Die Session des ungarischen Reichstags ist zu Ende. Die wichtigste Debatte betraf das Justizwesen, welches in Ungain noch mittelalterlich barbarisch ist; und obgleich die Debatte kein positives Resultat hatte, so warf sie doch solch grelle Schlagschatten auf die Justizverwaltung, daß das Bedürfniß nach einer Reform sich mit unwiderstehlicher Kraft Bahn brechen muß.
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Trotz der offiziellen Siegesberichte aus Cuba greift dort der Aufstand immer mehr um sich. Die Londoner ,, Times", welche in solchen Dingen einen sehr feinen Justinkt hat, redet bereits der Postrenuung der Colonie von Spanien offen das Wort.
Die Brasilianer verbreiten wieder Siegesbulletins. Da sich die früheren niemals bestätigt haben, glauben wir auch an die neuen nicht.
Von Berlin schreibt man uns unter dem 19. d. Mts.: nung Sonnabends früh das ,, Demokratische Wochenblatt" in der Redaktion des ,, Social- Demokrat" erwartet und sein Juhalt verschlungen wird. Namentlich hat die letzte Nummer des ,, Wochenblatts" dort furchtbar eingeschlagen, Schweizer war wie vor den Kopf geschlagen. Die Enthüllungen über die Elberfelder Wahl, sein Verhältniß zur Berliner Polizei und seine Gefängnißhaft waren tödtliche Hiebe für ihn, er entsch loß sich noch selbigen Tages, den Rest feiner Haft anzutreten, um den erhobenen Beschuldigungen die Spize abzubrechen. Die Mauern der Stadtvoigtei sind indeß für ihn nicht undurchdringlich, er wird, wenn auch im Gefängniß sißend, der geistige Leiter des Kampfes im ,, Sozial- Demokrat" sein, da Tölcke's täppisches ungeschicktes Wesen dem Kampfe nicht gewachsen ist. Tölcke hat die Führung der Schweißer'schen auf dem Eisenacher Congreß übertragen erhalten."
Ich bin fern davon" schreibt ein Korrespondent der ,, N. freien Presse" aus Pest - ,, für Ungarn eine Revolution zu prophezeien. Die materiellen Interessen schlingen tausend Neße um die sonst so fampfbereiten Arme, sie wirken bestvik- ,, Sie machen sich keinen Begriff, mit welch' unbehaglicher Spankend und mildernd auf die innersten Komitate hinein. Aber ohne blutige Zusammenstöße wird die Zertrümmerung der Sippenherrschaft nicht möglich sein, denn seines Lebens wehrt sich der Mensch, und wehrt sich das Junkerthum mit Verzweiflung. Eine wirkliche Demokratisirung des Staates ist auch unter dem jetzigen Stabinete nicht denkbar, denn letzteres repräsentirt nicht das Bürgerthum, ſtützt sich nur hin und wieder auf dieses. Der Kampf, der im Augenblicke ausgerungen wird, ist vorherrschend ein Streit zwischen hohem und Kraut- Adel. Die Aristokratie ist naturgemäß gebildeter, einsichtiger als der Bundschuh- Adel, welch letzterer, mit den seltensten Ausnahmen, ohne jeglichen Unterricht aufwächst. Der eben in Ungarn ganz ein3ige Umstand, daß ganze Bezirke adelig sind, daß- nach nach meiner ungefähren Schätzung unter den fünf Millionen magyarischen Seelen sich etwa 700,000 Adelige befinden, führt freilich oft die wunderlichsten Berwickelungen herbei. Die von dem Komitatsadel betriebene Opposition ist oft wirklich demokratisch), d. h. auf Gleichberechtigung Aller hinzielend, weil eben stellenweise alle Welt adelig ist. Andererseits sind wieder die Regierung und die Reichstags- Majorität demokratisch, weil sie die Zerbrechung der Adelsmacht austreben. Dazu tritt noch der Umstand, daß die Nichtmagyaren, also zwei Drittel der Bevölkerung, femen Adel befizen, sintemal mit feltenen Aus nahmen der Adel magyarisirt ist, daß also auch das Verhält niß der beiden kämpfenden Parteien zu den Nationalitäten je den Augenblick anders wird. So entsteht ein seltsames Durch einander, ein gegenseitiges Abnüßen der Kräfte. Das aber ist es gerade, was eine bessere Zukunft verheißt, denn bei der numerischen und Charakter- Schwäche des Bürgerthums, das immer nur frei denti, nie frei handelt, ist es unmöglich, daß jenes durch eigene Kraft das Joch des Junkerthums abschüttle. Die beiden Adelsparteien müssen sich erst erheblich schwächen." Die Spanischen Cortes haben sich auf zwei Monate ver tagt. In einer der letzten Sigungen stellte Garrido, der bekannte Republikaner, den Antrag, eine parlamentarische Commission niederzusetzen, welche über Maßregeln zur Bess rung der Lage der arbeitenden Klasse berathen solle. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Wir legen diesem Beschluß keine allzugroße Bedeutung bei, möchten aber doch fragen, wo ist in Europa eine zweite Volksvertretung, die einstimmig einen solchen Beschluß gefaßt hätte, oder zu fassen
gewillt wäre?
Man will in Madrid eine Militärverschwörung endeckt haben, welche die Wiederherstellung der absoluten Monarchie bezweckte.
Mittlerweile arbeitet die republikanische Partei mit unermüdlichem Eifer an ihrer Organisation. Diese ist bereits so weit vollendet, daß man sie als Grundlage der fünftigen Republik betrach ten kann. Nachdem sich die einzelnen„, Bundesstaaten" gebildet und ihre Mittelpunkte gewählt haben, ist jetzt auch der erste Schritt geschehen, das gemeinsame Band herzustellen, welches die ver schiedenen Glieder umschlingen und den Mittelpunkt der ConCatalonien, Valencia und den balearischen Inseln hat soeben
Was unser Berliner Freund uns unter dem 19. schreibt, wird durch den ,, Sozial- Demokrat" vom 21. d. Mts. bestätigt. Schweißer nimmt darin einen rührenden Abschied, um seine 8wöchentliche Gefängnißhaft abzubüßen und hofft, nach seiner Befreiung den Allg. Deutschen Arbeiter- Verein stärker denn je zu finden. Tölde erläßt einen Aufruf für Beschickung des Congresses in Eisenach und fordert auf, Geldsendungen an den Kassirer Herrn Hasenclever in Halver zu richten. Das letztere hätte er sich ersparen können, die Fonds für Beschickung des Congresses liegen bereits in Berlin , von Schweizer deponirt, zu seiner Verfügung. Alle Beschuldigungen aber, die wir gegen Dr. Schweizer erhoben, schweigt der Sozial- Demokrat" einfach todt.
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Eines Arbeiters Widerlegung der national ökonomischen Lehren John Stuart Mill's" von J. George Eccarius.( Berlin , Verlag von Albert Eichhoff.) Diese meisterhafte Schrift, auf die wir unsere Leser bereits aufmerksam gemacht haben, ist endlich erschienen und von Arbeitervereinen zum Preis von 5 Sgr. zu beziehen.
Soeben ist in Broschurenform erschienen: ,, Das Ziel der deutschen Volkspartei." Rede des Abgeordneten Dr. J. Jacoby, vor seinen Berliner Wählern am 30. Jan. 1868. Zweite, durch einen Anhang vermehrte Auflage. Königsberg . Th. Theile's Buchhandlung.
Aus Oestereich.
Wien , 15. Juli. Wir wundern uns, daß Ihnen über die jüngste in Linz
abgehaltene Volksversammlung keine näheren Nachrichten
zugegangen find.
Sie bot des Interessanten so viel, daß es sich sehr wohl der Mühe lohnt, auch jetzt noch darauf zurück
zukommen. Hervorgegangen aus einer Berſtändigung der Wie ner
Sozial- Demokraten mit dem Linzer Arbeiterverein, erregte sie besonders auch deßhalb in den weitesten Kreisen Aufmert
Vorsitzende Manuel Bes Hediger zeigt seinem caftilischen Colle- samkeit, weil die Affaire des widerspänstigen Bischof's auf der
Aus Wien waren tüchtige Männer ge
tommen, um auf dem Hauptplay von Oberösterreich einen gefunden Boden zur Entwicklung der sozial- demokratischen Prinzipien zu schaffen. Die Versammlung fand unter freiem Himmel
gen Orense einen gefaßten Beschluß an ,,, den übrigen Bundes- Tagesordnung stand. tagen eine Zusammenkunft von Vertretern vorzuschlagen, um ein Schutzbündniß zur Sicherstellung der in der SeptemberUmwälzung ausgerufenen Grundfäße zu beschließen."