Demokratisches Wochenblatt.
No. 43.
Organ der sozial- demokratischen Arbeiterpartei.
1869.
Das Blatt erscheint Mittwochs und Sonnabends. Abonnementspreis vierteljährlich bei allen deutschen Postanstalten sowie hier am Platze einschließlich Bringerlohn 12% Ngr.; einzelne Nummern 1 Ngr. Abonnements für Leipzig nimmt entgegen Herr G. Richter, Peterssteinweg 7, Leipziger Consumverein, Üniversitätsstraße, und die Erpedition d. Blattes in der Wohnung des Herrn A. Bebel, Petersstraße 18. Für Dresden Filialexpedition( interimistisch) M. Hendel, Wallstraße 10. Agent in London für England, Indien , China , Japan , Australien , Südamerika 2c. die deutsche Buchhandlung von Franz Thimm, 24 Brook Street, Grosvenor Square, London . Agent für London : A. Duensing, Foreign Bookseller, Librarian and Newsagent, 8, Little Newport Street, Leicester Square, W. C.
Vom 1. Oktober an erscheint das ,, Demokratische Wochenblatt" unter dem Namen:
Der Volksstaat,
Organ der sozial- demokratischen Arbeiterpartei,
und sind alle Bestellungen auf der Post unter diesem neuen Namen aufzugeben.
Das Blatt erscheint wie bisher wöchentlich zwei Mal( Mittwoch und Sonnabend) und kostet in allen deutschen Staaten mit Ausnahme Preußens 12 Sgr., in Preußen mit Zuschlag der Stempelsteuer 15 Sgr. pro Quartal.
Kreuzbandsendungen des Blattes kosten innerhalb des deutsch = österreichischen Postvereins 20 Sgr., für die Schweiz 1 Thlr., für England, Frankreich , Belgien , Holland und Amerika 1 Thlr. 7% Sgr. pro Quartal, und ist der Betrag im Voraus zu bezahlen.
Alle Geldsendungen für das Blatt find an A. Bebel, Leipzig , zu richten.
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Aus England Gewerks Beilage:
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Inhalt: Politische Uebersicht. Aus Frankreich . Aus Amerika . Der internationale Arbeiter- Congreß. genossenschaftliches. Correspondenzen. Anzeigen. Bericht des Generalraths der Intern. Arb.- Ass. an den 4. allgem. Arb.Kongreß in Basel . Der internationale Arbeiter- Congreß.( Schluß.)
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Politische Uebersicht.
Der österreichische Minister des Innern, Herr des Innern, Herr Giskra , hat an die Landtage ein Rundschreiben erlassen, in dem er sie auffordert, sich über die Frage der Wahlreform auszusprechen. Es heißt in dem Circular:
,, Bei der Erörterung der einschlägigen Fragen ist es darum zu thun, daß sie nicht durch Schlagwörter oder allgemeine Sätze erledigt werden, sondern daß sie im Einzelnen erwogen und die Details in ihrer Tragweite bei den betref= fenden Beschlüssen im Auge behalten werden. Sie lassen sich im Nachstehenden formuliren: 1) Ist die Einführung directer ( unmittelbarer) Wahlen der Reichsraths- Abgeordneten im Interesse der Verfassung gelegen? 2) Jm bejahenden Falle, soll an die Stelle der Entsendung der verfassungsmäßigen Bahl von Landtagsmitgliedern in das Abgeordnetenhaus des Reichsrathes die directe Wahl von Abgeordneten durch die Bevölkerung treten? 3) Sollen diese directen Wahlen durch die Bevölkerung überhaupt oder nach den einzelnen Gebieten, Städten und Körperschaften, wie dieselben im Anhange zur Landesordnung festgestellt sind, playgreifen? 4) Wird die Vermehrung der Mitglieder des Abgeordnetenhauses des Reichsrathes über die dermal verfassungsmäßige Zahl von 203 als nothwendig oder doch als zweckmäßig und wünschenswerth erkannt? 5) Jm bejahenden Falle, soll die Zahl der Reichsraths- Abgeordneten verdoppelt, um die Hälfte oder in welchem Maße sonst vermehrt werden? 6) In welcher Weise soll, wenn sich nicht für directe Wahlen ausgesprochen wird, der Zuwachs an Abgeordneten in den Reichsrath aufgebracht werden? Aus der Mitte des Landtages überhaupt oder mit Feststellung der Gruppen
Si uftheilung gefchehen,
namentlich außer dem Falle der Verdoppelung, in jenen Gruppen, aus deren Landtagsmitgliedern nur Ein Abgeordneter oder sonst eine ungerade Zahl in den Reichsrath zu wählen ist? 7. Welche Functionsdauer ist für die Mitglieder des Hauses der Abgeordneten des Reichsrathes festzusetzen?"
Aus dieser Fragestellung erhellt, daß der Herr Bürgerminister wohl an direkte Wahlen denkt, aber nicht an allgemeine. Und daß das direkte Wahlrecht, wenn es nicht ein allgemeines( und gleiches) ist, absolut keinen Werth hat, das wissen wir in Sachsen aus Erfahrung.
Im galizischen Landtag erklärte sich Smolka, Führer der partikularistisch- polnischen Partei, wieder für Nichtbeschickung des Reichsraths. Er befürwortete die Viertheilung Desterreichs, oder, wie er das euphemistisch( beschönigend) ausdrückte: eine föderative Organisation in 4 Gruppen 1) die Stephanskrone( Ungarn mit Anhängseln); 2) die Wenzelskrone( Böh men und Mähren ); 3) die Deutschen Erblande und 4) Gali zien mit der Bukowina. Hr. Smolka, der neulich in Berlin war, scheint nicht einsehen zu können, daß die Wiederherstellung Polens , die er anzuftreben behauptet, nur mit Hülfe Deutsch lands möglich ist, und daß die Schwächung Deutsch - Desterreichs der schlechteste Weg ist, um diese Hülfe zu erlangen.
Die ganze österreichische Armee, die transleithanische sowohl wie die zisleithanische, wird jetzt auf das Staatsoberhaupt und die sanktionirten Gesetze des Landes vereidigt. Es ist das ein Triumpf der ,, liberalen Prinzipien", der aller- q dings mehr theoretische als praktische Bedeutung hat; denn erſtens ist ein politischer Eid der Regel nach nur da, um ge= brochen zu werden, und zweitens liegt es im Wesen des Militarismus, daß der Soldat gewöhnt wird, einer Person blind F zu gehorchen und abstrakte Rechtsbegriffe zu verachten. Wenne es daher zu einem Conflikt zwischen Herrscher und Verfassung) den fanttionirten Gesezen des Landes") kommt, d. h. wenn.; der Herrscher die Verfassung bricht, wird das stehende Heer beige: doppelter Vereidigung sich unfehlbar auf Seite des Herrschersgegen die Verfassung stellen. Man lese nur die Geschichte dei Jahre 1849-1851. Blos Eine Ausnahme ist uns bekannt