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aus verschiedene Wirkung, welche die bevorstehende Veränderung in Frankreich   für Desterreich im Gegensatz zu Großpreußen haben wird. Möglich daß der Wegfall der napoleonischen Machtpolit in gewissen miltärischen und auch politischen Krei­fen Wiens   ungelegen, unerwünscht ist. Erschüttern aber wird dies Ereigniß die österreichische Politik so wenig wie den öfter­reichischen Staat wir meinen den Gesammtstaat. Vielmehr, das ist der große Gewinn der Neugestaltung Desterreichs, be­festigen und träftigen wird es das einmal begonnene Wert. Kein Metternich ist mehr zu beseitigen: in die sichere Bahn gesetzlichen Fortschritts ist der Staat geleitet; vorwärts treibend immerhin( und herzlich soll uns das freuen), aber störend und verwirrend wird eine Umwälzung in Frankreich   nicht dies­feits noch jenseits der Leitha   wirken. Auf kirchlichem Gebiete einer letzten Schwierigkeit ledig, für jede reformatorische und nach außen im westeuropäischen Sinne thätige Politik eines Genossen und Alliirten gewiß, wird Desterreich zum ersten Male seit Jahrhunderten ein europäisches Freiheits Ereigniß andern zur Last und zum Hemmniß, sich selbst zum Segen und zur Förderung werden sehen. Ganz Desterreich denn was gegen Rußland   und Borußland ein freies Frankreich   be­deutet, das zu schätzen und hoffentlich dauernd auszunutzen wird man diesseits wie jenseits der Leitha   ohne Eifersucht einig, werden Beust und Andrassy wetteifernd zu schaffen bestrebt sein.

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Von Süddeutschland   ist in diesem Zusammhange am wenigsten bestimmt zu reden. Wir kennen Minister und Re­gierungen, welche die bloße Angst vor dem Eintritt des großen Ereignisses in Frankreich   bestimmen fönnte, sich Hals über Kopf zum Bismarck zu retten, und wir sind unsererseits nicht ganz sicher, ob die Bevölkerungen nicht zu erschlafft und zu zerfahren sind, als daß die Wirkung von 1848 bei ihnen dieses Mal wieder einträte, aber unsere Freunde, die den Süden ge­nauer fennen und jenes Wunderjahr mit erlebten, trösten uns und sprechen uns den Muth der Hoffnung ein, daß wir auch jetzt wieder Zeichen und Wunder" sehen werden.

Und so wollen wir denn aus diesem Rundblick das freu­dige Vertrauen heim nehmen, daß wenn die zwei Augen sich schließen, welche zuzudrücken schon manchen wadern Mannes Hand in Frankreich   zittert, der europäische   Freiheitsbund, den dann nichts mehr hindert, auch den Süden Deutschlands   in sich begreifen wird als Anfang und Bürgschaft des wiederbe freiten, wiedergeeinten Gesammtvaterlandes.

Schließt euch denn bald, ihr zwei Augen!" Wir haben nichts weiter hinzuzufügen als ein kräftiges ,, Amen!"

So weit der Artikel der demokratischen Correspondenz", der sich insofern irrt, als er die Fortdauer des Status quo in Desterreich nach Proklamirung der Republik   in Frankreich  für möglich hält. Die neue Aera" hat sich viel zu wenig befestigt, als daß sie dem Anprall von Links zu widerstehen vermöchte.

Doch darüber ein andermal das Nähere.

Prinz Plonplon sucht sich die Erbschaft seines Betters zu sichern. Im Senat hielt er vor einigen Tagen eine Rede, in der er seine Anhänglichkeit an den Kaiser und dessen Sohn betheuerte und dann die Regierung einer boshaften Kritik un­terwarf, die natürlich keinen anderen Zweck hatte, als den Franzosen flar zu machen, daß er, der ,, rothe Bring", ein befferer Kaiser sein würde als der Better. Er hätte die Mühe sparen können. Der ,, Dezembermann" erweckt wenigstens Haß; Plonplon ,,, Craint- plomb*), nur Verachtung. Vor diesem Thronprätendenten braucht es dem Kaiser nicht bange zu sein.

In Preußen freut sich die Regierung, daß der Feind an der Seine nicht gestorben ist, und treibt zu ihrem Privat­vergnügen etwelche Sauregurkenzeit- Politik mit Hohenlohe   und anderen Duodezministern. Run, die Sauregurkenzeit ist heuer auch Sauretraubenzeit.

Die österreichischen Delegationen sind geschlossen, *) ,, Plonplon fürchtet die Kugeln" ift der Spitznamen, den ihm die französischen   Soldaten in der Krim   gaben, wo er aus Feigheit

frant wurde.

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schreibt die Frankfurter Zeitung  ", und das Budget für die gemeinsamen Angelegenheiten ist bewilligt. Aber in Wien  blickt man keineswegs mit Befriedigung auf diese beendete dritte Seffion der beiden Körperschaften, welche die Verbin­dung Desterreichs mit Ungarn   repräfentiren. Das Resultat der Verhandlungen mißfällt, und darum ist auch der Blick ge= schärft für die Mängel, die der ganzen Institution der Dele­gationen anhaften. Bei Ausgleichung der Differenzen, welche zwischen den Beschlüssen beider Körperschaften obwalteten, ha ben die Ungarn   durchweg den Sieg davongetragen und die Vertreter der unzufriedenen Bestandtheile der Bevölkerung Cis­leithaniens, die Polen   und Slovenen, schlugen sich auf deren Seite. Durch bloße Abstimmung, ohne Berathung, ward Alles zu Gunsten der Ungarn   entschieden. Die ,, Neue Freie Presse", die Presse", das ,, Tageblatt" sind ziemlich einmüthig in ihrem Urtheil über diese Vorgänge. Die ,, N. Fr. Pr." sagt: Diese gemeinsame Sitzung! War sie nicht eine Perfiflage conftitu­tioneller Einrichtungen und eine Carricatur des Parlamentaris mus?" Wozu diese klägliche Scene, wenn nur die zwei­sprachige Abstimmung ohne ein Wort des Versuches zur Ver­ständigung ihren Inhalt bilden soll? Da wäre es denn doch einfacher, daß die eine Delegation der anderen ihre Abstim­mungsliste mittheilt, und daß daraus mittelst Anwendung der vier Species das Resultat gezogen wird."... In solcher Art fortgesetzt, kann das Delegationswesen nimmermehr die Hoffnungen erfüllen, die sich daran knüpften, als die originelle Einrichtung von den Ungarn   ausgesonnen wurde, und die allein es möglich machen, daß man von deutscher Seite beim Aus­gleich auf das Experiment einging. Heute kann es wohl keinen mehr geben, der sich noch der Einsicht verschließt, daß dieses Experiment verunglückt ist." Das ,, Tageblatt" erinnert daran, daß im selben Saale, wo die gemeinsame Sitzung der beiden Delegationen stattfand, vor 20 Jahren Robert Blum   als letzter Redner den Zerfall Desterreichs verkündete, wenn der Reaction der Sieg zufallen sollte, und betont nachdrücklich die Gefahr, die bei der Construction des gegenwärtigen Dualis mus dem deutschen Theile der Monarchie drohe. Seien es auch keine großen Fragen, um die es sich bei der gemeinsamen Abstimmung handelte, die Thatsache sei nicht zu bestreiten, daß der Einmüthigkeit Ungarns   gegenüber die andere Reichshälfte zerflüftet sei. Die Ungarn   finden bei uns Verbündete, wäh rend wir in ihrem Lager keinen einzigen Bundesgenossen ha ben. Wenn das ungarische Parlament einen Beschluß faßt, fo kann es darauf rechnen, daß seine Delegation wie ein Mann dafür einstehen wird. Unser Reichsrath mag mit noch so großer Majorität sich über eine Frage entscheiden und immer bleibt. es in Folge der Zusammensetzung unserer Delegation minde stens zweifelhaft, ob das Votum unserer Vertretung aufrecht erhalten werden wird." Auch die ,, Presse" urtheilt, wenn auch vorsichtiger und rückhaltsvoller, im selben Sinne. Nach fol­chen Resultaten, wie sie heute zu Tage treten, sagt sie, ist es nicht zu wundern, daß die Session diesmal sehr kleinlaut ge schlossen wurde. Der Reichskanzler sprach wohl einige Worte, und Vicepräsident Hopfen secundirte ihm so gut es ging, aber es war kein Schwung darin; es lastete auf Jedermann der Druck der niederschmetternden Ueberzeugung, daß man in seinen besten Rechten verletzt worden, und solch eine Ueberzeugung läßt eben keine Begeisterung aufkommen. Wir wünschen, daß die nächste Session sich besser bewähre als die diesjährige, fonst würde unausbleiblich die Wandlung eintreten, daß die Dele gationen ihre Freunde nicht mehr diesseits, sondern jenseits der Leitha   suchen müßten."

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Die österreichischen Staatspfiffikusse wollen entdeckt haben, daß der Nationalitätenhader von fremden Agenten" geschürt werde, und sie beabsichtigen polizeiliche Maßregeln gegen die betreffenden ,, Fremden" zu ergreifen. Daß ,, fremde Agenten" ihre Hand im Spiel haben, bezweifeln wir nicht, aber wenn es nicht einheimische Agenten" gäbe, die den fremden vorarbeiten, so würden die letzteren nichts auszurichten bermögen. Diese einheimischen Agenten sind der österreichi