eine
es einem ausgebildeten Aristokraten und Lebemann ganz angemessen, des Führers einer sozialistischen Partei aber höchst unwürdig ist. Sie müssen auch auf den Eisenbahnen erster Klasse fahren, während für Ihre Agitatoren die vierte Klasse noch zu theuer ift! Ein solches Leben kostet sehr, sehr viel Geld. Und wenn Sie auch aus Arbeiterpfennigen ich verfluche jetzt die Dienste, die ich Ihnen als Kassirer dabei that nicht unerhebliche Summe bekommen haben, so ist dies immerhin, zumal diefelbe ja auf das Vereinsorgan verwandt sein soll, bei den außerordentlichen Ausgaben für Ihr luxuriöses Leben nicht in Betracht zu ziehen. Woher sind nun die Mittel für alles das, was Sie nöthig haben, um große Gedanken zu denken? Aus Privatmitteln haben Sie es nicht, das tönnen Sie nicht mehr in die Welt hineinlügen, und auf dem Creditwege können Sie sich Summen, wie sie Ihnen zu Gebote stehen müffen, ebenfalls nicht auf die Dauer verschaffen. Nie haben Sie über diesen Punkt der ParteiKlarheit gegeben, und muß dies, neben den bedeutenden andern Gründen, den vorliegenden Verdacht fast zur Gewißheit erheben. Oder, wenn dem nicht so ist, warum gaben Sie der Partei nie darüber die erforderliche Auskunft?
Gestatten Sie mir bei dieser Finanzfrage noch einige Worte, die ich als ehemaliger Kassirer des Verbandes an Sie zu richten habe. Sie schreiben in dem großen ,, Ufas" in Nr. 107 Ihres Blattes, daß eine stete strenge Ordnung im Kassenwesen geherrscht habe, und daß, wo dies nicht der Fall gewesen, andere daran schuld gewesen seien, denen Sie nicht gehörig auf die Finger geklopft; in Zukunft wollten Sie aber unnachsichtlich in dieser Hinsicht verfahren. Die letzteren Bemerkungen könnten von Uneingeweihten auf die Zeit vor dem Vereinigungswerke" gedeutet werden, weßhalb ich hiermit meine Ueberzeugung dahin ausspreche, daß, so lange ich Raffirer war, also bis zu der Vereinigung mit Hatzfeldt- Mende, von Anderen keine Unregelmäßigkeiten mit Vereinsgeldern vorgekommen sind. Ihre Bemerkungen beziehen sich also wohl auf den Verband, zumal auf letztere Zeit, wo von Ihrer Stellvertretung aus der Verbandskasse Gelder für die Agitation gegen den Kongreß der ,, Ehrlichen" in Eisenach verwandt worden sind. Was nun die Vereinsgelder anbelangt, so möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß bei Ihnen in dieser Hinsicht die größte Unregelmäßigkeit geherrscht hat. An eins will ich Sie nur erinnern was ich Ihnen auch in Barmen auf der General- Versammlung sagte, und was außerdem der betreffende Kassenbericht beweist nämlich daran, daß Sie über eine Summe von circa 234 Thlr., welche Sie von der Hamburger Generalversammlung bis zur Auflösung des Vereins empfingen, bis jetzt gar keine Abrech= nung ablegten. Anderes will ich übergehen, indeß fann ich noch mit Weiterem dienen.
-
Ich habe die schwersten Vorwürfe gegen Sie erhoben, Herr Doktor! Ich beschuldige Sie des egoistischen Strebens nach der Herrschaft über die deut schen Arbeiter; werfe Ihnen vor, daß Sie die gemeinsten Mittel micht verschmähen zu diesem Ihren Zweck; ich behaupte, daß Sie die Zwietracht und den Haß unter den sozialistischen Arbeitern Deutschlands genährt; ich schleudere Ihnen den begründeten Verdacht entgegen, im Solde der preußischen Regierung zu stehen. Anderes, Vieles habe ich unterdrückt. Aber was ich Ihnen vorwarf, ist so bedeutend, daß Sie darauf antworten müssen, und ich werde Sie so lange daran mahnen, bis Sie es gethan oder aller Welt bewiesen haben, daß Ihnen die Antwort unmög= lich ist.
Und die Antwort wäre Ihnen ja doch so leicht! Wenn Sie fortfahren in derselben Weise, wie bisher, dann ist es Ihnen ja ein Leichtes, Alles, was ich sagte, zu verdrehen, bis sein eigenes Gegentheil daraus wird, Anderes zuzulügen, Anderes daran zu lügen, dann wie die Katze um den Brei herum zu gehen und schließlich die Backen voll zu nehmen und so zu thun, als hätten Sie alle Anschuldigungen der ganzen Welt gegen Sie zu Boden geschlagen! Sie haben darin doch schon Erstaunliches geleistet!
Noch eins Herr Doktor! Ich fordere Sie auf und lade Sie ein, bei Ihrer angekündigten Rundreise nach Braunschweig zu kommen. Ich stehe Ihnen dafür, die Braunschweiger Arbeiter ebenso unversöhn= lich gegen Sie, wie versöhnlich gegen die von Ihnen mißleiteten Brüder werden Sie ruhig anhören und unparteiisch werden sie ,, trotz alledem" urtheilen. Sie wollen auf Ihrer Reise ja gerade die gegen Sie erhobenen Anschuldigungen widerlegen!
Ich erhebe die schwersten Anschuldigungen gegen Sie und erwarte Ihr Kommen!
Bracke.
Internationaler Verein für Buchbinder c. ( Agitationsbericht.) Sonntag Abend war ich in Erfurt , wo ich in einer Versammlung der dortigen Collegen die Bestrebungen unfres Vereins erläuterte. Es erklärten eine Anzahl ihren Eintritt und wird Sonnabend die Wahl des Bevollmächtigten erfolgen. Ebenso gab ein Vortrag vor den Kollegen in Apolda denselben Veranlassung, eine Mitgliedschaft zu bilden und die Wahl eines Bevollmächtigten zu vollziehen. In Merseburg ließ sich am Dienstag keine Versammlung einberufen, da in den dortigen Cartonagenfabriken bis Abends 11 Uhr gearbeitet wird. Es wird deßhalb nächsten Sonnabend eine Zusammentunft abgehalten werden. Die Mittheilungen über die Verhältnisse unsrer Berufsgenossen in den genanten Städten, die mir geworden sind, lassen eine Befferung dringend geboten erscheinen. Ueberall ist der Lohn mit fehr geringen Ausnahmen höchstens 3 Thlr. wöchentlich, in Merseburg mitunter 2 Thlr. 8 Sgr. In letzterer Stadt sah ich die Behandlung eines Kollegen von seinem Arbeitgeber, die geradezu empörend war.
Ihm wurde in barschefter Weise verboten, mit mir zu sprechen und zwar am Sonntag Vormittag, wo er über Feierabend arbeitete. Die Arbeitszeit ist 13 Stunden täglich, in Erfurt 14. Besondere Anlagen, die Arbeiter zu ,, dirigiren", entwickelt ein Werkführer in Apolda , welcher neben verschiedenen anderen Mittelchen die Einrichtung getroffen hat, daß jedem Mädchen 5 Sgr. vom Wochenlohn zurückgehalten und bei ihrem Abgange nur dann ausgezahlt werden, wenn sie ein gutes Attest von ihm erhalten. Was ein Mädchen Alles zu thun hat, um sich ein gutes Zeugniß von diesem Werkführer zu verdienen, ist in Apolda sehr bekannt, gleichwie die Lohnabzüge, die er sehr häufig dekretirt. Wie man sagt, soll der Chef des Hauses gegen seine Arbeiter sehr gerecht sein und es ist zu verwundern wie er das Treiben dieses Werkführers, der sich auf Kosten seiner Arbeiter einen guten Stand sichern will, so ruhig duldet. Die schlimmsten Bedrücker der Arbeiter sind diese Creaturen, die, wenn sie ein Werkführerpöstchen erhalten, nicht mehr wissen, daß sie Arbeiter waren und den guten Stand, den sie mit ihrer Tüchtigkeit sich nicht zu erlangen trauen, durch Uebervortheilung der Arbeiter erhaschen wollen.
Ueberall freute man sich, daß mit der Einrichtung des Arbeitsnachweises und des Meilengeldes zwei recht fühlbare Mängel beseitigt wären, denn der Mangel des Reisegeschenkes, sowie die Unzulänglichkeit des bisher bestandenen lokalen Arbeitsnachweises zwingen so Manchen unter gedrückten Verhältnissen fortzuarbeiten.
Ernst Werner.
Angemeldete Mitgliedschaften: Apolda , Bevollmächtigter Jul. Städer, Fleischergasse. Salzburg , Joh. Konradt bei Pustet .
Altona , 12. September. Vorgestern Abend konstituirte sich hier ein sozaldemokratischer Arbeiterverein, welchem sofort 31 Witglieder beitraten. Unsere Sache steht hier zwar nicht auf dem Friedens= fuß, aber gut. Besonders die Tischler und die Cigarrenmacher baben sich für uns erklärt und werden auch bald zum Wachsen unserer Mitgliederzahl kräftigst beitragen. Wir hatten unsere Vereinskonstituirung schon acht Tage früher beabsichtigt, aber die Hamburger Schweitzerianer besetzten das Lokal lange vor der angesetzten Versammlungszeit. Dies geschah mehr, um sich für ihre famose Niederlage bei Constituirung unferes Brudervereins in Hamburg zu rächen, als um hier Hausfriedensbruch zu üben. In unserer Stadt selbst hat sich der SchweitzerCultus noch immer auf einige Bierlokale beschränkt; dort feiert er seine Orgien, um die wir ihn natürlich niemals beneiden.
Graz, 17. Septbr. Die hiesigen Kleidermachergehilfen hielten am 13. ds. eine allgemeine Schneiderversammlung, welche sich für eine Lohnerhöhung von 40 Proz., Herabsetzung der Arbeitszeit und Regulirung der Confektionsgeschäfte entschied. Wie wir vernehmen, sollen die meisten der Arbeitgeber sich geäußert haben, daß sie lieber die Geschäfte sperren, als mehr zahlen wollen. Es wird demnach vor Zuzug ge= Franz Pirz.
warnt.
Berlin , 19. September. Am 15. d. M. kam der am 10. d. vertagte Prozeß gegen Vogel und Genossen zur Verhandlung. Vogel wurde zu 3 Monat Gefängniß und Wenzel zu 30 Thlr. Geldbuße verurtheilt, Kwasniewky und 3fchochwitz freigesprochen. Vogel ward vorläufig der Haft entlassen.- Am 17. wurde Liebknecht wegen einer Rede im demokratischen Arbeiterverein in contumaciam zu 3 Monat Gefängniß verurtheilt.
Chemnitz . Am Sonnabend hatte dahier im Apollosaal eine große Arbeiterversammlung statt, in der Bebel und Motteler auftraten. Die Versammlung, die von 2-3000 Menschen besucht war, nahm den günstigsten Verlauf, und zeigte, daß die Schweitzer- Hatzfeldterei gründlich ausgetrieben ist. Näheres in der Sonnabend
nummer.
Nürnberg . Es ist erfreulich, melden zu können, daß unsre Partei auch hier an Ausbreitung zunimmt. So haben wir vor Kurzem einen sozialdemokratischen Arbeiterverein in Mögeldorf mit etwa 60 Mitgliedern gegründet, einen desgleichen in Gleidhammer. Auch in andern Orten der Umgegend werden wir derartig vorgehen. Die Gewerksgenossenschaften hier stärken und vergrößern sich. Neu gegründet hat sich dahier eine Schneidergenossenschaft unserer Richtung, die über 100 Mitglieder zählt. Für morgen sind wir zu Parteigenossen nach Erlangen eingeladen, die eine Holzarbeiterge= nossenschaft gründen wollen; wir werden zugleich die Gründung eines sozialdemokratischen Arbeitervereins dort bewerkstelligen. Rührig und thatkräftig sucht jeder Einzelne hier mitzuarbeiten an der Vergrößerung und Verstärkung der Partei. - Die Untersuchung gegen J unser Mitglied Siebert, wegen seiner Rede auf dem hiesigen Arbeiterfest wird scharf betrieben, etwe 7 Mitglieder wurden in der vergangenen Woche eidlich vernommen. Daß er die Republik hat leben lassen, nehmen ihm die Herren so übel. Wir mir scheint, blasen unsere Herren auf dem hiesigen Bezirksgericht ihre Backen recht auf, um der Untersuchung große Wichtigkeit zu verleihen. Es wird ihnen aber nach der ganzen Sachlage nicht gelingen und wird der kreisende Berg höchstens eine Maust gebären.
4
Samburg. Am 7. ds. Mts. hat die Noth eine Anzahl Arbeiter zu einem Gewaltaft veranlaßt, welcher schließlich zur Zerstörung der T beiden Lauenstein'schen Fabriken, sowie des Gasthauses eines gewisserie: Schneider, der die Lieferung schwedischer Arbeiter übernommen hattezführte. Der Sachverhalt ist folgender: Die armen Arbeiter hatten schori feit 7 Wochen Strife gemacht, ohne daß ihnen ihre gerechten For