Lärm rechtspre V
Lob wäre uns sehr peinlich
Die gleichgeschaltete Presse im Reiche überschüttet die ,, Deutsche Freiheit" mit Beschimpfungen. Es wird niemand etwas anderes erwartet haben, und es wäre beschämend für uns, wenn wir uns jemals ein Lob dieser Zeitungen zuziehen würden.
Am widerlichsten benehmen sich solche Zeitungen, deren Redaktionen innerlich die ganze Hitlerei zum Teufel wünschen, aus Geschäftsgründen aber so tun, als wäre der ,, Volkskanzler" Deutschlands Rettung. Das gilt für die früher einmal liberal gewesene„ Kölnische Zeitung ". Sie widmet der„ Deutschen Freiheit" die folgende Begrüßung:
Während die Sozialdemokratie im Reich durch das Be: tätigungsverbot vom 22. Juni von der politischen Bildfläche verschwunden ist, versuchen unentwegte Elemente im Saargebiet in engster Fühlung mit den Prager Emigranten die Heze gegen die nationale Regierung in Deutschland zu organisieren. Zu diesem Zweck wird jetzt in Saarbrücken die„ Deutsche Freiheit" als Tageszeitung herausgegeben, die in großer Auflage in allen deutsch sprachigen Grenzgebieten verbreitet werden soll. Als Hauptorganisator dieses Kampfes hat man den Vorfigenden der saarländischen Sozialdemokratie, Max Braun , gewonnen, also gerade den Mann, der schon seit Jahren in dem nationalen Abwehrkampf der Saar eine mehr als zweideutige Haltung eingenommen hat. Die Organisierung dieser Heze im Saargebiet bedeutet schärffte Aufpeitschung der innerpolitischen Gegensätze. Wer das in einer Zeit unternimmt, in der das Saargebiet bereits im Kampf um die Volksabstimmung steht, betreibt offenen Landesverrat. Die ganze Arbeit Brauns und seiner Genossen ist nur möglich, weil sie von der landfremden Saarregierung be= günstigt wird. Denn troß der harten polizeilichen Bestim mungen gegen die Presse braucht die„ Deutsche Freiheit" fein Berbot zu befürchten. Die Zusammenarbeit zwischen der saarländischen Sozialdemokratie und der Saarregie:
rung geht bereits soweit, daß die Regierungskommiffion über alle Vorgänge in städtischen Ausschußßigungen uns mittelbar unterrichtet wird. Zweifellos ist die Sozial demokratie bestrebt, daß ihr die im Saargebiet gewährte Grundlage für ihre Arbeit nicht verloren geht. Das läßt erwarten, daß man über kurz oder lang zum offenen Separatismus übergehen wird, um sich diese Grundlage zu erhalten. Allerdings wird die Saarbevölkerung schon dafür sorgen, daß der Versuch der Untergrabung der deutschen Front im Saargebiet fläglich scheitert, denn eine Partei, die am Deutschen Reich Verrat übt, hat außer einigen Funktionären nichts mehr hinter sich. Das zeigt fich schon jetzt mit aller Deutlichkeit.
Niemand wird uns zumuten, uns gegen den Vorwurf des„ Landesverrats" zu verteidigen. Wenn die Rückgliederung der Saar nach Deutschland gefährdet sein sollte, so weiß die„ Kölnische Zeitung " so gut wie alle Welt, daß diese Gefahr durch nichts mehr gesteigert werden kann als durch die Sozialisten- und Katholikenverfolgungen der Hitlerbarbaren.
Wir nehmen gern davon Kenntnis, daß nach der weisen Erkenntnis des einstigen Weltblattes die„ Deutsche Freiheit" nur geeignet ist, die Sozialdemokratie vollends zu ruinieren. Logisch wäre also, daß die„ Kölnische Zeitung " von ihrem Reichskanzler verlangte, er solle die Verbreitung unseres Blattes im Reiche gestatten.
Die Kölnische Zeitung " wird sich hüten, eine solche Forderung zu stellen, und der Reichskanzler würde sich hüten, sie zu erfüllen.
Millionen und aber Millionen Deutsche sehnen sich nach einer freien Zeitung, weil sie sich vor den Blättern ekeln, die aus Angst und nichts als Angst den Nazis zu Willen sind.
Die sozialistischen Arbeiter stehen fest Die Arbeiter lehnen die Nazipresse ab
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Der Sozialdemokrat läßt sich nicht gleichschalten Das Suchen nach den ausländischen Sendern
Vor einigen Tagen brachten wir einen Auszug über das Thema„ Millionen ohne Zeitung" aus der in Berlin erscheinenden„ Täglichen Rundschau". Darin wurde geklagt, daß die sozialdemokratischen und die kommunistischen Arbeiter die Nazipresse und die gleichgeschalteten Zeitungen ablehnen.
In ihrer Nummer vom 25. Juni setzt die„ Tägliche Rundschau" die Erörterung des Themas fort. Sie veröffentlicht Zuschriften„ Die Arbeiter und die Presse", die flar erkennen lassen, daß die Nationalsozialisten in der Arbeiterklasse feine Fortschritte machen. Im Gegenteil: das Mißtrauen gegen die unformierte Presse und gegen das ewige Gebrüll, Getute und Gesinge im deutschen
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fehlt, werden Kombinationen angeknüpft, werden Möglichs teiten geäußert. Einer weiß immer mehr als der andere, niemand weiß etwas Genaues. Es ist zum Weglaufen, wenn man dies alles hört."
Uebelwollende Gerüchtemacherei, die fich heimlich breit macht, wird ein Staat immer nur spärlich begegnen können. Wichtiger erscheint uns die Tatsache, daß der deutsche Arbeiter vielfach für seine politische Meinungsbildung ausländische Sender benutzt; hier zeigt das Pros blem„ Arbeiter und Presse" ein neues Geficht.
Eine dritte Zuschrift gibt glatt zu, daß die Regierung die Arbeiter nicht hinter sich hat, und wirft die Frage auf, was geschehen werde, wenn es zu einem außenpolitischen Konflikt kommen sollte. Es ist gut, daß das in einem rechts= nationalen Blatt steht. Bei uns wäre es Landesverrat. Die Zuschrift lautet:
,, Erwin Gehrts ist der Ansicht, daß für eine neue Arbeiter: presse die„ antikapitalistische Plattform" die richtige Basis sein muß. Das ist nicht richtig, antikapitalistisch oder besser noch„ akapitalistisch" ist heute in Deutschland wohl auch der letzte Spießbürger. Die meisten wollen ihren früheren Anteil wieder haben. Aber mit einem bloß antikapitalisti".hen Bekenntnis, das zu nichts verpflichtet, kann sich die Arbeiterschaft nicht begnügen. Sie ist bewußt, sozialistisch". Das darf nie vergessen werden. Sie wird auch mit jeder Regierung, die bewußt sozialistisch ist, zusammenarbeiten. Die Arbeiter sind auch so politisch geschult, daß sie sich sagen, daß nach dieser Regierung unweigerlich ein Chaos auftreten würde. Sie erkennt durchaus die ungeheuren Schwierigkeiten, die eintreten tönnten, wenn Deutschland in der nächsten Zeit irgendwo und irgendwie um eine Existenz als Nation kämpfen müßte.
Schon aus diesem Grunde müßte die Regie: rung das ganze Volk hinter sich haben. Sie würde sich selbst belügen, wenn sie diesen Zustand heute schon als vorhanden ans nimmt."
Das Rechtsblatt bestätigt nur, was wir aus Briefen und Besuchen wissen: Unsere Front steht fest im Sturm.
Görings Luxusvilla
Brandstiften lohnt sich
Während das Volk hungert, die Preise ständig steigen, Massenentlassungen in der Industrie an der Tagesordnung find, baut sich der preußische Ministerpräsident und Reichsminister, der Brandstifter des Reichstages, Göring , am Döbliner- See in der Nähe von Potsdam , in herrlichem Wald gelegen, eine ganz feudale Luxusvilla. Um den ganzen Wald
ausländischen Stationen, die deutsche Be: herum, der zu der Besikung gehört, find Verbotstafeln be= richte bringen.
Besonders lebhaft wurde überall der Zusammenstoß Dr. Leys auf dem Internationalen Arbeitsamt in Genf besprochen. Vor allen Dingen werden auch die Meldungen über die Zusammenarbeit der einzelnen Kabinettsmit: glieder besprochen. Weil eine flare Stellungnahme dazu
reits vor Wochen angeschlagen worden. Pilzsammlern und Spaziergängern wurde jegliches Betreten untersagt. Fische-= reibewilligungen wurden eingezogen und Angler, die noch auf dem See angetroffen wurden, hat man kurzerhand vers haftet. Man scheint unter allen Umständen vermeiden zu wollen, daß irgend ein Auge den Palastban bemerke.
Aushungerung der Juden?
Radio wächst. Die deutschen Arbeiter hungern nach poli Ansätze der Nahrungsmittelverweigerung
tischen Nachrichten. Um so mehr haben wir alle die Aufgabe, dieses Sehnen, von der Welt außerhalb der nationalsozialistischen Festung etwas zu hören, zu erfüllen.
Eine Zuschrift weist nach, wie die Generalanzeigerpresse von den Arbeitern abgelehnt wird:
„ Es
" Es ist außerordentlich wertvoll, daß einmal die Proble: matik der Arbeiterzeitung angeschnitten wird. Eigene Untersuchungen beweisen, daß die Sache noch schlimmer ist, als der Verfasser annimmt. In unserer Kleinstadt von 4000 Einwohnern wurden vor dem Umfturz folgende Zeis tungen gelesen: SPD. - Arbeiterpresse etwa 250 Exemplare, APD.- Arbeiterpresse etwa 100 Exemplare. Es wurden bei den Wahlen annähernd 1200 Stimmen für die Links: parteien aufgebracht. Nimmt man jede Haushaltung mit 4 Personen an, so zeigt sich, daß auf die Arbeiter häuser bürgerliche Zeitungen feinen Ein: fluß genommen hatten. Ebenfalls wurde das Lokalblatt von der Arbeiterbevölkerung nicht gelesen. Die Arbeiter waren politisch zu sehr geschult, um nicht die Fragwürdigkeit dieser Preffe, die vom Wirtschaftsprovinzdienst Hugenbergscher Firma ihre politischen Nachrichten erhielt, sofort zu erkennen. Sie wußten nur zu genan, daß auf der ersten Seite der Patriotismus überkochte, bei den Wahlen aber gegen Bezahlung die letzte Seite jeder Partei zur Verfügung stand. Die Zeitungen vom Typ des
Kürzlich ist eine Parteiorder der nationalsozialistischen Partei an die Nazi- Parteizellen und sämtliche Geschäfte und sonstigen Unternehmungen erlassen worden. Es wird darin verlangt, daß ohne jede Ausnahme und Gnade rücksichtslos sämtliche jüdischen Angestellten per 1. Ot= tober definitiv entlassen werden müssen... entlassen werden müssen... Auch getaufte Juden, Judenstämmlinge und selbst gewesene Frontsoldaten dürfen nicht ausgenommen werden und sollen eventuell unter allerhand Vorwänden entlassen werden.
Tatsache ist, daß früher hochrentable Unternehmungen, wie etwa die„ EPA", Einheitspreisgeschäfte und die Warenhäuser Karstadt , Wertheim , Tieß und noch sehr viele andere Läden jetzt starke Defizite haben und jetzt sowohl das Reichsfinanzministerium als auch die Großbanken belasten, welche fa in Deutschland ohnehin schon zu 70 Prozent dem Staate gehören.
Inzwischen nimmt die Ausdehnung des„ stillen jü= dischen Boykott 3" weiter an Stärke zu und sogar nach solchen Richtungen, bei denen es fast unglaublich erscheint, Die Naziparteizellen beginnen nämlich gegen deutsche Juden einen Nahrungsmittelbontott aufzurichten. ie ihn bisher die Weltgeschichte nicht kannte.
Generalanzeigers, die fich meistens liberal gebärdeten, Deutsche Glossen
aber wegen ihrer großen Annoncen tüchtige Mitarbeiter halten konnten, haben am Ort nur etwa 30 Leser gehabt. Sie waren unter den Beamten und Angestellte zu finden. Der Umsturz tam und mit ihm das Verbot der Arbeiter: preffe. Die Lokalzeitung und der Generalanzeiger witte ten Morgeluft und brachten Werbeeremplare- ohne viel Er: folg. Die Arbeiter blieben mißtranilch und warteten in der Hoffnung, daß ihre Presse, wenn auch in veränderter Form wieder er scheinen würde. Einige bestellten den Generalanzeiger; als dieser unter die Ronjunkturritter ging, war es auch damit
alle."
Eine andere zuschrift flagt über„ Gerüchtemacherei", das soll natürlich heißen über mißtrauische Ausstreuungen gegen die jeßige Regierung. Man fennt das aus der Kriegszeit, wo man auch durch scharfe Zeitungszenjur die Stimmung aufrecht zu erhalten versuchte und sich über die„ Miesmacher" beschwerte, die dem Schwindel von dem ewigen Nurfiegen nicht glaubten. Die betreffende Zuschrift über die " Gerüchtemacher" also lautet:
Wo teine Presse vorhanden ist, macht sich das Gerücht breit. Wer einmal Gelegenheit gehabt hat, an den Stempelstellen oder im Betrieb die Anschauungen au hören, die dort zutage kommen, wird entsetzt sein. Ge sprächsstoff gibt der Prager Sender, der täglich deutsche Presseberichte bringt, ebenso Straßburg , Beromünster oder sogar Moskau .
In vielen Arbeiterwohnungen hängt neben bem Radioapparat ein Verzeichnis der
Dr. T. h. Jm englischen Unterhaus richtete dieser Tage der Liberale Mander an den Minister für auswärtige Angelegenheiten die Frage, ob Hugenbergs Memorandum über den deutschen Anspruch auf Kolonien dem Außenministerir unterbreitet worden sei. Die Antwort lautete: Nein. Hierauf Herr Mander:„ Will der Minister zu erkennen geben, daß nichts dieser Art in Betracht gezogen werden fann, bevor Deutschland in jeder Beziehung ein vollkommen zivilisierter Staat gewor den ist?" Auf diese Frage wurde keine Antwort gegeben.
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Aus dem Nachlaß eines Mannes, der mit allen möglichen Personen in hohen Stellungen in Verbindung stand, werden jetzt eine Anzahl von interessanten Briefen bekannt. Unter anderen ist da einer, in dem sich der ehemalige Oberhofmarschall Hugo von Reischbach über den früheren Reichsfanzler Fürst Bülow äußert:„ Wenn es im Himmel ein Kriegsgericht gibt, das über diese Deutschen tagt, welche ihrem Vaterland geschadet, so gehört Bülow zu denen, die erschossen. werden."
Welch kühne Phantasie! Aber die Idee des Herrn von Reischach ist wert, von den nationalsozialistischen Deutschen Christen" aufgenommen zu werden. Bei ihren besonders guten Beziehungen zum deutschen Gott sind sie vielleicht in der Lage, ihn zur Einführung solcher Kriegsgerichte im Himmel zu bestimmen.
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In den Berichten des gleichgeschalteten Instituts für Konjunkturforschung lesen wir, das wachsende Bertrauen in
Es wird vielleicht in absehbarer Zeit jüdischen Familien ( selbst mit Kindern) nicht mehr möglich sein, Nahrungsmittel zu kaufen.
Die Organisation der deutschen „ Engros- Nahrungsmittelhändler" hat nämlich den Entschluß gefaßt, nicht mehr an Juden weiterzuverfaufen. Da nun die früheren jüdischen Engros- Nahrungsmittelhändler alle sozialisiert wurden, wird wahrscheinlich in furzer Zeit der Fall eintreten, daß sich jüdische Kreise nur mehr schwer Lebensmittel beschaffen * ännen. denn auch die Detail- Nahrungsmittelgeschäfte werden nun gedrängt, keine Waren an Juden mehr abzugeben, und man deutet ihnen an, daß man sie sonst auch vom Warenbezug ausschalten würde... Auch hört man bereits davon, daß gewisse jüdische Kaufmanns- Detailläden Schwierinfeiten haben, gewisse Waren( besonders Markenartikel) aufzutreiben.
Infolgedessen beginnt jetzt auch eine Art Wanderbwegung der Juden von den kleinen Provinzstädten nach Berlin einzusetzen, weil sie dort in Berlin nicht so befannt sind und auch daher beim Einkauf nicht weiter besonders auffallen. In Berlin glaubt man daher auch, daß dieser Zustrom von Juden weiter anhalten wird.
die Stabilität der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse habe die Grundlage geschaffen, auf der sich unternehmerische Initiative wieder entfalten könne.
Na schön, aber in demselben Bericht heißt es dann weiter, daß die Auflockerung des Kapitalmarktes nur zögernde Fortschritte mache, daß die Ausfuhr von Fertigwaren weitere Hemmungen erfahre, daß die Lage der öffentlichen Haushalte noch nicht hinreichend bereinigt sei, und daß ganz allgemein im Vergleich zu den Krisenresten die Auftriebs= tendenzen verhältnismäßig ichwa ch erschienen. Aus diesen Gründen ergreife die Reichsregierung umfassende Maßnahmen, um den Selbsterhaltungsprozeß der Wirtschaft zu fördern.
Es sieht also doch nicht so aus, als ob die durch das Vertrauen auf Hitler belebte Unternehmerinitiative start genug sei, um die deutsche Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Außerdem ist Unternehmerinitiative doch wohl etwas liberalistisches", und die Nationalsozialisten haben, scweit wir wissen, den Vorsaß, nicht nur den Marxismus, sondern auch den Liberalismus auszurotten.
Das amtliche Wolffsche Telegraphenbüro nennt mit Be friedigung die Summe, die durch den den sozialdemokratischen Abgeordneten verübten Mandatsraub erspart wird. In der Tat stehen der Regierung jeht jährlich weitere anderthalb Millionen Mark aus anderer Beute Geld für die Beschaffung von Uniformen für die SA Leute zur Verfügung. Wenn man aber schon die Angelegenheit unter finanziellen Gesichtspunkten betrachtet, so sollte man doch gleichzeitig ausrechnen, wieviel schwarze und braune Soldaten man einfleiden kann, wenn alle Mandate einschließlich der der Nationalsozialisten taffiert werden
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