Preis: 60 1. cts.

Denijaãe

Fretheil

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Nummer 23-1. Jahrgang Saarbrücken  , Sonntag/ Montag, 16./17. Juli 1933 Chefredakteur: M. Braun

Kein Leiden oder Gedränge und Tod kann überwunden werden mit Un­geduld, Flucht und Trostsuchen, son­dern allein damit, daß man feststeht und still ausharrt, ja dem Unglück und Tode kühn entgegengeht. Furcht tut nichts Gutes. Darum muß man frei und mutig in allen Dingen sein und

feststehen.

Luther.

Hitlers   Furcht vor uns!

Der Kampf gegen die ,, Freiheit"- Reichspost und Polizei im Bunde  Scharfschießen auf Jllegale- Dennoch dringen wir vor!

Mindestens zweitausend gleichgeschaltete Zeitungen er scheinen in Deutschland  . 31 Propagandastellen hat das Reichs= minifterium für Boltsaufklärung über ganz Deutschland   eine Aerichtet. Durch Rundfunk stellt die Reichsregierung ohne die Möglichkeit eines Widerspruches Millionen und aber Mil­lionen Deutsche   unter ihren Einfluß. Alle Parteien sind auf gelöst und verboten. Alle wirtschaftlichen und kulturellen Organisationen bis zu den Kaninchenzuchtvereinen find gleichgeschaltet und unter tommissarische. Diktatur gestellt. Sitler selbst redet davon, daß niemals eine deutsche Reichss regierung soviel Macht besessen habe wie diese Führung des totalen Staates.

Und dennoch fürchtet sich dieser Reichskanzler vor jedem fozialdemokratischen Zeitungsblatt. Die Deutsche Freiheit" hat er schon vor dem Erscheinen der ersten Nummer für Deutschland   verboten. Die Reichspoft läßt jeden Brief öffnen, wenn sie vermutet, daß ein Exemplar der Deutschen Frei heit" darin verborgen sein könnte. Nicht nur das. Auf Bes feht der Reichsregierung weigert fich bie deutsche Reichspost anch, die Deutsche Freis beit im Tranfitverkehr durch Deutschland  au lassen. Auf diese Weise will man verhindern, daß Exemplare unseres Blattes auf dem direkten Wege durch Deutschland   nach der Tschechoslowakei  , Polen   und den Rands taaten kommen. Wahrscheinlich befürchtet man, daß die deuts ichen Postbeamten, angeekelt von der versflavten und charakterlosen deutschen   Presse, sich Informationen aus der " Deutschen Freiheit" holen.

Nach unserer Auffassung ist das Verhalten der deutschen Reichspost eine Verlegung des Weltpoftvertrages, der den Tranfitländern kein Recht gibt, durchgehende Poft zu zens furieren. Man behauptet allerdings, diese Bestimmung gelte nur für Briefpost, aber wir halten das mindestens für

ftrittig. Die Reichsregierung erwägt, wie sie auf benachbarte Läns ber, wie z. B. Luxemburg, Holland   und Schweiz  , einen Drud ausüben kann, um dort den wachsenden Vers trieb der Deutschen Freiheit" zn hemmen. Sowohl in Holland   wie in der Schweiz   find verschärfte Bestimmungen gegen jede politische Betätigung deutscher   Emigranten era laffen worden. Diese genügen ihnen aber in Berlin   nicht. Man strebt ein Verbot des Vertriebes der Deutschen Freis heit und des Neuen Vorwärts" in den Ländern an, in benen diese unabhängigen Blätter unter der deutschfprechens den Bevölkerung stark verbreitet sind.

Allen Widerständen zum Trog dringen sowohl die Deuts fche Freiheit" wie der Neue Vorwärts" immer wieder in bas ängstlich vor der Wahrheit behütete Reich ein. Ab und zu passiert natürlich ein Betriebsunfall. So find neulich in einer sächsischen Papierfabrik zwischen Holzstämmen, die aus der Tschechoslowakei   tamen, eine Anzahl Exemplare der Nummer 2 des Neuen Vorwärts" entdeckt worden. Darob große Aufregung bei der Geheimen Staatspolizei. Die Grenzorgane find zur strengsten Ueberprüfung der Sens dungen angehalten worden. Die Kontrolle sollte sich auch auf die Bäume an den Grenzen erstrecken, da, wie der Vorfall aus Sachsen   zeigt, der Neue Vorwärts" und die Dentiche Freiheit" möglicherweise hoch in den Wipfeln der Bäume

wachsen.

Alle Flugblätter und Zeitungen, in denen man die Wahrs heit vermutet, werden von der deutschen   Bevölkerung bes reitwillig aufgenommen. Die Behörden machen auf illegale Druckschriften dauernd Jagd.  

heimer Verschwörer Dr. Best, hat angeordnet, daß jeder, findet, bis auf weiteres in Polizeihaft genommen wird, der sich auch nur im Befiz eines illegalen Flugblattes bes daß kommunistische und sozialdemokratische Führer als daß kommunistische und sozialdemokratische Führer als Geiseln genommen werden sollen und daß die Polizei beamten und die Silfspolizei den Auftrag haben, gegen über Flugblattverteilern, die sich nicht auf den ersten Anz

ruf stellen, sofort von der Waffe Gebrauch zu machen". Die einzige Wirkung des Bestschen Erlasses, der zur Ablieferung mit der Post zugegangener hochverrätes rischer Schriften" auffordert, ist höchst ungewohnt. Es gibt niemanden, der seither nicht die bei ihm eingehenden Druck= sachen auf das sorgfältigste prüft, in der Hoffnung, unter ihnen solche mit ganz ungeheuerlichem Inhalt" zu finden.

Untat gegen Scheidemann

Sle nehmen fünf Gelscin- als Akt der Staatsnotwehr"- Selbst in Rußland   ohne Beispiel- Und ein Zentrumsblatt deckt solch eine widerchristliche Handlung!

Das Geheime Staatspolizeiamt gibt offiziell bekannt, daß es zur Geiselpolitik nunmehr auch offiziell übergeht. Ein von Scheidemann   selbst korrigierter und längst richtigs gestellter Artikel der Nenyork Times" wurde zum Anlaß genommen, um fünf Verwandte Scheidemanns in Schutzhaft zu nehmen und in ein Konzentrationslager zu bringen. Wie das Conti- Büro weiter dazu feststellt, handelt es sich um einen Akt von Staatsnotwehr.

*

Man muß lange in der Geschichte politischer Schandtaten blättern, um ein Gegenstück zu der Untat dieses Staats­aftes" zu finden. Fünf gänzlich unpolitische

Menschen werden wegen eines Auffazes ihres Ver­wandten Scheidemann  , eines Auffazes, den sie nicht gelesen haben, dessen Inhalt sie nicht kennen, ins Konzentrations­

lager verschleppt. Selbst in der zaristischen Aera Rußlands  und im wildesten Abschnitt der bolschewistischen Revolution hat man solche Verbrechen nicht begangen. Eine Regierung, die ein derartiges unmenschliches und widerchriftliches Han­die ein derartiges unmenschliches und widerchristliches Han­deln selbstgerecht als Staatsnotwehr" bezeichnet, steht außer­halb der menschlichen Zivilisation.

Man sollte meinen, daß die katholische Presse Einspruch gegen dieses Verbrechen im Namen des Kreuzes erheben müßte. Aber man irrt sich. Die Zentrumsblätter drucken die Notiz genau so wie alle übrigen ohne Kommentar ab. Zentrumsblatt im Saargebiet sich offen hinter die Schandtat Ja, wir erleben das erschütternde Schauspiel, daß ein stellt. Diese Saar- 3eitung" überschreibt die Meldung

über die Verhaftung der Verwandten Scheidemanns folgendermaßen:

Energisches Vorgehen des Geheimen Staatspolizei: amts gegen die Verleumdung im Ausland" und sagt dann:

Um gegen die unqualifizierbaren Lente, die ständig im Auslande gegen Deutschland   heßen, vorzugehen, hat, wie wir von unterrichteter Seite erfahren, das Geheime Staatspolizeiamt nun ein Exempel statuiert. Bes kanntlich ist der frühere sozialdemokratische Reichskanzler und Abgeordnete Scheidemann   ins Ausland geflo hen und bemüht sich dort, durch schamlose Lügen über Deutschland   das deutsche Bolt und seine Vertreter im Auslande zu beschimpfen. Kürzlich hat er in einem Schmähartikel in der Neuyorker Times vers sucht, durch systematische Lügen eine neue Greuelheze gegen Deutschland   zu entfesseln.

Nunmehr hat zur Abwehr dieser gemeinen landesvers räterischen Heze das Geheime Staatspolizeiamt die Maßnahmen der Staatsnotwehr ergriffen, ins dem es nämlich fünf Verwandte des Herrn Scheide mann, die sich in Deutschland   aufhalten, in Schuzhaft genommen und in ein Konzentrationslager gebracht hat.

Die Geheime Staatspolizei   hat verfügt! Die Sache ist in Ordnung! Also dieses Zentrumsblatt. Wir halten es fest als Beispiel katholischer Menschenliebe, unter der Verantwortung von katholisch ent Laien und katholischen Priestern. Denn hier wird nicht nur geschwiegen. Es wird zu einem unmensch­lichen Gewaltatt ein herzhaftes Ja gesagt...

Steht nicht irgendwo in den Statuten des Völker­bundes, daß er die humane Gefittung gegen ihre Zer­störer und Verderber in aller Welt beschützen will? Hier wäre eine Gelegenheit zu zeigen, daß man mehr ist als ein Paragraphenbündel. Diese fünf schuldlosen Menschen im Konzentrationslager sind eine Gewissensmahnung, die feinen Staatsmann außerhalb des Hitler  - Terrors und des Mussolini  - Italiens   ruhig schlafen lassen dürfte.

Todesstrafe für SA  .

In Braunschweig   ist es bereits so weit gekommen, daß die Polizei den Befehl erhalten hat, auf marxistische Flugblatt Zuchthaus  - Strafen gegen Saboteure und Anweisungen an verteiler sofort zu schießen. Besonders auf die Nerven leit einiger Zeit mit oppofitionellem Agitationsmaterial geradezu überschwemmt wird. So berichtet das heifische Staatspolizeiamt:

Gewisse Lente erhalten eine äußerlich harmlose Drucks fache mit dem Firmenausbrud Rabattverfandhaus Bers lin W 35" oder Teeversandhaus" oder unter der Firmens bezeichnung irgendeiner bestehenden oder nichtbestehens den Versicherungsgesellschaft. Manchmal enthalten die Umschläge noch einen roten Aufdruck wie Sonderangebot" oder ähnlich, um der Sendung einen gefchäftlichen Anstrich au geben und den Empfänger zum Durchlesen zu ver­anlaffen.

die Staatsanwälte- Weitere Auflösungen von SA.- For­mationen- Haussuchung bei dem nächsten Mitarbeiter Hugenbergs- Bittere Stimmung in der nationalen Front

Berlin  , 15. Juli.  ( Eig. Bericht.)

Bei dem Abgeordneten Dr. Brosius, einem der in­

timsten Mitarbeiter Hugenbergs, ist eine umfassende Haus­suchung durch Beamte der Geheimen Staatspolizei ver­anstaltet worden. Brosius wird beschuldigt, im Auftrage des früheren Reichsministers Hugenberg Material gegen die Nationalsozialisten gesammelt zu haben; er mußte sich zur Vernehmung in Begleitung von zwei Beamten nach dem Polizeipräsidium begeben, wo er mehrere Stunden ver­

nach den Mitteilungen der Staatspolizei hochverräterische Diese geschäftlichen Offerten enthalten nun in Wahrheit Schriften mit ganz ungeheuerlichem Inhalt". Der Staatss nommen worden ist. tommissar für das hessische Polizeiwesen, der bekannte Bogs

Kaufmann, wurde die gesamte Hamburger SA. wegen ans geblicher Disziplinlosigkeit aufgelöst. Mehrere hundert SA.- Leute wurden festgenommen. Die SA.

soll neu formiert werden; Aufnahme sollen jedoch nur solche Personen finden, die seit mindestens drei Jahren der Hitler­partei angehören und seit mindestens fünf Jahren nicht in einer der marristischen Parteien organisiert gewesen sind. Der Stabschef der SA. und SS.  , Staatssekretär Röhm, hat an die Gruppenführer der SA.   die Anweisung ergehen laffen, gemeinsam mit den örtlichen SS.- Führern festzu

Auf Anordnung des Reichsstatthalters für Hamburg  , stellen,