Als nämlich Herr Minister Giskra Abends nach 11 Uhr den angekündigten Besuch machte, fand er nur etwa 200 Personen vor. Die Säle sahen ganz einsam und verlassen aus, was den Minister wohl stuzzig machte, ihn aber nicht hinderte, eine Rede zu halten, in welcher er erklärte, daß nur die Verfol­gung der vom Vereine ,, Selbsthilfe" aufgestellten Prinzipien zum Heile führen könnten, und daß alles Andere vom Uebel fei. Schließlich bedauerte er noch die Verirrungen" eines großen Theiles der Wiener Arbeiter. Sowohl die Volks- wie die klerikalen Blätter machen sich nun lustig über dieses Be­nehmen und der Volksfreund", welcher dem Organ der sozial demokratischen Partei, der ,, Volksstimme", einen Leitartikel widmet, stellt an den Volks"-Minister Giskra die Frage, ob er wohl glaube, mit solchen Mitteln eine so tiefgehende und gewaltige Bewegung, wie die Arbeiterbewegung, erfolgreich be­tämpfen zu fönnen?

Am 19. ds. hatte in Zobels Saal eine von nahezu 6000 Menschen besuchte Volksversammlung statt, in der Beschlüsse zu Gunsten des Coalitionsrechts und der Normirung des Arbeitstags gefaßt wurden. Den Bericht, der uns erst nach Schluß der Redaktion zuging, können wir erst in nächster Nummer bringen.

Nürnberg . Die hiesige Holzarbeitergenossenschaft erfreut sich bereits vieler Mitglieder. Es ist ein provisorisches Comité zur Statutenberathung gewählt worden und ist zu hoffen, daß die Genossenschaft in Gemeinschaft mit der gleich zeitig in Fürth gegründeten die Grundlage zu einer inter­nationalen bilden wird. Es kommt nur darauf an, ob auch ähnliche Vereine anderer Städte mit vorgehen wollen, und könnte man einen beschlußfassenden Kongreß recht gut hier ab­halten. Der Arbeiterbildungsverein wird gerne mit der Ge­nossenschaft die Vorarbeiten übernehmen.- Die im Laufe d. J. stattfindenden Landtagswahlen fangen schon an, die Gemüther in Bewegung und Wallung zu versetzen. In Er­ langen hat bereits die großdeutsche Richtung ihren Candi­daten, Hrn. Bürgermeister Pappelier, aufgestellt und dadurch die dortigen national- liberalen Elemente in Wuth versetzt. Dieselben lassen es an Schmähungen und Verdächtigungen nicht fehlen. Eine Broschüre, die Pappelier im vergangenen Jahre geschrieben, in welcher er das von der Fortschrittspartei in den Kammern angenommene Gemeindegesetz einer vernich tenden Kritik unterwirft und den Forderungen der Arbeiter gerecht wird, benüßen diese Leute, um durch den Ruf: dieser Mann liebäugelt mit der Socialdemokratie!- der Bourgeoisie vor diesem Manne Schrecken einzuflößen.

Mittweida , 16. April. Wir beabsichtigen nach dem Vorbild der Dresdener und Leipziger Handarbeiter- Ge= ,, Handarbeiter- Ge­nossenschaft" hier eine gleiche ins Leben zu rufen, und zwar wollen wir die Statuten der genannten Genossenschaften zur Grundlage nehmen, um Gleichheit in der Organisation und Verwaltung zu erzielen.

Lengenfeld i. Voigtl., 17. April. Vor einigen Wochen hat sich bei uns ein Arbeiter- Verein gebildet, dem als Präsident Ferdinand Teufel vorsteht. Den ersten Osterfeier­Den ersten Osterfeier tag hatten wir eine Versammlung, in der Herr Scherf uns einen Vortrag über die Bestrebungen der demokratisch- soziali stischen Partei hielt, und welcher allgemeinen Anklang fand. Ein Lassalleaner, der ebenfalls zugegen war und das Wort ergriff, konnte gegen Herrn Scherf nicht aufkommen. In für zester Zeit beabsichtigen wir wiederum eine öffentliche Ver­sammlung abzuhalten, auch hoffen wir, daß es uns gelingt, in den Nachbarorten gleichfalls Arbeitervereine ins Leben zu rufen. Der Boden ist im Voigtlande günstig.

Glauchau . Von hier aus sind den Baselern 19 Thlr. 13 Sgr. 4 Pf. zugesandt worden.

Waldenburg im Schönburgschen, 20. April. Ju hiesiger

Verantwortlicher Redakteur: W. Liebknecht. ( Redaktion: Pranie 11

Stadt hat sich am 11. März der Volksverein neu confti­tuirt und ist bis jetzt die Mitgliederzahl bis auf 40 Mann gestiegen und sehen wir weiterem Wachsthum zuversichtlich ent­gegen. Die Neuwahl ergab, daß Frdr. Friedrich zum Vor­steher des Vereins gewählt war. In Bezug der Beiträge wurde beschlossen, daß Jeder die Höhe derselben selbst feststellen solle; auch wird beabsichtigt, die Kräfte zunächst für Beschaf= fung einer ordentlichen Bibliothek zu verwenden.

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Neudörfel bei Zwickau , 18. April. In der heute von Hrn. Dinter einberufenen Bergarbeiter- Versammlung, welcher in der Hauptsache Mittheilung über den Stand des allgemeinen Knappschaftskassen- Verbands des Zwickauer Jn­spektions- Bezirks untergelegt war, befand sich auf der Tages­ordnung die Gründung einer Gewerksgenossenschaft, für Berg- und Hüttenarbeiter. Der Vorsitzende, Hr. Diuter, zeigte die hohe Bedeutung der Gewerksgenossenschaften als Verbandsmittel der Bergarbeiter für ihr Interesse, sowie zur Abwehr gegen den willkürlichen Druck, welcher so vielfach von den Grubenbesitzern ausgeübt wird. Hierauf ergriff Hr. Dozauer aus Zwickau das Wort und erklärte, er begrüße mit Freude, daß die Bergarbeiter selbst die vom Volksverein begonnene Gründung einer Gewerksgenossenschaft in die Hand nähmen. Er kritisirte die Genossenschaftsstatuten der 3 ver schiedenen Gruppen und warnte vor Annahme des Hirsch= Dunder'schen, indem jene Herren erfahrungsgemäß durch glatte Worte und feingelegte Netze die Arbeiter in die Schlinze zu ziehen und namentlich die Genossenschaften für die Arbeitgeber auszubeuten suchten. Das Bebel- Liebknecht'sche Statut, her vorgegangen aus den Beschlüssen des Nürnberger Arbeitertags und im Geist der internationalen Arbeiterassoziation entworfen, empfahl schließlich der Redner unter allgemeinem Beifall der Versammlung zur Annahme. Hierauf wurde vom Vorsitzenden dieses Statut vorgelesen, und nachdem Herr Jungnickel aus Lugau noch sehr praktische Erläuterungen gegeben, die Lage der Bergarbeiter lebendig geschildert, und die Trägheit der Arbeiter auf der einen, die Unterdrückungssucht der Werkbesitzer und ihrer Kreaturen mit scharfen Worten gegeißelt hatte, wurde ein provisorisches Comité von 15 Personen und zwar 10 aus Zwidau und 5 aus Lugau gewählt. Unsere Gewerks genossenschaft der Berg- und Hütten- Arbeiter ist damit als gesichert zu betrachten.

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Geyer, 13. April. Sonntag, den 4. April, hatten die Hatzfeldter hier eine Versammlung einberufen, in welcher Hr. Hendel aus Chemnitz auftrat und einen längeren Vortrag hielt. Von unserer Seite trat ihm Herr Demmler entgegen und zwar mit solchem Erfolg, daß von mindestens 300 An­wesenden die überwiegende Majorität folgende Resolution an nahm: Die Versammlung erklärt, daß sie die Prinzipien der Volkspartei anerkennt und deshalb nicht die Nothwendigkeit einsieht, sich dem Lassalle'schen Allgem. Deutschen Arbeiterverein anzu schließen." Durch diese Versammlung haben wir sehr an Boden ge wonnen. Ich will Ihnen noch mittheilen, daß wir hier seit 2. Monaten eine Kranken- Unterstützungskasse gegründet haben, der 48 Mann angehören.

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Crimmitschau . In dem Aufruf an die Manufaktur, Fabrik- und Handarbeiter in vor. Nummer des Demokratischen Wochenblatts" war die Zahl der hiesigen Genossenschafts­mitglieder durch einen Irrthum zu niedrig angegeben; sie be läuft sich fast doppelt so hoch, nämlich auf 1500( anstatt

800).

Briefkasten. J. Reschiya: Nur Volksstimme." Die Adreſſe der Arbeiter- Union it 10 Spring- Street," near Bowery, New- York , U. S. Wenn die Post keine Bestellungen annimmt, sind wir bereit die­selben zu vermitteln.

Alle sozialistische Schriften sind durch meine Vermittelung zu beziehen C. E. Seifert, Windmühlenstr. 23.

Leivzia

[ Druck und Verlag: F. Thiele.