weise von selbst schon die Last der Arbeit des einzelnen Arbeiters, die Summe seiner täglich erforderten Kraftausgabe, fich in gleichem Maße immer mehr vermindern werde. Ein nüchterner Blick in die Thatsachen hinein wirft indeß diese schöne Illusion sofort über den Haufen. Die Arbeitskraft des Arbeiters ist eine Waare, die für den Lohn gekauft und für die Produktion verwendet wird. Wenn es nun durch Vervollkommung der Arbeitsweise dahin gekommen ist, daß 5 Arbeiter dasselbe leisten können, was bisher 10, so ist keineswegs die Folge hiervon, daß der Unternehmer seine 10 Leute nunmehr nur noch, für den bisherigen Lohn, halbe Tage arbeiten lassen wird. Er wird vielmehr zunächst, wenn er nicht seine Produktion erweitert und seinen Absatz vergrößert, 5 Arbeiter entlassen und den übrigen 5 Arbeitern den Lohn, als Preis der von ihnen gekauften Arbeitskraft, bezahlen wie vorher. Die Verbesserung der Arbeitsweise bringt also an sich nicht den Arbeitern Gewinn, sondern den Unternehmern. Ja, sie hat sogar den 5 entlassenen Arbeitern schweren Nachtheil ge= bracht: sie sind ,, überflüssig" und damit brodlos geworden. Man wird einwenden, daß durch die verbesserte und billigere Herstellung das Produkt billiger geworden sei und dadurch der Absatz doppelt so stark werde, so daß die 5, zurückgestellten" Arbeiter bald wieder beschäftigt werden würden. Aber einmal
ist ihnen das ein sehr schlechter Trost, da sie bis dahin verhungert sein können, und dann, wird nicht bis dahin eine abermalige Verbesserung der Produktion abermals die Hälfte der Arbeiter überflüssig machen? Ja, nehmen wir sogar an, der Absatz nehme sofort um ½ zu, so würden statt der bisherigen 10 Arbeiter immer nur sechs beschäftigt werden, und die andern 4 werden durch den Fortschritt" der Industrie trocken gelegt. Da sie aber leben wollen, und, um zu leben, arbeiten müssen, so entsteht ein starkes, die Nachfrage überwiegendes Angebot der Waare ,, Arbeitskraft"; in diesem Falle tritt bekanntlich ein Sinken der Preise( also hier des Lohnes) und eine allgemeine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen ein. Unter den letzteren figurirt insbesondere die Kinderarbeit und eine übermäßige Verlängerung der Arbeitszeit.
Zeit hat zu einer alltäglichen Erscheinung, zu einer Regel ge macht, was selbst in dem so verschrieenen ,, finsteren" Mittelalter zu den seltenen Ausnahmen gehörte. Daß aber die private Thätigkeit der Betheiligten, daß Vereinbarungen mit den Arbeitgebern, daß selbst Coalitionen hieran nichts ändern, diese Regel nicht umstoßen können, das geht eben mit Klarheit aus dem bisherigen schlagenden Mißerfolg aller derartigen Bestrebungen hervor. Hat das Kapital in seiner Wiege schon die Verlängerung des Arbeitstags zu erringen vermocht, um wie viel weniger wird es sie sich jetzt entreißen lassen, jest, wo es die Macht ist, die alle Mächte beherrscht! Die einzige Coalition, die ihm gewachsen ist, ist die im Staate organisirte Gesellschaft; die einzige Vereinbarung, die es nicht ohne Weiteres umgehen oder brechen kann, ist das Gesetz!
oder:
Der Kampf des großen und des kleinen Kapitals. Von J. G. Eccarius.
( Schluß.)
Werfen wir nun einen Blick in das Innere der großen Werkstellen. Jm 6. Report of Health( Bericht über die öffent liche Gesundheit), giebt Dr. E. Smith das' Resultat feiner Untersuchung von 16 Werkstellen. In einer gemeinen Herberge verlangt das Gesetz 300 Kubiffuß Raum für jeden Einwohner, in den vornehmen Schneiderwerkstellen ist der größte Raum 270 Kubikfuß, der fleinste 105 Kubikfuß per Kopf, der Durch schnittsraum 156 Subitfuß. Beim großen Schneidermeister Bool sitzen 100 Mann in einem Durchschnittsraum von 148 Kubikfuß, und die Abtritte sind nur durch eine Thür von der Werkstelle getrennt. Bedenkt man nun, daß eine Gasflamme in einer Stunde 50 Kubikfuß Luft zum Einathmen untauglic macht und 700 Kubikfuß von 60° auf 80° Fahrenheit erhist, und daß die Arbeiter von 6 Uhr Morgens bis 7 oder 8 Uhr Abends in dieser Luft sitzen, ohne zum Essen zu gehen, so wird es leicht begreiflich, warum zwei Drittel der Schueider an der Schwindsucht sterben und die meisten vor dem 50. Jahre. Dr. Smith berechnet: wenn die Luft, welche der Mensch einathmet während er liegt= 1 iſt, fo ist sie in der sigenden Stellung= 1.18, wenn man 3 eng lische Meilen*) die Stunde marschirt= 3; und wenn ma 62 Pfund trägt 3.84. Während 12 Arbeitsstunden athmel der Schneider 188 Kubikfuß Luft ein. Bei 10 Stunden stehender Arbeit hätte er 414 Rubitfuß eingeamthmet. Da die Quantität der eingeathmeten Luft, den im Körper vorgehenden Lebensprozeß repräsentirt, und da der Grad der Ausdehnung und Bewegung der Lunge und Brust eine sehr wichtige Der Kampf um die Länge des Arbeitstages zieht sich ziehung zur Entstehung der Schwindsucht hat, so ist es offe durch die ganze Geschichte der englischen Industrie hin. Vor hundert Jahren währte der Arbeitstag nur 10 Stunden; er ist. Dr. John Simon, der Leiter dieser Untersuchungen, her bar, daß das Schneidergeschäft der Gesundheit sehr nachtheilig wurde zuerst künstlich durch politische Geseze verlängert, bis das Kapital so weit erstarkt war, durch seine bloße soziale merkt über den Bericht: Keine Industrie, die bisher Macht ihn verlängern zu können. Auf dem Zenith angelangt, Bild als das der Schneiderwerkstellen. Wären alle a beginnt in den dreißiger Jahren die rückläufige Bewegung. dern Umstände günstig, das Ueberarbeiten, welches syste Es würde zu weit führen, den heißen und nicht unblutigen matisch ist, würde allein hinreichen, Krankheit
In allen Kulturländern und in jeder Arbeitsbranche wird trotz der, seit hundert Jahren ungeheuer verbesserten Produktionsweise und erhöhten Ergiebigkeit der Arbeit doch weit mehr gearbeitet, als im Mittelalter und als vor 100 oder 50 Jahren. Unter dem Joch der Arbeit drohte das englische Volk zu vertommen; ganze Schichten der Bevölkerung janten aus ihrem früheren verhältnißmäßig blühenden Kulturzustand zurück in unerhörte Unwissenheit, Barbarei und Rohheit, und nur dem entschlossenen, energischen Willen des noch gesunden Theils der arbeitenden Klassen, und des nicht unmittelbar im Interesse des Kapitals stehenden Theils der sonstigen Bevölkerung ist die Einführung gefeßlicher Schranken, die Durchsetzung eines Normal- Arbeitstages zu verdanken.
Kampf der englischen Arbeiter um die Schranke des Arbeitstags in seinen Detailzügen zu schildern, wir werden dies ein andermal thun; aber ist es etwa in Deutschland anders?
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Ber
be
zu erzeugen und die Schneider arbeiten 12, 13, ja 3 weilen 15 Stunden in einer Tour in jenen abscheulichen Weit stellen." Er weist nach, daß es dem Arbeiter praktisch u
Die Riemendreher und Bandwirker im Rheinland führten im möglich ist, seinen Meister zu zwingen, alle entfernbaren llebel, vorigen Jahr Klage über 15-18stündige Arbeitszeit ohne die seine Gesundheit zerstören, zu beseitigen, und daß dieser anderwärts kämpfen für die Verkürzung der Arbeitszeit auf 3wang vom Staate kommen muß. Aber die Regie:
12, sage zwölf Stunden! Die Bäcker wollten vergeblich die 19stündige Arbeitszeit auf 15 Stunden beschränken; die Cigarrenmacher wollten ebenfalls vorerst, ohne Erfolg gehabt zu haben, einen 12stündigen Arbeitstag, und so fönnten wir hunderte von Belegen anführen. Die Großproduktion unserer
rung läßt sich auf dergleichen Dinge nicht ein.
Und in diese Mörder- Gruben drängt sich die Jugend,
als wenn es sich um ein Himmelreich handelte.
*) 5 engl. Meilen / Stunden.
Dem nicht
1 deutsche Meile, also 3 englische Meilen