gime in Deutschland zu ergreifen. Hier muß im Interesse der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit eingegriffen werden.
Man wird diesen Wunsch vielleicht nicht berücksichtigen.
Verspätet, aber noch immer aktuell, geht uns folgender Bericht zu:
In der Nachmittagssigung der Internationalen ArbeitsKonferenz am 29. Juni 1933 intervenierte Genosse P. Krier zu Gunsten der von den Genossen Jouhaux , Mertens, Schürch und Kupers eingebrachten Resolutionen betr. die deutschen Flüchtlinge.
" Zu der vorliegenden Resolution über die deutschen Flücht. linge möchte ich meine Auffassung turz und bündig sagen. Vorerst will ich bemerken, daß ich vollständig mit dieser, heute Morgen von Herrn Justin Godart erläuterten Entschließung einverstanden bin.
Ich erlaube mir jedoch etwas grundsäßlicher auf die Frage einzugehen und einige Anregungen zu machen.
Wer seit Anfang März dieses Jahres, jeden Tag immer wieder neue Flüchtlinge aus Deutschland unterbringen oder
weiterbefördern muß, wer dieses unbeschreibliche Elend prat. tisch kennengelernt hat, der begreift die hohe Aufgabe, die
dieser Resolution zu Grunde liegt.
Man darf annehmen, daß heute fast in allen Ländern Europas deutsche Flüchtlinge untergebracht sind. In den Ländern, die an Deutschland grenzen, sind gewiß die allermeister Flüchtlinge. Und hier darf man wohl sagen, daß ganz besonders das demokratische Frankreich , das Frankreich der Gambetta und Jean Jaures den deutschen Flüchtlingen offenherzig seine Grenzen öffnet. Man muß dieses großmütige Frankreich bewundern, das vor allem aus Gründen der Menschlichkeit diese verfemten und verjagten Männer, Frauen und Kinder aufnimmt.
Die Meinungen über die Ursachen der jeßigen Zustände in Deutschland sind sehr verschieden. Hier ist auch nicht der Ort, um darauf einzugehen. Aber es ist leider eine bitterböse Tatsache, daß deutsche Menschen gezwungen find, ihr deutsches Heimatland zu verlassen und zu flüchten. Aus verschiedenen Ursachen. Die einen flüchten aus politischen Gründen und die andern müssen flüchten, weil ihre Nase den jetzigen Machthabern in Deutschland nicht gefällt. Das alles ist bekannt. Wir wissen es! Und was tun wir? Man muß den Mut haben, zu erkennen und zu sagen, was ist; das ist einer der Grundsäße, die uns Jean Jaures gelehrt hat. Diesen Grundsatz will ich befolgen und sagen, warum viele Menschen aus Deutschland , flüchten: Die meisten flüchten, weil sie ihre Menschenehre und ihre Menschenwürde, weil sie ihr moralisches und materielles Leben retten wollen.
Man schändet dort die Andersdenkenden und unterdrückt brutal jedwede Freiheit. Die rechtsdenkende Arbeiterschaft wird verhöhnt, entehrt, gefoltert und gemordet. Judens hezen wurden veranstaltet, wie sie seit dem Mittelalter nicht mehr erlebt worden sind.
Die augenblicklichen Verhältnisse sind in Deutschland so gelagert, daß sie nicht nur eine Gefahr für unzählige Deuts sche sind; sie sind zu einer großen Gefahr für die Menschheit überhaupt geworden. Will man diese Gefahren für den Welt: frieden ignorieren? Das wäre erbärmlich und feige. Diese Gefahren erkennen, sie nicht übertreiben, aber sie genau abwägen und sie zu überwinden suchen, das ist meine Auffassung über die Aufgabe, die die Internationale Arbeitsorganisa tion in diesen schweren Stunden an erster Stelle mitzulösen hat.
Wenn der Teil 18 des Friedensvertrages einen Sinn hat, wenn man den Gefühlen der Gerechtigkeit und Menschlichkeit Rechnung tragen will, dann muß man auch die Mittel dazu wollen.
Gestern, am 28. Juni, waren es 14 Jahre feit der Unterzeichnung des Versailler Friedensvertrages. Wer gestern und heute die deutsche Regierungspreise gelesen hat, der wird empfinden, daß dort der Völkerhaß in der schändlichsten Weise propagiert wird. Von dem Versailler Friedensvertrag, will ich hier nicht reden. Was die ArbeitsKonferenz interessiert, ist der Teil 13, das Soziale und Menschliche, das diesem Vertrage zu Grunde liegt. Und grade das wird heute in Deutschland mißachtet, verdreht und umgelogen. Dort drüben versucht dieser Dr. Ley- dessen schändliches Gebahren wir vor einigen Tagen kennengelernt haben dem deutschen Volke begreiflich zu machen, daß sein erbärmliches Verhalten hier in Genf gegen den Vertrag von Versailles gerichtet ist. Daraus darf man schlie=
Englands Arbeiterblatt
Zwei Millionen Auflage
Der„ Daily Herald", das englische Arbeiterblatt, fann stolz verkünden, daß er die erste Tageszeitung Englands- und der ganzen Welt ist, die am 1. Juli eine tägliche Durchschnittsauflage von zwei Millionen Exemplaren erreicht hat. Das Wunder von Fleets Street"( dem Londoner Zeitungsviertel), wie der„ Daily Herald" einstmals genannt wurde, weil er mit unglaublich geringen Mitteln seine Existenz tapfer gegen die Riesenübers macht der kapitalistischen Pressekonzerne zu behaupten wußte, ist heute zu einem Wunder ganz anderer Art geworden.
Wie man weiß, weicht der„ Daily Herald" allerdings in Form und Inhalt, auch in seiner Verlagskonstruktion, einigermaßen von der Arbeiterpresse der übrigen Länder ab. Er ist kein reines Parteiblatt, sondern gehört zur Hälfte den englischen Gewerkschaften und der Arbeiterpartei, zur an. deren Hälfte einer großen bürgerlichen Verlagsfirma. Dems gemäß entspricht auch seine Form und sein Inhalt mehr dem Bemühen, durch geringe Unterscheidung von der bürgerlichen Presse an möglichst große Massen heranzukommen. Nicht fozialistisches Propagandas und Kampfblatt, sondern ein Maffenblatt mit sozialistischer und arbeiterfreundlicher Ten benz will der„ Daily Herald" sein. Dieses Bestreben hat ihm unter der fähigen Führung seines jeßigen Chefredakteurs Stevenson den großen Erfolg gebracht, der sich in der riesigen Auflagezahl ausdrückt. Die englische Arbeiterschaft hat allen Grund, auf diesen Rekord stola au sein,
ben, daß die Provokationen dieses Dr. Ley den Zwed verfolgten, die Internationale Arbeitsorganisation zu unterminieren. Und das nur, weil diese Einrichtung speziell geschaffen wurde, um dem Weltfrieden zu dienen, der nur auf sozialer Gerechtigkeit aufgebaut werden kann.
Aus all diesen Gründen möchte ich dem Verwaltungss rat der Juternationalen Arbeitsorganisation nahelegen, prüfen zu wollen, ob dem Völkerbund eventuell empfohlen werden könne, Präventivmaßnahmen in irgend einer Form, gegen das den Weltfrieden bedrohende Res
Darum rufe ich von dieser Stelle aus: Menschheit erwache! Wahre deine Würde! Berteidige deine Ehre!- Erkämpfe dein Recht!
Diese Grundsäge entsprechen meinem internationalen Fühlen und denken. Mit dieser Haltung möchte ich ein wenig, ganz bescheiden der Menschlichkeit dienen! Nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten, die notwendigerweise von der Gewerkschaftsinternationale- Gemeinsam mit der sozi alistischen Arbeiterinternationale eingeleitet werden müssen.
Und darum trotz alledem:
Es lebe die Arbeiterinternationale, fie wird die Menschheit erretten!"
Mehr Fahnen und mehr Denunzianten!
Hakenkreuzfahnen nicht genügend gefragt- Nazis kaufen bei Juden Auch sonst tut sich allerhand- Denunzianten helft!
Ein Mittelständler aus Trier übersendet uns ein Rundschreiben, das der Kampfbund des gewerblichen Mittel standes in der NSDAP . versandt hat. Diesem Bund sind schon 2000 Mitglieder freiwillig" angeschlossen. Die Mitglieder werden in eine Art nationalsozialistische Zwangserziehung genommen, indem sie veranlaßt werden, das nationalsozialistische Parteiblatt zu beziehen. Das geschieht unter Druck wie folgt:
Es wird jedem Mitglied des Kampfbundes nunmehr zur Pflicht gemacht, das„ Trierer Nationalblatt" zu bestellen. Die amtlichen Bekanntmachungen des Kampfbundes erfolgen in Zukunft nur mehr im„ Trierer Nationalblatt". Rundschreiben werden feine mehr auss gegeben. Die Gastwirte, Hoteliers, Cafes, Friseure usw. sind verpflichtet, das„ Natio= nalblatt" in ihren Räumen aufzulegen. Die Durchführung dieser Verordnung wird ges nanestens überwacht.
Außerdem wird es unseren Mitgliedern zur Pflicht ges macht, bei Inseraten in erster Linie das„ Nationals blatt" zu berücksichtigen.
Es ist aber auch dringend notwendig, daß durch das Studium des„ Nationalblatts" sich die Moral des Mittelstandes in Trier bessert, denn man erfährt aus dem besagten Rundschreiben mit Schaudern, daß noch immer eine ganze Menge dieser Nazis und gar erst ihre Frauen und Töchter verjudet sind:
In den legten Tagen wurde festgestellt, daß noch immer Mitglieder des Kampfbundes, hauptsächlich weibliche An= gehörige von Stampfbundmitgliedern, in iibischen Ges fchäften faufen. Ich weise ausdrücklich nochmals darauf hin, daß es Kampfbundmitgliedern und deren Angehörigen strengstens untersagt ist, in Warens häusern, Einheitspreisgeschäften und in jüdischen Geschäften zu kaufen. Auch diese Vers ordnung wird von heute ab strengstens durchgeführt, in allen Stadtteilen genauestens überwacht und diejenigen Mitglieder, welche selbst oder deren Angehörige gegen diese Berordnung verstoßen, werden ohne vorherige Verwars nung aus dem Kampfbund unter gleichzeitiger Bekannts gabe an die Mitglieder ausgeschlossen.
Die Frage, warum die weiblichen Angehörigen des ehr samen Mittelstandes gerade bei den semitischen Wüsten söhnen kaufen, wird leider nicht erörtert. Wer weiß,
Unsere Inseraten- und Abonnements- Annahme
befindet sich
6
was für Zaubermittel die Weisen von Zion in Trier ana wenden, um die Schönen des dortigen Mittelstandes in die jüdischen Wucherhöhlen zu locken.
Auch sonst geben die Trierer Mittelstands- Nazis zu Klagen Anlaß. Man lese nur:
Es wird seitens der politischen Kreisleitung Klage darüber geführt, daß viele Kampfbundmitglieder noch nicht die Hakenkreuzfahne flaggen. Unsere Mitglieder find verpflichtet, bei allen Anlässen die Hakenkreuzfahne zu hiffen.
Das ist doch wirklich ein trauriges Verhalten. Wie soll fich denn die deutsche Textilindustrie beleben, wenn nicht Mann und Weib und Greis und Säugling Fahnen heraushängen? Wo die Leute sowieso kein Geld haben, sich Hemden zu kaufen, muß doch wenigstens für Fahnen etwas getan werden.
Ueberhaupt verzeichnen wir mit Staunen, daß trotz dem sichtbaren Aufschwung in Deutschland noch immer Nörgler am Werke sind. Das Flugblatt klagt und droht:
In den letzten Tagen mehren sich die Anzeichen, daß innerhalb des Mittelstandes Kräfte am Werte sind, welche die nationale Aufbauarbeit jabotieren wollen. Wir werden mit diesen Sabos tenren schnell und gründlich aufräumen und verlangen von den Kampfbundmitgliedern, daß sie uns alle Fälle sofort zur Kenntnis bringen, auch wenn es sich um sogenannte Kollegen handelt. Mitglieder, von denen einwandfrei feststeht, daß sie solche Fälle nicht zur Anzeige gebracht haben, werden ausgeschloffen. Saboteure und Landesverräter und wer sich schützend vor fie stellt, ist ihnen gleich zu achten.
Recht so, mer so gottverlassen antinational ist, daß er nicht mit Freuden und„ Heil Hitler" Bankrott geht, muß eingesponnen werden. Erst wenn die eine Hälfte der Deutschen im Konzentrationslager sitzt und die andere als Nazibonzen in Staatsämtern, ist das Dritte Reich vollendet.
Verantwortlich: für die Redaktion Joh. Piz; Inserate Hubert Jüttner, beide in Saarbrücken . Druck und Verlag: Volksstimme" G. m. b. H., Saarbrücken , Schüßenstraße 5.
Mitten im lothr. Indu striegebiet gel. Eisen. werk( Eisenkonstruks tion u Blechschmiede)
mit Bahnanschluß zu
verkaufen
Schöner Besitz( Schloß,
19 ha Park und Garten)
Straße Metz Saar brücken, u mehrere schöne Wohnhäuser zu verkaufen.
Ausk ert C. Gresset,
St. Gotthardtstraße 31 Courcelles Chauss
23
Telefon 6
Gelegenheits- Angebot!
Henry Barbusse:
Das Feuer
Tagebuch einer Korporal schaft. Kriegsroman Vollst. Ausgabe. Leinenband
nur Fr. 12, Buchhandlung Volksstimme
Saarbrücken 3 Bahnhofstraße 32 Neunkirchen Hüttenbergstraße 41
Alle Geldfendungen für die ,, Deutfche Freiheit"
ob durch Banküberweifung, Scheck, Poftanweifung, find zu adreffieren an
Verlag der Volksftimme GmbH. Saarbrücken
Zu vermerken ift bei jeder Zahlung: Für Deutfche Freiheit! Bank: Deutfche Bank und Diskonto- Gefellſchaft, Filiale Saarbrücken Poftfcheck: Saarbrücken 619( Verlag der Volksftimme G. m. b. H.)