Preis: 60 1. cts.

t

Fretheil

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Nummer 14-1. Jahrgang Saarbrücken , Donnerstag, den 6. Juli 1933 Chefredakteur: M. Braun

Die jüdische

Familie Hitler

Siehe Dokumente

( wiederholt) Seite 8

Hellscher und Polizeipräsident

Der Fall Hanussen - Wer hat den nationalsozialistischen Hellscher ermordet?

Sensationelle Behauptungen

Der in Prag erscheinende Aufruf" schreibt: N Von beffunterrichteter Seite geht uns die nach folgende Darstellung der näheren Umstände bei der Ermordung Steinschneider- Hanussens zu. Bekannt­lich ist über dieses Verbrechen der Hitlerschen Feme auch eine andere Version verbreitet, derzufolge der SA.- Kommissar im Mosse- Haus, Ohst, den Hell­Seher umgebracht haben soll. Uns erscheint jedoch die Darstellung unseres ständigen Mitarbeiters so wichtig und glaubhaft, daß wir ihre Veröffentlichung für not­wendig halfen.

Ende März erschienen in den deutschen Tageszeitungen kurze Notizen des Inhalts, daß der berühmt- berüchtigte Hellseher" Erik Jan Hanussen an einer Waldlichtung in der Nähe des Dorfes 3offen tot aufgefunden wurde. Die Polizei nahm erst einen Selbstmord" an, dann wurde von einem Racheverbrechen oder einem Mord aus Eifer sucht gefaselt und schließlich schob man den Kommunisten, die Hanussen seit vielen Monaten schwer befehdeten, den Mord in die Schuhe. Der Prophet des Dritten Reiches ", bester Freund der neuen Machthaber, war aus dem Weg geräumt und keine Behörde kümmerte sich um die Auf klärung des Falles. Von den Tätern fehlt jede Spur." Auffallend war es, daß die Nationalsozialisten den Mord an ihrem Propagator, ihrem Reklamefrommler, mit Stillschweigen übergingen, auffallend, daß die Be hörden keinerlei Ehrgeiz zeigten, die kommunistischen Mörder" der Tat zu überführen.

Es sind inzwischen elf Wochen vergangen und die Polt zei hat von den Mördern Hanussens noch immer keine Spur. Sie hat den Akt längst beiseite gelegt und hofft. daß niemand die wirklichen Zusammenhänge erfahren werde.

Wenn sich andere Leute an die Detektinarbeit heran. gemacht und die Mordtat nun genau aufgeklärt haben, fo geschah das nicht dem Ermordeten zuliebe, sondern um mieder einmal an Hand autentischen Materials aufzu zeigen, wie der gemeine, heimtückische Mord, verbunden mit materiellen Interessen, zum Instrument der natio­nalen Führer geworden ist.

Die Rolle, die der jüdische Artist Hermann Stein­

blieb jedoch aus, und Hanussen, selbst in materieller Be drängnis, wandte sich an seine Schuldner und bat um drängnis, wandte sich an seine Schuldner und bat um Regulierung. Als man ihm andeutete, daß er besser schweigen und sich ruhig verhalten sollte, beging er die schweigen und sich ruhig verhalten sollte, beging er die außerdem noch einen Brief an Hitler zu schreiben. Tollkühnheit, die Schuldscheine öffentlich zu zeigen und Am Ende seines Lebens hatte Hanussen bewiesen, daß er ein schlechter Hellseher war. Denn jeder andere Mensch hätte die katastrophalen Folgen vorausgesehen.

Der Mann wurde unbequem. Er konnte nur kompro mittieren. Hitler war ernstlich böse auf den leichtsinnigen mittieren. Hitler war ernstlich böse auf den leichtsinnigen Grafen, der für den Posten eines Polizeipräsi denten vorgesehen war. Der Graf wurde ins braune Haus nach München berufen und erhielt den Befehl, sich schnellstens zu rehabilitieren. In der Sprache der Natio. nalsozialisten hieß das, sich von dem Juden Ha. nussen zu befreien.

Inzwischen hatte Steinschneider am 1. März ein Enga gement in der Berliner Scala angenommen. Er wußte noch nichts von dem drohenden Unwetter, das über ihm zusammenzog. zusammenzog. Während der Abendvorstellung am 12. März durchsuchten im Auftrag Helldorfs SA.- Leute die Wohnung Hanussens nach den Schuldscheinen. Sie fanden nichts. Als die Vorstellung zu Ende war, holte man Hanussen in seiner Garderobe in der Scala ab und brachte ihn nach Hause. Hier erreichte ihn die Nachricht, daß Helldorf ihn dringend zu sprechen wünsche. Hanussen , noch immer nichts ahnend, bestieg, begleitet von den wachthabenden SS. - Leuten, sein Auto. Er traf den Grafen in der Nacht um halb 2 Uhr im Hause Greifswalder Straße 79. Die Unterredung zwischen den beiden Freunden" scheint ganz kurz ge wesen zu sein, denn bereits um 2 Uhr verließen sie ge wesen zu sein, denn bereits um 2 Uhr verließen sie ge­meinsam das Haus, stiegen in Begleitung von vier SS..

Männern in das Auto und fuhren davon. Von dies sem Augenblick an war der Hellseher Erik Jan Hanussen verschwunden. Am nächsten Morgen erhielt die Direktion der Scala von Hanussens eines plöglichen Nervenanfalles ein Sa Sekretär Chigi die Mitteilung, daß der Hellseher wegen natorium habe aufsuchen müssen.

Der Wagen mit Hanussen und Graf Helldorf fuhr in Richtung 3offen und hielt plößlich unterwegs, weil an­geblich eine Panne eingetreten war. Hanussen verließ das Auto, hinter ihm zog Graf Helldorf seinen Re volver und erledigte den Juden persönlich durch drei höchsteigenhändige Schüsse. Die Brieftasche, in der sich sämtliche Schuldscheine be fanden, sowie alle Ausweispapiere nahm man dem Toten ab. Um die Jdentität zu verbergen, jagte man der Leiche noch 14 Schüsse ins Gesicht.

Graf Helldorf , der sich so glänzend rehabilitiert hatte, prädestiniert. Wir sind überzeugt, daß diese Darstellung, war für den Posten eines Polizeipräsidenten in Potsdam die nach zweimonatigen Recherchen gegeben lange bekannt ist. Der Herr Kommissar Brasch werden konnte, der Berliner Kriminalpolizei schon wizz dürfte hinreichende Auskunft geben können.

bergermörder Schulz, dem Morphinisten Göring , dem Wenn nach dem Fememörder Heines, dem Erz Homosexuellen Röhm, dem Verleumder Göbbels und all den anderen Naziführer- Verbrechern nun auch Graf Hell­ dorf das Verbrecheralbum der neuesten Befreier" schmückt, so können nur unverbesserliche Optimisten daran etwas Erstaunliches finden. Für 136 000 Mk. kann man leicht einen Mord begehen," meinte der SA. Führer Pichel, der solche Beschäfte schon von 500 Mark an aufwärts macht.

Braune Menschenjäger

-

Jagdlisten

bisher troß schlimmster Menschenjägerei fozialdemokratischen Funktionäre, bie man noch nicht fassen tonnte. Auf den Listen stehen ferner maßgebende Zentrumsgrößen, Pfarrer und Kapläne, ja sogar Ordensschwestern, die man grundlos beschuldigt, Kurierdienste für Zentrumspolitiker geleistet zu haben.

schneider, als Hellseher Erik Jan Hanussen , in der beut. Geheime Staatspolizei dingt Kopfjäger Gefahr an der Westgrenze schen Freiheitsbewegung" gespielt hat, ist hinlänglid, be­kannt. Man weiß auch, daß er tüchtig die Reklame trommel für seine nationalsozialistischen Freunde gerührt und dabei viel Geld verdient hat. Sein Intimus war der Oberste SA- Führer Graf Helldorf . Der fuhr in den Autos Hanussens spazieren, teilte sich mit ihm in seine Ge. liebten, zechte mit ihm und stellte dafür den Judenstämm ling unter SA.- Schutz. Hanussens Autos wurden stets von zwei SA.- Leuten begleitet, in seiner Wohnung hielten ebenfalls zwei SA. - Männer Tag und Nacht Wache.

Graf Helldorf war zwar schon eine machtvolle Persön lichkeit, aber er kämpfte trotzdem stets mit finanziellen Schwierigkeiten. Immer wieder wurde er von Hanussen rangiert und schließlich erreichten seine Verbindlichkeiten die beträchtliche Summe von 136 000 Mark. So gut auch Hanussen mit Helldorf befreundet war, so hatte er es dennoch nicht unterlassen, sich für jedes gewährte Dar­lehen einen Schuldschein aushändigen zu lassen. Und er war auch so hellsichtig", zu wissen, daß diese Scheine am sichersten in seiner Brieftasche aufgehoben

waren.

Die Freundschaft zwischen dem SA.- Grafen und dem Juden Steinschneider überdauerte auch den Sieg der nationalsozialistischen Bewegung. Nun aber hoffte Hanussen nicht nur auf die Rückzahlung der außer an Helldorf auch durch dessen Vermittlung an andere nationalsozialistische Persönlichkeiten, Freißler und Len, gegebenen Darlehen, sondern auch auf Dankbarkeit für die geleisteten guten Dienste. Beides

darunter

an

Grenz- Fahndungsstellen eingerichtet worden, die der Fests Von der Geheimen Staatspolizei des Dritten Reiches find nahme von mißliebigen politischen Persönlichkeiten dienen sollen. Das Schnüfflers und Denunziantentum hat im heutigen Deutschland geradezu groteske Formen an genommen. Namentlich in denjenigen deutschen Grenzs bezirken, die ab 1919 mehr oder weniger im Mittelpunkt gebertum die wüstesten Orgien. Eine hinterliftige Anzeige politischer Hauptgeschehnisse standen, treibt das gemeine Ans bei der politischen Staatspolizei und ein gewiffenloser Zeuge genügen, um ganz ahnungslose Persönlichkeiten aus niederem Haß und teuflischem Mißvergnügen sofort ins nächste Konzentrationslager zu bringen.

Auf den Kopfiägerlisten der Grenzfahndungsstellen Bruchs Kehl stehen außerdem auch eine ganze Reihe bekannter mühlbach, Zweibrücken , Türkismühle , Benrig- Saarburg und Saarländer , die sich seit 1919 politisch gegen die heutigen Nazioten betätigt haben.

In Pirmasens

Besonders schlimm liegen in dieser Hinsicht die Berhälts nisse in Oberschlesien , im dänischen Grenzbezirk und im Rheinland und in der Pfalz . Vor allem in den beiden letzten Frau und Kind als Geisel Gebieten ist größte Vorsicht geboten. Emmerich a. Rh., W. Gladbach, Aachen , Trier , Türkismühle , Bruchmühlbach Kehl find Hauptpunkte der Geheimen Staatspolizei im Bruchhof, Zweibrüden- Kaplaneihof, Pirmasens , Landau und Grenzüberwachungsdienst. An diesen Stellen liegen nicht nur die Listen über alle Persönlichkeiten vor, die während der Besagungszeit mit den englischen, amerikanischen, bel: gischen und französischen Okkupationstruppen in engerer Fühlung standen, sondern auch über alle Personen, die den autonomistischen und separatistischen Bestrebungen der Jahre 1919 und 1928/24 angehört oder nahegestanden haben. Ein Teil davon befindet sich allerdings schon in den Konzentra: tionslagern. Die Listen enthalten auch die Namen von Juden, die sich in Deutschland verborgen halten sowie die nament lichen Verzeichnisse aller kommunikisen und

seit Wochen von den Nazis verfolgt und mit Totschlag bes Der langjährige bayerische Abgeordnete Ludwig wird droht. Er hat sich den Banditen durch die Flucht entzogen. Nun hat man seine Frau verhaftet und sie im Triumph durch die Stadt geführt. Der kleine Junge der Frau lief weinend hinterher. Man hofft, durch die Verhaftung der Frau den Abgeordneten Ludwig zur Rückkehr zu veranlassen. Ludwig hat hervorragende Verdienste um die Niederkämpfung des Separatismus in der Pfalz . Seine Leistungen sind u. a. in einem Roman verherrlicht worden.