Abgeordnete Demblon hielt gestern in der Kammer«ine hesiige Rede gegen das Loskauf- system und erklärte, König Leopold sei Anhänger der persönlichen Wehrpflicht. Der Vorsitzende bemerkle, der Redner dürfe, den neuen Kammerreglements zufolge, die Person des Königs nicht in die Debatte ziehen. Demblon erwiderte, er habe sich in der Bergangen- heit nicht gescheut, dem König die Wahrheit zu sagen und werde diese auch in Zukunft nicht zurückhalten.— Serbien . Belgrad , 10. März. Die gesammte Reserve und beide Miliz aufgebote wurden abiheilungsweise zu je achttägigen Uebungen im März und April einberufen.— Bulgarien . Sofia , 9. März. Die Sobranje hat die mit Oesterreich-Ungarn und mit Mehrheit genehmigt.— Türkei . — Politische Verhaftungen. Die Zahl der bisher wegen jungtürkischer Umtriebe verhafteten Schiffssähnriche und See- kadetten beträgt nach Privatberichten aus Konstantinopel fünfzehn.— Afrika . Prätoria, 9. März. Präsident Krüger hat sich nach Bloemsontein begeben, um über die Frage eines engeren Zusammenschluffes zwischen Transvaal und dem Oranje-Freistaat zu verhandeln.— Amerika. Washington , 10. März. Der Etat-Ausschuß des Repräsentanten Hanfes hat gester» die in das neue Tarisgesetz anfzunehmenden Zollsätze für Zucker festgesetzt. Hiernach wird der Zoll für Roh- zucker von 96 Grad nach dem Polariskop auf l'/e Cents(6 Pf.!!) pro Pfund festgesetzt. Für Zucker unter 96 Grad wird eine gleitende Skala aufgestellt, die bis zu etwa einem Cent(4 Pf.) pro Pfund herabgeht. Der gegenwärtige Zollsatz für Zucker von 75 Grad be- trägt 40 pCt. vom Werthe, der neue Zollsatz dagegen ungefähr 70 pCt. Der Differenzialzoll auf Zucker, welcher aus Ländern kommt, die Exportprämien zahlen, soll gleich dem Nettobetrage die Export- Prämie sei» und wird verändert, je nachdem die Exportprämien ver« ändert werden. Zu Zwecken der Reziprozität soll der Präsident aber ermächtigt werden, den Zoll um V8 Cent herabzusetzen, wenn der Zucker aus Ländern kommt, die entsprechende Gegenvortheile gewähren. Der Unterschied des Zolles für rohen und raffinirlen Zucker wird wahrscheinlich i/s Cent betragen. Die Zollsätze sind durchweg Gewichiszölle. Der Ausschuß hat sich einstimmig gegen eine Bundesprämie ausgesprochen.— Rio de Janeiro , 9. März. Durch Maueranschlag werden die Republikaner zu einer Versammlung ausgefordert, in der über die Mittel zur Rettung der Republik und zu einer Gedenkfeier für den Oberst Moreira berathen werden soll.— Veichskss. andelSverträge erbten mit großer März 1S97. 1 Uhr. v. Bötticher, Graf Posa» 183. S i tz u» g v o in 10. ' Am Tische des Bundesraths: o w s k y. Das Haus ehrt das Andenken des Abg. R u d o l p h i(Z.) in der üblichen Weise. Auf der Tagesordnung steht die Berathung zweier auf die Zoll- kredit« für Getreide bezüglichen Anträge. Der Antrag des Grasen Schwerin (k.) schlägt einen Gesetzentwurf vor wegen Be schränkung des Zollkredits bei der Einfuhr von Getreide; danach soll die Zahlung des Zolls spätestens 14 Tage nach der Einfuhr erfolgen und bei der Abfertigung der Wanre auf Transitlager sollen die kreditirten Zollbeträge und die Mühlenkouten mit 4 pCt. verzinst werden. Die ausgestellten Einfuhrscheine sollen nicht erst nach 4 Monaten, sondern sofort in Zahlung genommen werden können. Ein zweiter Antrag, den der Abg. P a a s ch e(natl.) stellt, wird von dem Antragsteller zurückgezogen. Abg. Graf Schweriu(dk.) weist darauf hin, daß vor drei Jahren der preußische Staatsrath die Aufhebung der Transitlager, soweit sie nicht lediglich dem Verkehr mit dem Auslande dienen, be- chlossen. Die Vertreter der verbündeten Regierungen haben auch eine Beschränkung in Aussicht gestellt, aber bisher ist nichts ge- schehen, vielmehr sind die Transitlager Zoll- Kreditanstalten auf Landeskosten geivorden. Die Statistik des Niederlags- Verkehrs ist allerdings sehr unvollkommen, aber es ergiebt sich doch eine erheb- liche Vermehrung, zum Beispiel bei Weizen in den letzten Jahren um 200 000 Tonnen. Dadurch erwachsen nicht blos der Landwirthschaft, sondern auch dem Mühlengewerbe große Nachtheile, denn durch die Transitlager werden wir trotz unserer guten Ernten mit überflüssigem ausländischen Getreide überschwemmt. "ört! rechts.) Die Einfuhr ist gesteigert durch die Handelsverträge. ört! rechts.) Alle Vortheile, welche diese Verträge anderen Erwerbszweigen gebracht haben, können den Schaden nicht aus- gleichen, den die Landwirthschaft erlitten hat.(Sehr richtig! rechts.) Dazu kommt die Schädigung des deutschen Müllereigewerbes durch die Mühlenkonten der großen Exportmühlen. gegen die jetzt die kleinen Müller energisch Front machen. Die Transitlager und Mühlenkonten müssen sämmtlich beseitigt werden. Die Zollverwaltung betrachtet die Getreidezölle immer noch als Schutzzölle und will deshalb bei der Zolleinziehung nicht allzu scharf vorgehe». Die Privilegien für die Großgrundbesitzer sind vor fünfzig Jahren abgeschafft, obgleich sie doch nur sehr ideeller Natur waren. Hier hat man Privilegien für den Großhandel, die sehr materieller Natur sind. Hier sollte endlich gleiches Recht sür all« geschaffen werden.(Beifall rechts.) Abg. Rickert(frs. Bg.): Die Herren hätten konsequent sein ollen und die Liebesgaben ausheben sollen, welche dem Großgrundbesitz durch die Steuerpolitik der letzten Jahre. durck die Branntwein- Steuer und so weiter zugeflossen sind. (Zustimmung links. Widerspruch rechts.) Ich nehme an. daß der Staatssekretär die übertriebenen Behauptungen des Vorredners über die Bedeutung des Zollkredits widerlegen wird. Jedenfalls muß der Antrag einer Kominirs» überwiese» und gründ- lich geprüft werden. Die leere» Bänke des Hauses scheinen aber zu zeigen, daß man den Antrag nicht für so erbeblich hält. Die Folge des Antrages wird sein, daß die großen Händler alles monopolistren(Widerspruch rechts). Ein hervorragender Land- wirth, ein Mitglied des Bundes der Landwirthe, hat offen erklärt, daß dieser Antrag nicht blos den Handel, sondern auch die Land- wirthschaft schädige.(Widerspruch rechts.) Abg. Gcrstcnbcrgcr(Z.) Warum sollen die armen Leute für die inländische Waare sofort die Steuern bezahlen, während sür die ausländischen Waaren Zollkredite gewährt werden? Abg. Graf Arnim(Rp.): Auf grund der Zollkredite haben die Mühlen den Import gefördert, weil der Export von Mehl erleichtert werden sollte, was man aber nicht erreicht hat. denn es ist nur etwa ein Fünftel des eingeführten Getreides als Mehl wieder ausgeführt worden. Der Staatssekretär Graf Posadon'sky hat erklärt, daß die Sache erwogen werde, aber seit 2 Jahren ist nichts geschehen. Die großen Mühlen haben allerdings einen Borlheil davon. wenn sie das gleichmäßige ausländische Getreide vermählen könne». Aber sie würden nicht so stark die kleinen Müller übertreffen lönnen, wenn nicht die Gesetzgebung durch die Zollkredite ihnen eine besondere Begünstigung zuwendete. Das ausländische Getreide wird zum Drücken der Preise benutzt und geht dann nachher auf die Mühle. Die Zollkredite reizen zur Anschaffung von Schundwaare, die aus Mühlen gebracht wird. Es ist festgestellt worden, daß das eingeführte ininderwerthige Getreide mit Bakterien behastet ist, die durch den Backprozeß nicht vernichtet werden. Die Frage bedarf jedenfalls einer gründlichen Untersuchung. Von den 36 000 kleinen Mühlen sind in den letzten Jahren 1100 schon eingegangen. (Zuruf des Grafen Kanitz: 1400!) Dadurch wird der Heerbann der Sozialdemokratie immer mehr verstärkt. Deshalb appellire ich an die verbündeten Regierungen, damit sie sür die Erhaltung des Mittel- standes eintreten.(Beifall rechts.) Abg. Fischbeck(fr. Vg.): Die Gründe für den Antrag sind die alte», längst widerlegten. Es soll den Kaufleuten eine große Wohl- that zufließen. Herr Gerstenberger hätte nur daran denken sollen, daß den Tabakbauern auch die Tabaksteuer kreditirt wird. Das bischen Zollkredit mehr oder weniger schützt den kleinen Müller nicht vor dem großen. Daß der Zoll innerhalb 14 Tagen bezahlt werden soll, ist unmöglich, weil das eingeführte Getreide in dieser Frist meist gar nicht an seinen Bestimmungsort gebracht werden kann. Abg. Graf Kanitz(k.): Wenn die Bedeutung der Zollkredite wirklich eine so geringe ist. weshalb legen dann die Herren(links) einen so großen Werth auf die Beibehaltung? 1894 erörterte die Berliner Kaufmannschaft ans Anlaß der Aushebung des Jdentitäts- Nachweises die Frage, ob danach Zollkredite für Getreide überhaupt noch nothwendig seien. Jetzt wehrt sie sich gegen die Aufhebung derselben und berechnet, daß die Kaufleute ein um 42 pCt. größeres Betriebskapital haben müßten.(Hört! rechts.) Herr Rickert sagt immer: wenn die Tranfltläger aufgehoben wer- den, so fällt die Mischung mit ausländischem Getreide fort, die daS deutsche Getreide exportfähig macht. Graf Posadowsky hat aber festgestellt, daß das Mischen von Getreide auch in einem Handels- lager stattfinden kann. Das Transitlager in Thorn ist aufgehoben und trotzdem kommen von dort keinerlei Klagen. Anstrengungen, die Weltmarktpreise zu verbessern durch Maßregeln gegen die Börsen. haben wir niemalsgemacht. Das kann nurgeschehen durch Erhöhung des Zolls und ähnliche Maßregeln. Wenn das Getreide jetzt un- verkäuflich ist, so liegt das an der kolossalen Einfuhr von Getreide im vorigen Jahre, wo sie von 36 auf 52 Millionen Doppel- zentner stieg. Ich lege daS Hauptgewicht aus die Beseitigung deS Zollkredits für die Mühlen und aus die Aenderung des RendemenlS- Verhältnisses. Durch dre Konkurrenz der III großen Mühlen, welche das Vorrecht der Zollkredite habe», sind 1400 kleine Mühlenbetriebe vernichtet worden. Wenn französisches Mehl auf den detttscheto Markt kommt, so liegt dies an den niedrigen Mehlzöllen, die mir infolge der Handelsverträge haben, während die französischen Mehl». zölle doppelt so hoch sind. Abg. Hilpert(Bayr. Bauernverein) erklärt sich für den Antrag. Abg. Meyer-Danzig (Rp.): Nach dem vorgehen des Herren- Hauses hoffen wir, daß die Konserenzen, die der Reichs- Schatz- sekretär einberufen, dazu führen werden, die kleinen Müllereien zu schützen.(Beifall rechts.) Staatssekretär Gras PosadowSky : Es entspricht nicht der Stellung der verbündeten Negierungen, Stellung zu nehmen zu An- trägen, die nicht die Zustimmung des Reichstages gefunden haben. Ich habe um das Wort gebeten, um Herrn Rickert zu bemerken, daß es theoretisch allerdings möglich ist, daß Getreide füns Jahre lang zollfrei lagert. Aber praktisch wird daö nicht eintreten, den» ich kann mir nicht denken, daß ein Kaufmann Getreide auf die Gefahr hin, daß eS schwindet und daß«s Lagergebühr kostet, so lauge lagern läßt. Die verbündeten Regierungen sind jetzt damit beschäftigt, den Be- griff des gebeutelte» Mehls genauer zu fassen und ein Versahren zu finden, welches leicht ermitteln läßt, ob gebeuteltes Mehl vorliegt oder nicht. Dazu werden die verbündeten Regierungen nicht bereit sein, ein Programm anzunehmen, welches den Interessen der Groß- müller entspricht. Wird das Rendement zu niedrig bemessen, so geht das Getreide zollfrei nach Deutschland «in.(Sehr richtig! rechts.) Ich kann mich über die Erfolge der Konferenz nicht näher äußern. ich hoffe aber, daß das Ergebniß ein solches sein wird, daß darüber das Interesse der kleinen und mittleren Müllereien und der Land- wirthschaft gewahrt wird.(Beifall rechts.) Abg. Rettich(k.) stellt fest, daß in Berlin hauptsächlich aus- ländisches Getreide vermählen wird, welches viel unreiner ist, als deutsches Getreide, daß daher die Kleie sehr viel schlechter ist. Die Schädigung des Viehes durch die Versütterung der Kleie sei eben- falls festgestellt, waS Redner durch Borsührung einzelner Beispiele Abg. Graf Arnim(Rp.): Bezüglich der Kleie habe ich dem betreffenden Herrn Mühlenbesitzer erklärt, daß ich nicht behaupte» wollte, daß die Berliner Kleie schlechter sei als andere. Abg. Fischbeck(frs. Vg.) weist darauf hin, daß er nicht Mit- glied des Schutzverbandes gegen agrarische Hebelgriffe sei, daß er vielmehr in der Gründungsversammlung dagegen gesprochen habe. Abg. Barth(srs. Vg.): Das bemängelte Flugblatt ist mir be- kannt. Ans der Korrespondenz von dem Grafen Arnim und den betheiligten Mühlenbesitzern geht für mich hervor, daß er sich im Unrecht befunden hat. Abg. Richter: Graf Arnim hat gegen mich polemisirt. obgleich ich nicht von dem Zollkredite gesprochen habe. Ich habe ihn an- gegriffen wegen seiner Behauptungen über falsche Loko-Notirungen an der Berliner Börse . Daß ich den Angriff nicht hier im Reichstage, öndern im Abgeordnetenhause gebracht habe, liegt an der Zuständig» keit der Parlamente. Ich habe die Frage besprochen bei der Aussührung des Börsengesetzes durch den preußischen Handelsmiuister. Wenn ich hätte versuchen wollen, gegen ihn im Reichstage zu sprechen, so würde Herr v. Mendel sich beschwert haben, daß ich nicht im Abgeordneleiihause gesprochen hatte, und hätte ich an beiden Stellen gesprochen, so hätte Graf Limbnrg-Stirum vielleicht noch behauptet, ich hätte das im Herrenhause vorbringen müssen, daS mir nicht zu- gänglich ist. Abg. Graf Arnim: Ich bitte, mir nachzuweisen, wo ich die Be- hauptung aufgestellt habe, daß an der Börse falsche Nolirungen lattfanben. Davon habe ich gar nicht gesprochen. Abg. Richter: Ueber falsche Loko-Notirungen an der Börse hat Graf Arnim in der„Post" vom 5. Juli 1396 geschrieben. Abg. Graf Arnim: Es ist«in Unterschied zwischen falschen Preisen und unberechtigten Einwirkungen aus die Preisbildung. (Gelächter links.) Abg. Rickert: Ich bin nicht der Verfasser deS Flugblatte»; aber nach den heutigen Verhandlungen möchte ich fast glauben, daß alles darin Behauptete wahr ist! Abg. Graf Schwerin: Ich möchte Herrn Rickert und Herrn Richter bitten, zu warten, bis ich in einigen Tagen im Ad- geordnetenbause ausführen kann, daß ich niemals behauptet habe. daß die Börsenkommissivn ihre Pflicht bezüglich der Pretsttotirungeu verletzt habe.
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