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Freiheit
Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Nummer 5-1. Jahrgang Saarbrücken, Sonntag/ Montag, 25./26. Juni 1933 Chefredakteur: M. Braun
Hindenburgs jüdische Verwandte
Glückwunsch
Ein langjähriger deutscher Chefredakteur
und Schriftsteller, ein Mann von euro. päischem Namen, drahtet uns aus PARIS :
Herzlichen Glückwunsch!
Famos! Famos! Freiheit!
Eine neue antisemitische und antimarristische Terrorwelle geht wieder durch Hitler- Deutschland, obgleich nicht nur in der Familie des Reichskanzlers Hitler jüdisches Blut zu Hause ist, sondern auch der Reichspräsident von Hindenburg jüdische Verwandte hat.
Bekanntlich ist Hindenburg der Sproß einer an und für sich nur wenig begüterken adligen Familie des deutschen Offens. Er selbst war wiederum nur der Sohn eines jüngeren Sohnes der Stammlinie Neudeck. Das Stammgut Neudeck im Kreise Freystadt in Ostpreußen hatte nur mäßigen Umfang, schlechten Boden und ein schmales, niedriges Herrenhaus.
In dessen bescheidenem Seitenbau lebten und starben die Verwandten des derzeitigen Eigentümers, zum Teil verabschiedete Verwaltungsbeamte, zum Teil ausgediente Militärs. Unter diesen befand sich auch der Vater des Feldmarschalls, dessen jüngerer Bruder Bernhard, ein lyrisch angehauchter Schriftsteller, später Inhaber einer Fremdenpension war. Unter den weiblichen Verwandten des Feldmarschalls waren einige mit Bürgerlichen verheiratet und eine unter ihnen mit einem Militärarzt jüdischer Abkunft: Cohen van Baren. Der Reichspräsident und Feldmarschall von Hindenburg besitzt also jüdische Verwandte, was allerdings seinen Reichskanzler Adolf Hitler und dessen Henkersknecht Göring bisher nicht im geringsten daran gehindert hat, gegen die Glaubensgenossen der Verwandten des Herrn Reichspräsidenten in der barbarischsten und unfittlichsten Weise vorzugehen. Lebt Hin denburg eigentlich nicht mehr, daß er diesen Greueln und dem fortdauernden und noch intensiver gewordenen Boykott gegen die Juden sowohl, die die Glaubensgenossen der Verwandten des Reichspräsidenten sind, wie gegen die Marristen, die seine Kameraden im Weltkriege waren, nicht Einhalt gebietet?!
Revolutionärer Flug über Berlin
SA - Flugzeug wirft hunderttausende Flugschriften ab gegen den„ Führer"- KanonenKönig und„ Arbeiterpartei"-N. S. D. A. P. von Kapitalisten gekauft, sagt die SA
Berlin , 24. Juni. ( Eigener Bericht.)
In Berlin wurden Donnerstag abend nach Einbruch der Dunkelheit Hunderttausende von Flugblättern verteilt, und zwar von einem in großer Höhe fliegenden Flugzeug ans. In diesen Flugblättern, die die Unterschrift tragen " Das Gewissen der SA.", wird der Aufruf der deutschen Industriellen zur Sammlung der„ Adolf Hitler : Spende der deutschen Wirtschaft" einer beißenden Kritik unterzogen.
Dieser Aufruf, der vor kurzem erlassen wurde und von dem Kanonenkönig Krupp von Bohlen- Halbach unterzeichnet ift, auferlegt den deutschen Industriellen die„ Ehren"-Pflicht, der Nationalsozialistischen Partei für die nächsten zwölf Monate einen bestimmten Betrag zu spenden, um die zahlreichen Einzelsammlungen der verschiedensten Stellen und Verbände der NSDAP . abzulösen". Die von jedem Unter: nehmen zu zahlende Summe beträgt mindestens 5 v. Tausend der Jahreslohn- und Gehaltsumme des Jahres 1932; die Zahlung soll möglichst in einer Summe, andernfalls in
Das Zentrum in der Schlinge
Vierteljahrsraten, beginnend mit dem 15. Juni, erfolgen. Das Flugblatt, das von rebellierenden SA. Lenten stammt, rechnet aus, daß die Lohn- und Gehaltssumme von 1932 für die gesamte deutsche Wirtschaft mindestens 20 Milliarden Reichsmart betragen habe; das bedeute, daß die deutschen Industriels len der NSDAP . nunmehr mindestens 100 Millionen Reichsmart spenden" würden. Das Flugblatt wirft die Frage auf, welche Gegendienste Herr Hitler den Industriellen versprochen habe, um sie zu diesem Geschenk zu veranlassen, ob etwa der ganz in Verdiesem Geschenk zu veranlassen, ob etwa der ganz in Vergessenheit geratene„ Bier- Jahr- Plan" damit in Zu sammenhang stehe? Das Flugblatt fragt ferner, aus welchen Mitteln die NSDAP. in früheren Jahren gelebt habe; wenn jezt, nach der Machtergreifung solche Summen erforderlich seien, so sei anzunehmen, daß man vorher noch höhere Mittel benötigt habe. Ob jene Mittel auch von den Industriellen gespendet" worden wären und welche Gegendienste man da=
mals versprochen hätte? Das Flugblatt schließt mit der Erklärung, daß die SA. ein Recht habe, Aufklärung zu fordern;
wenn diese Aufklärung auch jegt ans= bliebe, dann sei der CA. Prolet nicht mehr im stande, der von marxistischer Seite seit jeher ausgestreuten Behaup tung entgegenzutreten, daß die NSDAP . von den Kapitalisten getauft" worden sei.
Das Flugblatt hat in Berlin stärkstes Aufsehen erregt. Die Polizei, die sofort mit allen Bereitschaften eingesetzt wurde, war völlig außerstande, die Verteilung zu vers hindern. Die sofort unter Einsatz aller Mittel eingeleiteten Ermittlungen nach den Verteilern blieben bisher ohne Erfolg und werden wohl auch weiter ohne Erfolg bleiben.
Die Reichsregierung verbreitet ganz andere Meldungen, die so gefaßt sind, als sollte der geheimnisvolle Flug zum Vorwand von deutschen Luftrüstungen genommen werden. Die Sache ist dunkel.
gelischen noch vom katholischen Christentum berührt wird. Ruhmvoll ist auch die Haltung der katholichen Kirche in den letzten Monaten nicht gewesen. Sie hat sich zwar nicht an den
Der Katholizismus mobilisiert den Widerstand Berlin , 24. Juni. ( Eig. Drahtber.) Der päpstliche Nuntius in Berlin hat in einem an den Reichspräsidenten gerichteten Schreiben die Aufmerksamkeit des« Obersten Führers des Deutschen Reiches " erbeten für die Tatsache, daß die( von Nationalsozialisten) gegen katholische Geistliche verübten Gewalttaten in den letzten Wochen einen erschreckenden Umfang angenommen haben; besonders aus der Pfalz würden Vorkommnisse gemeldet, die infolge ihrer Zahl und ihres übereinstimmenden Charakters zu dem Schluß zwingen, daß es sich nicht um Einzelerscheinungen handelt, sondern um eine planmäßige Aktion. Der Nuntius bittet den Reichspräsidenten , dessen« überragende Objektivität in religiösen Fragen weltberühmt" sei, wie in der Vergangenheit, so auch in der Zukunft alles zu tun, um den religiösen Frieden zu sichern.
Dieser hochpolitische Schritt des päpstlichen Nuntius hat, wie der Deutschen Freiheit" aus Berlin gedrahtet wird. seinen besondern Hintergrund. Mit besonderer Aufmerksam keit verfolgt der Vatikan die Entwicklung in Deutschland , die
längst einen wilden Kulturkampf- Charakter angenommen hat. Die nationalsozialistische Bewegung ist keineswegs hristlich. Eine ihrer Triebkräfte ist der militaristische Furor protestanticus, der reine Barbarei ist und weder vom evan
,, Das ist Dr. Ley"
Die ,, Deutsche Freiheit" wird am Montag einen Abschnitt aus dem Leben des ,, Arbeiter. führers" veröffentlichen