Die Krise des Weltkapitalismus Vor der Vertagung der Londoner Weltwirtschaftskonferenz? Letzte Versuche Roosevelts- Der Goldblock gegen Nordamerika
Washington , 5. Juli. Der Präsident Roosevelt ist nach Beendigung seiner Erholungsfreuzfahrt ins Weiße Haus zurückgekehrt. Der Präsident hat der amerikanischen Delegation auf der Weltwirtschaftskonferenz neue Weisungen telegraphisch, denen zufolge sie nichts unversucht lassen sollen, um einen Fortgang der Konferenz zu sichern.
! Die telegraphischen Weisungen des Präsidenten Roose: velt sind ein Versuch, den Todesstoß abzuwehren, den am Dienstagnachmittag der holländische Premierminister Col: Iijns der Konferenz versezt hat. Sein Antrag auf Vertagung wurde angenommen. Allerdings sollen
einige wirtschaftliche Kommissionen ihre Arbeiten über Einzelheiten fortseßen. Die Vertagung der Konferenz soll auf der Vollversammlung am Donnerstag aus gesprochen werden. Die europäischen Goldblodkländer führen das Scheitern der Konferenz auf die inflationistischen Tendenzen Nordamerikas zurück und auf die schroffe Art, mit der Präsident Roosevelt in seinem bekannten Brief die euro päischen Länder, insbesondere Frankreich über ihre nach feiner Meinung verfehlte Art, an der Goldwährung festzus halten, zu belehren suchte.
Paris , 5. Juli. Die französische Presse zweifelt nicht daran, daß troß der auf Veranlassung der Amerikaner erfolgten Bertagung der Sigung der Konferenz auf Donnerstag, wenn nicht etwas ganz unerwartetes eintritt, an diesem Tage die Vertagung der Konferenz offiziell ausgesprochen wird. Diese Vertagung wird aber ganz allgemein als eine endgültige Begrabung, wie der Matin" sich ausdrückt, des Weltwirtschaftsunternehmens von London bezeichnet.
Das Journal" schreibt zur Lage, es werde sich am Donnerstag tatsächlich um das Begräbnis der Weltwirt. schaftskonferens handeln. Durch die theoretische Aufrecht erhaltung einiger unbedeutender Komitees, die sich mit Getreide, Wein und Zöllen befassen, dürfe man sich nicht dar
Schein hüten. Wichtig sei, daß die Vorkämpfer der Währungsordnung die Mittel in der Hand behielten, um sich zu verteidigen, da die Schlacht einmal nicht vermieden werden
tönne.
Rettung der Konferenz?
Man bleibt in Fühlung
Berlin , 5. Juni. ( Eig. Meldung.) Der gestrige Tag hat eine endgültige Entscheidung über das Schicksal der Welt: wirtschaftskonferenz nicht gebracht. Der Beschluß des Büros, fich bis Donnerstagvormittag zu vertagen, gibt dem Präfi denten und den einzelnen Hauptdelegationen Gelegenheit inoffiziell die Möglichkeiten eines Auswegs aus der Sack: gasse, in die man durch die scharfe Erklärung Roosevelts ge= raten ist, zu erörtern. Vor allem aber wird die amerikas nische Delegation in den Stand gesezt, mit Washington Rücks sprache zu nehmen, dessen von inneramerikanischen Gesichtss punkten beeinflußte Stellungnahme ihr offenbar nicht ganz gelegen kommt, weil sie Amerika das Odium der„ Torpe dierung" der Konferenz aufbürden könnte. Jedenfalls zeigte sich gestern deutlich das Bestreben, den peinlichen Eindrud, den die Erklärung Roosevelts auch in englischen Konferenz kreisen durch ihre Formulierung hervorgerufen hat, zu vers wischen. Außerdem besteht übereinstimmend bei den Ameris fanern, den Engländern und Skandinaviern der Wunsch, in der besonders wichtigen Frage einer Revalorisierung des Weltmarktpreisstandes untereinander, wie auch mit ge wissen außereuropäischen Staaten, evtl. auch außerhalb des Rahmens der gegenwärtigen Konferenz, in Fühlung zu bleiben.
über täuschen lassen. Wenn die Konferens femals wieder aus Neue Botschaft Roosevelts
sammentreten sollte, so erst nach Beendigung des amerika nischen Experiments und dann werde man von einer wahren Auferstehung sprechen können. Die Amerikaner fühlten wohl, daß die Konferenz nicht weiter beraten könne, sie wollten jetzt nur die Berantwortung für die Trennung auf die andern Nationen abwälzen, sie wollten Europa schwächen, um die Konferenz unter für sie günstigeren Bedingungen wieder aufzunehmen. Set das nicht die klassische Vorgangsweise Ameritas? Hätten nicht die amerikanischen Finanzmagnaten zweimal oder dreimal bankerott gemacht, ehe sie Milliardäre wurden? Deshalb müsse man sich jetzt vor jedem falschen
wtb. Washington , 5. Juli. ( Reuter.) In unterrichteten Kreisen verlautet, daß Präsident Roosevelt um Mitternacht eine wichtige Erklärung abgeben werde. Laut„ Herald Tribune" betont man in amtlichen Kreisen, daß die neue Botschaft des Präsidenten den Goldwährungsländern zeigen werde, was die Welt tun könne, ohne daß zuvor ein Währungswaffenstillstand" geschlossen zu werden braucht. Noosevelt halte es für seine Pflicht zu beweisen, daß der Weg noch frei sei, um die Weltkrise durch eine internationale Gemeinschaftsaktion zu heilen.
Isolierung auch von Osten her
Der berüchtigte Vorstoß Hugenbergs in London für neues Siedlungsland, der allgemein als eine Forderung nach Eroberung ruffischen Gebietes aufgefaßt wurde und trotz aller Dementis eine offizielle Unternehmung des Reichs gewesen ist, hat für Deutschland verheernde Folgen gehabt. Unter Führung Rußlands haben sich die gesamten Ostmächte zu einem Sicherheitspakt zusammengeschlossen. Namentlich der große Beifall, den Polen dem Abkommen zollt, spricht für seine Bedeutung. Rußland aber bucht einen bedentenden diplomatischen Sieg. Hitler , der außzog, um den Bolschewismus zu vernichten, hat der bolschewistischen Großmacht im Often einen Triumph auf Kosten Deutschlands verschafft. Der Nichtangriffspakt, der am Montag in der Londoner sowjetrussischen Botschaft unterzeichnet wurde, erstreckt sich auf Rußland , Rumänien , Polen , die Türkei , Afghanistan , Persien , Lettland und Estland . Die in dem Patt enthaltene Bestimmung des Angreifers stimmt, wie von russischer Seite betont wird, mit dem Wortlant des im sogenannten Politis- Bericht niedergelegten und vom Sicherheitsausschuß der Abrüstungskonferenz an= genommenen Entschließungsentwurf überein. Der ruffische Außenkommissar Litwinow wies in einer Erklärung darauf hin, daß das Abkommen ein neues Glied in der Kette der Maßnahmen bilde, durch die die Sowjetregierung systematisch die friedlichen Beziehungen zu ihren Nachbarn zu verstärken fucht. Darüber hinaus bilde der auf die Initiative Rußlands anstandegekommene Nichtangriffspakt ein Vorbild und eine Anregung für andere Länder. Die sowjetrussische Regierung sei bereit, ähnliche Verträge mit allen anderen Staaten ab:
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zuschließen. Troß dieses Abkommens werde aber Rußland seinen auf der Genfer Abrüftungskonferenz gemachten Bors schlag aufrechterhalten, eine allgemein gültige Definition für den Angreifer aufzustellen.
Der polnische Außenminister Bed bes zeichnete den Patt als eine große tonftruts tive Tat. Er sei besonders befriedigt darüber, daß Rämänien zusammen mit Polen das Abkommen unters zeichnet habe.
Am Dienstagnachmittag ist die Unterzeichnung eines Rußland , Rumänien , Südslawien , die Tschechoslowakei und weiteren Pattes zur Definition eines Angreiferstaates durch die Türkei erfolgt. Der Text ist derfelbe wie der bes gestern von Rußland und seinen Nachbarstaaten unterzeichneten Pattes. Die Unterzeichnung wird als ein Schritt zur Anerkennung der Sowjetunion angesehen. Im Gegensatz zu dem gegenwärtigen Uebers einkommen, das auf die Nachbarstaaten beschränkt war, steht der heute unterzeichnete Patt allen Staaten offen. Litwinow reist am Mittwoch von London nach Paris und von dort nach Wien .
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An einem Faden!
Daß die Voraussetzungen zu dem Totalzua sammenbruch der Reichsmark erfüllt sind, hat kein Geringerer als der Herr Reichsbankpräsident
ch a cht selbst erklärt, der von einer größeren Inflationskatastrophe als der des Jahres 1923 gesprochen hat und zugeben mußte, daß sein Stehkragen höher ist als die Deckung und innere Wert der deutschen Währung. Selbstverständlich verschweigt Hitlerdeutschland mit der gesamten gleichgeschalteten Presse und dito Rundfunk dem auch geistig isolierten Bolk die Tatsache, daß der Bestand der deutschen Währung an einem hauchdünnen Faden hängt, den abzuschneiden nur noch von der Gnade des Auslandes, darunter auch des fran zösischen, abhängig ist.
Und was nun die Maßnahmen anbelangt, die„ Rem part" empfiehlt: Sofortige Intervention oder Generalangriff auf die Währung, so glauben mir, daß man keines von beiden dem gequälten, mißhandelten, vergewaltigten deutschen Volke gönnen darf, daß im Gegenteil alles geschehen müßte, um Deutsch land von Hitler zu trennen und Tod und Verderben, die das einzige Schicksal der braunen Okku pationsarmee Deutschlands sein können und dürfen, nicht auf das arme Volk einer furchtbar geprüften Nation aus zubehnen wir fürchten allerdings, daß die innenund außenpolitisch gleich katastrophale Politik des Hitlerschen Nationalsozialismus dem deutschen Volke nichts ersparen wird, und daß der Wahnsinns. kurs der braunen Psychopather Hitlerdeutschland nicht nur in die Alternative zwischen den beiden Möglichkeiten des„ Rempart"- sondern in sie beide als harte Wirklichkeiten hineinführen wird! Deutsch land, erwache! M. B.
Brüning verzichtet
Er und einige andere Männer wollen sich der Schmach nicht beugen
Berlin , 5. Juli. ( Eig. Drahtb.) Die NSDAP . erspart dem Zentrum nichts. Heute soll der Selbstmord der Zen trumspartei feierlich verkündigt werden. Die NSDAP . hat sich vorbehalten, diejenigen Zentrumsabgeordneten, die den Antrag auf Aufnahme als Hospitanten stellen, peinlichst zu prüfen, ob sie auch würdig sind, einer so erlauchten Fraktion die allergrößte Anzahl der Zentrumsabgeordneten ist bes anzugehören. Man hält es kaum für möglich, aber es ist so: reit, sich dieser schmachvollen Behandlung zu unterziehen. Wir freuen uns feststellen zu können, daß wenigstens einige Männer vielleicht sogar auch die eine oder andere Frau- diese Bedingung nicht eingegangen sind. Sie sollen dem Reichstag ohne parteipolitische Bindung, mithin als„ Wilde" angehören dürfen. Zu diesen Abgeordneten dürfte auch Dr. Brüning gehören. Ruhmvoll ist freilich auch dieser Auss gang nicht, denn irgend eine politisch- parlamentarische Bes tätigung wird man den Herren nicht zugestehen. Wahrscheins lich wird auch ihre vollendete Demütigung bei späterer Ges legenheit noch kommen.
6 Tote beim Segeln
Darunter 5 Kinder
Bremen , 5. Jult. Unverantwortlicher Beichtsinn hat au einem schweren Segelbootunglüd geführt, dem wahrscheinlich fünf Kinder und ein Erwachsener zum Opfer gefallen sind. Trotz schweren Nordweststurmes wagten sich am Dienstagnachmittag sechs Erwachsene mit fünf fleinen Kindern in einem Segelboot auf die offene Weser. Kurz nach Verlassen der Geester Mündung tenterte das Boot. Durch den Schlepper„ Elsfreth" wurden drei Erwachsene gerettet. Ein anderes Boot nahm zwei Erwachsene auf. Vermutlich sind der sechste Erwachsene und sämtliche fünf Kinder ers trunken. Zwei Kinderleichen sind bereits geborgen worden.
44 Tote
Und hunderte Verletzte am Nationalfeiertag
Neuyork, 5. Juli. Die geftrige Feier des un abs hängigkeitstages hat zahlreiche Opfer gefordert. Ins folge von Unfällen bei Automobilausflügen, beim Baden und beim Abbrennen von Feuerwerk wurden in verschiedenen Teilen des Landes 44 Personen getötet und Sunderte verlegt.
Auch die Ausföhnung Rußlands mit England it perfekt. Das Neueste
Nach den ersten zögernden Taftversuchen, den ersten noch uns befriedigenden Unterredungen des russischen Außenkoms missars mit dem britischen Premier und seinem Außenminister erfolgte eine fühlbare Annäherung zwischen Sir John Simon und Litwinow .
,, Stürzt die Reichsmark!"
Der Oberbürgermeister Sahm von Berlin , hat den Gläns bigern der Stadt mitgeteilt, daß Berlin zunächst nur 4 Pros zent seiner Schulden zahlen werde.
Die Großdeutsche Volkspartei Oesterreichs versendet an ihre Mitglieder einen Anfruf, der zur Wieders herstellung der verfassungsmäßigen Rechte und zur Berstäns digung mit Deutschland auffordert.
Bizekanzler v. Papen ist vom Papst und darauf von Mussolini in Privataudienz empfangen worden.
Der Präsident der Abrüstungskonferens Henderson hat sich nach London begeben, um von dort
anzutreten.
Man arbeitet an ihrem vollkommenen Zusammenbruch aus eine Reise in die verschiedenen europäischen Hauptstädte als Aktion gegen Hitler- Deutschland!
So wenig man in Deutschland von der schweren Erschüttes rung der Baluta etwas authentisch erfährt- so lebhaft bes schäftigt sich die ausländische Presse mit der drohenden polis tischen und wirtschaftlichen Katastrophe in Deutschland und dem damit verbundenen Zusammenbruch der Reichsmart. Jetzt veröffentlicht„ Rampart", eine bedeutende Pariser Zeitung, die über gute Verbindung zur Regierung verfügen soll, einen Bericht über Deutschland , der für die Führer in jeder Hinsicht vernichtend sei. Bom Sozialismus fei feine Rede. Die Herrschaften täuschten dem deutschen Volke nur vor, als habe es sich selbst wiedergefunden und dürfe fich bald eines allgemeinen Wohlstandes erfreuen. Hitler wolle ganz Deutschland zusammenschweißen, um dann an die Durch führung seiner wahren Ziele heranzugehen: Revanhe frieg, 3erreißung der Friedensverträge, Wiedereroberung der der abgetrennten Ges biete, der Kolonien,
Im Zusammenhang damit warnt das Blatt gewisse Kreise in Frankreich , die Hilfsstellungen leifteten, um das Abgleiten der deutschen Währung zu verhindern, für die Welt sei es ein offenes Geheimnis, daß alle Voraussetzungen für den Totals zusammenbruch der Mark erfüllt seien." Rampart" sicht gegenüber den Plänen Hitlers nur zwei Möglichkeiten: 1. die sofortige Intervention, bevor die deutsche Armee aufmarschiert;
2. den Generalangriff auf die deutsche Wäh= rung mit allen revolutionären Konses quenzen.
Das Blatt bemerkt zum Schluß, daß es nur eines geringen Anstoßes bedürfe, um die Reichsmark in den Abgrund zu schleudern. Diese Auffassung werde in maßgebenden Finanztreifen von Paris und London geteilt...
Ein schweres Straßenbahnunglüd trug sich am Dienstag abend gegen 20 Uhr auf dem Alten Mark in Dresden zu. Dort fuhr ein Straßenbahnang infolge Bersagens der Bremse auf den vor ihm fahrenden auf. Der Zusammenprall war derartig, daß insgesamt 13 Personen verlegt wurden. Acht von ihnen mußten in das Krankenhaus übergeführt werden.
Wie Havas aus Oran meldet, ist ein Autobus, der zwischen Oran und Tlemcen verkehrte, 10 km. von Tlemcen entfernt einen Abhang hinuntergestürzt. Dabei kamen vier Personen ums Leben, während noch zwölf verlegt wurden.
Dem„ Matin" wird aus Lille gemeldet, daß dort am nächsten" Sonntag der Rechtsanwalt Robert Stahl die Priesterweihe erhalten wird. Mit Genehmigung des Kars dinalerzbischofs von Lille wird der neue Priester auch fünftig feinen Beruf als Rechtsanwalt ausüben.