schen Polizei aber wohl bekannt, wir brauchen die Verbrecher blos zu nennen und sie kann dieselben sofort am Kragen packen: sie heißen Beust, Gistra, Taaffe u. f. f.

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Garibaldi's Erklärung gegen das Tagebuch Persano's liegt nun in größerem Auszug vor uns. Der alte Haudegen verwahrt sich allerdings auch dagegen, daß er auf seinem Frei­schaarenzug nach Sizilien und Neapel von Cavour unterstützt worden sei. Er beweist aber blos, daß er von dieser Unter­stützung nichts gewußt hat was auch von Niemand weder behauptet noch geglaubt worden war.

Sonntag Abend ging uns von Wiesbaden eine Depesche folgenden Inhalts zu:

,, Volksversammlung der nassanischen Fortschrittspartei wurde resultatlos aufgelöst nach Präsidentenwahl. Sieg auf unsrer Seite; Ackermann wurde Präsident. Advokat Schenk nannte unsere Partei ,, sozial- demokratische Bande" und ,, Bu ben". Infolgedessen großer Lärm; Auflösung.

Wiesbadener Parteigenossen."

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Zum näheren Verständniß dieser Depesche sei bemerkt, daß die Versammlung einberufen war, um ,, unserm Braun", der bekanntlich Reichstagsabgeordneter für Wiesbaden ist, die fadenscheinig gewordene Popularität wieder zu gewinnen. Zu diesem Zwecke wurde die Gelegenheit des in Mainz tagenden ,, Volkswirthschaftlichen Congresses" benutzt, um mehrere ,, Größen" der Fortschrittspartei( Schulze- Delitzsch , Löwe- Calbe u.s.w.) mit nach Wiesbaden zu nehmen, um ihrem Freund und Gesin nungsgenossen Braun als außerordentliches Zug und Hülfs mittel zu dienen. Daß die Arbeiter in der Versammlung die Majorität hatten, scheint den Herren unangenehm gewesen zu sein sie zogen es vor, die Versammlung zu schließen.

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Aus England.

London , den 30. August.

Ein Squire( Gutsherr) und ein Doktor haben ent­deckt, wie dem Elend der Ackerbau- Arbeiter abge­holfen werden kann. In einer gemeinsam verfaßten Denk schrift über die Nothwendigkeit der Anwendung der Wissen­schaft zur Entwickelung des Ackerbaues, die auf dem Kongreß der britischen Association verlesen wurde, sagten sie, es sei kaum einem Zweifel unterworfen, daß die Kosten der Lebensmittel auf ein bloßes Bruchtheil ihres gegenwärtigen Betrags herab­gemindert werden könnten, wenn die Wissenschaft alle die Ge­heimnisse erklären könnte, die in der Fabrikation der Lebens­mittel verborgen lägen. Ein Ackerbau- Arbeiter mit einer Frau und vier Kindern könne heute kaum so viel verdienen, um das nöthige Brod zu beschaffen, Fleisch käme fast nie über seine Schwelle. Hiergegen gäbe es nur ein Hülfsmittel: die Pro­duktionskosten der Lebensmittel zu vermindern; eine einfache Vermehrung von Lebensmitteln sei nutzlos. Die guten Herrn vergessen, daß zwischen den Produktionskosten der Lebensmittel und den Fleischtöpfen der Arbeiter ein fataler Zusammenhang existirt, indem niedrige Produktionskosten fast immer gleichbedeutend sind mit niedrigem Arbeitslohn, weil fast alle Verminderungen der Produktionskosten durch Verminderung der Arbeit ins Werk gesetzt wer­den. Auf die Kooperation( Assoziation) meinen sie, fönne man fich für den Ackerbau nicht verlassen; derselbe müsse im Großen und unter einem ungetheilten Kommando betrieben werden. Aber ein großes Kapital sei erforderlich. Eine Farm von 2000 Adern erfordere wenigstens 20,000 Pfo. St. Was immer der gedeihliche Betrieb des Ackerbaues sonst erfordern mag, jedenfalls gehört die heutige Einrichtung, daß der ganze Ertrag einer Farm das Eigenthum eines Einzigen ist, und daß die große Mehrzahl derer, die ihn durch ihrer Hände Arbeit her­vorbringen, selten oder nie Fleisch bekommen, nicht zu den un­umgänglich nothwendigen Bedingungen. Ebensogut als eine Armee unter einem selbst gewählten Führer Schlachten gewin­nen kann, tounen Aderbau- Genoffenschaften unter selbst gewähl­

ten Werkführern arbeiten und die Produkte ihrer Arbeit unter sich vertheilen.

Auf dem Trades- Union- Kongreß.( Congreß der Ge= werksgenossenschaften), der vorige Woche zu Birmingham ver­sammelt war, hegte man andere Ansichten darüber, wie dem Elend der Ackerbau- Arbeiter abzuhelfen. Dort behauptete man, daß es die Pflicht der Regierung sei, arbeitslose Arbeiter mit Arbeitsmitteln zu versehen, und man verlangte, daß Genossen­schaften von Landarbeitern, die Willens sind unbebaute Lände­reien in Kultur zu nehmen, unter gewissen Bedingungen Staatskredit zur Durchführung ihres Vorhabens erhalten soll­ten. Die Fragen, welche auf dem Birminghamer Kongreß er­örtert wurden, beschränkten sich, mit Ausnahme der Erziehungs­frage, fast ausschließlich auf gewerksgenossenschaftliche Angele­genheiten. Die Landfrage wurde nur im Vorbeigehen in die Diskussion gezogen, folglich kein Beschluß darüber gefaßt. Ueber die sogenannten Schiedsgerichte als Mittel zur Verhütung von Strifes und Werkstelleschließung fand eine lange und leb= hafte Debatte statt, in welcher besonders hervorgehoben wurde, daß sie nur dann von Nußen sein könnten, wenn die Arbeiter wohl organisirt seien und ihre Bevollmächtigten in den Schieds­gerichten als Gleichberechtigte von den Kapitalisten behandelt würden. Es wurde mit 26 gegen 2 Stimmen beschlossen, daß Schiedsgerichte der gegenwärtigen Art Lohnstreitigkeiten zu schlichten, vorzuziehen seien.

Bezüglich der in Aussicht stehenden Gesetzgebung in Be= treff der Trades- Unions war man allgemein einverstanden, daß alle Ausnahmsgesetze aufgehoben und die Fonds gesetzlich be­schützt werden müßten; daß man sich aber keine Einmischung in die Verwaltung und Verwendung der Gelder, überhaupt teine Oberaufsicht irgend welcher Art gefallen lassen werde. Da man sich nicht über einen definitiven Beschluß einigen konnte, so wurde ein Ausschuß gewählt, mit dem Auftrag eine Ansprache, in welcher die Forderungen des Kongresses feſtge= stellt sind, zu erlassen und die Trades- Unions des ganzen Lan­des zur Mitwirkung aufzufordern. Ein Beschluß, die Arbeits­zeit in den drei Vereinigten Königreichen auf 8 Stunden des Tags zu beschränken, wurde mit großer Mehrheit angenommen. Der Morning Star" hat schon längst geahnt, daß so etwas kommen würde, behauptet aber, daß wenn der Beschluß aus­geführt wird, die ganze Gesellschaft um 20 Procent ärmer werden muß. Die Delegirten zu Birmingham behaupteten im Gegentheil, daß eine Verkürzung der Arbeitszeit Viele, die heute arbeitslos sind und nichts kaufen könnten, in den Stand setzen würde, Waaren zu kaufen, die jetzt keinen Absatz finden, daß also die Produktion befördert würde.

Die Frage der Strikes und Lockouts*) führte zur Dis­fussion der genossenschaftlichen Produktion. Einige empfahlen die sogenannten Industrial Partnerships,**) wo man den Arbei­tern erlaubt sich durch Aktien an dem Geschäft zu betheiligen, aber ein Vorschlag in diesem Sinn wurde nicht unterstützt. Andere meinten, es sei hohe Zeit, daß diejenigen Gewerksge­nossenschaften, die Geld in der Kaffe hätten, es zu produktiven Zwecken anlegten, und es sei die Pflicht des Parlaments und der Regierung, arbeitslosen Arbeitern die Mittel zu gewähren, ihr Brod zu verdienen. Es wurde beschlossen, 1) daß Lohn­erhöhungen und Verminderung von Arbeitszeit durch Strikes zu erzwingen sind, wenn alle andern Mittel fehlschlügen; 2) daß nur die genossenschaftliche Produktion, sowohl in der Industrie als beim Ackerbau, als dauerndes Heilmittel für die Gegensätze des Kapitals und der Arbeit angenommen werden kann, und 3) daß in Zukunft eine kräftigere Organisation der Arbeiter als bisher zu ihrem gegenseitigen Schuß nöthig ist, und daß dieselbe fortbestehen muß, so lange der Gegensatz zwi­schen Arbeitgebern und Arbeitern teht.

*) Aussperrungen der Arbeiter Seitens der Fabrikanten- Schließung der Fabriken und Werkstätten zum Zweck der Aushungerung der Ar­beiter. **) Theilbaberschaft der Arbeiter an den Geschäften, in welchen fie beschäftigt find.