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Deulfate
Fredhei
Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Nummer 17-1. Jahrgang
Sarbrücken, Sonntag- Montag, den 9. Juli 1933 Chefredakteur: M. Braun
Räume nicht dem Staat zuviel Gewalt ein. Er darf nicht fordern, was er nicht erzwingen kann. Was aber die Liebe gibt und der Geist, das läßt sich nicht erzwingen. Das lasse er unangetastet oder man nehme sein Gesetz und schlage es an den Pranger. Immerhin hat das den Staat zur Hölle gemacht, daß ihn der Mensch zu seinem Himmel machen wollte. Hölderlin .
Eine hochkapitalistische Rede Hitlers - Kampfruf gegen die betrogene SA. Wachsende Rebellion- Außen braun und innen rot"
Reichskanzler Hitler hat schon am vergangenen Sonntag in Reichenhall eine gegenrevolufionäre Rede gehalten. Unser Berliner Korrespondent hat diese Kanzlerrede sofort als einen Kampfruf gegen die revolutionären Forderungen der SA. bezeichnet. Nun hat Hitler am Freitag in Berlin vor den Reichsstatthaltern noch offener gesprochen. Er hat alle revolutionären Aktionen in der Wirtschaft abgelehnt und sich eindeutig zur kapitalistischen Entwicklung bekannt. Das ist für den Eingeweihten nichts Neues. Hitler ist kein Revolutionär. Er ist der Exponent hochkapitalistischer und militaristischer Kräfte gegen die organisierte sozialistische Arbeiterklasse. Er will keine Befreiung des Arbeitsvolks, sondern eine kapitalistisch
geführte Wirtschaft mit starkem Staat, dessen Expansionskräfte durch gewaltige Heeresrüstungen
nach außen drängen und neue Betätigungsmöglichkeiten für das deutsche Kapital in fremden Ländern erschließen sollen. Wir bringen an anderer Stelle die entscheidenden Partien der Hitlerrede, geben aber zunächst unserem Berliner Korrespondenten über die gesteigerte Unruhe in der SA. das Wort.
Berlin , 8. Juli. ( Eig. Draht.) Die von #ns Anfang dieser Woche gemeldeten SA. - Rebellionen gegen die Reichenhaller gegenrevolutio näre Rede Hitlers halten an. In der SA. ist die Erregung sehr groß. In Berlin sind aus verschiedenen Teilen Deutsch lands Abordnungen eingetroffen, um mit der hiesigen Oppo fition Fühlung zu nehmen. In den Berliner SA.- Büros geht es sehr lebhaft zu. Die SS., deren Gegensatz zu den SA. bekannt ist, sind auf die Parteihänser konzentriert. Das Bes treten der A.- Lokale ist den SS.- Lenten untersagt. Hitler und Heß und andere Führer sind über die Vorgänge genan unterrichtet. Maßnahmen gegen die Rebellen sind bisher nicht getroffen worden. Man scheint anzunehmen, daß sich die Aufregung wieder legt.
Inzwischen machen die Polizeipräsidenten gegen die Rebellen in den SA. scharf. Es liegen uns aus fast allen großen Städten des Reiches Drohungen der Polizeipräsidenten gegen die„ Wühlarbeit" vor. Nach bekannter Methode werden die auffässigen SA. - Leute als„ Kommunisten" bezeichnet. So gibt der Polizeipräsident von Dort
mund bekannt:
Helft die Wühler fassen
In legter Zeit macht sich im Präsidialbezirk Dortmund wieder eine ft ärtere fommunistische Zettels propaganda bemerkbar. Ich bitte das Publikum um erhöhte Aufmerksamkeit. Es ist unbedingt erforderlich, eventl. Wahrnehmungen sofort dem nächsten Polizeirevier oder der politischen Polizei beim Polizeipräsidium mitzuteilen, damit den kommunistischen Bühlern ihr Handwerk gelegt werden kann.
Uns liegt einer der gefürchteten„ kommunistischen Zettel ,, vor. Wir werden das Original im Schaufenster unserer Geschäftsstelle auslegen. Das Flugblatt hat folgen
den Inhalt:
F
Gegen das System
Zeitung des revolutionären SA. - u. SS. Mannes
Die Revolution ist noch nicht abgeschlossen???? Die SA. verlangt Säuberung auf allen Gebieten!! In eiserner Diszis plin steht die A. zur Sache des Sozialismus!!!
Die Rede unseres Obersten Führers in Erfurt , anläßlich des Reichsappells, brachte uns weiteren Aufschluß über den Fortgang der Regierungshandlungen während der Revos
Intion.
Seine Ausführungen erreichten den Höhepunkt in dem Ausspruche:„ Wenn uns auch die Abschaffung innerer Gegens fäglichkeiten nicht gelingt in wirtschaftlicher Hinsicht, so wird uns aber das höchfte gelingen, die deutsche Jugend im Geifte des neuen Deutschland zu erziehen.
Das ist also die neue Schöpfung!!! Also die Kapitalisten, Fürsten , Prinzen, sie beziehen weiterhin hohe Gehälter, ganz ungeachtet auf die Lage der Arbeiter, die in Not und Elend thr Dasein fristen müssen.
Die Bauern schuften Tag und Nacht, um die Verwaltung des Staates zu bezahlen mit ihrer Hände Fleiß. Die Anträge unserer Formationen der SA. genügen nicht. Sie stellen nur ein Teil dessen dar- der Anfänge.
Es genügt nicht, einzelne Beamten ihrer Poften an ents
heben. Es genügt nicht, die Erwerbslosen aus der Stadt auf das Land zu bringen. Es genügt nicht, die Erwerbslosen in den Arbeitsdienst aufzunehmen, um dort mit militärischem Drill zur Arbeit erzogen zu werden.
Es sind dies nur Maßnahmen der Regierung, um den Schein zu erwecken, als marschiere der Sozialismus. Die Personen nur haben gewechselt, jedoch der 30. Januar ift dem 9. November im Verrat nachgefolgt.
Wir wünschen eine vollkommene Arbeit. Nichts wurde ge=
halten, nichts wurde erfüllt von dem Versprochenen. Wir SA.- und SS. - Männer als Träger der Revolution müssen die Dreckarbeit verrichten und die Generäle, Prinzen, Groß junter feiern mit unserm Führer die Wiedererhebung in die Aemter hinter verschlossenen Türen.
Nichts hat sich an unserer Lage gebeffert, der Glaube, die Hoffnung ist uns nur geblieben. Die Revolution kann nicht beendet sein!!! Unser Ziel ist: Die Entlassung und Beseiti gung aller Nugnießer der Arbeit, aller Schmaroßer und Aus beuter. Die Arbeiter selbst müssen die Produktionsmittel in
die Hand nehmen, sie verwalten, erst dann ist der Gemeinnuß gesichert und der Sozialismus in seinen Anfängen Tatsache
geworden.
Wir kämpfen weiter, wenn unsere Führung auch nicht mit dieser Handlung übereinstimmt,
Den Arbeitern muß der Staat sein!!! Um dieses Ziel seiner Verwirklichung entgegen zu führen, kämpften wir weiter, trog Hinauswurf auf Hinauswurf. Einige ehrliche SA.- und SS. - Männer. Die Polizeipräsidenten mögen noch so viel beteuern, daß diese Flugschriften von Margisten stammen. Jedenfalls wirken sie und beweisen so, daß sich viele in der SA. nicht mehr täuschen lassen von den hohlen Hitlerphrasen. ed zoda SS. erschießt 13 SA.
Im Konzentrationslager
Ende Juni ist, wie bekannt, in der Lüneburger Heide bet Wilsede ein Konzentrationslager für rebellische SA. - Leute eingerichtet worden. In dem Lager, das bisher mit zweis tausend Kommunisten und Sozialdemokraten belegt war, sind dreizehnhundert A.- Lente untergebracht; die Bes wachung liegt in den Händen eines starken Detachements der SS. In diesem Lager sind, wie jetzt erst bekannt wird, in der Nacht vom Sonntag zum Montag dreizehn SA.- Lente angeblich bei Begehung eines gemeinsamen Fluchtversuchs erschossen worden. Die Toten wurden innerhalb des Lagers beigesetzt.
Wegen dieser Vorfälle herrscht unter den Internierten außerordentliche Erregung, so daß das Wachkommando der SS. hat verstärkt werden müssen.
SA.- Sturm in Gera und Greiz aufgelöst
Die SA.- Formationen in Gera und Greiz in Thüringen find wegen Menterei aufgelöst worden. Die SA. - Lente hatten unter ihrer örtlichen Führung verbotene Versammlungen einberufen, in denen schärffte Kritik an Hitler und der Thüringer Landesregierung geübt wurde. Zu einem megen dieser Vorkommnisse vom Reichsstatthalter Sandel in Gera angesetzten General- Appell der SA. von Gera und von Greiz weigerten sich die SA.- Lente zu erscheinen; hierauf erfolgte die Auflösung der Formationen. Die örtlichen Führer der SA. und einige angebliche Rädelsführer wurden in Haft genommen. Nach Gera und Greiz wurde je ein Detachement der SS. von 80 bzw. 50 Mann gelegt.
Nichts vom Vierjahresplan!
DIC Volksrechte sind geraubt und die Herrenrechte bleiben
Die entscheidenden Stellen der Rede des Reichskanzlers Wir müssen dabei unser Handeln auf viele Jahre einstellen vor den Reichsstatthaltern lauten:
Neuwahlen werden nie mehr ausgeschrieben. Der nationalsozialistische Staat sei in der Praxis noch nicht möglich, da
bie Auswahl an geeigneten Führerpersonen, Wirtschafts
erderten usw. sehr gering sei.
Die Revolution ist kein permamenter Zustand, sie darf nicht zu einem Dauerzustand sich ausbilden. Man muß den frei gewordenen Strom der Revo lution in das sichere Bett der Evolution hinübers leiten.
Die Erziehung der Menschen ist dabei das Wichtigste. Der heutige Zustand muß verbessert und die Menschen, die ihn verförpern, müssen aur nationalsozialistischen Staatsauffassung erzogen werden. Man darf daher nicht einen Wirtschaftler abseßen, wenn er ein guter Wirtschaftler, aber noch kein Nationalsozialist ist; zumal dann nicht, wenn der Nationalsozialist, den man an seine Stelle sezt, von der Wirtschaft nichts versteht! In der Wirtschaft darf nur das Können ausschlaggebend sein.
Die Aufgabe des Nationalsozialismus ist die Sicherstellung der Entwicklung unseres Volkes. Man soll aber nicht herumsuchen, ob noch etwas zu revolutionieren ist, sondern wir haben die Aufs gabe, Position um Position zu sichern, um sie zu halten und allmählich mustergültig zu besezen.
und in ganz großen Zeiträumen rechnen. Durch theoretische Gleichschaltungen schaffen wir keinem Arbeiter Brot. Die Geschichte wird ihr Urteil über uns nicht danach abgeben, ob wir möglichst viele Wirtschaftler abgeseßt und eingesperrt haben, sondern danach, ob wir es verstanden haben, Arbeit zu schaffen. Wir haben heute absolut die Macht, uns überall durchzusehen. Aber wir müssen die abgesetzten Menschen auch durch bessere erseßen fönnen. Der Wirtschaftler muß in erster Reihe nach seinen wirtschaftlichen Fähigkeiten beurteilt werden, und wir müssen selbstverständlich die wirtschaftliche Apparatur in Ordnung halten. Mit Wirtschaftsorganisationen, Konstruktionen und Theorien werden wir die Arbeitslosigkeit nicht beseitigen.
Es kommt jetzt nicht auf Programme und Ideen, sondern auf das tägliche Brot für fünf Millionen Menschen an.
Die Wirtschaft ist ein lebendiger Organismus, den man nicht mit einem Schlage verwandeln kann. Die Wirtschaft baut sich nach primitiven Gesezen auf, die in der menschlichen Natur verankert sind. Die geistigen Bazillenträger, die jetzt in die Wirtschaft ein zubringen suchen, bringen Staat und Volk in Gefahr. Man darf nicht die praktische Erfahrung, ablehnen, weil sie gegen eine bestimmte Idee ist. Wenn wir mit Reformen vor die Nation hintrete, müssen wir auch beween, daß wir die