Die Bourgeoisie brauchte ein halbes Jahrtausend, um sich zu ihrer heutigen Macht zu entfalten. Das Proletariat, das die auf dem Lohnverhältniß beruhende bürgerliche Productionsweise abzuschaffen und mit der Lohusklaverei die Klaffenherrschaft zu beseitigen hat, wird seine Aufgabe nicht in wenig Jahren zu lösen vermögen. Die moderne proletarische Revolution wird allerdings nicht so lange dauern, als die nun hinter uns liegende Bourgeoisrevolution- im Zeitalter des Dampfes und des elektrischen Telegraphen schreitet die Menschheit rascher vor- tags" festgehalten. wärts, größere Massen sind der Cultur erschlossen, die Armee, welche für die neuen Ideen streitet, hat ein weiteres Refrutirungsgebiet.
Aber die neue Gesellschaft steht in unversöhn lichem Widerspruch mit dem alten Staat. Im Feudal, Polizei- und Militärstaat kann sie sich nicht entwickeln. Wer die neue Gesellschaft will, hat daher vor Allem auf Vernichtung des alten Staates hinzuwirken. Unter den jetzigen Verhältnissen ist die Sozialdemokratie deshalb für die rein soziale Frage noch vorwiegend auf das Feld der Theorie angewiesen. Für die soziale Praxis muß sie sich erst den staatlichen Boden erkämpfen.
Damit ist die Stellung der Sozialdemokratie zur ,, Neugestaltung Deutschlands " gegeben. Die ,, That" des Jahres 1866 ist für Deutschland , was für Frankreich der Staatsstreich des 2. Dezember 1852 war. Der Staatsstreich Bismarc's, gleich dem Napoleons , richtete sich gegen die Demokratie. Nicht das Gewaltsame dieser Thaten ist es, was sie uns verdammenswerth macht denn wie der Fürsten , so ist auch der Völker letztes Wort die Gewalt sondern daß sie in Frankreich zu Gunsten einer Schaar von verworfenen Abenteurern, in Deutschland zu Gunsten eines nicht mehr eristenzberechtigten Standes, des Junkerthums, begangen wurden.
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Der sogenannte preußische Verfassungskonflikt" war ein Versuch des Volks, voran der Bürgerklasse, durch parlamentarische Mittel die Staatsmacht zu erlangen. Das Jahr 1866 hat das parlamentarische Ringen zu einer Spiegelfechterei herabgewürdigt, den wahren Kampfplatz auf ein anderes Gebiet verlegt. Der norddeutsche„ Reichstag" hat trotz des allgemeinen Stimmrechts absolut feine Macht, er hat keine be schließende, nur eine berathende Stimme, und kann, weil machtYos, von der Demokratie nicht als Schlachtfeld zur Gewinnung der Macht benutzt werden.
Ebenso wie die französische Demokratie dem Kaiserreich, hat die deutsche Demokratie dem Norddeutschen Bund , mit Allem was drum und dran hängt, negirend, feindlich gegenüber zu stehen. Tritt sie aus dieser negirenden Haltung heraus, so giebt sie nicht blos ihr Princip und damit sich selbst auf, sondern verstößt auch gegen die einfachsten Regeln der Braris.
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um im ,, Reichstag" ihren negirenden und protestirenden Standpunkt geltend zu machen, daß sie sich aber von den eigentlichen parlamentarischen Verhandlungen fern zu halten hätten, weil dies eine Anerkennung des Nordbunds und der Bismarck 'ich en Politik einschließt und das Volk nur über die Thatsache täu schen kann, daß der Kampf im Reichstag" bles ein Scheinkampf, blos eine Komödie ist. An dieser Richt schnur haben wir in der ersten und zweiten Session des ,, Reichstags" festgehalten. Bei Berathung der Gewerbeordnung, welche den Hauptgegenstand der gegenwärtigen Session bildete, glaubten einige meiner Parteigenossen im Interesse der Arbei ter und zu propagandistischen Zwecken eine Ausnahme machen zu müssen. Ich war dagegen. Die Sozialdemokratie darf unter keinen Umständen und auf keinem Gebiet mit den Gegnern, verhandeln. Verhandeln kann man nur, wo eine ge meinsame Grundlage besteht. Mit prinzipiellen Gegnern verhandeln, heißt sein Princip opfern. Prinzipien sind untheilbar, sie werden entweder ganz bewahrt oder ganz geop fert. Die geringste prinzipielle Conzession ist die Aufgebung des Prinzips. Wer mit Feinden parlamentelt, parlamentirt; wer parlamentirt, paktivt. ( Fortsetzung folgt.)
Contra Schweitzer- Hatzfeldt ( Mende).
( Fortsetzung aus der Beilage.) Erklärung.
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Ju Nr. 74 des ,, Sozial Demokrat" heißt es, daß ich dem Vereine das meiste Geld gekostet hätte, von ihm in der jüngsten Zeit gelebt hätte und was ähnliche dem Hatzfeldt 'schen Intrigantenwesen entsprechende Verläumdungen mehr sind. Einen solchen Pfuhl von Gemeinheit hätte ich mir nicht ge dacht. Aber leider, es ist so. Diese Verläugnung alles An standes und aller Wahrheitsliebe ist großartig, ich glaube aber nicht, daß es zur Erreichung eines solchen Punktes nöthig ist, sich erst zu„ Denkriesen" herauszubilden, wie Herr Mende, Schweitzer und die Frau Hatzfeldt welche sind. Wahrlich, der Effekt entspricht hier durchaus nicht den Produktionskosten und die Grenzen des„ ehernen Lohngesetzes" find hier noch viel, viel zu weit. Doch zur Sache. Haustein, Kölsch und ich be kamen 200 Thlr. zur Agitation im Süden. Da dieselbe 6½ Wochen dauerte, macht das pro Mann und Tag 1 Thlr. 15 Sgr. Hiervon bestreite Jemand Reise, Placat, Annoncen kosten und, wie an vielen Orten in Bayern , Lofalmiethen, dann noch Etwas für denn Mann selber restirt?
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ob
dauerte es gerade 6 Wochen bis ich( am 15. Mai) die Agita Weiter. Nach der General- Versammlung in Barmen tion in Nassau in Angriff nehmen konnte. Auf eine Maſſe Briefe erhielt ich nur einige Antworten und darin stets die haupt zu dem ,, Reichstag" zu wählen? Ob wählen oder nicht wurde mir eine Vollmacht ertheilt, das Geld der von mir neu Ich komme nun zu der Frage: hat die Demokratie über Stelle, die Kaffe habe noch kein Geld zur Agitation. Endlich wählen ist bei allgemeinem Stimmrecht nur eine Frage der zu begründenden Mitgliedschaften zur Agitation verwenden zu Nüglichkeit, nicht eine Prinzipienfrage. Wir haben ein Recht können. Hiervon Gebrauch machend, hatte ich bis heute( den der Umstand, daß das Recht octroyirt worden, 30. Juni) eine Einnahme von 10 Thlr. 2 Sgr. und eine Ausgabe von 10 Thlr. 26 Sgr. 8 Bf. Wie reimt fich das nun mit der Herren Auseinandersetzung im„ Socialdemokrat "
zu wählen
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F
beraubt uns nicht unseres natürlichen Rechts und wenn wir einen Vortheil dabei sehen, so wählen wir. Von diesem Gesichtspunkt aus faßten wir in Sachsen bei Berufung des Reichstags" die Sache auf. Ein Theil war aus Nützlich
zusammen?
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feitsgründen gegen, ein anderer für das wählen. Für das Lassalle abgehaltene Versammlung hineinreiten, als so gefliffentDa wollte ich denn doch lieber noch einmal in eine von
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denn vom Mai hat Herr v. Schweizer sogar Rechtlosigkeit flarer zum Bewußtsein bringen, für das Wählen, meine Abrechnung in Händen, und die Agitation im Süden
daß bei Enthaltung der Demokratie die Gegner in den alleini gen Besitz der Rednerbühne gelangen, allein das Wort haben würden, und so leichter das Rechtsgefühl des Volks verwirren könnten. Diese Erwägung schlug durch-man entschied für
wählten Vertreter mit einem Protest in den Reichstag" ein
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Bonhorst.
hat er( Schweizer ) selbst als erstaunlich billig bezeichnet. Wiesbaden , den 30. Juni. Soeben geht uns noch Folgendes zu:
das Wählen. Meine Ansicht ging dahin, daß die von uns ge- gemeinen Arbeiter- Versammlung wurde folgende Resolution Ronsdorf . In der am 27. Juni hier stattgehabten Allihr Mandat niederzulegen. Mit dieser Ansicht blieb ich in der Verbündeten Frau Gräfin Haßfeldt, und dem von denfelben treten und ihn dann sofort wieder verlassen sollten, ohne jedoch Versammlung erklärt, mit Herrn v. Schweißer und feiner hohen von Herrn Hausmann und Wilte eingebracht. Die heutige Minorität; es wurde beschlossen, daß die Vertreter der Demo- neugegründeten Allg. Deutschen Arbeiter- Vereine nicht zufam men gehen zu können, noch zu wollen," einstimmig angenommen
fratie jede ihnen passend dünkende Gelegenheit benützen könnten,