Die Hauptaufgabe der Sozialdemokratic

Neue Erkenntnisse, neue Waffen

Die Dialektik der sozialen und politischen Verhältnisse gestaltet sich unter dem Regime einer terroristischen Diktatur sehr eigenartig. In dem Maße, in dem sich das ausschließ­liche soziale und politische Monopol der herrschenden Par­tei formt und festigt, in dem sich das neue sozial- politische Gefüge des totalen" Staates bildet, ändern sich auch die Funktionen aller politischen Faktoren, die also vor der Etablierung der Diktatur, unter dem Regime der weit­gehenden oder teilweisen Demokratie, wirkten. Ein Teil dieser Funktionen stirbt einfach ab, überlegt sich, wird zum hemmenden Anhängsel ohne jede praktische Bedeutung; die anderen ändern ihren Charakter bis zur Unkenntlichkeit, und wirken sich schädigend aus, dort, wo sie früher nützlich

waren.

Die Arbeiterbewegung aller Länder hat sich erfolgreich bemüht, alle legalen Möglichkeiten, die sich ihr im Rah men eines demokratischen, liberalen, ja selbst halb: absolutistischen Rechtsstaates boten, in weitgehendstem Maße auszunügen.

Die Legalität, die Aufrichtung eines weitverzweigten Appa­rates legaler Organisationen, die sich auf möglichst einfluß­reiche Fraktionen in den gesetzgebenden und Verwaltungs­organen stüßt, die über ansehnliche materielle Mittel ver­fügte, bildeten stets die mächtigste Grundlage für den er­folgreichen Kampf des Proletariats um den Einfluß im Staate, um dessen Umgestaltung im Sinne der Arbeiter­klasse.

Der Sieg des Faschismus stellt alles auf den Kopf. ,, Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage." Der gigantische Apparat der legalen Partei, Hunderte von Vertretern in verschiedenen Körperschaften, starke Fraktionen in den Par­

Deutschlands Schmach

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Loslösen vom Feinde Die Formung der revolutionären Arbeit

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lamenten und Verwaltungsorganen, reiches Parteieigen tum, zahlreiche Parteihäuser und Verwaltungsorganen, reiches Parteieigentum, zahlreiche Parteihäuser und Druckereien, die gesamten in jahrzehntelangem mühevollen Kampf von der Partei zusammengebrachten Güter werden unter dem Regime des absoluten Monopols der diktato­rischen Partei nicht nur zum blutleeren Anachronismus, sondern geradezu zur Quelle großer und schwerer Gefahren für die Sache des Proletariats. Das dichte Netz legaler Organisationen der Panzer des Proletariats gegen alle Anschläge des Klassenfeindes wird zum Bleigewicht, das die Bewegungsfreiheit der proletarischen Avantgarde hemmt und sie, ohne ihr Schutz bieten zu können, organi­satorisch und politisch zu Boden drückt. Der Schild und der Panzer so wichtig in der Epoche der Speer- und Bogen­fämpfe, werden zum nußlosen Hindernis in der Epoche der brisanten Spreng ffe, der Maschinengewehre und Tanks. Die parlamentarische Fraktion, dieses mächtigste Werkzeug der Propaganda, der Organisation und des unmittelbaren politischen Kampfes im Rahmen eines parlamentarischen oder liberalen Staates, verliert unter der modernen Dif­tatur mit ihrer Propaganda- und Unterdrückungstechnik, mit ihrem vollständig monopolisiertem Informationsdienst, mit ihrem unerschöpflichen Möglichkeiten direkter oder in­direkter Vergewaltigung des Willens und Gewissens jedes einzelnen Bürgers, nicht nur jede Bedeutung, sondern fann zur Quelle schwerster Schäden für die Partei werden. Die legale Presse, die sich die Arbeiterparteien vieler Län­der unter den größten Opfern erkämpfen mußten, und die im allgemeinen von unschäzbarem Wert für die Auf­flärungsarbeit und für die Freiheitskämpfe des Proletariats ist, wird in der Epoche des Faschismus zu Illusion. Soweit

Lord Cecil an Gouverneur Schnee

Ein Briefwechsel zwischen dem britischen und dem deutschen Präsidenten der Delegationen der Völkerbundsliguen

Lord Cecil schreibt:

Montre , le 6. Juni 1933.

Exzellenz! Die internationale Union der Vereinigungen für den Völkerbund hat mich gebeten durch Ihre Ver­mittlung der deutschen Delegation ihre Empfindungen an­läßlich gewisser Ereignisse, die sich in Deutschland zuge­tragen haben, und die im besonderen die Maßnahmen be­treffen, te man gegen die jüdischen Bürger dieses Landes ergriffen hat, zum Ausdruck zu bringen. Die Union er­fennt an, daß sie nicht das Recht hat, sich in die inneren Angelegenheiten eines Landes einzumischen. Sie hat auch teinerlei Wunsch, das zu tun. Immerhin haben die frag­lichen Ereignisse ein lebhaftes und sehr ernstes Unbehagen in vielen Teilen der Welt, besonders in Europa und den Vereinigten Staaten hervorgerufen. Es ist nicht zuviel ge= sagt, daß sie ein Schlag wird für das gute Einvernehmen zwischen den Nationen. In vielen Ländern, auch in dem meinen, haben diese Ereignisse die Entwicklung der neuen Sympathie- und Verständigungshaltung Deutschland und seinem Volk gegenüber angehalten, eine Haltung die nach und nach die bitteren Empfindungen, die der Weltkrieg zur Folge gehabt hatte, verdrängt hatte.

Es steht mir nicht zu, eine der Handlungen, die mit­geteilt worden sind, zu diskutieren. Ich bin auch bereit, an­zunehmen, daß einige übertriebene Berichte Aufnahme in der Presse gefunden haben. Aber selbst, wenn man an ge= wisse Uebertreibungen nicht glaubt, bleibt die Tatsache be= stehen, daß die deutsche Regierung gegen eine Gruppe von Staatsbürgern nur deswegen gesetzgeberische und admini­strative Maßnahmen ergriffen hat, weil sie durch ihre Rasse zum jüdischen Volk gehören.

Es erscheint unserer Union unmöglich eine derartige Herabsetzung mit dem Geist des Pattes des Völkers bundes, wie auch mit der Entwicklung der abendlän­dischen Zivilisation während der legten zwei oder drei Jahrhunderte in Einflang zu bringen, einer Zivilis fation, zu der Deutschland sehr viel beigetragen hat. Unsere Union glaubt hierin eine Rückentwicklung des Glaubens zur rohen Gewalt, die unabhängig von der Ge­rechtigkeit als dem Instrument der Regierung ist, zu sehen, und diese Rückentwicklung, die fußt auf verschiedenen öffent­lichen Erklärungen von offiziellen Persönlichkeiten, die im Reiche eine hohe Stellung einnehmen, hat in einer großen Anzahl von Ländern ernsthafte Befürchtungen hervorgerufen. Unsere Union war sehr glücklich von Eurer Exzellenz die Versicherung zu empfangen, daß die deutsche Regierung eine Politik des Friedens und der Versöhnung fortsetzen will. Die Rede, die der Kanzler am 17. Mai gehalten hat, hatte ebenfalls diese Tendenz, und diese Versicherungen haben schon viel getan, um den unglücklichen Eindruck, von dem ich eben gesprochen habe, wieder zu beheben.

Die Union hofft und glaubt infolgedessen, daß die kom­menden Ereignisse eine Rückkehr des Vertrauens zwischen Deutschland und den andern Ländern möglich machen wer­den, und ich nehme mir die Fretheit, Eurer Exzellenz zu versichern, daß die freundschaftlichen Gefühle zwischen uns durch nichts kräftiger unterstützt werden können als durch entschiedene Maßnahmen, die beweisen, daß in Zukunft alle Staatsbürger des Reiches auf gleiche Behandlung vor dem Recht zählen können, ohne Rücksicht auf ihre Rasse, Sprache und ihre Weltanschauung.

Gouverneur Dr. Schnee

antwortete am 7. Juni mit folgendem Brief:

Cecil.

Ich bestätige Eurer Erzellenz den Empfang Ihres ge­ehrten Briefes vom 6. d. M. Ich stelle mit ehrlicher Be­friedigung fest, daß Sie bei dieser Gelegenheit die Ueber­zeugung ausgesprochen haben, daß die Union nicht das Recht hat, sich in die inneren Angelegenheiten irgendeines Landes

zu mischen. Um so schmerzlicher berührt mich, daß Sie ein Urteil aussprechen über die gesetzgeberischen und verwal­tungsmäßigen Maßnahmen der deutschen Regierung, ohne die schweren Verfehlungen, die diese Maßnahmen nötig machten, in Betracht zu ziehen.

sie durch die terroristische Diktatur bewußt, im eigenen Interesse zugelassen wird, verwandelt sie sich in ein Mittel zur Falsifizierung und Demoralisierung der öffentlichen Meinung des Proletariats.

Wem diese Dialektik des Faschismus verschlossen bleibt, der läuft Gefahr, selbst zum Spielball der faschistischen Diktatur zu werden.

Bei dem unvermeidlichen Rückzug, der jetzt von dem deutschen Proletariat gemacht werden muß, muß die Partei um ihre aktiven Kadern, um ihre Zukunft zu schützen, sich möglichst rasch von dem sie umflammerns den Feind loslösen, sie muß zwischen diesem Feind und fich einen leeren Raum schaffen und entschlossen ohne Zögern, zum illegalen revolutionären Kampf übergehen. Nur auf diese Weise wird es möglich werden, die eigenen Reihen aus der Schußlinie zu ziehen, nur auf diesem Wege wird die Basis geschaffen werden können für eine richtige Politik, die die Wiederholung der Fehler unmöglich macht, die in unerhörter Weise das Ansehen der Partei unter­graben, und eine Zerseßung und Demoralisierung in ihre eigenen Reihen getragen haben. Und nur auf diese Weise wird es endlich möglich werden, die wirkliche Arbeit der Erziehung der Massen für die verantwortungsvollen, revo­lutionären Aufgaben, die durch den Sieg des Faschismus ge­stellt wurden, zu beginnen.

Dabei ersteht auch eine große, verantwortungsvolle Aufgabe für die deutsche Emigration. Ihre wichtigste und ernsteste Arbeit wird es sein, auch von außenher an der Formung der revolutionären Arbeit mitzuhelfen. Und darin wird die Daseinsberechtigung und der politische Sinn der Emigration gegeben sein.

Ich kann Ihr Urteil weder als begründet noch als be­rechtigt anerkennen. Es ist vollkommen unrichtig, wenn Sie von der Rückkehr zu einer Gesinnungsart des deutschen Volfes sprechen, die in der Tat keinerlei Basis in unserm Volt hat.

Im übrigen werde ich meiner Regierung bie Stellung­nahme der Union mitteilen und ich zweifle nicht daran, daß meine Regierung in ihren Entscheidungen sich von den vitalen Notwendigkeiten des deutschen Volkes wird leiten lassen, ebenso wie von den hohen Prinzipien, die von der Union vertreten werden.

Ich fließe, indem ich meiner Ueberzeugung Ausdruc gebe, daß wir über Meinungsverschiedenheiten hinweg dazu gelangen werden, unsere Arbeit mit der Union fortzusetzen zur gegenseitigen Verständigung und für den Weltfrieden.

Angft vor Frankreich !

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Reichsstatthalter Mutschmann für Tarnung der militarisierten SA. Berichte über militärische Uebungen sollen nicht mehr veröffentlicht werden- Auch Arbeitslager militärisch getarnt Ein Schlag gegen die Friedensrede des Reichskanzlers

Der sächsische Reichsstatthalter Mutschmann hat durch den Gaupressewart den unten abgedruckten Geheimbefehl an die nationalsozialistische Presse versenden lassen. Wie bei den Nazis alles verraten wird, so ist auch dieser Befehl in das Ausland, und zwar an die belgische Presse gelangt. Der Befehl ist eine schwere Bloßstellung der Friedensrede des Reichskanzler im Reichstage, deren Glaubwürdigkeit durch die Nationalsozialisten selbst erschüttert wird. Hier ist der Befehl im Wortlaut:

Aus dem N.-S. Pressedienst, Gau Sachsen , vom Gauprefewart der NSDAP . vom 24. Mai 1933

Mitteilung an alle Redaktionen

Nicht zur Veröffentlichung bestimmt! Angesichts der außenpolitischen Spannungen muß noch einmal mit allem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß unter feinen Umständen irgendwelche Veröffentlichungen erfolgen, durch die unbeabsichtigt eine Umgehung des Ver­sailler Vertrages herausgelesen werden kann. Insbesondere ist darauf zu achten, daß Ausdrücke wie SA.- Kasernen oder sonstige militärische Bezeichnungen in Verbindung mit den Verbänden unter allen Umständen vermieden werden. Des­gleichen darf niemals in Berichten oder sonstigen Ver­öffentlichungen über die Polizei der Eindruck einer Militär­organisation entstehen. Ganz besonders gilt dies auch für Bilder.

Bei Veröffentlichungen über Arbeitsdienstlager, die an, sich im Hinblick auf die Wichtigkeit des Arbeitsdienstes stets sehr erwünscht sind, bitten wir darauf zu achten, daß keiner­lei Eindruck einer militärischen Ausbildung zum Ausdruck tommt.

Berichten über Erlebnisse bei irgendwelchen Uebungen der Reichswehr abzulehnen. Es ist bekannt geworden, daß sich Agenten Frankreichs dahingehend geäußert haben, daß sie ihr Material gegen Abrüstungsverstöße Deutschlands Haupt­sächlich aus Veröffentlichungen der kleineren Lokalzeitungen entnehmen. Es darf daher erwartet werden, daß die gesamte Preffe in Zukunft einheitlich vollste Dissiplin wahrt und keinerlei Handhabe gibt, erneut Deutschland außenpolitische Schwierigkeiten zu bereiten.

Heil Hitler! Robert Keßler, Gaupressewart.

Genug davon!

In den deutschen Grenzlanden besteht kein Hitlerbedarf

cnb. Berlin , 23. Juni.

Zwischen dem Tage der Sommersonnenwende und dem Tage des Versailler Diftates schickt der Volksbund für das Deutschtum im Auslande durch seine Jugend etwa 100 000 Läufer, Radfahrer und Reiter auf 43 Hauptstrecken und zahlreichen Nebenlinien eine Bot­schaft an die Grenzen, in der es heißt: Wir, die deutsche Jugend im Reich, grüßen Euch, die deutsche Jugend im Auslande. Wir versprechen Treue und wir verlangen Treue, Treue zu unserem Volk, unserer Sprache, un­serer Sache. Volkheil!

In den von dem Lauf berührten Städten werden Kund­gebungen unter Beteiligung der nationalen Verbände ver­anstaltet.

( und wo bleiben Arbeit, Brot, Brechung der Zins­fnechtschaft, Enteignung der Bank- und Börsenfürsten, Zer reißung des Versailler Vertrages usw.? D. Red.).

Wehrsportübungen der Veruände werden am besten überhaupt nicht in der Presse erwähnt. Sollte ausnahms= weise eine Veröffentlichung notwendig sein, so wird sie durch Schweden will keine Privatarmeen

den NS.- Pressedienst, Gau Sachsen , als das alleinige amt= liche Organ für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden.

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Anordnung des Reichsstatthalters, nicht zur Veröffent­lichung bestimmt:

Der Reichsstatthalter für den Freistaat Sachsen , Martin Mutschmann , macht es sämtlichen Zeitungen zur Pflicht, feinerlei Dinge zu veröffentlichen, die irgendwie im Zu sammenhang mit einer militärischen Ausbildung der SA., SS. , Stahlhelm oder sonstigen Verbände gebracht werden fönnen. Insbesondere darf niemals in der Oeffentlichkeit der Eindruck erweckt werden, als befänden sich Angehörige dieser Verbände zur Ausbildung bei der Reichswehr . Statt­halter Mutschmann wird bei dem Verstoß gegen diese An­ordnung unnachsichtlich gegen die betreffende Zeitung ein­schreiten. Wir bitten daher, dies peinlichst genau zu befolgen.

Der NS. - Pressedienst bittet, etwa gewünschte oder be­antragte Veröffentlichungen von Stimmungsbildern und

Ein Sachverständigenkomitee, das von der schwedischen Regierung eingesetzt worden war, um die Methoden der Be­fämpfung bewaffneter Privatkorps zu untersuchen, hat dieser Tage seinen Bericht veröffentlicht. Der Auftrag, der dem Komitee erteilt worden war, lautete ganz allgemein, Maß­nahmen zu finden, um die Entstehung und Aufrechterhal­tung bewaffneter privater Organisationen zu verhindern. Der vorläufige Bericht sieht ein neues Verzeichnis der Waf­fen vor, die sich gegenwärtig in den Händen von Privat­personen befinden, verschärfte Kontrolle und einschränkende Bestimmungen für den Erwerb solcher Waffen und ein strengeres Strafsystem.

Berlin . Dr. Hedenkamp, der ständige Beauftragte der ärztlichen Spizenorganisation und ehemalige Reichstags­abgeordnete, ist aus der Deutschnationalen Front ausgetre ten.( Die Ratten verlassen das sinkende Schiff!)

wtb. Dresden , 28. Juni, Das Innenministerium hat der Jungdeutschen Orden und den Tannenbergbund verboten.