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In Hinterpommern, der Heimath Bismarck's, geht die Bezirks- Regierung gegen die Fröbel'schen Kindergärten vor und empfiehlt diesen gegenüber die Einrichtung von KleinKinderschulen. Die Tendenz der letzteren soll natürlich eine geregelte christliche Erziehung sein, und wenn wir die gleichfalls von der Königl. Regierung zu Köslin empfohlene, in kommission des rauhen Hauses erschienene Schrift: Was noth thut oder die Klein- Kinderschule. Vom Johanniter- Freiherrn von Bissing- Beerburg" befragen, so werden unsere Kleinen nunmehr vom gehbaren Alter, d. h. von drei Jahren ab, Bibelsprüche lernen, Psalmen beten und die Lieder unseres Gesangbuches fingen. Sind erst, wie in dem Plane des Verfassers liegt, 25,000 folcher Klein- Kinderschulen über das Land verbreitet ,,, deren Leitung den Geistlichen übertragen werden muß", welche Vorbereitung wäre das für die Regulativschule!
Wahrhaftig! es wird Zeit, daß dem deutschen Michel die Geduld reißt.
Wie die französische Demokratie die ,, Amnestie" Bonaparte's zurückgewiesen hatte, so hat sie auch die Liebeserklä= rungen des ,, Rothen Prinzen" zurückgewiesen mit Verachmit Verach tung. Nur gekaufte Federn lobhudeln dessen jüngste rhetorische Leistung; die republikanische Presse betrachtet sie einstimmig als einen unverschämten Versuch Plonplon's, die auf dem Haupt des ,, Neffen" schwankende Krone auf den eignen Speckkopf hinüber zu eskamotiren.
Was den Kaiser betrifft, so ist sein ,, Gesundheitszustand" noch immer das Hauptthema der Börsenspekulanten, die aus einer Banique in die andere fallen. Anläßlich der letzteren, die am Montag statt hatte, schreibt die ,, Frankfurter Zeitung ":
,, Neigt die Rolle des Hauptkomödianten in der grotesken Komödie, die feit achtzehn Jahren in Frankreich unter dem Titel: Das zweite Kaisereich"" spielt und die„ den Kultus des heiligen Rockes in Trier in dem Kultus des napoleonischen Kaisermantels wiederholte" in Wirklichkeit ihrem Ende zu? Wenn man die Wirkung der spärlichen Nachrichten, welche uns aus Paris zugegangen sind, in Erwägung zieht, sollte man es fast glauben. Eine Banique, wie sie seit Langem nicht vorhanden gewesen ist, hatte sich heute der Börse bemäch= tigt und ließ in jedem Augenblicke das Eintreffen der schlimmsten Kunde erwarten. Bis zu dem Augenblicke jedoch, wo wir diese Zeilen schreiben, ist irgend etwas Bestimmtes aus der französischen Hauptstadt nicht verlautet. Nur der Coursstand der Börse gibt Kunde von der Stimmung, die in Paris herrschen muß. Unerwartet darf dieser abermalige Schreck dem= jenigen nicht kommen, der mit unbefangenem Auge die fran zösischen Verhältnisse verfolgt. Die Senatsrede des Prinzen Napoleon war ein zu gewichtiges Bulletin über den Gesund heitszustand des kaiserlicheu Vetters, als daß man es hätte übersehen dürfen. Aber Prinz Napoleon täuscht sich in seinen Hoffnungen; zweimal hintereinander läßt sich dieselbe Farce nicht aufführen und die Herrschaft seines Vetters hat vor allen Dingen die Napoleon - Legende um allen Credit gebracht. Und was ist ein Napoleonide ohne die Erinnerung an Napoleon I. ? Was auch in Frankreich nach dem Tode Napolon III. eintreten mag, eine unmittelbare Fortsetzung oder eine Wiederholung deffen, was seit achtzehn Jahren dort geschehen ist, wird es nicht sein. Das kann man wohl mit aller Bestimmtheit behaupten."
Ueber die Lage der Dinge in Spanien haben wir von den Vertretern der spanischen Arbeiter auf dem Internationalen Congreß die günstigsten Berichte erhalten. Die Arbeiter Spaniens gehören fast ohne Ausnahme der sozial- demokratischen Partei an; die gesammte bürgerliche Bevölkerung der Städte, das wenig zahlreiche Großbürgerthum abgerechnet, ist republikanisch, und auch die Landbevölkerung hat sich in den meisten Theilen des Landes von den reaktionären Einflüssen des Pfaffenthums und des monarchischen Legitimismus freigemacht. Unter solchen Verhältnissen unterliegt es kaum mehr einem Zweifel, daß die krise, in welche die Spanischen Angelegen
heiten eingetreten sind, zur Errichtung einer Jberischen*) Republik führen muß. Denn in Portugal faun fich die Monarchie nicht behaupten, wenn in Spanien die Republik proflamirt ist.
Um die Leser von dem Stand der Arbeiterbewegung in den Vereinigten Staaten zu unterrichten, theilen wir die Zuschrift mit, welche dem Internationalen Congreß aus New York zugegangen ist. Dieselbe lautet:
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Wenn unsere Mittel uns auch nicht erlauben, einen Vertreter in Euere Mitte abzusenden, so reichen wir Euch doch die Bruderhand über den Ozean und freuen uns mit Euch, daß die Grundsätze der Arbeiterpartei in Europa immer mehr und mehr bei der Arbeiterklasse zur Geltung kommen.
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Auch in den Amerikanischen Arbeitern erstarkt das Bewußtsein, daß der Kampf der Arbeit um erfolgreich zu sein ein allgemeiner werden muß. Wenn erst unsere innere Organisation, welche seit Kurzem bedeutend fortgeschrit= ten ist, sich kräftig genug centralisirt hat, wird wir sind fest davon überzeugt fest davon überzeugt die Verbindung mit der Internationa len Arbeiter= Assoziation eine innigere und eine dauernde werden.
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Die Manchester - Schule hat unter den hiesigen Arbeitern fast gar keine Anhänger. Dagegen hat das Kellogg 'sche Geldsystem, nach welchem die Einführung eines Vereinigten Staa ten Papiergeldes und die Parzellirung des Grundeigenthums die industriellen Zustände verbessern würde, bei einem Theile der Arbeiter Wurzel gefaßt. Freilich vermindert sich die Zahl seiner Bekenner fortwährend in Folge der ganz unglaublichen Korruption unter den beiden abwechselnd herrschenden Parteien. Augenmerk richtet und uns fräftig unterstützt, damit das Ziel Wir erwarten, daß Ihr mit uns auf diesen Punkt Euer der festen Vereinigung so schnell als möglich erreicht werde. Wir wünschen Eurem Congreß den besten Erfolg, und sind mit Herz und Hand bei Euch.
New York , den 8. August 1869.
Der Allgemeine deutsche Abeiterverein: Conrad Carl, Präsident. Sebastian Brunner, Vicepräsident. Sgfrd. Meyer, Korresp. Sekretär."
Die ,, Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt:
,, Wenn nicht alle Anzeigen trügen, so wird die sozialis stisch- radicale Bewegung mit nächſtem in eine neue Phase treten. treten. Die Herren Bebel und Liebknecht erscheinen selbst den Augen ihrer entschiedensten Anhänger als Führer nicht ausreichend und es soll nun ein solcher in dem bekannten Publicisten Karl Marx in London gefunden und dieser gesonnen sein, die internationale Präsidialgewalt, welche er in der allerdings dem bloßen Auge nicht sichtbaren Europäischen Republik in jener Stadt bekleidet hat, mit den greifbaren Functionen als Schweizer 'scher Gegenpapst zu vertauschen und zu diesem Zwed nach Deutschland zurückzukehren. Sollte Hr. Marr wirklich den deutschen Boden betreten, so wird, das gestehen wir, der soziale Kampf an Interesse gewinnen, denn die wissenschaftliche Befähigung dieses langjährigen Chefs der socialistischen Schule ist außer Zweifel. Ob auch sein Führertalent, wird sich zeigen."
Bei der in der Politik herrschenden Sauerngurkenzeit scheint sich die„ Norddeutsche Allgemeine Zeitung" auf die Erfindung ,, pikanter" Nachrichten zu verlegen. Wir können der ,, Nordd. Allg. 3tg." indeß aus bester Quelle versichern, daß es Karl Marx gar nicht einfällt, nach Deutschland überzusiedeln, so Lange die Patrone der ,, Nordd. Allg. 3tg." das Scepter führen. Liebknecht nur im Hinn der ,, Nordd. Aug. 3tg.", denn beEbenso existirt die Führerschaft" der Herren Bebel und kanntlich hat die sozial demokratische Arbeiterpartei in ihrer Organisation jede sog.„ Führerschaft" beseitigt. Schweißer wird, ohne Zweifel zum Bedauern der„ Nordd. Allgem. Ztg.", ohne Gegenpapst gestürzt.
*) Jberien ist der alte Name für die Pyrenäische Halbinsel( Spanien und Portugal ).