muß. Die Kirche wird leiden, aber der Staat wird zerstört werden. Nur eine Hoffnung bleibt uns: unser Glaube an unsere Stellung als oberste unter den Kirchen, unser Vertrauen auf Gott , der unsere Kirche zur Nationalkirche dieses Volks gemacht hat. Mit diesem Bewußtsein laßt uns hinausgehen, Bischöfe, Geistliche und Volk! Erholen wir uns von der Verwirrung des Schreckens und der Schwäche des Zwiespalts, den gegenseitiger Argwohn und innerer Kampf hervorgerufen haben. Sammeln wir alle unsere Kräfte, um das künftige Parlament zu beeinflussen. Aber wir dürfen nicht zögern. Noch zwei Monate der Erschlaffung, des Zwiespalts, der Unthätigkeit und vergeudeter Kraft, und es wird zu spät sein zu bereuen."
Leider fallen diese Reden nicht auf fruchtbaren Boden. Die Staatskirche wird von der großen Masse der Bevöl ferung als ein ohnmächtiges Anhängsel des Staats betrachtet, das nur dazu dient, den jüngeren Söhnen der Aristokratie Stellen zu verschaffen. Daß die Abschaffung der Staatskirche in Irland ihre Wirkung auf den übrigen Theil der britischen Monarchie nicht verfehlen wird, ist zweifellos. Eben so sicher ist es, daß alles Heulen und Wehklagen der Klerisei auch nicht einen einzigen uninteressirten Bertheidiger ins Parlament brin gen wird.
Das liberale und radicale Bourgeoisvolk zeigt sich mehr und mehr in seinem wahren Lichte. John Bright hat sich öffentlich gegen die Kandidatur von extremen Politikern und zu Gunsten der alten Parlaments- Mitglieder ausgesprochen, und die liberale Presse schreit Amen dazu. Stuart Mill hat den Unwillen der Bourgeois dadurch erregt, daß er außer Odger noch zwei Kandidaten, die im Interesse der Arbeiter auftreten, mit Geld unterstüßt hat. Das Wochenblatt ,, Spectator" macht cine lobenswerthe Ausnahme. Es sagt:„ Gerade weil wir so tief empfinden, welchen neuen Werth jeder vertrauenswürdige Arbeiter im Parlament der Reformakte verleihen würde, bedauern wir die nichtigen und unedlen Versuche, welche so hartnäckig gemacht werden, um die Aussichten solcher Kandidaturen, wie die von Odger ist, zu vereiteln."
Mahnruf.
Zu Nürnberg auf dem Rathhaussaal, Wo Kaiser einst getagt,
Da ward nun auch vom Arbeitsmann Ein kühnes Wort gewagt.
Zu fördern stolz ihr eigen Wohl, Die Schaar versammelt war;
Zwei Babnen, hin zum Ziel gewandt, Dem Blick sich boten dar.
Der Meinung schwankend, heißer Kampf Wohl auf und niederschwellt,
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Und wacker ward gerungen, brav Wohl um das Siegesfeld.
Doch die behalten nun das Feld, Sie streuten gute Saat,
Für Freiheit und für Menschenrecht, Für offnen Bildungspfad.
Du Arbeitsmann nun rühre Dich Und sei ein Mann der That, Und hüte treu, ohn' Unterlag, Die hoffnungsreiche Saat!
Sonst schleicht heran der böse Feind Und säet über Nacht
Euch Unkraut in die schöne Saat, Eh Ihr es kaum gedacht.
Vermischtes.
E. S.
Intelligenzstaatliches. Nach amtlichen Angabe waren bei der letzten Aushebung in Preußen von 84,77 den alten Provinzen angehörigen Rekruten 3545 d. i. 4,02% ohne Schulbildung; von 14,946 den ,, neuen" Provinzen a gehörigen 255 d. i. bloß 1,70%. Aus diesen nicht wegi lügenden Ziffern erhellt, daß die Volkserziehung in den a neftirten Ländern eine weit bessere war, als in dem„ Intell genzstaat" Preußen.
Erklärung.
be
Den
Wahr
an
In Nr. 35 und 36 der seit Kurzem hier erscheinende Freien Zeitung", Organs der Frau Gräfin Haßfeldt, findet sich ein die gröbsten unwahrheiten und Entstellung enthaltender Schmähartikel, überschrieben: Offener Brief Herrn W. Liebknecht. Ich habe mich entschlossen, gegen Unterzeichner des Artikels, Hrn. Röthing, gerichtliche Klag zu erheben, weil dies der sicherste Weg ist, die ganze Wab heit ans Licht zu ziehen, und weil sich mir vor den Schranfe des Gerichts die beste Gelegenheit bieten wird, das reaktio näre Treiben der Gräfin Haßfeldt zu enthüllen und den Schlammvulkan von Verläumdungen, der sich periodisch mich und meine Freunde entladet, auf immer zu verstopfen Eine Offene Antwort" an die Gräfin Haßfeldt neb cinem kleinen Anhängsel für den Strohmann Röthing werde ich in der nächsten Nummer des Demokratischen Woche blatts" veröffentlichen.
Bur Nachricht.
W. Liebknecht
über
Von dieser Woche an befindet sich die Expedition des„ Demokratischen Wochenblatts", Petersstraße 18, in der Woh nung des Herrn Bebel, und bitten wir alle die Expedition betr. Briefe dahin zu adressiren.
Verantwortlicher Redacteur: W. Liebknecht. Redaktion: Braustraße 11.
Leipzig.
Druck und Verlag: E. W. Vollrath. Expedition: Petersstraße 18.
Hierzu eine Beilage.