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F83 1987
Frethet
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Mittwoch, den 21. Juni 1933 Chefredakteur: M. Braun
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Herr Reichskanzler! Auf diesen Blättern spricht von nun an die deutsche Freiheit zu unsern Volksgenossen im Reich und in aller Welt. Die Freiheit und ihre Vorkämpfer verachten Ihre Verbote und Ihren Terror. Unsre Arbeit dem deutschen Volke! Unser Leben für das sozialistische Deutschland ! Freiheit!
Eure Tannen, Eure Eichen Habt die grünen Fragezeichen Deutscher Freiheit Ihr gewahrt? Nein sie soll nicht untergehen! Doch ihr fröhlich Auferstehen kostet eine Höllenfahrt.
Wille und Ziel
Keine Zeit und feine Macht ist imstande, den Wunsch nach Freiheit zu unterdrücken. Machiavelli .
Die Geschlagenen von heute werden die Sieger von morgen sein. In dieser unerschütterlichen Zuversicht, die gestützt wird von der besten Erkenntnis der kraftvollsten und feinsten Geister und die hervorgeht aus den tiefsten Erfahrungen der menschlichen Geschichte, gehen wir im felsenfesten Glauben mit der fieghaften Jdee des demokratischen Sozialismus an das Werk der„ Deutschen Freiheit"; die leberwindung des Faschismus!
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Wie man uns fürchtet!
Die Anschlagsäulen werden für die Deutsche Freiheit" gesperrt.
Unserem freien deutschen Kampfblaffe ist schon vor dem Erscheinen hohe Ehre erwiesen worden. Die faschistischen Volksfeinde fürchten die Deutsche Freiheit", noch ehe die erste Nummer gedruckt ist. Der gleichgeschaltete Oberbürgermeister von Saarbrücken , Dr. Neikes, hat untersagt, daß an den Anschlagsäulen zum Bezug der« Deutschen Freiheit" aufgefordert wird. Begründung:« Ich kann nicht dulden, daß für ein Blatt Propaganda gemacht wird, das der deutschen Reichsregierung Schwierigkeiten ma ch t."
So schwach ist der allmächtig schwadronierende deutsche Reichskanzler miffamt seinen zehnfausend gleichgeschalteten Zeitungen und seinen zehntausenden auf Göbbels Kommando hörenden Schreiberlingen, daß er nicht eine einzige unabhängige Zeitung in Deutschland dulden kann. Im Saargebiet aber herrscht nicht der faschistische Terror. Hier hat die deutsche Freiheit ein Asyl auf deutschem Boden. Von hier fragen wir die Sturmfahnen« Deutsche Freiheit" hinüber ins Reich. Wir werden es erobern froß Hitler und seinen Knechten. Freiheit!
Bürger im Steuerstreik!
Foy hat die Freiheit als die ewige Jugend der Rationen" bezeichnet und Sforza den faichismus Mittelstand und Bauern in Steuerverweigerung
den„ Ausjag am kranken Körper der Nation' genannt. Es werfe deshalb niemand Steine auf Deutschland , weil die verheerende Seuche moralischen und geistigen Verfalls, geboren aus dem furchtbaren Kräfteverlust des Krieges, dieses arme Volk und dieses schwergeprüfte Land stärker schütteln als die anderen Nationen. Zum Hochmut und zum Pharisäertum der anderen ist weder Zeit noch Grund vorhanden. Der Kampf gilt nicht dem Deutschland Goethes, Kants, Margs und Engels gilt nur dem zutiefst undeutschen Faschismus! Wer Deutschland schmäht, trifft uns aber mer gegen Hitler und den ansteckenden nationalsozialistischen Veitstanz in Reih und Glied mit uns zum Kampfe antritt, ist uns willkommen!
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Die Erneuerung Europas basiert auf der Vernich tung des Faschismus. Deutsch - französische Verständigung als der Grundlage europäischer Einigung und als der stärksten Garantie des Weltfriedens ist auf lange Sicht und für die Dauer nur möglich zwischen einem demokra tischen Frankreich und einem demokratischen Deutschland , Es gibt kein europäisches Problem und keine europäische Frage, die nicht durch die Machtübertragung an den Hitlerfaschismus tausendfach kompli Bierter gestaltet worden wäre. Der Weg zur deutschen Freiheit wie zur europäischen Aussöhnung geht daher nur über die Leichen der faschistischen Nachtwächter.
Die Furchtbarkeit der Weltwirtschaftskrise mit ihrem grauenvollen Arbeitslosenheer und die Unfähigkeit des fenilen Spätkapitalismus mit seiner Tendenz zur wachfenden Proletarisierung des ehemaligen Mittelstandes hat die Braunhemden Hitlers aus allen Lagern bunt zusammengewürfelt. Die brutale Enttäuschung, die ihr nebelhafter Bewußtseinsinhalt über den National fozialismus erleben muß, weil der Faschismus die Krise verschärft und vertieft, drängt zur zweiten großen Revolution in Deutschland . Ihr wollen wir Wegbereiter sein.
Noch immer ist Sklaverei ein elendes Handwerk und noch immer ist Tod besser als Sklaverei. Frieden ohne Freiheit ist Kirchhofsruhe und mehr denn je gilt das Wort Lassalles:„ Nur auf dem Boden wirklicher Freiheit kann sich alles Große entwickeln." Segen wir des halb alles, auch das Letzte, an die Wiedereroberung der deutschen Freiheit und mir, werden neuer deutscher und neuer europäischer Zukunft eine Gaffe gebahnt haben. Diesem Ziel soll alle Kraft, soll aller Mut, soll aller Elan bis zur Stunde des Sieges geweiht sein in einem Kampf nach dem Uhlandschen Worte:
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„ Der Dienst der Freiheit ist ein strenger Dienst. Er trägt nicht Gold, er trägt nicht Fürstengunst, Er bringt Verbannung, Hunger, Schmach und Tod Und doch ist dieser Dienst der höchste Dienst."
Berlin , 20. Junt.( Eig. Bericht.)
Nicht nur das Reich und die Länder, auch die Gemeinden find in einer heillosen Finanzverwirrung. Die Aufstel lung von öffentlichen Haushalten erweist sich als unmöglich. Nach der Gemeindefinanzordnung haben die Gemeindevertretungen den Haushalt bis zum 31. Mai zu verabschieden. In vielen Gemeinden ist aber der Haushaltplan noch nicht einmal vorgelet. Die Gemeinden folgen in der allgemeinen Verlotterung dem Beispiel des Reichs, das ebenfalls noch keinen Haushalt
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1 laitoin al Wirrware in den öffentlichen Haushalten
Die Mittelständler und die Bauern haben bie schönen Versprechungen de Nationalsozialisten ernst genommen. Sie greifen jetzt zur Selbsthilfe und zahlen dem System, dem sie festlich zujubeln, keine Steuern. So muß man denn für Reich, Länder und Gemeinden mit einem Fehlbetrag von vier Milliarden im laufenden Haushaltsjahr rechnen. Von Deckung verlautet nichts.
plan für 1933 fertiggestellt hat. is Die ,, Deutsche Freiheit"
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Das preußische Staatsministerium hat nun durch Gesetz, das heißt durch Note verordnung, verfügt, daß die Frist für die Verabschiedung der Gemeindehaushalte den 30. Juni verlängert wird. Es ist ausgeschlossen, daß bis zu diesem Tage die meisten Gemeindevertretungen den Haushalt beraten haben. Deshalb erhalten die Bür germeister das Recht, bis
Die monatlichen Nachdie weise über Entwick der Reichsfinanzen erscheinen mit immer größerer Verspätung
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wird morgen Dokumente und werden immer dürfe aus der Geschichte der jü
Wilmersdorf
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zum 31. Juli von sich aus diktatorisch einen Haushalt plan aufzustellen. Das bedeutet: die Bevölkerung wird der absoluten herrschaft der hohen Bürokratie unterstellt. Die Herren Nazi - Oberbürgermeister und Konsorten bestimmen auch ihre Gehälter und ihre Pensionen selbst.
Die Verwirrung in den öffentlichen Finanzen ist nicht zuletzt dadurch hervorgerufen, daß in den bürgerlichen Schichten eine latente Steuerverweigerung besteht.
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Ioser werden die Dros hungen gegen die Steuerunwilligen. So teilt das Berlinsoeben Steuerpflichtigen auf offener Drucksache mit, daß Mahnaettel oder Nach= nahmen nicht mehr verfandt werden. Es wird nur noch an den Anschlag= säulen zur Steuerzahlung aufgefordert. Wer dann nicht sofort bezahlt, wird zuzüglich der Zinsen sofort gepfändet.
Das Dritte Reich und der Gerichtsvollzieher: Wir wüßten nicht, was besser zusammenpaẞte!
Entsetzen über den Alkoholiker selbst im Nazilager- Zwei Naziführer fliegen zu Hitler Vergebliche Mühe
Berlin , 20. Juni. ( Eig. Bericht.)
Zu dem Hinauswurf der deutschen „ Arbeiter"-Delegierten aus der Arbeitskonferenz in Genf und der im Anschluß Deutschlands erfahren wir noch, daß diefer für Deutschland daran erfolgten Abreise aller faschistischen Delegierten schmachvollen Entscheidung ein schwerer Konflikt im Nazilager vorausgegangen ist.
Beziehungen an den Deutschen abgebrochen. Sie verweigerten ihnen sogar den Gruß. Spanien erflärte sich mit den Südamerikanern solidarisch. Frankreich und England begüns ftigten die Aktion gegen die deutschen Arbeitervertreter. So wurde denn das Mandat des nazideutschen Gewerkschaftss räubers Len für ungültig erklärt. Es half auch nichts mehr, daß die deutschen Vertreter auf Verlangen des französischen Regierungsvertreters fich wegen des beschimpfenden Zwischenrufes entschuls
bisten, den Ley gegen den französischen Delegierten
Jouhang geschleudert hatte. Ley wurde offiziell hinansgeworfen. Seine Mitdelegierten schlossen sich widerwillig ihrem Delegationsführer an, nachdem sie hitler im Stich gelaffen hatte.
Hitler hat sich dem Wunsche der beiden Mitdelegierten des Len nicht angeschlossen. Er kann den Ley ebensowenig fallen lassen wie den Röhm. Beide wissen zuviel. So muß denn Deutschland für den schweren Alkoholiker Dr. Ley, diesen unmöglichen„ Präsidenten der deutschen Arbeitsfront ": Wie sie lügen büßen. Die Genfer Arbeitskonferenz tagt nun ohne Be teiligung irgendeines deutschen Arbeitervertreters. Soweit haben es die Faschisten gebracht.
Leys Stellung auf der Konferenz war vollkommen un möglich geworden. Die Vertreter der südamerikanischen Staaten, die von dem betrunkenen Len in einer Presse: 156 grabisinalinaM. B. tonferenz als Jdioten bezeichnet worden waren, hatten alle
Genf , 20. Juni. ( Eigener Bericht.) Der Bölkische Beobachter" und mit ihm die gleichgeschaltete Presse hat neulich behauptet, der amerika nische Gewerkschaftsdelegierte habe dem Dr. Ley nach dessen Rede demonstrativ die Hand geschüttelt. An dieser Behauptung ist kein wahres Wort. Auch die Amerikaner schäßen den Ley so ein, wie er es verdient,