nach dem bestehenden Vereinsgesetz vom 22. Nov. 1850 das Recht. Au­ders aber steht es mit der aufgestellten Liquidation. Diese ist willkür­lich und ungesetzlich. Mag sein, daß auf Grund irgend einer alten, uns unbekannten Verordnung die Polizeibehörden ein Recht haben, für ibre schriftlichen Arbeiten eine Gebühr zu erheben; nie und nimmer aber dürfen für Abordnung eines obrigkeitlichen Deputirten Entschädigungs­toften, wie hier geschehen, in Anrechnung gebracht werden. Wir for­dern unsere Parteigenossen nachdrücklich auf, bei der Kreis­direktion Beschwerde zu führen und bis zum Austrag der Sache die Zahlung der Liquidation zu unterlassen.

Eine zweite Beschwerde über eine sonderbare Auslegung des Ver­einsgesetzes geht uns aus

Reichenbach im Voigtlande zu. Der dortige Arbeiterverein hatte die Absicht, sich auf Grund des vom Vorort entworfenen Statuts für sozial- demokratische Arbeiter- Vereine, welches das Programm der Juter­nationalen Arbeiterassoziation an der Spize trägt, zu konstituiren, und deshalb das Statut bei dem Gerichtsamt eingereicht. Unterm 14. Juli aber ward dem Vorsitzenden des Vereins folgender Bescheid zu Theil:

Herrn Moritz Löscher hier zu eröffnen, daß der socialdemokratische Arbeiter- Verein nach§§ 20 und 24 des Vereinsgesetzes vom 22. Nov. 1850 als ein verbotener Verein anzusehen ist, weil er den demo­fratischen Staat anstrebt und die Zusammenwirkung mit anderen gleichgesinnten Vereinen zur Aufgabe hat.

Demnach können die eingereichten Statuten nicht genehmigt werden. Königliches Gerichtsamt Reichenbach."

Der angezogene§ 20 des Vereinsgesetzes lautet: Bereine, in deren Zweck es liegt, Gefeßzübertretungen oder unfittliche Handlungen zu begehen, dazu aufzufordern oder geneigt zu machen, find verboten."

Wir haben schon oft erklärt, daß unser stock reaktionäres Ver­einsgesetz der Beamtenwillkür Thür und Thor offen halte; die Aus­legung des§ 20 durch das Reichenbacher Gerichtsamt ist der beste Be­weis hierfür. Weil in dem Programm ausgesprochen wird, daß die soziale Frage nur im demokratischen Staat gelöst werden könne, der demokratische Staat deshalb erstrebt werden müsse, deshalb ist der Ver­ein in den Augen des genannten Gerichtsamts ein Verein, der Gesetzes= übertretungen begeben, dazu auffordern oder geneigt machen will", und es verbietet ihn deshalb! Die Reichenbacher Parteigenossen werden gut thun, den Beschwerdeweg zu betreten, damit sie und die Arbeiter in ganz Sachfen erfahren, ob die höhere Verwaltungsbehörde die reaktionäre mne beschränkte Anschauungsweise des Reichenbacher Gerichtsamts theilt. Wir wollen indeß schon heute erklären, daß, wenn das Reichenbacher Gerichtsamt mit seiner Auslegung des Vereinsgesetzes Recht behält, mindestens sämmtlicher sächsischer Arbeitervereine ver boten werden müssen, denn diese alle haben die Verwegenheit, der Mei­nung zu sein, daß der demokratische Staat erstrebt werden muß.

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Auch die Bezugnahme auf§ 24 des Vereinsgesetzes von Seiten des Reichenbacher Gerichtsamts ist interessant. Der§ 24 lautet: Ber= eine, deren Zweck sich auf öffentliche Angelegenheiten bezieht, dürfen nur dann Zweigvereine bilden und sich mit andern Vereinen in Verbindung setzen, wenn sie das Recht der Körperschaft erlangt haben und ihnen jene Rechte ausdrücklich mit ertheilt worden sind." Dieser Paragraph tann mit Fug und Recht auf das Statut für sozial- demokratische Ver­eine gar nicht bezogen werden. Es ist in demselben mit keiner Silbe von Verbindung mit andern Vereinen die Rede. Es scheint vielmehr, als habe das Reichenbacher Gerichtsamt in seinem Eiser, staatsgefähr liche Verbindungen zu entdecken, sich verführen lassen, Worte au­ders zu lesen, als sie auf dem Papier stehen und ihr Sinn bedeutet. Im letzten Absatz des Programms heißt es nämlich, daß es ,, der sozial­demokratische Arbeiter- Berein für seine Pflicht halte, gleiche und ähnliche Bestrebungen der Arbeiter aller Länder mit Rath und That zu unterstützen". Wie in aller Welt kann man das verbieten? Hier ist doch von einer Verbindung mit andern Vereinen, wie sie das Gesetz verbietet, keine Rede; gleichwohl faßt das Reichenbacher Gerichts­amit diese Worte so auf und findet darin einen Grund zur Verwerfung der Statuten. Wir sind sehr gespannt auf die Entscheidung der andern Berwaltungsinstanzen; entweder man lehnt die Auslegung des Reichen­bacher Gerichtsamts ab, oder man acceptirt sie. Im letzteren Falle ſte= hen wir hübsch neben Mecklenburg  , nach Umständen auch noch hinter Mecklenburg  ; der Amtmann aber ist gleich einem chinesischen Mandarin: was Er sagt und will, das gilt. D. Red. des Dem. W.)

Berlin  , den 20. Juli. Heute haben 6000 Maurer die Arbeit ein­gestellt. Die Meister sind uncinig, der Sieg gewiß.

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Leipzig  , 21. Juli. Gestern hielten die Maurer und Zimmerleute im Bantheon" eine Versammlung, in der Hr Präsident" Lübkert aus Berlin   einen Vortrag über Gewerkschaften hielt. Die Versammlung war sehr schwach, höchstens von 400 Personen besucht. Das Inter­essanteste war, daß Hr. Lübkert mittheilte, fie( die Schweißzerianer) wür den in Maffe in Eisenach   erscheinen, und wer von ihnen fein Mandat yabe, dem werde für eins gesorgt. Also Bestätigung Dessen, was wir bereits in letzter Nummer des Dem. Wochenblatts" anzeigten. Die Herren Schweitzerlinge mögen kommen, wir werden mit ihnen fertig. Von Berlin   ist die Weisung bier angelangt, mindestens

Berantwortlicher Redakteur: W. Liebknecht. Redattion: Braufir. 11).

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10 Mann zu bestimmen, welche den Congreß besuchen sollen. Wegen des Geldes brauche man sich keine Sorgen zu machen; es sei genng vorhanden.( Heidenmäßig viel"?)

Leipzig  . Circa 70 strikende Cigarrenarbeiter sind jest mit der Fabrikation von Eigarren beschäftigt, und ist das Publikum von Leipzig   und Umgegend hiervon durch folgende Bekannt machung in Kenntniß gefeßt worden:

Strife- Cigarren.

Wer eine fein, jauber gearbeitete, äußerst billige Eigarre sich zulegen will, muß jetzt bei uns, der deutschen   Cigarren­Arbeiter- Compagnie, faufen.

Die Cigarren sind lediglich von den im Strife begriffenen Leipziger   Cigarrenarbeitern geferttigt, und werden en gros zum Selbstkostenpreis verfauft. Bei Abnahme von 25 Stüd tritt der Engrospreis ein. Auch im Detailverkauf ist keine preiswürdigerre Waare zu finden.

Dieselben sind zu haben bei: Herrn F. Stein, Berkaufs halle Nr. 1, Beterstraße und Sternwartenstraße Nr. 11, par F. W. Frizzsche." ( Bestellungen von auswärts, die hoffentlich recht zahlreich einlaufen, bitten wir an Hrn. Stein zu richten. D. R.   d. W.

terre.

Briefkasten.

Der Brief betreffend die Bolksversammlung in Mütjen St. Niklas tam uns so spät zu, daß die gewünschte Anzeige nicht mehr ins Blatt gebracht werden konnte. Bei dieser Gelegenheit sei bemerit, daß nur folche Zusendungen, die spätestens Mittwoch Nachmittag in un jeren Händen find, in der nächstfolgenden Nummer des Wochen: blattes Berücksichtigung finden können.-- V. K. in Burgstädt  : Bericht folgt in nächster Nummer.

E. W. in Münchenbernsdorf  : Bericht wegen Mangel au Raum zurückgestellt. H. Greulich in Zürich  : Das Wort ins Statut ani nehmen, hießze unrettbar fich der heiligen Hermandat überliefern, Jor dürft nur in der Schweiz   nicht vergessen, was es heißt, in Deutschland  unter polizeilicher Aufsicht leben.- G. W. in Barmen: Die Besprechung wegen der Organisation hat stattgefunden.- Hrn. H. in Berlin  : Ihr Antrag betr. das Blatt ist in der Organisationsvorlage, die nächstens veröffentlicht wird, bereits erledigt. Hrn. G. C. F. in Guntersblum  : Zeitungen werden besorgt; Geldeinforderung gelegentlich.

haben:

Soeben ist erschienen und in der Buchdruckerei von F. Thiele zu Ueber die politische Stellung der Sozial­Demokratie,

insbesondere mit Bezug auf den Norddeutschen ,, Reichstag  ".

Vortrag Liebknechts

in der am 31. Mai abgehaltenen Versammlung des Berliner  demokratischen Arbeiter- Vereins. Preis 1 Ngr.

Ein seit zwanzig Jahren

=

in einem Zwirn- und Garn Geschäft beschäftigter Arbeiter, welcher in den letzten vier Jahren als Geschäftsführer fun girte, sucht eine anderweite Stelle; er würde sich auch für eine Schafwollen- Spinnerei eignen. Nachweisungen wolle man an die Redaktion dis. Blattes oder an Herrn J. Motteler in Crimmitschau   gefälligft gelangen lassen.

Der Volksverein zu Werdau  

beabsichtigt den 1. August 1869 ein Allgemeines Volksfest in der Restauration zum abzuhalten.

Burgkeller

Das Concert unter gütiger Mitwirkung des Deflamatorischen Clubs des Arbeiterbildungsvereins zu Leipzig  beginnt Nachmittags 4 Uhr.

Alle Parteigenossen sind hierdurch zu reger Betheiligung eingeladen.

Leipzig  .

Das feftcomité der Volkspartei in Werdan.

| Druck und Verlag: F. Thiele. Expedition: Beterstraße 18.