Ein Korrespondent des Chicago Workingman's Advocate" schreibt von Philadelphia, daß die Firma W. Sellers und E. eine nationale Berühmtheit hat wegen der guten und wohlfeilen Werkzeuge, welche sie liefert. Die Grundlage dieser Wohlfeilheit ist deutsche Arbeit. Der Arbeitslohn, welcher bezahlt wird, beträgt 6 bis 12 Dollars die Woche, faum die Hälfte dessen, was anderwärts bezahlt wird. Es wird alle 14 Tage abgerechnet und die Firma behält jederzeit ein halbes Wochenlohn zurück, welches sie ohne Zinsen zu zahlen im Geschäft benutzt. Unter mehreren Hun dert Arbeitern, die beschäftigt werden, sind die meisten jüngst angekommene Deutsche . Der Sprache unkundig bleibt ihnen der amerikanische Lohnwerth ihrer Arbeit lange Zeit unbekannt und die Arbeitgeber machen sich diese Unwissenheit, verbunden mit der von Haus aus gewohnten deutschen Genügsamkeit zu Nutz. Der deutsche Werkführer ist in beständiger Korrespondenz mit Auswanderungs- Agenten, die Leute unter falschen Vorspiegelungen bereden, ihr Glück in der neuen Welt zu machen und, wenn die Anfömmlinge in den für sie bereit gehaltenen Höhlen des Lasters und des Elends den letzten Heller verloren haben und hülflos dastehen, bringt sie der wohlwollende Landsmann, der gute Prozente bei diesem Geschäfte machen soll, in Arbeit. Die Eigenthümer der Firma sind musterhafte Kirchengänger, sie sind Quäfer, und wenn sie der Geist Gottes bewegt, sagt der Korrespondent, so wehklagen und beten sie mit einer vierzig ,, Pfaffen- Kraft"( forty parsons' pouver) für das Wohl der Armen, die sie natürlich der besonderen Fürsorge der Vorsehung überlassen, während sie selbst das Schinderhandwerk an ihnen vollziehen. Gehörten die Söhne Jakobs nicht zu den auserwählten Gottes? Nun, wenn diese ihren Bruder Joseph verkaufen konnten, warum fönnen nicht amerikanische Kapitalisten hülflose Deutsche ausbeuten und dennoch gute gläubige Christen sein?
Vororts- und Arbeiter- Angelegenheiten.
Zahlungen an die Verbandskasse sind eingegangen von Lichtenstein, Eßlingen , Reichenbach, Luckenwalde , V.-V. und A.- V. Werdau , Würtembergischer Gauverband, Weimar , Leipzig .
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Der Vorort.
Genf , den 12. April*). Die Steinhauer- und Maurer- Greve wurde vorgestern nach mehrtägigen Unterhandlun= gen zwischen den Delegirten der Arbeiter und der Meister, und zwar mit einem vollständigen Sieg der Arbeiter, been= digt. Heute wurden die Arbeiten wieder auf den Bauplätzen eröffnet. Der stolze Eigensinn der Herren ist also am Felsen der Internationalen Arbeiter- Assoziation zerschellt. Die Greve der Buchdrucker wird wohl noch längere Zeit dauern. Zur Berathung weiterer Maaßregeln wird heute Abend eine Generalversammlung sämmtlicher Sektionen der Internationalen stattfinden. Die Sache wurde schon von vornherein da
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Arbeiter auch eine größere politische Macht und können sich leichter helfen. Was übrigens Fälle, wie den am Schluß unsrer heutigen Londoner Correspondenz erwähnten anbelangt, so find fie bloß in den großen Küstenstädten möglich, wo die ärmsten Einwandrer hängen bleiben, und leider nur zu oft dem furchtbarsten Elend anheimfallen. Eine ähnliche Ausbeutung deut scher Arbeiter, wie die oben geschilderte, kommt beiläufig auch in London ber, und zwar in dem ausgedehntesten Maaßstabe. Kein deutscher Arbeiter sollte nach England oder Amerika gehn, ohne vorher die Anfangs gründe der englischen Sprache erlernt, und vor Allem nicht, ohne fich eine genaue Kenntniß der dort herrschenden Arbeitsund Lohnverhältnisse erworben zu haben. D. R.
daß wir nur kurz den Inhalt mittheilen konnten. D. R. *) Der Brief kam uns vorige Woche nach Redaktionsschluß zu, so
durch schwierig, daß 35 der besser gestellten Buchdrucker, und zwar meistens Genfer, ältere Leute und Familienväter, jedoch allerdings bei erhöhtem Lohn, fortarbeiteten und das nöthigste, namentlich in der Zeitungspresse, leisteten. Diese Leute haben sich übrigens in eine bedauerliche Lage gebracht und können sich nirgend mehr blicken lassen, ohne die Berachtung der ganzen Arbeiterwelt zu erfahren. Sicher würden die Herren Brinzipale schon längst den ,, aufgedrungenen" Tarif angenommen haben, wenn sie sich nicht fürchteten, öffentlich ihre Niederlage einzugestehen und den Sieg der Arbeiter anzuerkennen. Gewiß ist jetzt schon, daß in Genf nie mehr unter dem Preis des neuen Lohntariffs gearbeitet werden wird.
Berlin . Seit drei Vierteljahren suchten die hiesigen Zimmergesellen die Meister zu einer Lohnerhöhung zu bestimmen; aber alle ihre Bemühungen blieben fruchtlos. In Folge dessen haben 1800 Zimmerleute die Arbeit eingestellt. Sie wenden sich in nachstehendem Aufruf an ,, die Arbeiter Berlins , ganz Deutschlands und des Auslandes": ,, Wir haben den Kampf mit dem Kapital aufgenommen, gestützt auf unser unzweifelhaftes Recht, auf die Gerechtigkeit unserer Forderungen und in der Ueberzeugung, daß wir bei der Solidarität der Interessen der gesammten Arbeiterklasse zugleich für Euch Alle, gleichviel welcher Beschäftigung Ihr Euch widmet, den Kampf führen, aber auch in der unerschütterlichen Ueberzeugung, daß Ihr, ohne alle Ausnahme und ohne alle Rücksicht auf irgend eine politische, etwa verschiedene Parteistellung uns zur siegreichen Durchführung unseres Vorhabens unterstützen werdet, Jeder nach seiner Kraft. Nun denn, Arbeiter aller Art und aller Länder, laßt unsere Arbeit nicht zu Schanden werden! Beweist durch die That, daß Ihr den Wahlspruch des gesammten Proletariats:„ Einer für Alle und Alle für Einen!" zu dem Eurigen gemacht habt. Bedenkt, daß unser Sieg unfehlbar günstig einwirken wird auf die Lohuverhältnisse überhaupt, daß dagegen unsere Niederlage eben so nachtheilige Folgen haben muß. Also Brüder überall, her mit der schwieligen Bruderhand! Wir werden uns Eurer Hülfe würdig zeigen, indem wir mannhaft ausharren, bis auch die geringste unserer gerechten Forderungen bewilligt sein wird.
Eure Hülfe fann darin bestehen, daß Ihr uns durch Geldbeiträge unterstützt urd jeden Zuzug nach Berlin verhin= dert. Geldsendungen sind zu richten an den Unterzeichneten und an Max v. Mizel, Nostitzstr. 6.
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Brudergruß und Handschlag! Im Auftrage der Commission Zimmergesellen: G. Lübkert, Berlin , 19. April. Verlängerte. Prinzenstr. 1. Wien . Herr Dr. Gistra, ehemals ,, unbestechlicher" Verwaltungsrath und Abgeordneter, jetzt Minister des Innern, hat sich wieder einmal gründlich blamirt. Der große Staatsmann glaubte eine Hauptaktion auszuführen, wenn er eine Demonstration gegen die Sozialdemokraten in Scene setze. Anlaß dazu gab das Gründungsfest des Arbeiterbildungsvereins, über welches wir in unserm letzten Briefe berichteten. Es sollte deshalb ein Fest in Scene gesetzt werden, auf welchem man zeigen wollte, daß ein großer Theil der Wiener Arbeiter von den loyalsten Gefühlen für das edle Bürgerministerium" und den noch edleren ,, konstitutionellen Kaiser" durchdrungen sei. Der von einem heruntergekommenen, im Geruch eines Spigels" stehenden pensionirten Statthaltereirath geleitete und von dem bekannten Ordensjäger Ritter von Wertheim beeinflußte Verein für genossenschaftliche Selbsthülfe" miethete die sämmtlichen Räumlichkeiten des Colosseums und erließ einen pompösen Aufruf zum ,, Ehrenfeste der genos= senschaftlichen Selbsthülfe", welches auch wirklich am 11. ds. stattfand, dessen Verlauf aber allgemeine Heiterkeit erregte.
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