das Vorgehen der badischen Truppen im Frühjahr 1849. Wie furchtbar der siegreiche Absolutismus fie diese Verfassungstrene hat entgelten lassen, das zeigt die jüngst von uns veröffentlichte Standrechts- Statistik.
Der sozialdemokratische Arbeiterverein in Wiener Neustadt ist ,, als staatsgefährlich" polizeilich aufgelöst worden. Die Sache schwebt nun vor dem Ministerinm, dessen Entscheid wir mit Spannung erwarten.
Trotz der großen Anstrengungen der Czechischen Partei, bei den jetzigen Ersatzwahlen an Stelle der ausgetretenen Landtagsmitglieder neue Parteigenossen durchzubringen, die ebenfalls wieder austreten würden, scheint das Spiel diesmal nicht gelingen zu wollen, weil die czechischen Bauern und Arbeiter mehr und mehr dahinter kommen, daß diese Partei blos aus Kleinlichstem Partikularismus handelt, und weder die freiheit lichen noch die materiellen Interessen des Volks im Auge hat
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In Baden- Baden speiste Beust dieser Tage mit der Kö = nigin Auguste von Preußen sie sprachen über eine preußisch österreichische Allianz, haben die dienstthuenden Kellner den Neuigkeitsfabrikanten mitgetheilt. Auch Dalwigk, der kleine hessische Rebell, hatte dort mit Beust eine Unterredung und bei der Gelegenheit war wohl schwerlich von einer preußisch österreichischen Allianz die Rede. Aus Baden- Baden verschwand der vielreisende Staatsfanzler plöglich, um in Straßburg wieder aufzutauchen, wo er mit Metternich, dem österreichischen Gesandten am französischen Hof, zusammentraf; dann verschwand er abermals, und statt, wie alle Welt vermuthete, in St. Cloud aufzutauchen, ist er soeben in Lausanne wieder ans Tageslicht gekommen, und soll sich an der letzten Sigung des Friedens- und Freiheitskongresses vergnügt haben. Zwischen seinem Untertauchen in Straßburg und seinem Auftauchen in Lausanne liegt genau die zu einem Abstecher nach St. Cloud nöthige Zeit wird von boshaften Leuten ausgerechnet.
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Jim Staate der Intelligenz ist eine neue Religion erfunden worden, was hübsch paßt zu den pilzartig aus der Erde hervorschießenden Kirchen und Klöstern. Der Erfinder heißt Manteuffel, und die Religion: ,, unbedingter Gehorsam gegen des Königs Befehle und freudiger Wille, für den Sieg unserer ( der Preußischen) Fahnen das Herzblut einzusetzen." Verkün digt ward die neue Religion von dem Siebenfüßigen bei Gelegenheit eines militärischen Loyalitätsschmaußes in Königsberg . Nach dieser Verhimmlung des Militarismus wird hoffentlich ein intelligenzstaatliches Polizeigenie nun auch die Stieberei zur Religion machen; sie ist der Ehre nicht minder würdig, und was dem Einen recht, ist dem Andern billig.
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Der Augsburger Allgemeinen Zeitung " schreibt man von Berlin : Die Unzufriedenheit in den neuen Provinzen scheint wie eine ansteckende Krankheit auch die alten anzustecken. Wenigstens nimmt die Ausreißerei unter den Militärpflichtigen selbst im Herzen der Monarchie in fast bedenklicher Weise überhand. In einzelnen Kreisgerichtssprengeln erreicht sie eine Höhe von nahezu 1000 Köpfen, und den beiden Steckbriefslisten, welche das hiesige Stadtgericht kürzlich veröffentlicht hat, folgt heute schon eine dritte Liste von 115 jungen Leuten, die sich der Militärpflicht durch die Flucht entzogen haben." Hilft nichts- Amerika muß anneftirt werden.
Wir erwähnten bei einer früheren Gelegenheit des wahrhaft grauenei regenden Ueberhandnehmens der Selbstmorde unter den Sächsischen Soldaten. Ein nationalliberales Blatt, die ,, Magdeburger Zeitung", will hieraus politisches Kapital für den Annerionismus machen. Sie behauptet nämlich, brutale Behandlung Seitens der Offiziere, besonders der ehemaligen Hannover 'schen, trage die Schuld. Wären die Sächfischen Truppen von Preußischen Offizieren befehligt
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auf diesen Schluß wird der Leser mit der Nase gestoßen, fo wäre es anders. Das Magdeburger Blatt hätte wohl ge= than, sich des nützlichen Sprichworts zu erinnern: Spiele nie mit Schießgewehr. Es hat da einen Schuß abgefeuert, der zwar trifft, aber nicht, wen er treffen sollte. Gewiß, die Gewiß, die
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schlechte Behandlung der Sächsischen Soldaten ist Schuld an den vielen Selbstmorden: allein ebenso gewiß ist, daß diese Selbstmordepidemie erst mit der Einführung des Preußi schen Militärreglements begonnen hat. Wen trifft also der Schuß? Wir dächten aber, die Ehre der Sächsischen Offi ziere erheischte, daß sie hervorträten und die Quelle des Uebels rückhaltslos aufdeckten.
Auf der Mainlinie wird jetzt eine höchst ergötzliche Szene der Tragikomödie: Deutsche Einheit von 1866 auf geführt: die Preußische Polizei weist die jungen Frankfurter , welche das Schweizer Bürgerrecht erworben haben, aus Frank funt aus, und die Hessische Polizei weist sie nach Frankfurt ein. Fragt sich, welche von beiden Polizeien zuerst müde wird. Das Empire ist eine Krankenstube; Frankreich dagegen der Tummelplatz jugendkräftigen, gewaltig aufstrebenden Lebens. Wahrhaft herzerquickend ist die fühne Sprache der republikanischen Presse; und merkwürdig, selbst unter den Gewürzkrämern soll es keinen mehr geben, der noch vor dem Rothen Gespenst zitterte, trotz des Baseler Congresses. Freilich, es sind leichtsinnige Bürschchen, diese Franzosen, sie sind unfähig, die Tragweite der internationalen Beschlüsse über das Grundeigenthum zu berechnen. Das können nur wir, das Volk der Denker, und zum Beweis dafür lassen wir uns hübsch in's Bockshorn treiben, und zetern über Communismus nach den Noten des Berliner Preßbureau's.
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Fürst Karl von Rumänien hat sich auf Reisen begeben, um, ähnlich wie weiland der Vizekönig von Egypten, Bundes genossen gegen die Pforte zu werben, von der er sich gern los reißen möchte. Jetzt ist er in Berlin , wo man ihm die Rolle anweisen wird, die er im Fall eines Kriegs zwischen Preußen und Desterreich zu spielen hat.
Daß er dort im Punkt der Finanzen nichts zu lernen braucht, erhellt aus folgenden Ziffern: Das Defizit des Verwal tungsjahrs 1868 beläuft sich für Rumänien annäherungsweise auf 27,600,000 Franken, jenes für das laufende Verwaltungsjahr 1869 wahrscheinlich auf 15,041,071 Fr. Man befindet sich also Angesichts einer schwebenden Staatsschuld von etwa 42,600,000 Fr., die der Finanzminister theils mit einer Nationalanleihe von 15 Millionen, theils mit dem Ergebnisse des weiter fortzusetzenden Verkaufs der Staatsdomänen im Gesammtwerthe von 27,777,777 Fr. decken will.
Der Kirgisenaufstand dauert fort, und die Russen geben schon zu, daß er vor Winter schwerlich wird unterdrückt werden können. Im Winter, so hoffen sie, würden die Rebellen aus Hunger zu Kreuz friechen müssen. Wir wollen's ab=
warten.
Auch die Brasilianer melden jetzt das unmittelbar be= vorstehende Ende des Kriegs mit Paraguay . Natürlich haben fie einen ,, glänzenden Sieg" erfochten auf dem Papier -, welcher sie der Nothwendigkeit weiterer Feindseligkeiten überhebt. Der Rückzug fann jetzt ,, in Ehren" bewerkstelligt werden.
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H. Der Kaiser und die kaiserliche Staatsverfassung theilen dasselbe Schicksal: beide verfaulen bei lebendigem Leibe. Während Paris und die Provinz, Stadt und Land, Civil und Militär, Bourgeois und Arbeiter ich spreche natürlich von Denen, die sich überhaupt für öffentliche Dinge intereffiren und Partei nehmen einig sind, die demokratische Freiheit wieder aufzubauen auf den Trümmern einer seit Jahren schon absterbenden kaiserlichen Diktatur, geht diese ihrer allseitigen Auflösung entgegen. Man sieht auf Tag und Stunde das Ende voraus und bereitet sich vor, die Erbschaft anzutreten. Und das Alles geschieht öffentlich; es berrscht faktisch, in Folge der Ohnmacht des einst so mächtigen Empire's, eine fast unbeschränkte Preßfreiheit. Man hatte alles versucht, die Presse durch Anwendung der drakonischen Preßgefeße einzuschüchtern, und als man merkte, daß die steigende Fluth der öffentlichen Meinung aller