gebracht das Vorspiel dessen, was wir heute sehen)! Presse und Tribüne allein in Beschlag genommen und an die Stelle der Nationalversammlung so eine Art norddeutschen Reichstag: das Erfurter Staaten- und Volkshaus, gesetzt hatten. Dieses Besitzes sind sie freilich auch nicht froh geworden. Aber der ausschließliche Einfluß auf die Leitung alles dessen, was sich Freiheitspartei nannte, ist ihnen geblieben bis zur Krise von 1866, welche ihnen gestattete, die Ernte der bösen Saat einzuheimfen, die sie eine Mandel Jahre hindurch ausgestreut. Erst mußte das Volk so anhaltend jedes mannhaften, großen Gedankens, jedes Selbstvertrauens, jedes ernstlichen Interesses an den öffentlichen Dingen entwöhnt werden, wie es in der Zeit der Reaktion und der um Nichts besseren„ neuen Aera" ge= schah, ehe es ein 1866 hinnehmen konnte, wie wir gesehen haben und noch sehen.
Haben wir sonach wahrlich keine Veranlassung, den Machern der Revolution von 1849, den unbewußten Handlangern zur Herbeiführung dieses Resultats, dankbar zu sein, so thut dies doch der Anerkennung keinen Abbruch, die wir den Kämpfern von damals zollen. Nicht das Objekt, für das sie strit ten, aber der gute Glaube, in dem sie es thaten, die opfer freudige Hingebung, mit der sie für diesen Glauben einftanden und die uns der feigen, immer auf's persönliche Interesse bedachten Achselträgerei der heutigen Zeit gegenüber fast wie ein Wunder anmuthet, sie sind es, die uns ihr Andenken werth und theuer machen. Der tragische Held, wenn er an den Folgen seines Irrthums zu Grunde geht, bleibt immer ein Held und der Theilnahme gewiß. Und als Helden( das hat selbst der Gegner behauptet) sind sie gefallen, die damals auf den Dresdener Barrikaden die Freiheit zu retten meinten. Drum soll auch die Nachwelt ihren Gräbern den Kranz spenden, mit dem sie das Angedenken des Helden ehrt, aber nicht heimlich, wie das Lob einer verbrecherischen Handlung, sondern öffentlich als den verdienten Preis jener Trene bis in den Tod, ohne die kein politisches Prinzip mit Erfolg geltend gemacht wird, ohne die kein Staatswesen bestehen kann!
Die Volkspartei vereinigt Männer, nicht Schwätzer und Komödianten; als Männer, die für ihre Ueberzeugung zu sterben wußten, haben die Opfer der Mairevolution sich im Herzen der Volkspartei ein unvergängliches Denkmal gestiftet, haben sie ein Recht auf das Zeugniß, das diese Zeilen heute für sie ablegen.
An die Arbeiter von Europa und den Vereinigten Staaten !
In England vergeht kaum eine Woche ohne Strikes- und Strifes von einem großartigen Charakter. Benützte die Regierung solche Gelegenheiten, ihre Soldaten gegen die Arbeiter loszulassen, so würde dieses Land der Strikes bald zum Land der Megeleien werden aber nicht einmal Wochen lang. Nach einigen derartigen Probestücken von brutaler Gewalt würde die derzeitige öffentliche Macht verschwinden. In den Bereinigten Staaten haben während der letzten Jahre ebenfalls die Strikes sich beständig vermehrt und erweitert, und zuweilen selbst einen ruheſtörenden Charakter angenommen. Aber kein Blut ward vergossen. In einigen der großen Militärstaaten des europäischen Kontinents fann die Aera der Strikes von dem Schluß des amerikanischen Bürgerkriegs datirt werden. Aber auch hier ward kein Blut vergoffen. Es gibt nur ein einziges kleines Ländchen in der zivilisirten Welt, worin die Kriegsmacht dazu da ist, Mezlerin strikender Arbeiter zu sein, wo jeder Strife begierig und schadenfroh als Vorwand ergrif fen wird, die Arbeiter offiziell niederzumegeln. Das so einzig beglückte Ländchen ist Belgien , der Vlusterstaat des festländi= schen Konstitutionalismus, das behagliche, wohlumzäunte Paradies des Landherrn, des Kapitalisten und des Pfaffen. Die Erde vollendet ihre jährliche Umwälzung nicht sicherer, als die Belgische Regierung ihre jährliche Arbeiter Mezelei. Die
=
diesjährige unterscheidet sich von der vorjährigen nur durch die gräulichere Anzahl der Schlachtopfer, die scheußlicheren Gräuelthaten einer sonst lächerlichen Soldateska, das lärmendere Frohlocken der Pfaffen- und Kapitalisten- Presse und die unver schämtere Nichtigkeit des Vorwands, welchen die staatsgewalt lichen Schlächter zum Vorschein bringen.
-
Es ist jetzt konstatirt, selbst durch die unbedachtsamer Weise veröffentlichten Berichte der Kapitalisten- Presse, daß der ganz rechtmäßige Strike der Schlämner der Cockerill'schen Eisenwerke zu Seraing nur in eine Emeute verwandelt wurde durch die Kavallerie und Gensdarmerie, die plötzlich auf den Platz geworfen wurden, um das Volk zu provoziren. Vom 9. bis zum 12. April fielen diese muthigen Krieger nicht allein mit Säbeln und Bayonetten über wehrlose Arbeiter her sie tödteten und verwundeten ohne Unterschied harmlos vor überziehende Fußgänger, brachen gewaltsam in Privathäuser ein und belustigten sich sogar damit, wiederholt rasende Angriffe auf die in der Serainger Bahnstation eingesperrten Reisenden zu machen. Als diese Schreckenstage vorüber waren, erinnerte man sich, daß Herr Kamp, der Bürgermeister von Seraing , ein Agent der Cockerill'schen Eisenwerke, der Minister des Innern, ein gewisser Pirmez, der größte Aktionär einer benachbarten Kohlenmine, ebenfalls im Strike, war und daß Se. Kgl. Hoheit der Prinz von Flandern 15,000,000 Franken in den Cockerillschen Gewerken angelegt hatte. Daher der wahrhaft befrem dende Schluß, die Mezelei von Seraing sei eine Art von Aktiengesellschafts- Staatsstreich, flüglicher Weise ausgeheckt zwi schen der Firma Cockerill und dem Minister des Innern zu dem einfachen Zwecke, ihre Untergebenen mit Furcht und Entsetzen zu erfüllen. Diese Verläumdung ward indessen bald Lügen gestraft durch die später sich ereignenden Vorfälle im Borinage, im Kohlendistrikt, bei welchen derselbe Minister, der berüchtigte Birmez, nicht tonangebender Kapitalist zu sein scheint. In Folge eines fast allgemeinen Strifes wurden zahl reiche Truppen zusammengezogen, die zu Frameries ihren Feld zug mit einem Kleingewehrfeuer eröffneten, welches neun Knappen tödtete und zwanzig schwer verwundete. Nach diesem kleinen heldenmüthigen Vorspiel ward das Aufruhrgeses, komischer Weise ,, les sommations préalables" genannt, verlesen und dann mit der Mezelei fortgefahren.
Verschiedene Politiker schreiben diese unglaublichen That sachen den Motiven eines hohen Patriotismus zu. Sie sagen, während man mit dem gallischen Nachbar über gewisse fis liche Punkte unterhandelt habe, sei es die Pflicht der Regierung gewesen, den Heldenmuth ihrer Armee über allen Zweifel zu erheben. Daher jene pfiffige Waffenvertheilung die zu Seraing das unwiderstehlich ungestüme Vordringen der belgischen Kavallerie, zu Frameries die standhafte Tapferfeit der belgischen Infanterie entfaltete. Dem Fremden Furcht einzuflößen, welch Mittel unfehlbarer als solche heimische Schlachten, die man nicht zu verlieren weiß, und solche häus liche Schlachtfelder, auf denen die Hunderte von erschlagenen, verstümmelten und gefangen genommenen Arbeitern einen glorreichen Schein auf diese unverleglichen Krieger werfen, bis auf den letzten Mann unversehrt davon kommen.
die
Andere Politiker dagegen haben die belgischen Minister Verdacht, an die Tuilerien verkauft zu sein, und daß sie per sönlich diese schrecklichen Schauspiele eines Spottbürgerkriegs aufführen, um Louis Bonaparte einen Vorwand zu geben, Belgien die Gesellschaft zu retten, wie er sie in Frankreich ret tete. Aber hat man den Ex- Statthalter Eyre je angeklagt, daß er die Neger- Mezelei auf Jamaika organisirt, um Eng land jene Insel zu entreißen und sie in die Hände des Henkers zu spielen? Ohne Zweifel sind die belgischen Miniſter vor treffliche Patrioten nach Eyre's Muster. Wie er das gewiſſen lose Werkzeug der westindischen Pflanzer, so sind sie die ge wissenlosen Werkzeuge der belgischen Kapitalisten. Der belgische Kapitalift hat sich einen guten Ruf in de ( Dreimaliges Verlesen der Aufruhraite.
*) Die drei Warnungen