einzelne Ausführungen des Herrn Bebel anzugreifen suchten und namentlich ihre Organisation nicht genug zu preisen vermochten. Herr Bebel antwortete scharf und treffend unter stürmischem Beifall, ebenso Herr Motteler, der eine Aeußerung des Herrn Vogel aus Limbach über Staatshilfe berichtigte. Nach 12 Uhr erhielt Herr Bebel das Schluß­wort. Ein Herr Schnips hatte an ihn privatim die Frage gerichtet, wie es sich mit den 600 Thlen. Gehalt des Hiezinger Hofs verhalte, Herr Bebel antwortete darauf öffentlich, daß die Behauptungen Tölcke's ganz elende Lügen seien, ausgestreut zu dem Zweck ihn zu verdäch= tigen, er sei sozialistischer Republikaner, als solcher habe er mit keinem Fürsten , weder regierendem noch nichtregierendem, etwas zu schaffen. Einige scharfe Aeußerungen des Hrn. Bebel über Tölcke veranlaßten die Schweizerlinge zu einem lauten Gebrüll und Geschimpfe. Das er­bitterte unsere Leute und so kam es zu einer heftigen Szene, in Folge deren die anwesende Polizei einschritt und den Schluß der Versamm­lung verlangte. Dem sah sich der Vorsitzende genöthigt nachzukommen. Die Versammlung hat ihren Zweck vollständig erfüllt: Chemniz ,,, da­sächsische Manchester ", ist unser. Wie die Hatzfeldt- Mende ihren Ein­fluß vollständig verloren, so wird es auch Schweizer gehen. Sein An­hang in der Stadt zählt ganze vierzehn Köpfe, ein paar kleine Dorf­schaften in der Nähe, die ihm noch anhängen, werden wir nächstens erobern. Bei der nächsten Reichstagswahl setzen wir an Stelle För­sterling's einen Sozialdemokraten durch.

Lugau , 10. September. Die soziale Frage tritt jetzt persönlich an mich heran, indem ich wegen meiner Agitation für die Bergarbeiter des hiesigen Bezirks aus der Arbeit entlassen worden bin und sämmt= liche Werkverwaltungen unter sich beschlossen haben, mich auf kein Werk wieder in Arbeit zu nehmen. Der ungesetzliche Grund meiner Ent­laffung war folgender: Wir hatten hier in Lugau den Anfang zu einer Gewerksgenossenschaft gemacht und zählten in ganz kurzer Zeit 400 Mitglieder. Bald darauf ging ich nach Zwickau , um ebenfalls eine Genossenschaft zu gründen, die heute schon 2400 Mitglieder zählt. Hier in Lugau hatte unterdessen die Genossenschaft feinen guten Fort­gang genommen, sie liegt heute noch todt. Als ich nämlich in den Sigungen des Verwaltungsrathes beantragte, es sollten Versammlungen für die Gewerksgenossenschaft abgehalten werden, wurde mir versichert, daß die Arbeiter feinen weiteren Schritt zu thun einig wären, bis daß die vereinigte Knappschaftskasse ins Leben getreten sei. Ich allein war nicht im Stande etwas Weiteres durchzusetzen und so schlief die Sache ein. Da fam nun das Plauen 'sche Unglück, ich konnte micht nicht mehr enthalten, eine Comiteefizung der Bergarbeiter einzuberufen und erhielt die Erlaubniß eine allgemeine Bergarbeiterversammlung abhalten zu dürfen. Zu dieser Versammlung erließ ich eine Annonce mit einem Aufruf an die Bergarbeiter im Stollberger Anzeiger", wo ich unter Anderm sagte: Beweist, daß auch der Bergarbeiter noch ein von Gerechtigkeit durchdrungenes Herz im Leibe trägt, beweist, daß auch der Bergarbeiter noch im Stande ist, seinen Drängern( die ihm lieber Steine statt Brod, Fußtritte statt Gerechtigkeit geben) die Stirne zu bieten." Auf diese von mir gebrauchten Worte beriefen sich die Herren Verwalungsräthe, nicht Arbeitgeber, behufs meiner Entlassung. Versammlung war zahlreich besucht und wurde eine Resolution wegen Lohnerhöhung und weiterer Ausbreitung der Gewerks- Genossenschaft gefaßt.

Die

Nächsten Tag ließ mich Herr Betriebsdirektor Müller zu sich rufen und erklärte mir, daß er sich genöthigt sehe, wegen meines Verhaltens mich zu entlassen, er thue dies weniger seinet als seiner Collegen wegen, vor denen er sich schämen müsse, einen Arbeiter wie mich in seinem Werke zu haben. Er meinte, ich solle die Arbeiter ihre Geschäftsgeber respektiren lehren, anstatt sie aufzuwiegeln. Ihr glaubt wohl, sagte er, den Worten von Bebel und Liebknecht, diese würden sich gar nicht um Euch fümmern, wenn sie nicht von Euch gemästet würden; auf diese Weise wird es nicht besser mit Euch. Der Gerichtsamtmann hätte sich auch dagegen ausgesprochen, daß er( Müller) solche Arbeiter( wie mich) dulde, kurz und gut, ich sei entlasseu. Meine Ablegung verursachte bei den Bergarbeitern des Schachtes, wo ich anfuhr, den Entschluß, so lange die Arbeit einzustellen, bis ich wieder einfahren dürfe. Anfäng­lich schien es zu gelingen und wäre auch durchgeführt worden, wären nicht manche meiner Kollegen abgefallen. Sogar mein intimer Kollege,

mit dem ich 5 Jahre eingefahren bin und der sich immer als demokra­tisch Gesinnter gezeigt hatte, war der erste, welcher erklärte, wieder ein­zufahren, ihm folgten mehrere und bald alle. Meine Kollegen hatten durch ihre Wankelmüthigkeit sich und mich blamirt.

Urtheilt man über das ganze Verhältniß, so kommt man zu dem Resultate, daß es bei uns gerade zugeht, wie in den Sklavenstaaten Amerikas . Wollte sich dort ein Sklave befreien, so würde er durchge­prügelt, bei uns werden die Sklaven fortgeschickt, brodlos gemacht. Doch wie den armen Sklaven der Rettungsstern in den nördlichen Staaten der Union aufging, so wird auch uns in der Internatio nalen" ein Stern aufgehen.

Um dieses große Ziel zu erreichen, ließen wir es auch gern für unsere Führer etwas kosten und bin ich fest überzeugt, daß sie als unsere Retter uns nicht den tausendsten Theil dessen kosten würden,

was uns das Mäften der faulen Arbeitsvögte koftet, bie uns noch dazu

schinden und quälen. Direktor Müller sagte mir noch bei meiner Ent­lassung, daß durch die Wühlereien die Arbeiter leichtsinnig würden, woher sich die vielen Unglücke leiteten, die Arbeiter seien nicht mehr ninftlich auf ihrem Roiten früher habe es unter den Arbeitern nera

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niß gegeben hätten, ihre Kinder durchzuprügeln, wenn sie nicht parirten, heute sei durch unsere Schuld diese schöne Zeit vorüber.

Wer fragt danach, wenn z. B. Holzthüren mit Steinkohlentheer bestrichen werden, um ihrer Fäulniß vorzubeugen? Dieses Verfahren verursacht den Arbeitern Kopfschmerz, den Grubenbesitzern einen kleinen Gewinn, deßhalb ist es zulässig.

Ich bezweifle, ob eine Kohlenwerksinspektion davon weiß, daß in dem Glückaufschachte, der zu dem Gottessegenschacht in Lugau gehört, eine Fahrt von gegen 90 Ellen Höhe in senkrechter Richtung vorhanden ist, während meines Wissens eine solche nicht über 12 Gülen hoch sein soll. Nach dem Fundgruben Unglücke hieß es allgemein, es sollten von Regierungswegen bessere Sicherheitsmaßregeln getroffen werden, es sollten z. B. Schachtbefahrungen resp. Untersuchungen von einem Steiger und zwei erfahrenen Grubenzimmerlingen ausgeführt werden, über eine solche Befahrung sollten Protokolle geführt werden zc. Hatte diese Nachricht Grund oder nicht, glaubhaft schien sie, aber ob die Aus­führung folgt, das hat kein Arbeiter zu fragen, und thut er es einmal, so ist er ein Wühler, wird fortgejagt und womöglich für sein weiteres Nichtfortkommen gesorgt.

Es mag mitunter einmal vorkommen, daß ein Arbeiter durch die Schuld eines Andern sein Leben einbüßt, dafür wird er alsdann sicher bestraft; wer kann aber nachweisen, daß auch einmal Vorgesetzte, durch deren Schuld mehrere Hunderte von Arbeitern ums Leben kamen, zur gerechten Bestrafung gezogen wurden? Die Ordnungsstrafen, die den Arbeitern wegen Tabakrauchens auf Werkplätzen und in Gruben auf­erlegt wurden, haben schon Tausende von Thalern in die Kassen ge liefert, die eigentlich den Arbeitern gehören sollten. Man jagt, das Tabakrauchen sei den Arbeitern schädlich, und bereichert sich durch die darauf gesetzen Strafen, wer fann dagegen nachweisen, daß eine Grubenverwaltung, die durch unregelmäßiges Abräumen der Flöße und schlechte Wetterführung Grubenbrände verursacht und dadurch der Gesundheit der Arbeiter so sehr schadet, daß dieselben 5 Jahre früher zur Arbeit untauglich werden, auch einmal einen Thaler Strafe für ihre Nachlässigkeit bezahlt hätten. Doch Grubenverwaltung ist ja einanderes Ding, als eine Heerde halbtodt gequälter Arbeiter!

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W. Jungnickel. Leipzig , 19. September. Die Versammlung des sozial- demokras tischen Arbeitervereins am legten Donnerstag war sehr zahlreich be sucht und was man hier bei Vereinsversammlungen nicht gewohnt ist polizeilich überwacht. Auf der Tagesordnung stand ein Bericht Liebknecht's über den Baseler Kongreß. Vor Erstattung desselben befchloß man, den Beschluß des Vajeler Kongresses: das Amt eines ständigen Vorsitzenden abzuschaffen, zu akzeptiren und für jede Vereins: fizung einen besonderen Vorsitzenden zu wählen. Liebknecht's Bericht über den Baseler Kongreß war sehr ausführlich und erfreute sich der allgemeinſten Zustimmung. Er hatte es sich namentlich zur Aufgabe gemacht, die sozial politischen Zustände der auf dem Kongreß vertretenen Länder zu schildern und fand in diesen Zuständen die Ursache, daß in manchen Fragen auf dem Kongreß die Nationalitäten so verschiedenar tiger Ansicht gewesen seien. Die Ausbreitung der Internationalen Ars beiterassoziation sei im erfreulichsten Wachsthum begriffen, trotz der polizeilichen Chikanen, die man ihr vielfach und namentlich in Frant reich in den Weg stelle. Nach Liebknecht berichtete Nüdt über die von ihm in Reichenberg in Böhmen besuchte Volksversammlung; wußte den guten Geist, den er unter den österreichischen Arbeitern ge funden, nicht genug zu rühmen. Hierauf wurde beschlossen, die Dis kussion über den Baseler Kongreß am Donnerstag den 30. September zu beginnen, dahingegen die nächste Versammlung ausfallen zu laffent eine Parteiversammlung abzuhalten, in welcher die Urwahlen für den Ausschuß vorgenommen werden sollen. Im Arbeiter- Bildungsverein Kongreß und benuzte die Gelegenheit, um namentlich die Einwen erstattete Liebknecht am Sonnabend gleichfalls Bericht über den Baseler dungen der sogenannten bürgerlichen Demokratie gegen mehrere Be­schlüsse des Baseler Kongresses( Erbrecht und Grundeigenthumsfrage)

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er

und an deren Statt Mittwoch, im Lokal des Arbeiter- Bildungsvereins,

zu widerlegen.

Für auswärtige Parteigenossen, welche zur Messe oder sonst wie mäßig Mittwoch und Sonnabend Ritterstraße 43, der sozial- demokra­tische Arbeiterverein jeden Donnerstag in der Restauration von Göße, Nikolaistraße, Versammlung hat.

Berichtigung: In meinem Bericht in Nr. 41 Seite 465 muß es heißen statt: suchte er unsere Partei Partei u. s. w."

Für Braunschweig :

,, suchte Lübkert unsere Bonhorst.

Sonnabend, 25. September, Abends 8 Uhr: Allgemeine

Arbeiterversammlung im Odeon.

Montag, 27. September Abends 8 Uhr: Geschlossene Mitglieder versammlung des sozial- demokratischen Arbeitervereins im Odeon. Im Auftrage

Brade.

die Mitglieder der sozial- demokratischen Arbeiter- Partei

in Wolfenbüttel

werden dringend gebeten, Sonnabend, 25. Sept. präcis 8 Uhr Abends Tagesordnung: Wichtige

im Lokale des Kaffeehauses zu erscheinen. Berathungen und Erläuterung des Programms.