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Die Hölle von Dachauon

Ein Greis im Konzentrationslager- Die Chronik der Opfer- Bisher 41 Ermordete gemeldet

Wir wir zuverlässig erfahren, ist in das Konzentrationslager von Dachau in Südbayern auch der Vorsitzende des Schuhmacherverbandes Simon eingeliefert worden. Er steht im Alter von 68 Jahren, und man muß befürchten, daß ein längerer Aufenthalt in dem ungefunden Konzentrationslager dem alten Manne den Tod bringen wird. Das ganze« Verbrechen" Simons besteht darin, daß er seit Jahrzehnten sich sozialdemokratisch und freigewerkschaftlich betätigt hat. Simon gehörte seit Jahrzehnten dem deutschen Reichstag an und war lange Jahre Vorsitzender des Volkswirtschaftlichen Ausschusses. Er ist übrigens nicht Jude, sondern Arier, der Sohn eines bayerischen Schäfers und hat sich durch eigene Kraft zu seiner führenden Stellung emporgearbeitet.

Ein aus Dachau geflüchteter Münchener berichtet folgendes:

Von allen deutschen Konzentrationslagern scheint das bei München gelegene, in einem ehemaligen Pulvermagazin ein­gerichtete Lager Dachau das schrecklichste, das wahre Inferno für die dort Inhaftierten zu sein. Mit gutem Gewissen kann man die Worte, die mir neulich ein Genosse über diese Hölle schrieb, über den Eingang dieses Lagers setzen: Wenn du hier eintrittst, lass' alle Hoffnung fahren".

Ich will nicht weitschweifig sein und nur einen kurzen, übrigens leicht überprüfbaren Tatsachenbericht geben, denn das, was hier behauptet wird, war zum größten Teil in deutschen Zeitungen zu lesen, wird also amtlich zugegeben. Man weiß, daß die ersten vier Toten, von denen die Presse Deutschlands und des Auslandes zu melden wußte, Artur Kahn, Provisionsreisender aus Nürnberg , Erwin Kahn, Kaufmann aus München , Goldmann, Reisever­treter aus Nürnberg , und Dr. Alfred Benario, ein Neffe des bekannten gleichnamigen Münchener Rechtsanwalts, in Dachau erschossen wurden. Diese vier Menschen waren Juden, waren völlig unpolitisch, es war allen vieren nichts nachzuweisen, dennoch wurden sie ein Opfer der braunen SA.- Bestie. Nach einer deutschen Radiomeldung wurden die vier angeblich auf der Flucht erschossen. Sie hatten aber, was nicht wegzuleugnen ist, alle Stirnschüsse!

Ferner nahm die SA. den Münchener Polizeimajor Sunglinger( bis 1923 Hitler - Anhänger, später Bay­ rischer Volksparteiler ) und einen gewissen Sebastian Nefz­ger( SA.- Mann) fest. Hunglinger soll befehlsmäßig vor der Machtergreifung Hitlers gleichmäßig scharf gegen Nazi und Kommunisten vorgegangen sein. Nefzger wurde auf Grund einer Quittung, die man in der Münchener Polizeidirektion fand, verhaftet. Diese Quittung lautete: Nefager 50 Mark erhalten". Beide Verhaftete wurden schwer mißhandelt, der­art, daß man sich veranlaßt sah, von jedem Selbstmord zu melden. Der siebente Tote aus Dachau ist der SPD. - Mann und Vorstand der Pasinger Ortskrankenkasse Michael Sig­mann. Irgend ein rachsüchtiger Denunziant hat ihn ans Messer geliefert.

Der achte: ein Mann namens Johann Wiesmann, 22 Jahre alt.

Nunmehr wird gemeldet, daß der Funktionär der KPD .

Nordbayerns, Karl Vehr burger aus Nürnberg , auf der Flucht erschossen" wurde. Das Dachauer Volksblatt" vom 27. Mai d. I., also eine amtlich gestattete deutsche Zeitung, weiß zu berichten, Lehrburger sei mit dem Tischmesser auf seinen Wärter losgegangen und von diesem erschossen worden.

Ferner erfährt man auch den Tod des NGO. - Funktionärs Anton Hausladen. Offiziell ergab die Untersuchung Herzschlag", in Wirklichkeit wurde Hausladen zu Tode ge= foltert.

Nach zuverlässigen Nachrichten befinden sich in Dachau die Kommunisten Mar Holy, Stadtrat Hirsch und Frei­berger. Dazu kamen der Münchener KPD. - Reichstags­abgeordnete Hans Beimler und der Landtagsabgeordete Franz Dressel.

Dreffel soll nach Zeitungsmeldungen" Selbstmord durch Oeffnung der Pulsadern" begangen haben. Die Wahrheit ist, daß er bis zur Unkenntlichkeit geschlagen wurde und daß man der Leiche- um Selbstmord vorzutäuschen- die Puls­adern aufschnitt.( Was jetzt immer häufiger vorkommt.) May Holy, einer der aufrechtesten und mutigsten Kommu­nisten Südbayerns, war Landessekretär der Roten Hilfe, Be­zirk Südbayern. Er soll bereits über die österreichische Grenze gekommen sein und hatte angeblich in Salzburg bei einem Kommunisten Unterkunft gefunden. Er wurde aber bei einer Polizeirazzia festgenommen und angeblich wieder der SA. in die Hände gespielt. Was mit Holy geschehen ist, weiß man bis heute nicht.

Josef Göder" Götz- Sepp", ein sehr beliebter Münchener KPD. - Mann, ist erschlagen worden.

Ungewißheit herrscht über das Schicksal des bei Freund und Feind geachteten Kommunisten Freiberger. Ein Bericht besagt, er sei längst tot, ein andrer lautet, er sei in Dachau Korporalschaftsführer.( Man muß wissen, daß in solchen Konzentrationslagern streng militärisch erzogen" wird. Zehn Mann bilden eine Korporalschaft und haben die Berechtigung, aus ihrer Mitte den Führer zu wählen.) Zynisch plauderten deutsche und österreichische Nazi­blätter darüber, daß sich der kommunistische Münchener

Stadtrat Josef Huber, ein von Aerzten aufgegebener Lungenkranker, beim Holzhacken in der Haft den Daumen abgehackt habe, um ins Krankenhaus zu kommen, was ihm aber danebengelungen" sei.

Ueber seinen Kollegen, den kommunistischen Stadtrat Hirsch, ist nicht das Geringste zu erfahren.

Hans Beimler , der Münchener KPD. - Reichstags­abgeordnete, wurde festgenommen, nach Dachau gebracht und unbeschreiblich gefoltert. Schließlich mußte ihn der Lager­arzt ins Krankenhaus geben. Von dort wurde er auf abenteuerliche Art und Weise entführt und er soll über der Grenze sein, allerdings in schrecklichem Zustand.

Dr. Alfred Strauß, Rechtsanwalt aus München , 30 Jahre alt, Jude, wurde angeblich auf der Flucht" in Dachau erschossen. Man erfuhr aus unwidersprochenen Zejtungsnachrichten, die Leiche wäre den Eltern in ver­siegeltem Sarg übergeben worden. Die Eltern haben sich verpflichten müssen, über die Todesumstände ihres Sohnes zu schweigen.

Das Gleiche ereignete sich mit dem jugendlichen Funk­tionär der Eisernen Front, dem Wilhelm Aron ( Justiz­ratssohn, 22 Jahre alt, Referendar). Er wurde bestialisch er­mordet. In einem verlöteten Zintsarg erhielten die un­glücklichen Eltern die Ueberreste der Leiche zurück, mußten ebenfalls die Zusicherung geben, daß sie den Toten nicht sehen wollten. Aron wurde in seinem Heimatsort Bam­ berg begraben. Er war Jude. Dem Begräbnis wohnten viele angesehene Katholiken bei. Der dortige Rabbiner hielt eine ergreifende Totenpredigt und das Blatt der Bayrischen Volkspartei, das Bamberger Volksblatt", brachte einige Stellen dieser Predigt. Es wurde sofort verboten.

Die Münchener Zeitungen haben bis jetzt 41( einund­vierzig) Ermordete aus dem Konzentrations­ lager Dachau gemeldet.

Dachau , wo einst die Rote Armee der Münchener Räte­ republik gegen die überlegene Weiße Garde" kämpfte, dieses blutgedüngte Dachau , wird in der revolutionären Leidens­geschichte des bayrischen Proletariats für immer ein düsteres und dennoch heroisches Blatt sein.

Die deutschen Richter bekennen sich leidenschaftlich Helit! Helft!

Sie sind einverstanden mit der Verwüstung von Recht und Moral Treu Deutschösterreicher. In dem Aufruf heißt es u. a.: Die Zahl hinter Hitler und dem braunen Terror!

Nürnberg , 9. Jult. Die heute in Nürnberg tagende Ver­treterversammlung des Deutschen Richterbundes als der einzigen Zentralorganisation der Richter und Staatsanwälte aller deutschen Länder und des Reiches hat an den Reichskanzler folgendes Telegramm gesandt:

Der Führer des Bundes nationalsozialistischer deutscher Juristen hat auf Vorschlag des Fachleiters der Richter und Staatsanwälte bei dem Führerstab der Reichs­führung, Amtsgerichtsrat Kyser, in Anwendung der ihm vom Führer erteilten Vollmachten und auf Grund der einschlägigen Satzungsbestimmungen ernannt: Zum Bundesvorsitzenden: Senatspräsident beim Reichsgericht Linz , Stellvertreter: Reichsgerichts­rat Dr Schulze; Schriftführer: Amtsgerichtsrat Weiß; Stellvertreter: Reichsanwalt Jorn 3; Kassenwart: Land­gerichtsdirektor Dr. Gerth- Norisch, Stellvertreter: Reichsgerichtsrat Lindenmayer; zu Mitgliedern des Bundespräsidiums: Landgerichtsdirektor Dr. Schmidt und Landgerichtsdirektor Burczek in Berlin vom Preußischen Richterverein usw.

Diese vom Führer ernannten Herren unterstehen dem Amtsgerichtsrat Keyser als Fachleiter der Fach­gruppe Richter und Staatsanwälte beim Führerstab des BNSDJ. und bei dessen Unterstab.

Auch Kurpfuscher" gleichgeschaltet

Die Heilpraktiker: Heil Hitler!

gez. Dr. Frant.

Aus der Versammlung wurde dann folgende Entschließung gefaßt:

Der Deutsche Richterbund , der mit seinen sämtlichen Landesvereinen dem Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen angehört, fühlt sich eins mit der großen Idee, die von dem Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen getragen wird, und bekennt sich leidenschaftlich zu dem von dem Führer dieses Bundes, Reichsjustizkommissar Dr. Frant aufgebauten Arbeitsprogramm. Der Deutsche Richterbund sieht seine Hauptaufgabe und damit beste Standesvertretung in der Mitwirkung des gesamten Richtertums an der Neu­gestaltung des deutschen Rechtes und der deutschen Rechts­ordnung, die in Zukunft von einem Reichsrichtertum ge­tragen sein soll."

Man darf den deutschen Richtern nicht nachsagen, daß sie sich dem Hitler- Terror gebeugt hätten. Sie haben freiwillig und leidenschaftlich auf die Be­wahrung der Rechtsgrundlagen Verzicht geleistet, begeistert von den faschistischen Jdealen, die bemußt das Recht zugunsten der nationalen" Interessen des totalen Staates beugen. Die Justitia in Deutschland trägt keine Binde mehr. Sie hat das Schwert in der Hand, das gegen die politischen Gegner Hitlers in Bewegung das gegen die politischen Gegner Hitlers in Bewegung gesetzt wird.

Es folgt ein Fragebogen von sieben Seiten, mit mehr oder weniger diskreten Fragen aus dem privaten, öffentlichen und beruflichen Leben des Bewerbers, z. B. ob er erblich be= lastet und seguell normal ist und insbesondere nach der Artder ausgeübten Krankheitserkennung Augendiagnose, Gesichts- und Körperausdruckskunde, Hand­lesefunde, Graphologie, Pendeldiagnose, Einfühlungsdia­choanalyse, Suggestion, Hypnose, neugeistiges Verfahren, anthroposophische, theosophische Medizin, Mazdaznan, christ liche Wissenschaft, okkulte Methoden.

Im Reich werden jetzt auch die Heilpraktiker" zu einer gnose ,, offulte Diagnose, Nageldiagnose, Hautdiagnose, Psy­nationalsozialistischen Fachschaft vereinigt, dessen

Aufnahmegesuch

folgende Säße enthält:

Ich bin eingeschriebenes Mitglied der NSDAP . und er­suche... um Aufnahme Nach bestem Wissen und Gewissen gebe ich folgende ehren­wörtliche Versicherung ab. Ich bin( nachweislich bis zu den Großeltern) rein deutscher- arischer Abstammung und nicht jüdisch oder fremdrassig verheiratet. Ich gehöre keiner Frei­maurerloge oder sonst einem Geheimbunde an. Soweit ich folchen Logen oder Bünden früher angehört habe, mache ich nachfolgend wahrheitsgetreu die geforderten Angaben. Ich gehöre keiner anderen Partei an und werde einer solchen so wie einem Geheimbund oder einer Loge während der Dauer meiner Mitgliedschaft bei der Fachschaft weder beitreten, noch solche offen oder im geheimen unterſtüßen.

Ich verspreche, die Arbeitsgemeinschaft und die national­fozialistische Weltanschauung mit allen meinen Kräften zu fördern. Alle Angaben und zur Aufnahme geforderten Be­lege aebe ich nach bestem Wissen und Gewissen ab.

Für welches Behandlungsgebiet wird Zulassung und Ans erkennung gewünscht? 3. B. Beinleiden, Magen- und

Darmkrankheiten, Nervenkrankheiten usw., Allgemeinbe­handlung oder Sonderfach?"

Zum Schluß erklärt der Bewerber: Ich verpflichte mich, jederzeit für die Idee Adolf Hitlers mich mit allen meinen Kräften einzusetzen, strengste Parteidisziplin zu wahren und die Anordnungen der Abteilungsleitung gewissenhaft aus­zuführen."

Keine jüdischen Inserate

Dortmund , 8. Juli. ( Inpreß.) In der Dortmunder Stadtverordnetenversammlung wurde beschlossen, daß in Zukunft nur diejenigen bürgerlichen Zeitungen berechtigt sein sollen, städtische Bekanntmachungen zu veröffentlichen, welche sich der Stadt gegenüber verpflichten, Anzeigen jeder Art von jüdischen Firmen abzulehnen."

Die Berliner Blätter veröffentlichen einen Aufruf der nationalsozialistischen Nothilfe für die vertriebenen" der aus Desterreich ausgewiesenen Deutschen steigt immer mehr. Ihrer Tätigkeit entrissen, ohne Heim und Auskommen hoffen sie auf unsere Unterstügung. Schnelle Silfe ist geboten. Wir haben die Pflicht zu helfen. Die Großfirmen, die Indu­strie und andere Unternehmungen find in erster Linie dazu berufen, unseren Brüdern ans Oesterreich die so bitter not wendige Hilfe angedeihen zu lassen. Laßt unsere österreichis schen Volksgenossen nicht im Stich." Spenden sind an ein Sonderkonto zu Händen der Gattin des Reichsinnenministers Frick zu richten.

Sie hat ein mildtätiges Herz, die gnädige Frau Frick. Von dem Elend der vielen Zehntausenden, die unter Mitwirkung ihres Mannes aus Deutschland in die Fremde gejagt werden, wird sie aber nicht berührt.

Helft den sozialistischen und republikanischen Emigranten!

,, Neuer Vorwärts" in Kopenhagen

Eine neue Ausgabe des Vorwärts" wird jetzt auch in Dänemark herausgegeben. Gedruckt wird das Blatt in der Druckerei der Arbeiterpartei in Slagelse , einer kleinen dänischen Provinzstadt in der Nähe von Kopenhagen . Der Titel ist Neuer Vorwärts", sozialdemokratisches Wochen­blatt". Herausgeber ist Ernst Sattler , verantwortlicher Re­dakteur Wenzel Horn, beide in Karlsbad ( Tschechoslowakei ).

Kleine Erinnerungen

Vor fünfzig Jahren

Am 24. Mai 1878 lehnte der Reichstag Bismarcks erstes Sozialistengesetz ab. Die Sozialdemokraten begnügten sich, durch Liebknecht folgende Erklärung abgeben zu lassen: " Der Versuch, die Tat eines Wahnwißigen, noch ehe die gerichtliche Untersuchung geschlossen ist, zur Ausführung eines lange vorbereiteten Reaktionsstreiches zu benutzen und die moralische Urheberschaft" des Mordattentats auf den deutschen Kaiser einer Partei aufzuwälzen, welche den Mord in jeder Form verurteilt und die wirtschaftliche und politische Entwicklung als von dem Willen einzelner Personen ganz unabhängig auffaßt, richtet sich selbst so vollständig in den Augen jedes vorurteilslosen Menschen, daß wir, die Ver­treter der sozialdemokratischen Wähler Deutschlands , uns zu der Erklärung gedrungen fühlen:

Wir erachten es mit unserer Würde nicht vereinbar, an der Debatte des dem Reichstage heute vorliegenden Ausnahme­gesetzes teilzunehmen und werden uns durch feinerlei Provo­kationen, von welcher Seite sie kommen mögen, in diesem Entschluß erschüttern lassen. Wohl aber werden wir uns an der Abstimmung beteiligen, weil wir es für unsere Pflicht halten, zur Verhütung eines beispiellosen Attentats auf die Volksfreiheit das Unsrige beizutragen, indem wir unsere Stimmen in die Wagschale werfen.

Falle die Entscheidung des Reichstages aus, wie sie wolle, die deutsche Sozialdemokratie, an Kampf und Verfolgung gewöhnt, blickt weiteren Kämpfen mit jener zuversichtlichen Ruhe entgegen, die das Bewußtsein einer guten und

unbesiegbaren Sache verleiht."