in Gesetzesform aufstellen und schließlich zur Volksabstimmung bringen kann.

Die direkte Gesetzgebung durch das Volk besteht somit namentlich aus zwei Elementen, einem anregenden und einem beschließenden.

1) Aus dem Vorschlagsrecht des Volkes, auch Volks­initiative genannt, und

2) Aus der Voltsabstimmung über Gesetze, auch Referendum geheißen; zwischen beiden funktionirt als regel­mäßiges Organ der Rath, welcher zwar nicht mehr ein gesetz­gebender, sondern nur noch ein gesetzesvorschlagender d. h. ein bloßer Rathgeber ist, dessen Rath befolgt werden kann oder auch nicht. Der Rath ist auf diese Weise zwischen zwei Feuer gesetzt, die ihn beständig warm erhalten werden.

Schlägt der Rath schlechte Gesetze vor( macht er Begehungs­sünden), so werden sie durch die Volksabstimmung( Referendum) verworfen. Will der Rath keine guten Gesetze vorschlagen( be­geht er Unterlassungssünden), so kommt die Volksinitiative und macht ihre Vorschläge.

Diese Volksinitiative kann sich beispielsweise im Kanton Zürich auf zweierlei Arten äußern:

1) Wenn der 13te Theil des Volkes( in Zürich 5000 Initianten bei 65,000 Stimmberechtigten) einen Vorschlag machen, muß derselbe vor die Voltsabstimmung gebracht werden. 2) Wenn ein Einzelner einen Vorschlag macht, dem ein Drittel des Rathes beistimmt, muß ebenfalls durch das Volk darüber abgestimmt werden.

Somit sind im Kanton Zürich :

1) 5000 Jnitianten( Vorschlagende),

2) ein Einzelner, dem ½ der Mitglieder des Kantons­rathes zustimmt,

3) der Kantonsrath selbst( aus etwa 220 Mitgliedern bestehend),

alle drei gleichberechtigt, Vorschläge an das Volk zur Abstimmnug zu bringen; nur ist der Rath das gewöhnliche Organ; die zwei andern Organe aber die außergewöhnlichen, die bloß in Thätig­feit kommen, wenn das gewöhnliche lahm wird.

Wir lassen nun zum bessern Verständniß die Artikel über Initiative und Referendum aus der Züricher - Verfassung folgen, welche mit den Worten beginnt: Das Volk des Kantons Zürich giebt sich fraft seines Selbstbestimmungsrechtes folgende Verfassung:

III. Gesetzgebung und Volksvertretung.

Die Anregung, beziehungsweise der Entwurf, ist vor der Abstimmung immer dem Kantonsrathe zu begutachtender Be­schlußfassung zu unterbreiten.

Für den Fall, daß ein von der Volksinitiative ausge gangener Gesetzesentwurf zur Abstimmung gelangt, kann der Kantonsrath dem Volfe außer seinem Gutachten auch einen abgeänderten Entwurf zur Entscheidung vorlegen. B. Voltsabstimmung.

,, Art. 30. Alljährlich zwei Mal, im Frühjahr und im Herbst, findet die Abstimmung des Volkes über die gesetzgeberi­schen Akte des Kantonsrathes statt( Referendum). In drin­genden Fällen kann dieser eine außerordentliche Abstimmung anordnen.

,, Der Volksabstimmung sind zu unterstellen:

1) alle Verfassungsänderungen, Gesetze und Konkordate; 2) diejenigen Beschlüsse des Kantonsrathes, welche der­selbe nicht endgültig zu fassen befugt ist( s. Art. 31); 3) Schlußnahmen, welche der Kantonsrath von sich aus zur Abstimmung bringen will.

,, Der Kantonsrath ist berechtigt bei der Vorlage eines Ge­setzes oder Beschlusses neben der Abstimmung über das Ganze ausnahmsweise auch eine solche über einzelne Punkte anzuordnen.

Die Abstimmung findet mittelst der Stimmurne in den Gemeinden statt. Die Betheiligung hieran ist eine allgemeine Bürgerpflicht.

,, Die Volksabstimmung fann nur bejahend oder ver­neinend sein.

,, Bei derselben entscheidet die absolute Mehrheit der be= jahenden und verneinenden Stimmen.

,, Der Kantonsrath ist nicht befugt, Gesetze oder Beschlüsse vor der Abstimmung provisorisch in Kraft zu setzen.

,, Alle zur Volksabstimmung gelangenden Verlagen sind spätestens dreißig Tage vor derselben zu veröffentlichen und den Stimmberechtigten einzuhändigen.

C. Kantonsrath.

,, Art. 31. Dem Kantonsrathe kommt zu:

,, 1. die Berathung und Beschlußfassung über alle Gegen­stände, welche der Volksabstimmung unterstellt werden;

,, 2. das Begehren um Einberufung der Bundesversammlung; ,, 3. die Verfügung über die Wehrkraft des Kantons, so­weit dieselbe nicht vom Bunde beansprucht wird;

,, 4. die Ueberwachung der gesammten Landesverwaltung und der Rechtspflege.

,, 5. die endgültige Entscheidung über neue einmalige Aus­

,, Art. 28. Das Volk übt die gesetzgebende Gewalt unter gaben für einen bestimmten Zweck, welche den Betrag von Mitwirkung des Kantonsrathes aus.

A. Vorschlagsrecht des Volkes.

,, Art. 29. Das Vorschlagsrecht der Stimmberechtigten ( Initiative) umfaßt das Begehren nach Erlaß, Aufhebung oder Abänderung eines Gesetzes oder verfassungsmäßig nicht aus­schließlich in die Befugniß des Kantonsrathes fallenden Be­schlusses. Derartige Begehren können in der Form der ein­fachen Anregung oder des ausgearbeiteten Entwurfes gestellt werden und sind im einen wie im andern Falle zu begründen.

,, Wenn ein Einzelner oder eine Behörde ein solches Be­gehren stellt, welches von einem Drittheile der Mitglieder des Kantonsrathes unterstützt wird, so muß über dasselbe durch das Bolt entschieden werden. Dem Antragsteller oder dem Abge­ordneten der antragstellenden Behörde steht das Recht der per­sönlichen Begründung im Schooße des Kantonsrathes zu, in­fofern 25 Mitglieder des Kantonsrathes das Gesuch um per­sönliche Begründung unterstützen.

,, Ebenso muß der Volksentscheid veranlaßt werden, wenn 5000 Stimmberechtigte oder eine Anzahl von Gemeindever­sammlungen, an denen wenigstens 5000 Stimmberechtigte da­für gestimmt haben, ein solches Begehren stellen, insofern der Kantonsrath denselben nicht entspricht. Eine rechtzeitig ein­gereichte Anregung soll spätestens in der zweitfolgenden regel­mäßigen Volksabstimmung dem Volke zum Entscheide vorgelegt

werden.

250,000 Franken nicht übersteigen, sowie neue jährlich wieder­kehrende Ausgaben bis auf den Betrag von 20,000 Franken; ,, 6. die Festsetzung des jährlichen Voranschlages der Ein­nahmen und Ausgaben des Staatshaushaltes nach Maßgabe der bestehenden Gesetze und Beschlüsse,

,, 7. die Prüfung der Staatsrechnung

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Wir möchten nicht behaupten, daß obige Artikel in allen Theilen das durchaus Richtige getroffen hätten und so zu sagen als unfehlbares Schema aufzustellen seien. Die Mannigfaltigkeit der individuellen Anschauungen wird da und dort Mängel her ausfinden. Allein diese Artikel verdienen als erster ernsthafter Versuch insofern alle Beachtung, als sie ein Gesammtwerk sind, eine aus den Berathungen und Abstimmungen eines ganzen Volkes hervorgegangene neue Staatsform, in welcher sich die Gesammtheit nach ihren fortschreitenden Bedürfnissen ungehemmt

entwickeln kann.

Wir leben der Ueberzeugung, daß die direkte Gesetzgebung durch das Volk durch die Institutionen der Volksinitiative und Volksabstimmung über Gesetze in den größten Staaten einge führt werden kann und muß, und daß die soziale Frage ohne diese politischen Einrichtungen nicht gelöst werden kann.

Die Seftion Zürich hält sich daher für ebenso verpflichtet als berechtigt, die Idee der direkten Gesetzgebung durch das Volk vor das Forum des internationalen Arbeiterbundes zu bringen, in der Ueberzeugung, daß diese Idee, wie die ewig