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ordnungen und ihre daraus hervorgehende Diktatur, damit sie schwelgen könnten im Genusse einer Macht, die im geordneten Staate für sie eine faure Traube ist. Nicht eine einzige That­sache haben sie bis heute aufzuzeichnen, mit der sie beweisen fönnten, daß sie mit all ihren Lamentationen, mit ihrer Nega­tion( Verneinung) der bestehenden Verhältnisse, mit ihrem Ja­gen nach unerreichbaren Zielen, mit all ihren von den Arbei­tern gesammelten Groschen oder von gewissen Fonds empfan­genen Thalern, auch nur einem einzigen Arbeiter seine ma­terielle Lage verbessert hätten. Darum, weg mit allen ,, poli­tischen Hanswurstereien", weg mit dem Gaukelspiel der Ver­tröftung auf die kommende Weltrepublik und gerade aus ge­steuert auf das Ziel: Emanzipation der arbeitenden Klassen, ihre vollständige Gleichberechtigung mit allen andern Ständen, ihre gesicherte Existenz und genügendes Auskommen schon in der Gegenwart. Um dieses Ziel zu erreichen auf realem Bo­den, auf versöhnlichem Wege, haben wir Gewerkvereine_ge= gründet und soll auch der Gewerkverein der deutschen Goldar­beiter seine ganze Thätigkeit aufbieten."

Herrn Wittum wären wir zu Dank verpflichtet, wenn er sich genauer ausgesprochen hätte über die Personen, über die er seine schmeichelhaften Prädikate in so reichlichem Maße aus­schüttet; aus dem Kraut- und Rübengericht, das er seinen Gold­arbeitern vorsetzt, kann man das nicht recht erkennen.

Wenn er von Schwindel, Bestechung, Verschwendung er= sparter Groschen der Arbeiter, Herrschsucht, Diktatur u. dergl. spricht, dann nehmen wir an, daß er jene Sekte meint, die auch wir zuletzt in Eisenach   bekämpft, und dann sind wir darin mit ihm einverstanden. Merkwürdig nur, daß alle jene ehrenrührigen Prädikate Herr Wittum Denen beilegen muß, die er sonst als halbe Freunde betrachtet, weil er poli= tisch mit diesen auf gleichem, d. h. auf national- liberalem Standpunkt steht und gleich Herrn v. Schweitzer und seinem Anhang die Lösung der socialen Frage von Bismarcks Gnaden erwartet.

Was dann Herr Wittum über unseren prinzipiellen Stand­punkt sagt, als: ,, wir erklärten der bestehenden Gesellschaft den Krieg", wollten die ,, sociale Republik", erstrebten in dieser den ,, vollen Ertrag der Arbeit", so sind das Dinge, mit denen wir uns schon einverstanden erklären können. Wenn er aber sagt, daß die Bestrebungen der social­demokratischen Partei bis jetzt den Arbeitern noch keinen direkten Nutzen gebracht, so ist das eine alberne Behauptung. Mehr als alle Phrasen der Schulzeaner und der Bourgeois­parteien hat die energische Agitation der Social- Demokratie dazu beigetragen, daß so manche kleine Conzession in der Ge­setzgebung des Nordbundes, wie der andern Staaten durchge­jetzt wurde. Die ,, Liberalen  " schreien, daß sie das ,, erreicht". Ja wohl! aber erst durch die weiter gehenden Forderungen der Social- Demokratie gedrängt, hat man sich entschlossen Con­zeffionen zu machen. Wenn heute die sociale Frage in den Reichs- und Landtagen, in Versammlungen, Vereinen und der Bresse unausgesetzt diskutirt wird, wem verdankt man das? Der Social- Demokratie. Und die Social- Demokratie wird nicht ruhen und rasten, bis sie ihr Programm ganz erfüllt, d. h. bis sie, die jetzt ,, Unterste zu oberst" kommt, um mit Herrn Wittum zu reden.

Wie denkt denn Herr Wittum die sociale Frage zu lösen, sein Blatt enthält darüber nichts als Phrasen. Die Ver= söhnung" zwischen Kapitalisten und Arbeitern, von der er schwätzt, wird eintreten, wenn Feuer und Wasser sich mit einan= der vertragen, d. h. nie.

Herr Wittum hofft, daß seine Goldarbeiter den ,, phanta­stischen Bestrebungen" der Social- Demokratie nie anhängen werden; wir werden gelegentlich den Versuch machen, zu sehen wie weit sich das bewahrheitet. Wir hoffen in nicht all zu ferner Zeit in Pforzheim   ,, einzufallen", habe dann Hr. Wittum die Güte und wiederlege uns.

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Das Proletariat.

Borgetragen bei der Todtenfeier Laffalle's in Braunschweig  . Hohläugig, gramdurchfurcht die Wangen, Die Blöße kaum noch halb verhüllt, Kommt schleichend es daher gegangen, Und wer es sieht, deß Herz erfüllt Ein furchtbar namenloses Bangen. Wer, grausiges Phantom, bist du? Dein Odem schnürt die Brust mir zu. Steh' Rede! was ist dein Verlangen?- Da hält es ein auf seinem Pfad: ,, Ich bin das Proletariat."

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So dumpf und hohl mit leisem Stöhnen Aechzt es als Antwort; doch es schwillt Allmächtig, wie des Denners Dröhnen, Der Ruf des gräßlichen Gebild. Mit Millionen Stimmen tönen Die Worte, daß das Herz erbebt, Und heult: Von meinen eignen Söhnen Ward ich verrathen früh und spat: Ich bin das Proletariat."

Mich hat der Ueberfluß geboren, Ich bin das Stieffind der Natur, Nichts auf der Welt hab' ich verloren, Treu blieb das Elend meiner Spur. Als Wiegenlied tönt' meinen Ohren Der Armuth bitt'rer Schmerzenslaut, Die bleiche Noth war meine Braut, Es hat sich gegen mich verschworen Macht und Gewalt in Volk und Staat: ,, Ich bin das Proletariat."

Ich duldete, ich war gebrochen, Zerschlagen war mein ganzes Sein. Du sollst, hat da ein Mann gesprochen, Der Fels der Zukunftskirche sein.

Da bebt das Mark mir in den Knochen, Ich raff' die letzten Kräfte auf, Beginne langsam meinen Lauf, An jedem Hause anzupochen: Wacht auf, ihr Schläfer! auf zur That! Ich bin das Proletariat."

An die Paläste, an die Hütten Klopf' mahnend überall ich an. Vorbei ist Jammern, Fleh'n und Bitten, Vorüber ist der falsche Wahn.- Als sei die Noth, die ich gelitten, Bestimmung,-die Gott auferlegt, Damit Barmherzigkeit man pflegt. D'rum zum Verzweiflungskampf geschritten! Sieg oder Tod! das ist mein Rath:

,, Ich bin das Proletariat."

Und weiter zieht's. Jm Weiterschreiten, Wie ein vom Sturm gepeitschter Strom, Dehnt es sich aus nach allen Seiten, Es überragt den höchsten Dom, Besiegt mit Macht die ehr'nen Zeiten Der Sklaverei, der Arbeit Noth, Und in der Freiheit Morgenroth Erglänzt in Flammenschrift: Das Leiden Des Volk's, ward nach Laffalle's Rath Besiegt vom Proletariat.

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F. W. Frizsche.