kanischen Formen etwas gemildert. Ich erinnere mich noch sehr wohl, wie man uns in der Schule lehrte, daß die Re­ publik   mit Millionären und Proletariern nicht bestehen könne, und was für ein unglückliches Verhältniß z. B. in England eristire mit seinen kolossalen Reichthümern in der Hand Weni­ger, und seiner Masse von Armen. Damals, anno 1830, hätte man sich darob gar nicht gewundert, wenn Einer, wie dies gestern im Vorsaal geschah, gesagt hätte ,,, wer mehr als eine Million hat, dem sollte eigentlich der Ueberfluß abgenommen werden". Anno 1830 gab es eben bei uns noch keine Mil­lionäre, seither aber ist's anders geworden. Unser industrieller Mechanismus hat bereits eine kleine Kompagnie von Millio­nären herausgearbeitet, aber leider hinter diesem glänzenden Generalstab marschiren gesenkten Hauptes wohlgezählt zehn Bataillone Falliten und hinter diesen noch weit mehr Arbeiter­bataillone, die nicht wissen, wann sie es auch werden. ( Schluß folgt.)

Internationale Arbeiter- Assoziation. Rundschreiben des Centralkomite's der Sektionsgruppe deutscher Sprache an die Sektionen und mitgenössischen Gesellschaften. ( Fortsetzung.)

Es versteht sich hierbei von selbst, daß wir für jene auf die Bourgeoisökonomie gegründeten Arbeiterproduktiv- und Konsumgenossenschaften, welche Form und Inhalt der heutigen Gesellschaft blos oberflächlich berühren, und dabei, wenn auch nur im irrigen Glauben auf gutes Gelingen, ein fonservatives für allgemeine Angelegenheiten gleichgültiges Element erzeugen, nur ein höchst untergeordnetes Interesse empfinden, und daß wir vornehmlich solchen, welche auf sozial- ökonomischer Grund­lage fußen, die Aufmerksamkeit unserer Mitgenossen zulenken und unsere Wirksamkeit zusagen. Um bei dem allgemeinen Drange der Arbeiter nach Collektiv Unternehmungen zu Ge­nossenschaften letzterer Art Anregung und Anleitung zu geben, haben wir im Borboten", Nr. 12, 3. 1866, und Nr. 1, J. 1867, sachgemäße Statuten veröffentlicht. Alsbald wurden auf dieselben von Steinmegen in Zürich  , Stahlarbeitern in Solingen  , Bürstenbindern und Schuhmachern in Genf  , sowie Cigarrenarbeitern in Murten   Produktivgenossenschaften ge­gründet, wie auch die genossenschaftliche Bewirthschaftung in unserem Gesellschaftshaus in Genf   wesentlich nach den Grund­sägen besagter Statuten geführt wird.

Vorläufig fassen wir hauptsächlich die genannten Stahl­und Gigarrenarbeitergenossenschaften in's Auge, weil diese ihren Betrieb mehr nach Außen richten müssen, größerer Ka­pitalanlage, faufmännischer Kenntnisse. Erfahrung, Bekannt schaften und Routine bedürfen und auf zahlreiche und hart­näckigere Hindernisse stoßen. Freilich haben sie alsbald leider die bittere Erfahrung gemacht, daß ihnen die Handelswelt mit Abneigung und Mißtrauen begegnet und sich nur in ein Geschäft mit ihnen einläßt, wo man ihr außerordentliche Vortheile bietet. Der ganze merkantilische Mechanismus, wie er sich im Laufe der Zeit ausgebildet, bleibt den Arbeiterge­nossenschaften sozusagen verschlossen. Haben ja Fabrikanten und Großhändler der hiesigen Schneider- und der Murtener Ci­garrenarbeiter Genossenschaften sogar gegen Baarzahlung Waarenlieferungen verweigert, weil die Herren befürchteten, ihre Bourgeoiskunden zu beleidigen und zu verlieren, sofern fie sich mit Arbeitern in ein Geschäft einließen. Noch mehr!

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Er

darauf schon eingegangenen HH.   Kapitalisten erfuhren, daß das Geld für eine Arbeiter- Genossenschaft verwendet werden sollte, zogen sie sich zurück, um mindestens nicht die Herren Fa brikanten des gleichen Artikels in Solingen   und Umgegend kränken. So sieht es mit der Moral, der Menschen- oder gar christlichen Liebe der Bourgeoisie aus! So muß die Arbeiterkla selbst unter günstigern Verhältnissen bei Anwendung der fried lichsten und loyalsten Emanzipationsmittel fich noch vergeblid winden und frümmen, bis sie sich endlich durch die Wut der Thatumstände, zum Lied und Leid der Geschichte, zur greifung schärferer Rettungsmittel gezwungen sieht. Doch giebt vielleicht noch einen wohlhabenden ,, Arbeiterfreund," der unserer Solinger Genossenschaft gegen dreifache hypothekarische Sicherheit einige tausend Thaler vorschießt und somit( freili wohlfeilen Kaufes) den Beweis liefert, daß zuweilen auch ein Reicher in das Himmelreich( der werkthätigen Humanität kommen kann? Oder beruht wirklich alle Freundlichkeit glücké begüterter Herren für die Arbeiterbewegung nur auf platonischer Liebe, die, sobald man sie umfassen will, ausreißt und immer unfruchtbar bleibt?

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Mit welcher Freude möchten wir eine Ausnahme Inzwischen wollen wir uns jedoch an Regelgemäßeres halten und sehen, was in den Arbeiterkreisen selbst geleistet

werden kann.

Von unsern Genossenschaften werden laut oben erwähn ten Statuten zur Erlangung der Lebensmittel keine Aktien Mitbestimmungsrecht und Gewinnantheil( Dividende), sondern blos einfache, zur bestimmten Zeit rücklösbare Schuldscheine ( Obligationen) ausgegeben. Die Solinger Genossenschaft bietet solche an, von 5-100 Thalern, zu 5 Broz. verzinslich,

und

ihrer Mitglieder, was einen Gesammtwerth von etwa 15,000 zwar in solidarischer Haftbarkeit auf alles Gutsvermögen jede Thalern vertritt. Ebenso verausgabt die Murtener Genossen schaft Schuldscheine zu 5 Franken auf dreijährige Rücklösungs frist, für welche Zeit der Zins zu 5 Proz. in Abzug gebracht wird und sie so gegen Fr. 4. 25 Ets. verabreicht werden. Auf der Rückseite derselben sind die betreffenden Artikel det Statuten abgedruckt wie folgt:

Bestimmung über Einlösung und Gewinnvertheilung. Art. 9. Die Einlösung der Schuldscheine geschieht vom 3. Jahr

benfolge öffentlicher Verloosung.

an

nach Maßgabe des jährlichen Reingewinnes und in der Rei Art. 21. Die Verwendung und Anlegung des Reinertrages geschiebt

wie folgt:

a) Grbält die Centralkasse der Internationalen Arbeiter Affoziation 5 Prozent als Zuschuß, laut Art. 7 und 9 der Centralstatuten. b) Der sich nach diesem Abzug ergebende Betrag wird in 3 gleiche Theile getheilt. Der erste Drittheil ist zur Einlösung der Schulds scheine bestimmt. Ist diese Schuld getilgt, so wird die eine Hälfte dieses Drittheils zur Anlage eines untheilbaren Kapital stockes und zu unveräußerlichem Gemeingut verwendet, und fann nur zur Erweiterung des Etablissements oder zur Gründung neuer auf gleichen Prinzipien beruhender Arbeiter- Produttiv genossenschaften benußt werden. Die zweite Hälfte wird zur Propaganda für allgemeine Emanzipation der Arbeiterklasse vers

wendet.

fällen sicher zu stellen.

an

c) Der zweite Drittheil wird zur Bildung eines Reservefonds gelegt, und hat den Zweck, die Berufsgenossen vor allen Wechsel­d) Der dritte Drittheil wird zur Hülfskasse verwendet, welche den Zweck hat, gemeinnügige und wohlthätige Werke für Arbeiter zu

gründen oder zu unterſtüßen, und auch einzelnen Mitgenossen Rothfällen Hülfe zu leisten.

in

Beim jährlichen Inventar muß nebst den Mitgenossen auch eine Eines der Mitglieder der Solinger Genossenschaft gab sich, Kommission von den Schuldschein- Inhabern zugegen sein; deßgleichen um dem Geschäft das nöthige Betriebskapital zu verschaffen, langehin vergeblich alle Mühe, ein hypotekarisches Anleihen im ist ein Schuldschein- Inhaber als am Geschäft Unbetheiligter zur Ueber wachung des Ganzen im Verwaltungsrath thätig, und wird die Auss auf sein schuldenfreies Haus zu machen, denn sobald die

Verantwortlicher Redacteur  : W. Liebknecht. Redaktion: Braustraße 11.

,, Borboten" veröffentlicht.

Leipzig.

} Druck und Verlag: 6. W. Vollrath. Expedition: Petersstraße 18.

( Schluß folgt.)