Die Teufelsinsel Italiens  

Das ,, Konzentrationslager" Mussolinis- Noch immer neue Opfer- Die Miliz haust- Der Haß geht um

Am 9. Juni find hundertzweiundfünfzig politische Ber schickte auf der Insel Ponza wegen Aufruhrs" verhaftet worden. Was geschieht in Ponza, wo es nach der letzten Am­nestie angeblich überhaupt keine politischen Verschickten mehr geben sollte?

In Wahrheit empfängt die ungaftliche Insel immer neue Opfer, besonders Kommunisten und Angehörige der Bewe­gung Gerechtigkeit und Freiheit". Sieben Frauen waren wegen serueller Verfolgungen durch die Miliz vorstellig ge­worden; dafür wurden sie verurteilt und nach abgebüßter Strafe Ende Mai erst recht wieder nach Ponza gebracht. Seit­dem hat die Leitung der Straffolonie die Quälereien gegen die Politischen verschärft. Am Tage, wo die Frauen zurück­famen, wurde eine Verordnung erlassen, die den Verschickten verbot, sich in Gruppen von mehr als sieben Personen zu versammeln, die Wohnung andrer Verschickten zu betreten und sogar in den Schlafsälen sich gruppenweise zu unter­halten. Die Bibliotheken, die Mensa, furz, alle gemeinschaft­lichen Schöpfungen wurden praktisch außer Funktion gesetzt. Auf diese Provokation, die das Leben der Verschickten elen­der macht als das des Zuchthäuslers, antworteten die Poli­tischen durch eine Demonstration. Am 10. Juni( dem Tage der Ermordung Matteottis) sollte die neue Verordnung in Kraft treten; am 7. Juni wußte man schon, daß eine Liste von Verschickten aufgestellt war, die auf alle Fälle verhaftet werden sollten.

Am Abend des 9. Juni begaben sich hundertzweinndfünfzig Berschickte vor das Kommando der Miliz und vor das Büro der Oberleitung der Kolonie und warfen ihre Sträfs lingsbücher auf den Boden.

Sofort wurde die Miliz aufgeboten, alle Polizisten und Karabinieri. Man trieb die Demonstranten gewaltsam in die Schlafsäle und sperrte sie ein, bis ein telegraphisch aus Gaeta   angefordertes Kriegsschiff mit dreihundert Karabi­nieri eintraf. Dann wurden die Aufständischen", unter de nen sich die sieben Frauen befanden, in Handschellen geschlos= sen und ihnen schwere Ketten um die Fußgelenke gelegt. Nachdem viele der so Gefesselten auch noch mißhandelt wor den waren, lub man sie auf ein Schiff und transportierte

fie nach Neapel  . Zum Empfang waren die Straßen vom Ha­fen zum Gefängnis mit Truppen abgesperrt, um dem Pub­lifum den Anblick dieser Prozession von fettenflirrenden Menschen vorzuenthalten. Am 13. Juni wurden die Verhaf­teten verhört, am 14. Juni war die Verhandlung, wobei hundertneuundvierzig Angeklagten einen Ex- officio- Vertei­diger hatten, die übrigen drei eigene Verteidiger. Diese wur­den erst zwei Stunden vor dem Prozeß benachrichtigt, daß die Verhandlung stattfinden werde. Alle Angeklagten wur­den verurteilt: hundertachtundvierzig zu je fünf Monaten, vier zu elf Monaten.

Unter den zu elf Monaten Verurteilten befindet sich Giors gio Amendola, der Sohn des liberalen Kolonialministers, Iden die Faschisten bei Montecatini in einen Hinterhalt ges lockt und tödlich verwundet haben.

Von den verurteilten Frauen hat die Kommunistin Baron­cini Berti, die vor einem Jahr verschickt wurde, über­haupt nur achtunddreißig Tage auf der Insel verbracht. Drei Monate dauerte ihre Beförderung auf dem Schubweg, die übrige Zeit ging für Strafverbüßung von drei Verurteilun­gen drauf. Ihr Mann, der Kommunist ist, fonnte ins Aus­land fliehen. Das kleine Kind lebt als Waise, bald bei die­ser, bald bei jener Familie.

Dieser Monsterprozeß, der übrigens unter Ausschluß der Deffentlichkeit stattgefunden hat, lenft wieder die Augen auf die entseglichen Zustände in Ponza. Dreiundzwanzig Ver­schickte sind augenblicklich lebensgefährlich frank an Tu­berkulose, an Magengeschwür, an Darmfrankheiten. Viele tragen an den Folgen der Folterungen, die sie in der Unter­suchungshaft erlitten haben. So wurden Igino De Sanc= tis, Aristide Ciccotti und Ferdinando Giuliano in Rom   auf Befehl des Oberkommissärs der politischen Polizei Menichincheri mit Stahlruten auf die Fußsohlen ge= peitscht, mußten dann mit den ganz von der Oberhaut ent­blößten Fußsohlen gehen und die Wunden in Salzwasser tauchen.

Ein Matrose namens Manifo, ein Mann von dreinndfünf­zig Jahren, der fünf Kinder hat, ist im November 1982

Stimme der Jugend

Jetzt exerzieren wir

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Bald kämpfen wir!

Der nachstehende Brief gelangte soeben auf Umwe gen aus Hitler- Deutschland an einen nach Schweden  geflüchteten deutschen   Sozialisten. Der Briefschreiber ist ein neunzehnjähriger, junger Student, dessen so: zialistische Ueberzeugung der Dittatur standgehalten hat. Ju ungeschminkter Sachlichkeit schildert er die nene Militarisierung der Jugend in Deutschland  . Für die deutsche Geheime Staatspolizei  ", die diesen Bericht vielleicht lesen wird, sei hinzugefügt, daß der junge Student kein Jude, sondern ein reinraffiger, blonder Arier ist.

Ich freue mich aufrichtig, daß es Ihnen gelungen ist, nach Schweden   zu kommen. Inzwischen warten wir hier auf unsere Zeit, warten darauf, daß wir auch äußerlich und in jeder Beziehung wieder wirkliche Menschen sein dürfen. Nicht alle warten so tatenlos wie ich; ich weiß, daß das Neue, das wir wünschen, da ist und wächst. Vielleicht haben wir nie so flar gewußt, was wir wollen, wie jetzt- diese furae 3eitspanne hat geläutert, alle Gescheh nisse haben daran mitgeholfen, und ich glaube fest, daß sich unsere Aufgaben noch viel flarer und sichtbarer fris stallisieren werden.

Wehrsport, SA. und Reichswehr  

Augenblicklich werden wir herabgewürdigt zu einem na­tionalen Etwas, gerade wir Studenten, Wir müssen bedingungslos gehorchen, es gibt kein Warum" mehr. Wir sollen nicht zweifeln, so sagte man uns, auch nicht fragen, sondern nur glauben. Wer nicht glaubt, hat kein Recht am Staat.

Jeder Student im ersten und zweiten Studienjahr wird gezwungen, vier volle Wehrsporttage mitzumachen, außerdem jeden Donnerstag zwei Stunden theoretischen Dienst. Die Wehrsportkurse werden von SA.  ­Führern geleitet, die durchweg bei der Reichswehr   ausgebildet worden sind, wie sie uns selbst erzählten. Ueberhaupt ist es so, daß SA.- Abtet­lungen bei der Reichswehr   ausgebildet werden. Strafexerzieren und Waffendienst

Der Dienst geht so vor sich: Wir rücken um 12 Uhr vom Potsdamer Bahnhof ab nach Zossen  ( Militärlager). Dort ohne Mittagspause Geländedienst bis 8.30 Uhr. Wir sind in Hundertschaften eingeteilt. Es ist wie beim Kommiß: wer nicht schnell genug macht oder falsch, muß straf­egerzieren. Der erste Ausmarsch war für alle eine große Quälerei, weil die meisten elf Stunden nichts gegef= sen hatten. Wir hatten doch keine Ahnung, daß wir ohne Pause gleich antreten mußten. Bisher haben wir mehr auf dem Bauch gelegen und im Sand, als auf den Füßen nor­mal gestanden. In den nächsten Tagen fommt Waffen­dienst dran.

Wir haben dort im Lager nicht einmal Waschgelegenheit. Als wir uns beschwerten, wurden wir angebrüllt: Wir haben uns an der Front wochenlang nicht gewaschen!" Ich empfinde dies alles als furchtbar innlos. Das erstemal, als ich mitmachen mußte, habe ich mich vor mir selber ge­schämt: dreckig, müde und stumpf vor Hunger und Gehor­sam. Es ist überhaupt unangenehm schwer, so einer braunen Uniform bedingungslos zu gehorchen und er ist oft nicht viel älter als wir.

Arbeitsdienst:

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Deckname für militärische Ausbildung

Heute ist für die Studenten die Arbeitsdienst­pflicht verkündet worden; der Staat wirft dafür eine Milliarde Mart hinaus. Derzeit kommen nur die Studen­ten dran, die bereits vier Studienhalbjahre studieren, Das

schafft böses Blut, denn einige Fakultäten haben im fünf­ten Halbjahr Examen, und es ist für die Studenten nicht angenehm, vor dem Examen ein halbes Jahr aus dem Stu­dium herausgerissen zu werden. Außerdem wissen wir alle: Arbeitsdienst ist nur Deck name, in Wirklichkeit ist es eine forrekte militärische Ausbildung und da­für fällt dann jede ethische Begründung weg.

Daneben ist für alle Studenten noch ein reiwochen­Idger während der Ferten vorgesehen. So wird in keiner Weise auf das Studium Rücksicht genommen. Ein Führer sagte fürzlich:" Der soldatische Mensch ist für uns ausschlaggebend, nicht der geistige."

In der Universität laufen schrecklich viel SA.- Uniformen herum, und fast alle Professoren find plößlich von dem na­tionalen Aufstieg innerlich tief und freudig erschüttert. Ent weder heucheln sie jest oder sie haben es früher getan!

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in Tripolis   drei Tage hintereinander geschlagen worden, dann hat man ihm Rauschgifte gegeben, um ihn zum Res den zu bringen und ihn schließlich neunzehn Tage hungern laffen.

Er fam in entfeßlichem Zustand nach Ponza und ist dann plötzlich in ein römisches Gefängnis gebracht worden. Seit­dem weiß man nichts mehr von ihm. Jener Republikaner Delfini, der im Bovone- Prozeß im vorigen Jahre vor dem Ausnahmegericht erklärte, er wäre gefoltert worden, und der, zum Teil auch deshalb, dreißig Jahre Zuchthaus. bekam, wurde, wie man heute durch Mitgefangene erfährt, durch Ausreißen der Nägel an Händen und Füßen, durch Verbrennen der linken Wange mit einer Spirituslampe, durch Quetschen der Hoden und durch Eintreiben von Nadeln in die Fingerspißen gepeinigt. Diese Tortur wurde unter der Leitung desselben Kommissärs Menichincheri vollzogen. Heute ist Delfini, der bei seiner Verhaftung gesund und kräf­tig war, im letzten Stadium der Tuberkulose. Dasselbe gilt von dem kommunistischen   Führer Gramsci  , der nach einem von dem römischen Primararzt Umberto Arcan= geli ausgestellten Zeugnis im Zuchthaus in fürzester Frist sterben wird.

Leider reicht die im Ausland ansposannte Amnestie nicht bis zu den politischen Gefangenen. Sie verpufft vorher als Reklamerafete.

Während solche Dinge in Italien   vorgehen, läßt Mussolini  sein in allen Aemtern angebrachtes Bildnis, das ihn in der Zäsarenpose, mit unverdünnter Wiedergabe der natürlichen Brutalität darstellt, durch ein neues ersetzen, das ihn väter­lich lächelnd zeigt, als den sorgenden Vater seines Volkes". In diesem Volt aber geht der Haß um. Einer der Miliz= Teute, der sich in Triest   immer gerühmt hat, an der Hinrich­tung des Südslaven Gortan teilgenommen zu haben, ist erschossen aufgefunden worden. Die seit zehn Jahren in Ita Iten betriebene Gleichschaltung" ist noch immer nicht been­det. Tortur und Menschenschinderei find herrlich wie am ersten Tage."

Es lesen nur noch drei Professoren. Auch da sind in den Vorlesungen Störungen vorgekommen. Es wurde auch Boykott gegen sie bestimmt: wer bei ihnen belegt hatte, wurde notiert, und wer in die Vorlesungen ging, sogar nach Möglichkeit photographiert. Trotzdem sind die Vorlesungen aller drei Professoren voll besetzt, weil sie aus­gezeichnet lesen. Die jüdischen Studenten sind alle von der Universität verwiesen, es wird auch keiner aufgenommen oder gar zum Examen zugelassen. Es ist schwer, alles schweigend mitzumachen. Aber letzten Endes beschleunigt dies alles ja die Entwicklung! Es sind cine ganze Menge unzufrieden. Ueberall, auch in den Stra= ßenbahnen und auf den Straßen hört man die Leute be= reits verstohlen kritisieren. Das ist doch ein großer Schritt vorwärts. Seien Sie überzeugt: Wir stehen hier auf Posten und die Zeit arbeitet für uns!

An Unbekannt. Die an Frau Sch., Trillerweg, übers sandten 100 Franken, werden für Flüchtlinge verwendet.

Verantwortlich: für die Redaktion Joh. Piz: Inserate Hubert Jüttner. beide in Saarbrücken  . Druck und Verlag: Boltsstimme" G. m. b. S., Saarbrücken  , Schüßenstraße 5.

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