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einmal im Spinnsaal antreffen lassen, wo Sie die Arbeiter von der Arbeit abhalten, so werde ich Sie die Treppe hinunter­werfen!" Der Arbeiter wollte sich entschuldigen und kam mit dem Werkführer in Wortwechsel, der Werkführer antwortete: ,, Wenn Sie nicht gleich das Maul halten, so gebe ich Ihnen ein paar hinter die Ohren." Darauf der Arbeiter: ,, Oho, so schnell geht das nicht." Da sprang der Werfführer auf den Arbeiter los, und der Arbeiter, ein schwächlicher Mensch, mußte die Treppe hinunter entfliehen und beklagte sich weinend bei feinen Leidensgenossen, daß er immer die schlechte Behandlung für seine mühevolle Arbeit und den wenigen Lohn erdulden müsse.( Sind alle Arbeiter in jener Fabrik ,, schwächliche Menschen?" D. Red. d. D. W.)

Zum sozial- demokratischen Congreß*).

Das Volk lauscht athemlos und still,

Und stehet hinter den Schranken.

Es ziehen die Wolken über das Land,

Wie mitternächt'ge Gedanken.

Heut' gilt's einen heißen gewaltigen Kampf

Von Zweien, die hassend sich scheiden,

Die wie Feuer und Wasser, wie Schatten und Licht,

Wie Lust und Schmerzen sich meiden.

Heut' kämpfen zwei muthige Reden zur Stund', Und Keiner wird sich ergeben;

Und heute soll enden langjähriger Haß,

Denn sie kämpfen um Tod und Leben.

D'rum ist's auch so stille. Auf hohem Altan Sitt stolz ein Gewalt'ger der Erde;

Von Weitem da hört man in dumpfem Gedröhn Deu Hufschlag geharnischter Pferde.

Es winket der Herrscher; da öffnet sich

Laut rasselnd der Schranke Thor,

D'raus reitet beim Schall der Drommeten Der erste der Kämpfer hervor.

Das Rüstzeug von leuchtendem Golde,

Mit Orden, Juwelen besä't,

Von seinem gefrönten Helme

Die bluthrothe Feder weht. Und aberinals tönt die Fanfare, Auf thut sich das andere Thor,

D'raus reitet so ernst und so langsam Der zweite der Kämpfer hervor.

Er hocket auf magerer Mähre, Es scheint seine Rüstung so grau, Er träget zu seiner Wehre

Die Streitart so schartig und rauh.

Ein alter zerfetzter Mantel Bedeckt seine mag're Gestalt, Und dennoch begrüßt ihn die Menge, Daß laut durch die Lüfte es schallt. Nun schließt der Turniervogt die Gitter, Es murmelt so bang' durch die Reih'n: Man höret den Herold sein altes ,, Ihr Ritter seid mildthätig!" schrei'n.

Und stille wird's in der Runde;

Der Herole, er naht sich und spricht:

,, Wie heißest du, strahlender Kämpfer,

Mit dem Schild und dem Panzer so licht?"

*) Aus dem Nürnberger ,, Caspert", der hiermit unseren Lesern aufs Beste empfohlen sei.

Verantwortlicher Redakteur M Richtnecht

1771

Man nennt mich den König Mammon, Ich herrsch' auf der ganzen Welt; Meine Diener sind Söldner und Pfaffen, Mein Szepter, es ist das Geld."" Da neigt sich der Herold und gehet Zum anderen Reitersmann: ,, Wer bist du, du schlotternder Recke, Du Knochenheld; sag' es an!" ,,,, Man nennt mich den König Hunger, Ich herrsche in Stadt und Land; Meine Kinder, das sind die Armen, Die der Mammon in's Joch gespannt."" Da hebt sich von purpurnem Size Der Herrscher auf hohem Balkon; ,, Mich, spricht er, nennt man den Zeitgeist, Ich lud euch vor meinen Thron.

,, Mein Weib mit dem Strahlenhaupte,

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Sie hat man die Freiheit genannt;

,, Sie hält für den Sieger die Reiche ,, Der Erde in duftender Hand.

,, Heut' soll sich's für ewig entscheiden, ,, In ehrlichem, offenem Streit, ,, Ob Mammon oder ob Hunger Der Gründer der neuen Zeit."

Da spornet der Mammen sein Streitroß: Ich fämpf' um der Erde Preis!" " Ich aber, ruft dräuend der And're, Für des armen Volfes Schweiß!"" Sie stellen sich gegenüber, Sie legen die Lanzen schon ein:

Laßt seh'n, ruft der Graue, wer jetzo Der Sieger im Kampfe mag sein! ,, Laßt seh'n, wer am wackersten streitet, ,,,, Ob Gold oder Armuth gewinnt,

Ob die Menschen des Mammons Sflaven, Oder des Mammons Herren sind."

Sie blasen die erste Fanfare, Dem Reichen das Herze erbebt; Sie blasen die zweite Fanfare, Der Hunger im Sattel sich hebt. Sie blasen die dritte, und krachend Sind beide zusammengerannt, Es hat der Hunger gestrecket Den Mammon in den Sand.

Und wie man dem Hunger gereichet Die Krone der ganzen Welt,

Da zuckt er, indem er verendend Der Freiheit zu Füßen fällt.

So ruft er: ,, D, Freiheit, ich sterbe,

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D'rum nimm meinen Kampfpreis die Welt, ,, Und gib meinen Kindern, den Armen, Was ihnen nur immer gefällt.

,, Denn als ich den Mammon durchrannte

In tausendfältiger Lust,

,, Hab' ich mir des Feindes Lanze ,, Gesenkt in die eigene Brust."

Die Freiheit, sie reichet den Völkern Des Hungers Ritterdank.

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Das ist das Turnier unserer Zeiten; Prophetisch ist mein Gesang!

Schon kündet das Schweigen des Volkes, Daß gegen die Tyrannei

Des Mammons die Macht des Hungers Zum Kampf in den Schranken sei.