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beeinflußten Schulen, daß am hundertjährigen Geburtstage Humboldt's nur ein verschwindend kleiner Bruchtheil der Be­völkerung so viel naturwissenschaftliche Vorbildung hat, um den Kosmos" zu verstehen. Möge die Humboldtfeier wenigstens in ihren Theilnehmern diese Erkenntniß befestigen und sie zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Bildung im Volte anregen. Popularisirt und verbreitet Humboldt's Schriften, gründet Schu­len, in denen auch die Armen des Volkes jenes ,, lautere Got teswort" hören können, das ist die schönste Humboldt­feier. Ein Mann wie Humboldt, der in der Wissenschaft so hoch stand, in dessen Glanz aller Fürstenschmuck erbleicht, braucht nicht durch ein Standbild von Erz gefeiert zu werden; er hat sich sein Denkmal in seinen Schriften selbst errichtet. Er, der anspruchs­lose Volksmann verzichtete schon bei Lebzeiten auf den eitlen Glanz, darum ist auch eine Feier, die Unsummen für unpro­duktive Zwecke verschlingt, eines so großen Mannes unwürdig. Mögen die heutigen Gelehrten, die an den Thüren der Maje­stäten um Titel und Orden betteln, die Professoren der Uni­versitäten und Akademien, die in ihren Festgelegenheitsreden in so efelhaft widriger Form die Regenten als ,, Beschützer der Wis­senschaft" preisen, mögen sie sich an Humboldt ein Beispiel nehmen, wie eben der wahre Gelehrte frei sein muß, wenn nicht die Wissenschaft entweiht werden soll. Oder ist es etwa feine Entweihung der Wissenschaft, wenn die Regenten, welche das Pfaffenthum und den Obsturantismus schüßen die Freidenker dagegen in's Elend verjagen, als Protektoren und Mäcene der freien" Wissenschaft gelobhudelt werden? Es ist mehr als eine Pa­rodie auf die Wissenschaft, wenn die ,, obersten Kriegsherrn" t alle Jahre ein Mal,-nämlich wenn das Wetter für Mili­tatrparaden zu schlecht ist- die Sitzungen der ,, Akademieen für Wissenschaften" besuchen und einem Vortrag über die neueſten metereologischen Forschungen beizuwohnen allergnädigst geruhen. Was versteht der Bauer von Gurkensalat?" fönnte man in Bezug darauf mit Recht sagen, und doch geriren sich I diese Leute, als ob sie wirklich in gelehrten Dingen etwas mitsprechen können. Es existirt in Breußen ein Drden pour le mérite, dessen Juhaber stets die 12 verdienstvollsten Gelehr ten und Künstler der Welt sein sollen. Ich frage: Kann ein Gelehrter und Künstler, der zu den 12 verdienstvollsten Männern der Welt gehören soll, nicht auf eine Auszeichnung verzichten, de ren Werth vollständig auf Null sinkt, wenn man auf ihren Ursprung zurückgeht? Ich möchte es fast eine Blasphemie nennen, daß ein Ministerium Mühler darüber bestimmen soll, wem unter den Männern der Wissenschaft und Kunst die Palme gebühre. Und doch drängen so viele Koryphäen des Geistes sich an die Fürstenhöfe und machen sich eines Ver­gehens schuldig, das man nicht anders benennen kann, als Prostitution. Die Wissenschaft und ihre Lehre soll frei fein, frei von allen Einflüssen, die, wie die Macht der Ge­walthaber, die Wahrheiten der geschichtlichen Forschungen trüben.

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Humboldt lebte auch an Fürstenhöfen, aber er fühlte sich nicht etwa durch den Titel eines Kammerherrn geadelt, wie die heutigen Professoren durch den Geheimrathstitel, sondern er benutzte seine Stellung um die sogenannten Großen zu be­einflussen, um sie für die Sache des Volkes zu gewinnen. Wo irgend ein freisinniger Denker verfolgt wurde, war es Humboldt, der ihn durch seine internationalen Beziehungen in Schutz und Sicherheit zu bringen wußte, ungeachtet der In­triguen der Höflinge, die ihm darum seine letzten Jahre arg verbittert haben. Frei war sein Forschen und Denken in jeder Beziehung des Wortes, darum sei des freien Mannes von freien Männern heute gedacht!*)

III.

Der Voltsmanu" Friedr. Hecker veröffentlicht jetzt in der Gartenlaube ,, Erinnerungen aus seinem Leben". In Nr. 35

*) Die Biographie Humboldt's von Otto Ute sei biermit unsern Lesern empfohlen.

dieses Blattes klagt er darüber, daß er nicht viel Zeit zum Schreiben habe, da eben jetzt die Zeit der Ernte sei und er auf dem Felde mitarbeiten müsse, weil die Arbeitshände rar, theuer und unverschämt sind." Beiläufig gesagt, die Gartenlaube, welcher die liberalen Philister eine so hohe, kulturgeschichtliche Bedeutung beilegen, ist es gewesen, welche noch vor der Fortschrittspartei den Personenkultus im deutschen Volke einheimisch gemacht hat. Vor dem Tribu­nale der Gartenlaube giebt es nur große Männer," lauter Volksbeglücker, die sich unsterblich gemacht haben. Wie demoralisirend die unausstehlichen Lobhudeleien dieses Blattes auf die geschilderten Persönlichkeiten selbst wirken können und wie corumpirend sie bereits auf das Urtheil des Volkes ge= wirkt haben, das ist leider, soviel ich weiß, von der Presse noch nie berücksichtigt worden.

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Aus Arbeiterkreisen ist von einem Strike der Musiker und Pfefferküchler, wie von der Bildung eines Arbeiterinnen= vereins zu melden. Ueber letteren nächstens Genaueres. Der Wiesbadener Standal hat hier, wie überall, bei den Bourgeois böses Blut gemacht. Zur Aufklärung der Sache ist nun nöthig festzustellen, ob jene Einladung nur an die Fortschritts­partei gerichtet war, oder ob es eine allgemeine Volksversamm= lung sein sollte. Im ersteren Falle konnte man den Fort­schrittlern ihren Aerger darüber nicht gar zu sehr verdenken. Der Verein ,, Schwielige Bruderfaust" hatte auf den 10. d. M. eine Festlichkeit angesagt zu Ehren seines nun wieder freigelassenen Präsidenten. freigelassenen Präsidenten. Darüber bemerkte Jemand spöt­tisch: ,, Vor acht Tagen Lassalle's Todtenfeier und heute Schwei­gers Auferstehung." W13 werden die Matter in Minnheim sich wieder ängstigen!

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Der Congreß der englischen Gewerkvereine.

( Schluß.)

Die nächste Frage, welche zur Verhandlung kam, betraf die Länge der Arbeitsstunden und Mr. Swaine( Manchester ) der sich hierüber vernehmen ließ, war der Ansicht, daß eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit nothwendig sei. Er ent­wickelte, daß ein Biertel der jährlichen Todesfälle von Ursachen herrühre, welche man verhindern könne, und äußerte die Ueber­zeugung, daß vorzeitige Erschöpfung in Folge allzu anstrengender oder geradezu schädlicher Arbeiten hierbei stark ins Gewicht falle. Bart, Bäder und sonstige öffentliche Erholungsorte könn= ten dem Arbeiter, der erst nach 5 oder 6 Uhr Abends schließe, nichts fruchten. Die geistigen Anforderungen an den Arbeiter seien bedeutend gestiegen, aber unter dem unheilvollen Drucke der Conkurrenz werde er jetzt in allen Zweigen der Industrie überarbeitet, und eine Verkürzung der Arbeitszeit werde am Ende für alle Klassen ihre vortheilhafte Wirkung äußern. Red­ner befürwortete am Ende einen Centralausschuß um im ganzen Lande in dieser Richtung zu wirken. Mr. Raine knüpfte an diesen Vortrag eine Resolution des Juhaltes ,,, es sei die feste Ueberzeugung sowie die Pflicht der auf dem Congreß vertrete= tenen Vereine, jede billige und ehrenwerthe Bewegung, welche Kürzung der Arbeitsstunden zum Zwecke habe, zu unterstützen, da sie von dem Glauben beseelt seien, daß auf diese Weise die Moralität gefördert, die physische und geistige Kraft der Ar­beitslosen erleichtert werde." Dazu beantragt später Mr. Cre­mer( London ) den Zusatz ,,, und der Congreß ist geneigt, acht­stündige Arbeit als ein Tagewerk in allen Gewerken zu em­pfehlen". Beide Anträge wurden genehmigt.

Bei Erörterung der Frage, ob es empfehlenswerth sei, die Zahl der Lehrlinge zu beschränken, war unter den Theil­nehmern ziemliche Einstimmigkeit zu bemerken, wenigstens ließ sich nur eine einzige Stimme, Mr. Bailley( Preston) vernehmen, um dieselbe mit Rein" zu beantworten, während eine Reihe Redner der Maßregel kräftig das Wort redeten. Mr. Odgers der mehrgenannte Arbeiter, welcher als Parlamentscandidat er= folglos candidirte, wollte die Frage vor ein Schiedsgericht ver­wiesen haben. Die erste Resolution in dieser Angelegenheit