Dämme spottete, gab man die Sisyphusarbeit auf. Seit der Amnestie haben keine Presverfolgungen mehr stattgefunden, und die Presse ist von diesem Augenblicke an sofort von der Defen­sive zur Offensive übergegangen.

In den Regierungsregionen bilden sich Parteien; eine Re­gentschaftspartei für die Kaiserin, die die leyte Stunde des todtkranken Herodes abwartet, um, wie man sich hier ausdrückt, zu Pferde zu steigen" und das Staatsstreichsregiment zu Gunsten ihres Jungen von Neuem herzustellen. Mit ihr geht ein Theil des provisorischen Ministeriums alles ist heute provisorisch und Forcade de la Roquete an der Spitze. Dieser Bartei steht einerseits jene des rothen Prinzen, ande­rerseits der relativ- liberale Finanzminister Magne mit einigen seiner Collegen gegenüber.

Die Ersteren wollen die wilde, während der Prüfung ihrer Vollmachten nach Hause geschickte Kammer zu Hause las­sen; die Anderen wollen sie wieder einberufen. Der Kaiser selbst ist zu sehr von seiner eigenen Krankheit in Anspruch ge­nommen, um sich mit dem ebenso franken Staatsförper zu be= schäftigen; er sehnt sich nach Ruhe und möchte mit aller Welt in Frieden leben, wo möglich bis zum 16. März 1870, wo der Junge vierzehn Jahr alt wird und großjährig erklärt wer­den soll. Aber einer seiner ehemaligen Aerzte, der seine Krankheit genau fennt und sie mit vieler Sachkenntniß, wie es scheint, - denn er ist von keiner Seite widerlegt worden,- in fünf langen Spalten des Reveil" ausführlich beschrieben hat, gibt ihm keine drei Monate mehr. Diese gelehrte ärzt­liche Consultation machte ungemeines Aufsehen; sie wurde von vielen Journalen abgedrukt. Der ,, Reveil" selbst legte sie vor eini­gen Tagen zum zweiten Mal auf, und wird noch einen Sepa­ratabdruck desselben machen. Sie schließt mit den Worten: Frankreich muß sich also darauf gefaßt machen, nächstens ein De Profundis Grablied absingen zu hören, dem ein Te Deum folgen wird, es sei denn, daß..."

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Daher die Parteien und Intriguen am Hofe; daher auch die Vorbereitungen der radicalen Demokratie.

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Unter diesen Vorbereitungen verstehe ich nicht blos solche, die geeignet sind, der zu Pferde steigenden spanischen Reiterin das Hand­werf zu legen, mit der Rouse( Rothhaarigen) wird man ebenso leicht fertig werden, wie mit dem rothen Prinzen, da beide keinen Anhang in dem überhaupt schon längst unzuverlässigen Heere haben, welches die radicalen Journale liefst und die Marseillaise fingt, sondern vor Allem solche, welche durch ökonomische Studien, halb im sozialistischen, halb im Sinne der radicalen Bourgeoisie, der Arbeits- und Geschäftsstockung nach der poli­tischen Katastrophe vorbeugen und eine soziale Serisis vermeiden sollen. Ich werde hierüber in meinem nächsten Briefe Näheres mittheilen. Für heute nur so viel, daß die ganze Presse bis zur Stunde sich noch immer mit dem Baseler Congresse be­schäftigt, ohne jedoch in die alte, kindische Furcht vor dem ,, ro­then Gespenst" zu verfallen. Das geht so weit, daß heute ein wöchentlich erscheinendes Finanzblatt, das Journal des Aktio­naires" einen ausführlichen Bericht über den Baseler Congreß bon einem seiner Sekretäre bringt, der aus seinen sozialistischen oder collektivistischen Tendenzen kein Hehl macht. Liberale und radicale Bourgeoisblätter, nachdem sie während der Dauer des Congresses täglich ihre Spalten den Berichten aus Basel ge­widmet haben, bringen jetzt eine Reihe von Leitartikeln über denselben Arbeitercongreß, und sie sind im Ganzen weniger feindselig als voll weiser Rathschläge, sowohl für die Bour­geoisie wie für die Arbeiter.

Verflossenen Mittwoch Abend gaben die hiesigen Arbeiter im Locale einer prosperirenden Kooperativgesellschaft ihren von Basel heimgekehrten Delegirten ein frugales, brüderliches Bau­kett, an welchem die meisten Londoner Delegirten, die sich hier auf der Durchreise befanden, so wie Jung und einige andere deutsche Freunde Theil nahmen. Es wurde Bericht über die Congreßverhandlungen abgestattet und noch ein wenig diskutirt. Chemalé ergözte die Genossen mit seinem ebenso jovialen, wie

unerschöpflichen Redefluß. Man trennte sich in der fröhlichsten Stimmung.

Aus England.

Die

London , den 20. Septbr. Mehrere französische Tagesblätter brüsten sich damit, daß die französischen Delegirten auf dem internatio= nalen Arbeiterkongreß die Rechte der individuellen Freiheit befürwortet und nicht für die Aufhebung des Privat­eigenthums in Grund und Boden gestimmt haben. " Times" hofft annehmen zu können, daß die sechs Delegirten, die gegen die Aufhebung stimmten, die 6 englischen Delegirten richten der Times" angeführt sind, sprachen jedoch alle für waren. Die 4 Londoner Delegirten, deren Reden in den Be­die Aufhebung. Sie sagt: Es ist kaum eine Sache der Be­glückwünschung für unsern Nationalstolz, daß es in unserer Macht steht zu sagen: Alles was in jener Versammlung Ver­nünftiges gesprochen ward, ist von englischen Stimmen ge­äußert worden. Wir wundern uns nur, daß englische Arbeiter überhaupt etwas Gutes erwarten von diesen jährlichen inter­nationalen Zusammenfünften entweder für sich oder ihre kon­tinentalen Genoffen." Was Applegarth nach ihrer Meinung übersieht, ist, daß es auf diesen Kongressen ein eben so großes Babel von Jdeen als von Sprachen gibt. Was man in Eng­land durch einfache Kombination( Coalition) erwirken könne, müsse auf dem Kontinent Werk der Verschwörung sein. Sie schimpft nicht wie einige deutsche und französische Blätter, sie fragt nur in einem verzweifelnden Tone, welche Gemeinschaft der Interessen und Ideen können Applegarth und seine Kollegen mit Leuten haben, denen die Schweizer Repubkik nicht demo­kratisch genug ist, und die sie sich durch eine Revolution der Staatsgewalt bemächtigen wollen, um das individuelle Eigenthumsrecht durch das soziale Eigenthum zu verdrängen. Daß der Birminghamer Arbeiterkongreß erst vor drei Wochen beschlossen hat, es sei zeitgemäß das Land in Nationaleigenthum zu verwandeln, scheint die Times schon wieder vergessen zu haben.

Stuart Mill und Jakob Bright( Bruder von John Bright ) haben eine Liga gegen das große Grundeigenthum gegründet, sind aber außerordentlich bescheiden in ihren An­sprüchen. Nach heutigem Brauch ist der älteste Sohn Erbe des Grundeigenthums; sie fordern, daß das Recht der Erft­geburt abgeschafft werden soll und daß, wo nicht durch testamen­tarische Verfügungen andere Bestimmungen getroffen worden, die Grundstücke nach dem Tode des Eigenthümers gleichmäßig unter alle seine Kinder vertheilt werden sollen. Ferner sollen einige Hindernisse, die heute den Verkauf von Grundeigenthum erschweren, beseitigt werden, und, wo wüstliegende Gemeinde­Ländereien, deren Einzäunung die Einwilligung des Parlaments erfordern, in Kultur genommen werden sollen, soll den be= treffenden Gemeinden ein Interesse" in dein Grund und Boden gesichert werden. Auf welche Weise dies bewerkstelligt werden soll, haben die großen Staatsfünstler noch nicht ver­kündet. Um radikal zu sein, sollten sie wenigstens als For­derung aufstellen, fast alle Ansprüche des Adels, die noch übrigen Gemeinde- Läudereien in Privateigenthum zu verwandeln, und die testamentarische Verfügung über tausende von Ackern ein für alle Mal aufzuheben. sind. Stuart Mill's Welterlösungs­plänchen ist b kanntlich, so oft Gemeinde- Ländereien eingezäunt ( in Privateigenthum verwandelt) werden, soll ein gewisser Theil refervirt und in kleine Barzellen getheilt werden, um eine Klasse von Zwittergeschöpfen zu schaffen, die weder Bauern 1 noch Lohnarbeiter, sondern beides zugleich sind. Statt die f Geburt ihres Bundes unter dem hochtrabenden Titel: F

Frei- Land Liza" anzuzeigen, wäre es jedenfalls logischer und wahrheitstreuer gewesen, den Wechselbalg unter dem Namen Politisch- Dekonomische Kesselflicker- Bande in die Welt zu schicken. Eine andere Liga die Erziehungs- Liga- die kürzlich ebenfalls von radikalen Bürgern gestiftet worden, ist dagegen

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