Preis: 60 1. cts.

D

Freiheit

Nummer 25-1. Jahrgang

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Saarbrücken, Mittwoch, 19. Juli 1933

Chefredakteur: M. Braun

Krieg den deutschen Zuständen! Allerdings! Sie stehen unter dem Niveau der Geschichte, sie sind unter aller Kritik, aber sie bleiben ein Gegenstand der Kritik, wie der Verbrecher, der unter dem Niveau der Humanität steht, ein Gegenstand des Scharfrichters bleibt. Karl Marx .

Hungerkrieg gegen Deutsche !

,, Rottet sie aus!"- Die Parole des Reichskanzlers gegen die Marxisten- Eine ,, Liste der Geächteten" Auch christliche Arbeiter zum Hungertod verurteilt

Ein Geheimschreiben

Die neueste Teufelei, die von der faschistischen Deutschen Arbeitsfront ersonnen ist, hat sich die Aushungerung der Margisten in Deutschland zum Ziel gesetzt. Vor uns liegt ein geheimes Sonderrundschreiben der Obersten Leitung der nationalsozialistischen Betriebsorganisation 27. Juni. Darin werden die Margisten als Mörder, als Korruptionisten, als ausländische Agenten, als Verschwörer und als Haupt­Ich meine bezeichnet. Was der Nationalsozialismus bis­her gegen diese Margisten unternommen habe, sei " Großmut" gewesen. Nun erst müsse mit der vollen Härte gegen die Marxisten vorgegangen werden. Das Geheimschreiben stellt folgende Forderungen als Ziel auf: Berjagung des letzten führenden Marxisten aus allen Einheiten der Verbände der Deutschen Arbeitss front.

Reine geldlichen Abfindungen mehr, feine Respektierung aller ihrer unfitilich aus ftandegekommenen Verträge,

Scharfe Beobachtung und Kontrolle ihres pris vaten Treibens, da sie in der Maste eines Bieber. mannes staatsfeindliche Propaganda treiben.

Sorgt dafür, daß fie in der Bevölkerung als Ge. ächtete gelten, die eigentlich den Strick verdient hätten. Unter dem Saz keine Respektierung aller ihrer un fittlich zustandegekommenen Verträge" ist zu verstehen: Annullierung aller Kündigungs- und Ge­haltsansprüche, Raub von Privathäusern und privaten Sparkassenguthaben auch von Frauen und Kindern.

Damit noch nicht genug. Alle Margisten, aber auch auf­

Cornelins Heyl A.-G. Worms Verwaltungsdirektion Herrn

Worms, den 24. Juni 1983.

Die Betriebsleitung läßt Ihnen mitteilen, daß sich Ihr Arbeitsverhältnis zu uns wegen Verdachts staatsfeindlicher Einstellung am 8. Juli d. J. löft.

Ihre Entlassungspapiere können Sie am Schalter 7 im Verwaltungsgebände in Empfang nehmen.

G. M. Pfaff A.-G. Nähmaschinenfabrik Kaiserslautern

Herrn

Die Verwaltungsdirektion der Cornelius Heyl A.-G. gez. Cornelius. Kaiserslautern , den 30. Juni 1988

Wegen Ihrer früheren staatsfeindlichen Einstellung sind Sie fristlos entlassen.

Die nationalgefinnte Belegschaft lehnt jedes Zusammens arbeiten mit Ihnen ab.

Betriebsrat

Mord an Dr. Schäfer

siche 2. Seite

Man beachte: In dem einen Falle genügt der Verdacht staatsfeindlicher Einstellung zum Hinauswurf, und im anderen Falle wird auf die frühere staatsfeindliche Ein­stellung verwiesen.

So werden Familienväter aus dem Brot und aus dem Lande gejagt. Man erreicht dadurch mancherlei: 1. werden Marristen verdrängt oder doch Leute, die man dafür hält, 2. werden für SA.- Leute Arbeitsstellen geschaffen und 3. sinkt auf diese Weise statistisch die Zahl der Erwerbslosen, denn die auf diese Art von der Entlassung Betroffenen müssen ins Ausland.

Wir weisen mit Nachdruck darauf hin, daß auch schon christliche Arbeiter auf den Listen der Geächteten" stehen und entlassen worden sind.

Wir bitten alle antifaschistischen Zeitungen um Nach­druck der vorstehenden Tatsachen. Es wird nunmehr not­wendig werden, daß ein allgemeiner gewerkschaftlicher Weltboykott gegen den barbarischen Aushungerungskrieg ( Kreisbetriebszellenleiter der NSBO.) der deutschen Faschisten eingeleitet wird.

der G. M. Pfaff A.-G. gez. Antoni

Ein korrupter Justizminister

rechte christliche Organisierte sollen in Zukunft in ganz Der Reichskanzler persönlich ist für diesen Skandal verantwortlich Deutschland weder Arbeit noch Unterstützung bekommen. In dem uns vorliegenden Geheimschreiben heißt es:

» Liste der Geächteten"

Das Organisationsamt der Deutschen Arbeitsfront stellt eine Liste der Geächteten", gültig für das ganze Reich, auf, auf die alle Namen derjenigen marxistischen Gewerkschaftsbonzen gesegt werden, die in der Bergangens heit und auch jetzt noch den wütendsten Kampf gegen den Nationalsozialismus geführt haben und weiter im Ges heimen führen. Wer auf der Liste der Ges ächteten" steht, bekommt in 3utunft teine Arbeit mehr. Alle Organisationen, die in lebendiger Verbindung mit der deutschen Wirtschaft stehen, erhalten biese gedruckte Liste, so daß keiner von diesen Arbeiters vertretern auf Schleichwegen wieder in die Betriebe tommt, um ihre Aufwiegelung etwa fortzusehen. Dieser Aushungerungskrieg gegen Marxisten und bis. herige Zentrumsarbeiter ist, wie wir dokumentarisch nachweisen können, schon in die Praxis umgesetzt. Natür­lich ist es Schwindel, wenn vorgetäuscht wird, es soll nur die Bonzen" treffen. Die sind ja längst entlassen. Der Aushungerungs- Krieg richtet sich gegen die Massen der aufrechten Arbeiter, gegen ihre Frauen und ihre Kinder. Hier die Beweise dafür:

Nur noch Nazis erhalten Arbeit

Der Präsident des Landesarbeitsamtes Bayern hat an die Vorsitzenden der Arbeitsämter in ganz Bayern ein Runds Schreiben erlaffen, in dem er auffordert, offene Ars beitsstellen in Zukunft mit geeigneten Ans wärtern der SA. oder SS. der NSDAP . 3 besezen. Der Aufruf fündigt ferner allerschärftes Borgehen gegen diejenigen Arbeitgeber an, die unter Ums gehung des Arbeitsamtes auch heute noch bei ihren Neus einstellungen Angehörige der aufgelöften Syftemparteien bevorzugen. Es heißt in dem Schreiben noch, die Arbeits­ämter müßten es als ihre Pflicht betrachten, den Kämpfern für die nationalsozialistische Revolution Arbeit und Brot zu verschaffen.

Uns liegen folgende Abkehrscheine im Original vor. Wir veröffentlichen sie selbstverständlich ohne Namensnennung der von der Entlassung Betroffenen.

Seit einigen Jahren ist der Rechtsberater Hitlers ein Münchener Rechtsanwalt Dr. Frank, ein noch junger Mann. In seiner Familie ist einiges dunkel. Ganz München weiß es. Herrn Hitler bekümmert das nicht, denn er hat manche zwei­felhaften Gestalten in seiner Umgebung. Frank wird Reichs­tagsabgeordneter. Seine Praxis wächst. In seinem Büro sitzt cin älterer Herr als Vorsteher: auch ein Herr Frank. Der Vater des Rechtsanwalts. Auch dieser Vater ist einmal Rechtsanwalt in München gewesen, aber schon vor dem Kriege ehrlos aus dem Stande entfernt worden.

Nach der sogenannten nationalen Revolution wird der Rechtsanwalt Frank bayerischer Justizminister. Seine Pra­ris und die daraus quellenden Verdienste behält er bei. Umso heftiger kann er gegen die Korruption" der Marristen los ziehen.

Herr Frank junior regiert also als Justisminister. Eines Tages schiebt er einem seiner Räte ein Aftenstück zu mit der leicht hingeworfenen Bemerkung, es handle sich um einen früheren Rechtsanwalt, der wegen einer Lappalie zu Unrecht aus dem Anwaltsstande ausgeschlossen worden sei und nun

wieder zugelassen werden solle. Der Beamte solle einen ent sprechenden Akt ausarbeiten.

Dieser Beamte aber ist noch einer aus der alten korrekten Bürokratenschule. Er sieht mit Entsetzen, daß die Schiebung zugunsten des Vaters seines Ministers erfolgen soll, des früheren Rechtsanwalts Frank. Er macht den Minister höf­lich darauf aufmerksam und hat den Mut, sich zu weigern, weil das Anfinnen seiner Beamtenehre widerspricht.

Wie geht die Geschichte weiter? Der anständige Beamte wird entlassen und der Minister verleiht mit Hilfe eines willfährigen Beamten seinem Vater wieder die Anwaltschaft. Die Münchener Rechtsanwälte sind empört über den Vor­fall. Aber was hilft es? Keine deutsche Zeitung darf diese ministerielle Korruption veröffentlichen. Niemand darf dar­über sprechen, wenn er nicht Gefängnis und Konzentrations­lager riskieren will.

Die Rechtsanwaltspraris von Frank senior aber blüht und gedeiht, denn wer wollte nicht seinen Prozeß von dem Vater des mächtigen Justizministers führen und gewinnen lassen?

Jüdische Vorfahren Hitlers

Neues Material

-

Die Familie Hitler aus Polna - Der Name Schicklgruber Die Enthüllungen der Deutschen Freiheit" über den Stammbaum der jüdischen Familie Hiller haben zu weiteren Nachforschungen geführt, die behaupten, die Großmutter des derzeitigen Reichskanzlers sei Jüdin gewesen.

Das Desterreichische Abendblatt" hat einen Sonderberichts erstatter nach Polna entfendet und hat sowohl dort wie auch in verschiedenen österreichischen Orten Erhebungen ge pflogen. Diesen Erhebungen aufolge soll der Vater Hitlers tatsächlich chiclgruber geheißen und erst im Jahre 1877( im 40. Lebensjahr) den Namen Hitler angenommen haben. Hingegen sei die Mutter des Reichskanzlers eine

geborene Klara Pölzl , die Tochter einer ges borenen Johanna Hitler gewesen. Diese Johanna Sitler, also die Großmutter Adolf Hitlers ( mütterlicher­seits), soll die Tochter eines aus Polna ausgewanderten Juden sein.

Für die Behauptung, daß Hitlers Vater bis zu seinem 40. Lebensjahr Schicklgruber " geheißen habe, erbringt das Desterreichische Abendblatt" einen Matrikelauszug der Ge meinde Braunau am Inn , gefertigt von Bürgermeister Dir. Friedrich Leisner. In diesem Matrikelauszug heißt es wörtlich: Alois Hitler ( der Bater des Reichskanzlers. Aum. d. Red.) hieß früher Schicklgruber und wurde laut Erlaß der t. t. Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 6. Jänner 1877