den Besorgnisse zu verscheuchen. Sie schreibt nämlich: ,, Mehrfach ist die Ansicht laut geworden, es sei von Seiten des Vicekönigs eine ablehnende Antwort und in Folge dessen ein ernstes Berwürfniß zwischen der Türkei und Egypten zu beforgen. In den bisherigen Nachrichten von zuverlässiger Seite findet diese Besorgniß zur Zeit keine Bestätigung. Man darf vielmehr auf eine friedliche Regelung der bezüglichen Verhält= nisse hoffen, und diese Hoffnung wird durch die Thatsache ver= stärkt, daß alle Großmächte in dem Wunsche übereinstimmen, die Ruhe im Orient ungestört zu erhalten." Werth hat diese Notiz so wenig wie alle ähnlichen derartigen Beschwichtigungsartifel. Auf eine friedliche Regelung zu hoffen, bleibt natür lich Niemand benommen, ob zu dieser Hoffnung Grund ist, wird sich erst dann mit einiger Sicherheit angeben lassen, wenn man über die Antwort im Klaren ist, die Ismail Pafcha auf die definitiven Forderungen des Sultans gibt. Diese Forderungen sind zwar dem Vasallenverhältniß des Vicekönigs, wie es durch den Ferman von 1841 normirt ist, völlig entsprechend, den langgenährten ehrgeizigen Plänen desselben gegenüber aber eine starke Zumuthung. Mit dem großherrlichen Gebot, seine Kriegsschiffe zu verkaufen, feine Armee auf 10,000 Mann zu reduciren und keine Anlehen ohne Zustim mung der Pforte aufzunehmen, ist Ismail vor die Alternative gestellt, sich selbst aller seiner Machtmittel zu entäußern oder zu rebelliren. Welche der beiden Alternativen er wählt, ist bis jetzt nur Gegenstand der Vermuthung, eine bestimmte Nachricht darüber liegt noch nicht vor.
Das Italienische Ministerium hat sich in seinen VerLegenheiten( politischer und finanzieller Art) nicht anders zu helfen gewußt, als durch eine Auflösung der Kammern. Die neue Kammer ist auf den 15. Oktober berufen. In der Zwischenzeit wird die Presse geknebelt und werden die Beamten gemaßregelt, welche oppositioneller Tendenzen verdächtig sind. Wird aber alles nichts helfen! Die Erbitterung im Volk ist so groß, daß an die Wahl einer Regierungsmajorität nicht zu denken ist.
Ein offenbar wohlunterrichteter Korrespondent der ,, Freien Breffe," entwirft von den Zuständen Rußland's unter Kaifer Nicolaus folgendes Bild: ,, Der Selbstherrscher aller Reussen hat seinen bei der Thronbesteigung befundeten Liberalismus längst aufgegeben, wie das bei Thronbesteigungen gewöhnlich geschieht.
,, Die Lage der freigelassenen Bauern ist nach übereinstimmenden Berichten aus allen Theilen des Czaarenreiches trauriger, rechtloser, verzweifelter als vor ihrer Freilassung. Der Staatskredit, der nach Außen noch durch tours de force auf recht erhalten wird, ist im Innern tief gesunken, Silber und Gold aus dem Verkehr verschwunden und die Entwerthung des Papiergeldes nimmt trotz aller selbstherrlichen Defrete einen unaushaltsam schnellen Verlauf. Der Adel ist verarmt, große Strecken Landes, die Jahrhunderte lang bebaut gewesen, sind in Wüstenei zurückgesunken. Ein besitzender Bauernstand existirt nur auf dem Papier und in der Phantasie von der offiziellen Phrase kommandirter, oder getäuschter Zeitungsschreiber. Gewaltthätigkeit und Verbrechen stehen im Innern des Reiches einer grauenhaften Beamtenkorruption gegenüber. Hie und da ein Auflodern von Kommunismus und Jacquerie Mißvergnügen, Elend, Brutalität allenthalben.
-
,, Alle die gepriesenen ,, Reformen" sind Mondschein. Wenn seit dem Tode Nikolaus' irgend etwas reformirt worden, so ist es zum Schlechten gewesen. Nikolaus hielt Ordnung im Innern und zwar mit schwerer mitleidsloser Hand; aber er machte doch nicht den wahnsinnigen Versuch, die polnische Nation geradezu auszurotten und ihr Erbe an russische Soldaten und Tschinownits zu verschenken, er achtete die deutsche Cultur und ihre vertragsmäßigen Rechte in den baltischen Provinzen under hielt den Panslavismus mit starker eiserner Faust
nieder.
,, Das ist anders geworden. Sein Nachfolger hat die Banjlaven nöthig, um auswärtige Diversionen gegen seine in
452
neren Verlegenheiten zu machen und den barbarischen Erobe rungstrieb an die Stelle des Verlangens nach freiheitlichen Reformen zu setzen. Wie das geschieht wissen wir alle. Wenn Rußland mehr Macht befäße als es glücklicherweise besitzt, so würde der Panflavismus eine sehr ernsthafte Gefahr für die Civilisation Europa's sein."
Aus Meerane wird uns mitgetheilt, der dortige Stadt rath habe an alle Schutzverwandte die Aufforderung ergehen lassen, binnen vierzehn Tagen das Bürgerrecht zu erlangen, der Briefschreiber fragt, ob der Stadtrath dazu ein Recht habe.
Wir antworten: Nein! und fordern hiermit die Bethei ligten auf, gegen diese Maßregel des Stadtraths Recurs zu ergreifen bei der höheren Behörde. Nach sächsischem Geset muß derjenige Bürger werden, welcher ein Gewerbe auf eigne Rechnung mit Gehülfen betreibt. Als selbstständige Gewerbetreibende werden aber Weber, die für Fabrikanten, also für Lohn arbeiten, nicht angesehen, es sei denn, daß sie Gehülfen beschäftigen. Wir wollen hierbei darauf aufmerksam machen, daß die mit dem 1. Oktober ins Leben tretende Norddeutsche Gewerbeordnung den Zwang zum Bürgerwerden für die ersten drei Jahre des selbstständigen Gewerbebetriebs wenigstens aufgehoben hat, es scheint uns darnach, daß der Stadtrath von Meerane diese Bestimmung fürchtend, noch vor dem 1. Oktober sein Heu d. h. das Bürgergeld von möglichst vielen Schutzverwandten herein haben möchte, weil er es nach dem 1. Oktober nicht mehr verlangen fann.
Der§ 13 der Norddeutschen Gewerbeordnung lautet: Von dem Besitz des Bürgerrechts soll die Zulassung zum Ge werbebetriebe in feiner Gemeinde und bei keinem Gewerbe abhängig sein.
Nach dem begonnenen Gewerbebetriebe ist, soweit dies in der bestehenden Gemeindeverfassung begründet ist, der Gewerbetreibende auf Verlangen der Gemeindebehörde nach Ablauf von drei Jahren verpflichtet, das Bürgerrecht zu erwerben. Es darf jedoch in diesem Falle von ihm das sonst vorgeschriebene oder übliche Bürgerrechtsgelo nicht gefordert und ebenso nicht verlangt werden, daß er sein anderweit erworbenes Bürgerrecht aufgebe."
So die Norddeutsche Gewerbeordnung. Die Mitglieder des Stadtraths zu.Meerane gehören unseres Wissens sammt und sonders zu den National- Liberalen, sie haben sich wenigstens in diesem Sinne und der Bürgermeister voran, bei den Reichstagswahlen agitatorisch betheiligt; sie haben als solche die ,, Segnungen" des Nordbundes nicht genug den Arbeitern preisen können. Hier, wo es sich gegenüber den vielen Nachtheilen, die uns der Nordbund gebracht, um einen fleinen Fortschritt, mit den National- Liberalen zu reden ,, Segnung", handelt, bietet der national- liberale Meeraner Stadtrath Alles aus, diese ,, Seg nung" möglichst zu schmälern. Reden ist schön, aber auch darnach handeln ja Bauer, das ist was anderes.
II.
ah. Die Säfularfeier des Geburtstages Alexanders v. Humboldt am 14. September beschäftigt augenblicklich Alles, was noch einen idealen Funken in sich hat. Gern nehmen Alle Theil an der Feier zu Ehren dieses internationalen Geistes- Heroen, dessen Ruf jetzt die ganze Welt erfüllt; doch die Meisten beschleicht in diesem Augenblicke ein unheimliches Gefühl, wenn sie, im Festzuge marschirend, sich selbst das Geständniß ablegen müssen, daß sie nicht einmal wissen, wer Hum boldt war. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn ich behaupte, daß die Festzügler zur Humboldtfeier ebensowenig wissen, wor um es sich handelt, wie die Soldaten, die 1864 und 66 in's Feuer aingen. Das ist der Fluch
b
199
b
"
Te
te
f
b
Id
d
91
1
n
te
T
a
to
11