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Strafe aufgenommen worden und es ist sehr wahrscheinlich, daß wir sie der Einheit" zu Lieb wieder einführen müssen! Aus Oesterreich   meldet man mit Triumpfgeschrei, daß der erste Preß prozeß vor dem Schwurgericht stattgefun­den hat. Gleichzeitig meldet man ohne Triumpfgeschrei die abermalige Beschlagnahme der Castelar'schen Rede. Bürger­miniſterlich.

Während die Arbeiterbewegung thatsächlich in der Kleinlichsten Weise verfolgt wird, klingt es wie ein schlechter Spaß, daß der österreichische Kaiser, wie der Bürgermeister von Wien   neulich dem Gemeinderath anzeigte, geruht hat, sich über die Nothlage der ärmeren Voltsklassen theilnehmend auszusprechen." Was nutzt die Theilnahme", wenn sie sich nur in Worten äußert? Doch, wie sollte sie sich anders äußern? In die alten Schläuche läßt sich der neue Wein nicht fassen, und ein Thor, der da glaubt, auf der morschen Grundlage des alten Staats lasse sich die neue Gesellschaft aufbauen!

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In Krakau   wurde die Beisetzung der kürzlich durch Zu­fall entdeckten Ueberreste des polnischen Königs Kasimir zu einer nationalen Kundgebung benutzt, die von der österreichi­ schen   Regierung sichtlich begünstigt ward und daher in Berlin  und Petersburg einen doppelt unangenehmen Eindruck ge­macht hat.

Der ungarische Reichstag will nicht recht nach der Wie ner Pfeife tanzen; fast in jeder Situng fommen heftige Szenen vor, die den provisorischen Charakter des ,, Ausgleichs" bloslegen.

Was wir vorige Woche über die angebliche Lösung der belgisch- französischen Frage bemerkten, hat schon durch die Thatsachen seine Bestätigung gefunden. Es sind plötzlich ,, unerwartete Schwierigkeiten" aufgetaucht und die Angelegen­heit ist genau auf dem alten Fleck. Uebrigens wird man wohl die Eisenbahn- Streitigkeit bald durch ein Abkommen erle= digen, da die belgische Regierung in allen Punkten nachgibt; allein damit wäre, wie schon gesagt, nur ein Vorwand aus dem Weg geräumt, und Vorwände beseitigen ist eine undankbare und hoffnungslose Arbeit; wie der lernäischen Schlange für jeden Kopf, den Herkules ihr abschlug, zwei neue hervorwuchsen, so treten an Stelle jedes entfernten Vorwands ihrer zwei und mehr. Herkules wußte sich zuletzt mit Feuer zu helfen; aber Graf Bismard ist fein Herkules troß der nationalliberalen Mythologen, die ihn dazu stempeln wollen.

Mittlerweile hat Bonaparte in Paris   eine neue Ko­mödie in Szene gesetzt. Am Montag ließ er im gesetzgeben: den Körper folgende Botschaft" verlesen:

,, Durch meine Erklärung vom 28. v. Mits.*) theilte ich Ihnen mit, daß ich Ihnen in der ersten ordentlichen Sigung die Entscheidung über Gesetzentwürfe unterbreiten würde, welche geeignet erscheinen möchten, die Wünsche des Landes zu ver­wirklichen. Der gesetzgebende Körper scheint indessen den Wunsch zu begen, die beschlossenen Reformen sofort kennen zu lernen. Ich erachte es für nützlich, diesen Bestrebungen entgegen zu kommen. Es ist mein fester Entschluß, den Befugnissen des gesetzgebenden Körpers diejenige Erweiterung zu geb.n, welche verträglich ist mit den Grundlagen der Berfassung. Ich will durch diese Botschaft die im Conseil gefaßten Beschlüsse aus­einandersetzen. Der Senat wird so bald als möglich zusammen berufen werden, um die folgenden Fragen zu prüfen: 1) Dem gesetzgebenden Körper soll das Recht beigelegt wer= den, seine Geschäftsordnung festzustellen und seinen Vor­stand zu wählen.

2) Die bisherige Einrichtung bei Einbringung und Prüfung von Amendements soll vereinfacht werden. 3) Die Regierung übernimmt die Verpflichtung, dem gesetz­gebenden Körper Tarifveränderungen in den auswärtigen Handelsverträgen zu unterbreiten.

4) Das Budget soll nach Kapiteln berathen werden, um

*) bei Gelegenheit der Kammereröffnung.

die Controle des gesetzgebenden Körpers wirksamer zu

machen.

5) Aufhebung der Unverträglichkeit des Deputirtenmandats mit gewissen Staatsämtern, namentlich mit denjenigen der Minister.

6) Ausdehnung des Interpellationsrechtes.

Die Regierung wird auch Fragen prüfen, welche den Senat interessiren. Die wirksamere Solidarität, welche die Fähigkeit, die Funktionen eines Deputirten und eines Ministers gleichzeitig auszuüben, zwischen Kammer und Regierung vor­stellen wird, die Anwesenheit aller Minister bei den Kammer­verhandlungen, die Berathungen der Staatsangelegenheiten im Conseil, das loyale Einvernehmen mit der vom Lande consti­tuirten Majorität, alles das sind Garantien, welche wir in unserer gemeinschaftlichen Sorgfalt erstreben. Ich habe schon zu wiederholten Malen gezeigt, wie sehr ich im öffentlichen Interesse geneigt war, gewisse Prärogative( Kronenrechte) aufzugeben. Die Aenderungen, welche ich mich entschieden habe in Vorschlag zu bringen, bilden die natürliche Entwickelung derjenigen, welche successive in die Institutionen des Kaiserreiches hineingetragen sind. Dieselben sollen übrigens die Prärogative, welche das Volk mir in der klarsten Weise anvertraut hat, und welche die wesentlichen Bedingungen sind für eine Staatsgewalt, welche die Schuzwehr der Ordnung und der Gesellschaft ist, unberührt lassen."

Alles schon dagewesen! Schon vor 3 Jahren versuchte es Bonaparte mit der Freiheit" und die ,, Freiheit" wollte nichts von ihm wissen, und auch jetzt wird sie ihm einen Korb geben. Für uns hat die kaiserliche ,, Botschaft" nur in so fern ein Interesse, als sie den Bankerott des Cäsaris­mus ankündet.

Jin Vorbeigehen sei erwähnt, daß Rouher  , der Vize­taiser" seine Entlassung gegeben und erhalten hat. Also ein Bedientenwechsel Verzeihung, wir wollten sagen Minister­wechsel. Auch ist der gesetzgebende Körper auf einige Zeit vertagt worden, damit Bonaparte mit Ruhe anf dem Windei brüten fann.

Bei Gelegenheit der Wahlprüfungen sind so skandalöse Dinge zu Tage gekommen, daß die Kammermajorität bei einer Wahl gegen die Regierung stimmen mußte. Auf derlei Un­abhängigkeitsgelüfte ist indeß durchaus kein Werth zu legen, und die Phantasiepolitiker, welche daraus schon auf eine ernsthafte und erfolgreiche Opposition des gesetzgebenden Körpers schließen, befinden sich im nämlichen Jrrthum, wie diejenigen unsrer Landsleute, die da glauben, der Norddeutsche ,, Reichstag  könne sich auf die Hinterbeine stellen und einen staatumge staltenden Einfluß ausüben. Der Despotismus trete er nun als nackter persönlicher Absolutismus oder als, mit demo­kratischen Formen spielender Cäfarismus auf, schließt die Möglichkeit der Reform von vornherein aus. Parlamentarismus, den er duldet, ist nur ein Scheinparla­mentarismus, und sollten die Herren Scheingesetzgeber so ver­messen sein, sich als wirkliche Gesetzgeber aufspielen zu wollen, so jagt man sie einfach zum Tempel hinaus.

Der

Mittlerweile fährt Bonaparte in seinen Kriegsrüstungen fort fort auf militärischem wie auf politischem Gebiet. Neuer­dings soll er der italienischen Regierung die Räumung Roms für die Neutralität im Fall eines Krieges zwischen Frankreich   und Preußen angeboten haben.

Da der Mordanschlag auf Lobbia mißlungen ist, muß nun die italienische Kammermajorität die gegen verschiedene, der Regierung bedenklich nahestehende Volksvertreter erhobene Anklage auf Bestechlichkeit von einer Commission untersuchen Laffen. Wie nicht anders zu erwarten, wird Alles aufgeboten, um die Schuldigen der gebührenden Bestrafung und Brand­markung zu entziehen und namentlich um den Beweis unmög lich zu machen, daß die Regierung selbst die Verantwortlichkeit für die herrschende miserable Wirthschaft trägt. Ohnehin ist die juristische Begründung solcher Auflagen überhaupt sehr schwie­rig. Der Bestecher hat ebenso gut als der Bestochene ein Jn­teresse, die Sache geheim zu halten; Zeugen des Atts der Be­